Wenn der Schattenwind kommt
#8
Die Tage vergehen wie im Flug. So auch Dendrions Prozess. Wir haben es überstanden, wenn auch mit Mühe, was meine Person betrifft. Mehrmals drohte ich da in diesen stickigen Mauern einfach umzukippen, aber Skajars Handdruck holte mich in diese grausame Wirklichkeit zurück, und dafür bin ich ihr dankbar. Um nichts auf dieser Welt wollte ich hier Schwäche zeigen, vor allem vor Dendrion, er baut darauf, dass ich ihn unterstütze mit meinen Blicken und meinem Lächeln.
Im Hof dann hieß es warten und mir war dabei gar nicht gut zumute. Von irgendwoher drangen Schreie auf den Hof und abermals drohte ich hier umzukippen. Herr Konrad von der Legion hat mir in jenem Augenblick Trost gespendet, seine Hand auf meiner Schulter brachte mich hierher zurück und ich atmete tief ein. Er ist ein warmherziger Mensch, was mir bisher verborgen blieb, da ich ihn ja kaum kannte. Vielleicht gelingt es mir eines Tages seine Güte zu vergelten, die er mir in jenem Augenblick zuteil werden ließ.

Als alles vorbei war, war ich wie im Taumel, war dies ein böser Traum oder doch die Wirklichkeit? Dendrions Zuversicht und Lebensmut zeigten mir, dass es Wirklichkeit war. Er ist wirklich ein außergewöhnlicher Mann und ich liebe ihn. Hätte mir vor einigen Mondläufen noch jemand gesagt, dass ich lieben würde, ich hätte ihn ausgelacht. Ich, die ich kaum in meinem Leben je Liebe erfahren durfte, habe auch keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, bis ich ihn kennenlernte. Für mich war Liebe Narretei und Schwäche. Nun macht diese vermeintliche Schwäche mich stark und sicher. Das habe ich ihm zu verdanken. Ich habe mich verändert, dessen bin ich mir bewusst.

Heute war ein entsetzlicher und doch erfolgreicher Tag. Ich habe unzählige Äste aus dem Wald geschleppt und dabei meine eher nicht rühmlichen Kräfte überschätzt. Stunden vergingen bis ich endlich das Zunftgebäude erreicht hatte. Das Gute daran war nun, dass ich in aller Ruhe in der Zunft arbeiten konnte. Mühevoll habe ich die Äste zerkleinert und dabei viel Mist gemacht, dann sie zerrieben und mit Wasser gemischt, bis eine breiige Masse entstand, die ich dann pressen konnte und das Hadernpapier habe ich in mangels einer anderen Örtlichkeit bei Arnt stolz auf einem Strick, den ich von Regal zu Regal spannte, aufgehängt. Er war nicht sonderlich erbaut davon, aber er hat es hingenommen. Schließlich bin ich ein ordentliches Mitglied der Zunft. Während die Hadernblätter trockneten habe ich mir die Zeit damit vertrieben diese lästige Katze, die heimlich in das Zunftgebäude eingedrungen ist, ein wenig zu ärgern. Wir haben uns gegenseitig angefaucht, dann habe ich kleinen Reste der Äste nach ihr geworfen, bis sie endlich in den Garten geflüchtet ist und dort triumphierend ihr Revier mit lautem Miauen verteidigt hat, was meine Konzentration für den heutigen Tag zunichte machte. Daher beschloss ich in den Wald zu gehen, ein wenig bei den Seen zu verweilen und einfach heute nichts mehr zu tun. Ich habe die Seerosen betrachtet und war verzaubert. Mir war bis daher nicht bewusst wie sehr ich sie mag. Zart und rein wie gläserne Schalen liegen sie auf den grünen Blättern und man kann nicht anders tun, als sie zu betrachten und staunen. Auch diese Seite an mir war mir bisher verborgen geblieben. Einzig und alleine der Schattenwind hier am See war Zeuge, strich durch meine dunklen Locken und verschwand wieder. Er macht mir keine Angst und schon gar nicht das Übel, das er mit sich bringt. Dendrion und ich werden das alles gemeinsam durchstehen, diese Gewissheit habe ich.
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RE: Wenn der Schattenwind kommt - von Fia Erlenstein - 01.09.2013, 01:56



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