FSK-18 Himmelgrau
#5
Als er Schritte hinter sich vernimmt, geht er sogleich in die Hocke und macht sich höchst konzentriert daran, etwas Staub von dem Stiefel zu reiben. Dabei nutzt er die Handkante und arbeitet überaus akribisch über den eigentlich sauberen Lederstiefel. Ein entnervtes Seufzen verpasst seinem Tun noch ein wenig mehr Überzeugung. Nur kurz wird er von dem Passanten betrachtet, ehe dieser weiter schlurft. Schau nich so blöd, du aufgeblasenes Arschloch.

Sobald der Fremde außer Reichweite ist, streckt Aki den Rücken wieder durch und blickt zum Haus zu seiner Rechten. Seit ein paar Augenblicken beobachtet er das Haus in der Neustadt, zu dem Orestes ihn gestern dirigiert hat. Nach einer ausschweifenden Erkundung der Hausfassade, stellte sich das Haus als 'Handelshaus zur zünftigen Zofe' heraus. Die Aushänge fallen ihm immer wieder ins Auge und es grenzt schon an Reizüberflutung, wie oft er damit konfrontiert wird. Als würde so was Kunden an locken. Die Bewohner und Handwerker des Hauses scheinen dermaßen in ihre Arbeit vertieft, dass sein Geschnüffel unbemerkt bleibt. Bedauerlicherweise konnte er keine Spur von Orestes ausmachen. Eine Schnittwunde wäre vielleicht eine gute Idee gewesen, Blutstropfen geben eine hervorragende Spur ab. Aber er hatte den Kerl schon so mehr zugerichtet, als er es geplant hatte.

Wobei er sowieso in keinster Weise von Planung reden konnte. Ein Kerl mit Krücke, der sich erst bei näherer Betrachtung als Orestes heraus stellte, hatte sich Tags zuvor bei Anbruch der Nacht im alten Hafen herum getrieben. Aki hätte das Gesicht unter hunderten wieder erkannt, nur war das Bein deutlich geschient und die Stimme etwas kehliger. Im ersten Moment war er erleichtert, dass der Kerl sich nur das Bein gebrochen hatte, als er von ihm aus dem ersten Stock geschubst wurde. Zu schade wäre es gewesen, wenn das ansehnliche Gesicht dabei Schaden genommen hätte.

Während des Gesprächs zwischen den beiden, stellte sich nicht nur heraus, dass Orestes ein recht guter Schauspieler oder gar Lügner ist, sondern es auch Bestens beherrschte sich in Szene zu setzen. Er nutzt die nötige Gestik um seine Worte zu untermalen, ein Anflug von Dramatik in der klaren Stimmen, wenn es nötig ist. Darüber hinaus wirkt der Kerl überaus gepflegt und akribisch darauf bedacht, jede Falte in der Robe zu glätten und trotz des unübersehbaren Hinken so aufrecht wie möglich und mit leicht erhobenen Kinn voran zu schreiten. Insgeheim wünschte sich Aki während des ganzen Gesprächs ein paar mehr Makel an dem angehenden Krüppel. Das zurück gekämmte, rabenschwarze Haar lenkt den Blick aus den stahlgrauen Augen immer wieder in das hübsche Gesicht. Die gepflegte Haut, die von nahezu keinem hartnäckigen Bartstoppel verunstaltet wird, die fast weibischen Lippen und doch zerstört das immer wieder aufflackernde, boshafte Schimmern in dessen Augen den ach so perfekten Anblick.

Hätte er früher gewusst, wie ausgehungert er mal wieder ist, hätte er die ein oder andere Maßnahme ergriffen. Aber nein, wie immer fiel ihm das viel zu spät auf. Gedanklich ermahnte er sich immer wieder, dass man so keine Verhandlungen führt. Orestes machte zwar einen wachsamen Eindruck aber nicht verängstigt. Nach dem Angebot von dessen Seite war sich Aki zwar nicht mehr sicher, ob er es nicht doch mit einem vollkommen Wahnsinnigen zu tun hat, aber dumm ist Orestes keines falls. Vermutlich war dieser sogar fähig in den zwar wütenden, aber verräterischen stahlgrauen Augen zu lesen, was es zu lesen gab.

Erst als sich die Wege getrennt hatten, wagte er nochmals über Orestes' Worte nachzudenken. Der Plan ist Irrsinn, völlig egal wie sicher Orestes sich seiner Sache ist oder wie ausgeklügelt dessen Vorgehen sein mochte. Aber irgendwo hat der Kerl auch Recht, sein Ruf ist einfach nur beschissen und was hat er schon zu verlieren. Sobald es um waghalsige Aktionen geht, die einen geflogenen Schub Adrenalin versprechen, ist er sowieso angetan.
Orestes hatte den ersten Schritt gewagt und nach ihm gesucht, schwer zu sagen warum genau ihn, aber in gewisser Weise schmeichelt ihm diese Tatsache. Also ist es vielleicht an der Zeit den Sturkopf kurzzeitig abzuschalten und über seinen Schatten zu springen. Was hatte der Löwe schon zu befürchten, wenn er mit dem Zebra verhandelt? Vor allem wenn die Beute bereits verletzt ist.
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Himmelgrau - von Orestes Caetano - 21.06.2013, 18:14
RE: Himmelgrau - von Orestes Caetano - 22.06.2013, 02:55
RE: Himmelgrau - von Orestes Caetano - 25.07.2013, 23:18
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