Wehmuth
#1
Wilder Mohn
Eine rastloser Trübsinn hatte sich auf ihr Gemüt gelegt, sie mied die meiste Gesellschaft und die Gesellschaft die sie suchte schien sie zu meiden. Sie wunderte sich, noch vor einiger zeit war sie sich selbst immer genug gewesen. Dieses Gefühl des Sehnens ohne einen greifbaren Gegenstand und die Einsamkeit war ihr schon vor langer Zeit vertraut geworden und sie hatte sich damit angefreundet.
Es war ohnedies müßig andere Menschen zu suchen, war die Einsamkeit, doch nicht einfach durch Gesellschaft zu tilgen. Und wer sollte das schon verstehen?

Dabei hatte der Tag so gut angefangen. Sie war in den frühen Dämmerstunden aufgestanden und war durch Wiesen und Felder gestreift. Sie liebte die trüben Dämmerstunden, ihre Schwermütigkeit und Stille. Nur eine Nachtigall und ein paar verirrte Grillen teilten das Morgengrauen mit ihr.
Den Mittag hatte sie bis lang in den Nachmittag hinein in der Sonne auf einer Wiese gedöst. Zwischen dem wilden Mohn hatte sie ihren Erinnerungen und Tagträumen nachgehangen. Klatschmohn der zurückhaltende Bruder des Schlafmohns.
Sie war wohl eine Weile eingedöst, ihre Träume waren warm und friedlich gewesen. In ihnen hatte der Wind durch die Ähren der Felder gewogt. Die sommerliche Wärme schien sie ein zu hüllen. Sie schlummerte geborgen und als sie aufwachte hatte sie noch stets das Gefühl das jemand einen warmen schützenden Blick auf ihr hatte.
Sie hatte einen kleinen Steinkreis gelegt und die Klapperrosen zu einem Kranz geflochten und hineingelegt und zu keinem bestimmten Gott ein paar dankende Worte gesprochen.

Aber nachdem sie wieder in die Stadt zurück gekehrt war konnte sie keine Ruhe mehr finden.
Von der Unruhe getrieben hatte sie in der Bibliothek schon schnell das Buch wieder aus der Hand gelegt und war vor die Stadttore gewandert und hatte sich auf eine Wiese gelegt und zu den Sternen und dem schmalen Sichelmond geschaut.
Leise mit einer etwas brüchigen Stimme sang sie sich selbst und dem Mond ein Schlaflied aus ihrer Kinderzeit, das sie manchmal für ihren kleinen Bruder gesungen hatte:

"Guter Mond, du gehst so stille
durch die Abendwolken hin -
bist so ruhig, und ich fühle
daß ich ohne Ruhe bin.
Traurig folgen meine Blicke
deiner stillen, hellen Bahn
O wie hart ist mein Geschicke
daß ich dir nicht folgen kann.."
..................................[Bild: wilder_mohn_by_monsterlienchen-d672zia.png]
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Wehmuth - von lien - 30.05.2013, 01:56
RE: Wehmuth - von lien - 31.05.2013, 00:41
RE: Wehmuth - von lien - 10.06.2013, 01:20
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RE: Rielayes Wehmuth - von lien - 14.06.2013, 11:27
RE: Rielayes Wehmuth - von Rielaye Dylias - 17.06.2013, 10:35
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RE: Wehmuth - von lien - 11.11.2013, 21:14



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