[FSK-18] Grenze(n)
#2
[Bild: IMG_8014.jpg]



Still saß er dort auf der Klippe an der Grenze am Südwald und blickte hinaus auf das Meer, welches im fahlen Mondlicht schimmerte. Leise, als würden selbst die Laute der Natur zur Nacht gedimmt, klang das Rauschen des Meeres an sein Ohr.
Immer wieder durchfuhr den kleinen Mann ein Zittern. Die Beine hatte er angewinkelt und an seine Brust gezogen, die Knie umarmend.

Er hatte einen wahren Freund gefunden. Die große Trauer des Legionärs hatte ihn heute zerrissen. Er spürte wie es ihm erging, er wollte ihm helfen und doch war alles was er tat falsch. Sein Freund hatte etwas lenken wollen, sie ihn Schutz nehmen wollen und er selbst wusste davon und hatte geschwiegen. Auch wenn er sie nicht abgemeldet hatte, wusste er, dass allein der Gedanke sie nicht zu fragen, sie nicht vorzubereiten auf eine mögliche andere Wendung, falsch war. Er hatte sie nicht allein gelassen, hatte gedacht, dass er auch in solchen Momenten bei ihr sein musste. Doch sie wollte keine Aufpasser. Sie wollte allein sein, ihre Ruhe haben. Und er hatte keinen Zugang mehr zum Laden, offenbar hatte sie dem Schreiner gesagt, ihm den Zugang zu entziehen, damit sie allein sein konnte.

Er vestand nicht, warum er nicht einfach sagen konnte was ihn bewegte, verstand nicht, warum er ihr nicht einfach sagen konnte was er wollte. Dabei wollte sie es auch und doch, war dort eine Barriere, wie die Grenze, die die Bewohner Löwensteins und Servanos von den anderen Lehen fernhielt. So nah und doch so fern. Warum konnte sie es anderen so leicht zeigen und tat sich so schwer bei ihm, er verstand es nicht. Er hatte schon viele Kämpfe in seinem Leben geschlagen, schon viele Schatten überlebt. Doch dieser Kampf war anders, zerreißender. "Geh weg! Lass mich in Ruhe!" Hallte es durch seinen Kopf und augenblicklich verkrampfte sich sein Bauch. Fest drückte er die Lippen aufeinander. Er glaubte sich am Ende seiner Kräfte. Und doch hatte ihm sein Freund etwas gesagt. "Du kannst gehen oder bleiben, doch ich glaube nicht, dass du ein Gott bist um einfach gehen zu können." Nein, ... ein Gott war er wirklich nicht.

In das Rauschen des Meeres und die nächtlichen Klänge mischte sich das Geräusch von schlagenden Flügeln, als ein roter Milan vor ihm auf der Brüstung der Grenze Platz fand und die Schwingen anlegte. "Shirka, ich wünschte ich könnte fliegen wie du." Erklang seine brüchige Stimme leise, als er mit dem Rücken des Zeigefingers sachte über das rote Gefieder seines Freund strich. Er war so frei, konnte tun und lassen was er wollte, ohne all jenen Makel dieser Welt. Still griff der kleine Mann eine der roten Federn von seiner Kleidung und legt diese dem Milan in die Krallen. Er wusste wohin er fliegen musste.

Die Nacht über und am Morgen, sogar bis die Sonne am Zenit stand kreiste der große Vogel über den Dächern der Stadt. Als er seine Beute erspähte begann der Sturzflug hinab. Die rote Kleidung und das rote Haar waren unverwechselbar für den Milan. Sauste er hinab und machte gerade so auf Schulterhöhe neben ihr einen Bogen hinauf und verschwand zurück im Himmelszelt am Horizont. Einsam segelte eine rote Feder vor die Füße der rothaarigen, sonst so aufgeweckten jungen Frau.
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[FSK-18] Grenze(n) - von Deagen - 09.06.2013, 13:13
RE: [FSK-18] Grenze(n) - von Deagen - 10.06.2013, 14:21
RE: [FSK-18] Grenze(n) - von Deagen - 11.06.2013, 14:12
RE: [FSK-18] Grenze(n) - von Deagen - 22.09.2013, 16:25



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