FSK-18 Pferdeherren
#2
Blutige Lehre

Dunkelheit und die Abkühlung, welche die Nacht mit sich brachte, lagen über der Juretai.
Ein kleines Feuer knisterte zwischen den Zelten an dem ein einzelner Wachposten saß. Aijen ließ den Blick einmal umherschweifen, dann widmete er sich wieder seiner Schnitzerei. Die Nacht war ruhig und vor allem ereignislos gewesen, ab und an hatte er das Heulen eines Schakals vernommen. Aijen genoss es, die Nachtwache zu haben, denn das gab ihm die Ruhe und die Zeit seinen Gedanken nachzuhängen. Ab und an, wenn die Müdigkeit begann von ihm Besitz zu ergreifen, erhob er sich und drehte eine Runde durch das Lager. Alles schien ruhig zu sein und so setzte er sich wieder ans Feuer und döste mit offenen Augen vor sich hin.
Ein leises Grollen, das vom Norden herrührte, zog seine Aufmerksamkeit gen Himmel.
Gewitter waren selten und noch seltener war ein Gewitter mit Niederschlag. Das Grollen wurde lauter und Aijen erhob sich vom Boden. Seine Stirn bildete nachdenkliche Falten als er den Himmel nach Gewitterwolken absuchte, doch es war nichts zu sehen. Er senkte den Blick nachdenklich und riebt sich etwas den Nacken. Bildete er sich das Donnern nur ein?
Mit einem Mal riss er die Augen weiter auf und den Kopf wieder hoch. Das Adrenalin, das die Erkenntnis mit sich gebracht hatte, schüttelte mit einem Mal die Müdigkeit ab.
"Kein Gewitter..Pferde!" murmelte er und griff nach seiner Keule, die aus einem Oberschenkelknochen gefertigt worden war. Er riss den Mund auf und schrie"Wir werden angegrichchrhch.." Ein Pfeil durchschlug den Hals und ließ den Schrei in einem pervertierten Gurgeln ein jähes Ende finden. Als der Körper von Aijen auf den Boden aufschlug, brachen Pferde zwischen den Zelten durch, angepeitscht durch das Kriegsgeschrei ihrer Reiter.
Zeltschnüre wurden durchtrennt, Fackeln auf Zeltdächer geworfen und Pfeile von den Sehnen freigegeben, die diejenigen niederstreckten, die zu erst aus ihren Zelten gerannt kamen.


Zwei Reiter saßen auf ihren Pferden und überblickten das Ganze von einer kleinen Erhebung aus. Sareshs Stute wieherte unruhig und drehte sich in einem engen Wendekreis, als Saresh die Zügel kürzer fasste um ihr das Lospreschen zu verwehren. Neben ihm thronte Maneu, der Khan des Stammes, auf seinem braunen Hengst und betrachtete aus einer sicheren Entfernung den Angriff.
"Wieso warten wir?!" knurrte der junge Krieger an der Seite des Khans, mit einer Ungeduld die sich auch auf sein Tier ausstrahlte.
"Der mit den Fohlen tanzt, muss sich in Geduld üben! Dort unten wirst du wenig Ehre finden, denn das ist kein Kampf..nur eine Hinrichtung." erwiederte der Khan mit getragener Stimme und seinem schweren jurischen Akzent.
"Dürstet es meinen Khan denn nicht danach mitzukämpfen?!" begehrte der jüngere Jure auf, in der Hoffnung seinen Khan überzeugen zu können. Maneu hingegen wandt den Blick langsam zu Saresh und starrte seinem jungen Leibwächter in die Augen. Sein Blick war hart, herrisch und strahlte mehr aus, als Worte es gekonnt hätten. Saresh wandte als Zeichen seiner Ergeben - und Unterlegenheit den Blick zur Seite weg. Erst als sich die Todesschreie und das aufgeregte Wiehern der Pferde legte, gab der Khan seinem Pferd mehr Zügel und galloppierte frei jedweder Eile hinab in das überfallene Lager, gefolgt von seinem Schattenreiter. Überall waren Tote zu sehen, manche niedergestreckt von Pfeilen, einige wiederrum plattgetrampelt von den Hufen der Pferde. Maneu führte sein Pferd zu einem kleinen Baldachin und saß ab. Er überließ es Saresh die Pferde anzubinden, während er den übrigen Kriegern die Befehle erteilte, alles von Wert auf einem Haufen vor dem Baldachin aufzutürmen.
Als die Morgensonne das Firmament erklamm, hatte der Khan es sich unter dem Baldachin bequem gemacht, an seiner Seite Saresh, Rak'hal und Ilhan, während die restlichen Krieger die wenigen Überlebenden zusammengetrieben und die Beute auf einem Haufen aufgetürmt hatten. Maneu erhob sich und trat vor, dann ließ er den Blick über seine Krieger schweifen und schlug sich gegen die Brust, ehe er die Arme hochriss, worauf lautstarke Siegesrufe erklangen. Dann schritt er langsam vor seinen Kriegern, die sich in einem Halbkreis um die Beute und den Baldachin versammelt hatten, auf und ab während er seine Stimme erhob.

"Voller Stolz können die Krieger des Stammes am heutigen Tage zurück in ihr Lager kehren und ihre Beute präsentieren, denn wiedereinmal war Morrigu auf unserer Seite und ließ meine Krieger im Blut der Schwachen baden. Einige mögen sich gefragt haben, weshalb ich mir die Ehre entgehen lasse an ihrer Seite zu kämpfen? Das Auge eures Khans hat gesehen, wie unruhig seine Krieger waren! Heute war nicht sein Tag..Heute! Ist der Tag seiner Krieger!"
Abermals erklangen einige laute Siegesschreie, während Maneu zurück zum Baldachin ging und sich dort auf einer Bank niederließ. Dann vollführte er eine weitläufige Geste über die Beute und meinte. "Daher will ich heute keine Beute einfordern für mich, möge jeder Krieger selber vortreten und sich nehmen was er begehrt!" Diesmal wurden Waffen gegen Schilde geschlagen um die Siegesrufe zu untermalen. "Diejenigen unserer Feinde, die gut gekämpft haben und überlebten, sollen uns begleiten dürfen um die Reihen meiner Krieger zu füllen. Diejenigen die ihren Wert nicht beweisen konnten, sollen Sklaven sein, bis wir ihnen die Freiheit für ihre Dienste schenken." Damit endete die Ansprache des Khans. Rak'hal und Ilhan schlossen zu den Kriegern auf um sich ebenfalls Beute auszusuchen, während Saresh hinter Maneu seinen Posten bezog und mit einer bedauernden Mimik dabei zusah, wie die Krieger begannen die Beute unter sich aufzuteilen, doch er wagte keinen Widerspruch.
Nach einer Weile trat ein jüngerer Krieger hervor, Tjarish, der für seine kritisierende und respektlose Ader, aber auch sein Kampfgeschick bekannt war. Er wählte eine etwas blondere Jurin, griff sie an den Handgelenken um sie hochzuziehen und sich über die Schulter zu wuchten. Er wollte sich gerade zu seinem Pferd umwenden als Maneu aufstand und das Wort erhob.
"Diese nicht Tjarish. Sie gehört mir, wähle etwas anderes!" Tjarish wandte sich zum Khan um und hob sein Kinn abweisend an. "Nein, mein Khan! Du hast sie uns geschenkt, darum nehme ich mir was mir gefällt..oder ist dein Wort nichts wert!?"
Die Augen aller Anwesenden richteten sich nun auf die Beiden und eine gespannte Stille kehrte ein. Doch Maneu zeigte sich unbeeindruckt und wiederholte seine Worte mit einer bestimmten Nachdrücklichkeit. "Leg sie hin..und wähle etwas anderes, sie gehört mir."
Tjarish trat etwas näher und ließ die Jurin grob auf den Boden fallen. Sie ächzte und rollte sich auf den Bauch und krocht, an Armen und Beinen gefesselt, etwas zur Seite.
"Nein! Sie ist mein!" zischte Tjarish und hob zornig seine Arakh kampfbereit an. Saresh kräuselte krude die Oberlippe empor, hob seine Arakh und wollte einen Schritt an Maneu vorbei machen um sich Tjarish entgegenzustellen, da spürte er den Wiederstand von Maneus Hand an seinem Brustkorb. Saresh schnaubte widerwillig, ließ seine Waffe aber sinken, während Maneu nun seine Stahlaxt in die Hand nahm und sich zweimal mit der Faust gegen die Brust schlug um sich aufzuplustern und anzupeitschen. Langsam erwachten die anderen Krieger aus ihrer Starre und begannen einen anfeuernden Chor zu bilden. "Hoa..hoa..hoa!" erklang es aus den Mündern der umherstehenden. Dann schoss Tjarish auf Maneu zu und schlug nach dessen Kopf, dieser riss den Kopf zurück, wich einem Stich aus und drehte sich in Tjarish Nahraum hinein um ihm mit dem Ellebogen gegen das Kinn zu schlagen..
Tjarish Kiefer knirschte und er taumelte zur Seite, fing sich und erhob die Arakh zum Schlag ehe er plötzlich in der Bewegung stockte und Blut aus seinem Mund quoll. Sein Blick glitt hinab zu dem Axtblatt, dass sich in seinen Brustkorb gegraben hatte und mit einem Ruck wieder herausgerissen wurde. Tjarish sackte unweit der Jurin, die er eben noch als Beute beansprucht hatte, zusammen und stöhnte im Todeskampf. Der anfeuernde Chor erstarb, als Maneu zur Jurin herüberging. Er griff ihre Hände und zog sie auf die Beine, während Tjarishs Hand sich in letzter Bemühung um den Knöchel der Jurin legte. Ein letzter gequälter Stöhnlaut, dann wich das Leben aus Tjarish und sein Körper erschlaffte. Maneu band die Axt wieder an seinen Gürtel und legte beinahe liebevoll die Hände an die Wangen der Jurin, dann ging ein Ruck durch seinen Körper. Ein unschönes Knacken folgte und der Kopf der Jurin befand sich in einem grotesken Winkel, dann sackte ihr toter Körper neben dem von Tjarish zu Boden. Maneu wandte sich um und trat zurück an seinen Platz um sich dort niederzulassen.
"Legt Tjarish auf sein Pferd, er soll wie der gute Krieger, der er war, in die himmlische Steppe einkehren. Dann beginnt die Sachen zusammenzuräumen, damit wir aufbrechen können!" Die Krieger gehorchten nahtlos nach dieser Machtdemonstration und taten wie ihnen geheißen. Dann wandte sich Maneu zu Saresh um. "Du bist zornig, weil ich dich nicht mitkämpfen ließ..und du keine Beute erhalten hast?" Saresh knirschte mit den Zähnen und nickte dann straff zur Bestätigung. "Dann öffne deinen Geist und erkenne, dass du eine bessere Beute gemacht hast, als die anderen. Ich schenke dir heute Erfahrung! Warum glaubst du, habe ich Tjarish und diese Frau getötet?"
Saresh zog eine dunkle, gestutzt wirkende, Augenbraue in einem spitzen Winkel in die Höhe und meinte dann schlicht. "Weil er sich gegen dich wandte." Maneu sah kurz in die Richtung der übrigen Krieger, dann schüttelte er den Kopf und sah wieder zu Saresh.
"Nein, er hatte jedes Recht dazu aufzubegehren. Immerhin habe ich mein Wort nicht gehalten. Ich habe ihn getötet, weil er für Unruhe sorgt und um meine Stärke zu demonstrieren, nach heute..wird eine lange Zeit niemand mehr mein Wort anzweifeln, so ungerecht es auch erscheinen mag. Denn letzten Endes, Saresh, geht es nicht darum was gerecht ist und was nicht, sondern darum wer stark genug ist sein Recht als Gesetz durchzusetzen. Und nun..hol mir mein Pferd." Er nickte Saresh auffordernd zu und wandte seinen Blick wieder ab. Saresh verzog eine nachdenkliche Miene und nickte nur vage, während er sich umwandte um die Pferde zu holen. Maneus Worte gruben sich tief in seinen Verstand, denn es ergab Sinn und selbst auf diese im ersten Augenblick ungerechte Art und Weise, war Maneu gerecht gewesen. Er hatte Tjarish die Wahl gelassen, sich zu arrangieren und die Ungerechtigkeit hinzunehmen, oder sich zu behaupten und im Siegesfall sogar zum neuen Khan zu werden.
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Pferdeherren - von Saresh - 17.09.2013, 18:11
Blutige Lehre - von Saresh - 11.02.2014, 18:30
RE: Pferdeherren - von Saresh - 02.05.2014, 19:10
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RE: Pferdeherren - von Tanju - 03.05.2014, 16:05
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RE: Pferdeherren - von Saresh - 10.04.2016, 10:50
RE: Pferdeherren - von Tanju Erinak - 06.02.2019, 13:42



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