FSK-18 So kalt ist die Nacht für die Söldner...
#4
"Mich würde es mehr schockieren, würdest du mir sagen du hättest mich als alten Greisen sterben sehen, tief in warme Laken gehüllt, mit meinem schrumpeligen Sack in der einen Hand und die andere fest um meinen Schwanz gewickelt."

So, oder so ähnlich, klangen die wenig weisen Worte seines Gefährten an diesem Abend in seinem Ohr wieder. Der Schädel rotierte ihm einmal mehr verheissend von der Zeche nach dem Turnier und auch wenn er es durchaus liebte, Gwynngefällig Blut vergossen zu sehen, blieb ihm nur der fahle Nachgeschmack des unerreichten im Mund kleben.
Keine Faser seines Körpers mochte jetzt Loblieder auf das singen, was hinter ihm lag. Das dumpfe pochen in seinem Herzen verriet ihm nur, dass dort, im Hauptquartier der Wölfe, ein Fass Met stand und er weiß, er könnte es sich nehmen. Einfach so. Morgen würde er es vielleicht wie einen törichten Griff ins Feuer bereuhen, diese Nacht aber würde er vergessen, und damit Ruhe finden können, für kurz.

Was auch immer er sich dachte, den Rat sovieler Menschen zu erhören. Frauen die mit reizen lockten und mit Worten umgarnen konnten wie klebrige Spinnweben eigneten sich nicht, die versoffenen Räuber und Halsabschneider zu seiner rechten und linken ebenso nicht. Es war Zeit dazu sich zu ändern, ein neues Gesicht aufzuziehen, oder zumindest ein altes in den Hintergrund zu verschieben. So, und nicht anders, ist dieser Weg zu beschreiten.

Mit einem schmatzenden Geräusch, als er trockene Lippen mit der Zunge benetzte, schälte er die halb geschlossenen Augen auf. Die absolut dunkle Stube der Grauwölfe um sich, ein Wasserbottich und eine scharfe Messerklinge vor sich. Mit einem unscheinbaren Klickern gefolgt von einem leisen Knistern entzündete er eine Kerze mit Zunder... Plötzlich blendete ihn das aufbegehren der Flamme hell, und er blickte trostlos in das Wasser vor sich.
Erst, als er die Klinge mit einer auffahrenden Bewegung in das Wasser stach und benetzte wurde ihm klar, dass dieser tiefe Hass in ihm sich nicht im geringsten gegen sich selbst wandte und es auch sonst keinen genauen Gegner gab, den er treffen könnte. Nein.
Er begann sich, die borstigen Haare aus dem Gesicht zu schaben. Immerwieder sang die Klinge ein leises Lied der veränderung, wärend er Epiphanien durchlebte.
Der Stuhl knarzte als er sich darauf zurrechtrückte und die Gedanken wurden mit jedem Stück Haut mehr, das er entblößte und vom Haar befreite, klarer und einiger.

Es waren die Köpfe derer, die ihm im Weg standen. Die Gesichter der Menschen, die sich klar als die vielberedeten Nebenbuhler abzeichneten. Die Leute, die nicht den Hauch einer Ahnung haben was hinter der Fassade aus Eis steckt, die ein Hrafnwulf in den Augen trägt. Schöne Menschen, die es nicht im Traum erdenken eines Tages eine Wolfsklinge im Nacken zu haben, weil sie sie geringschätzen. Weil sie nichts wissen.

"Etwas so gräßliches, dass es das innere nach aussen kehrt, und man eigentlich sehen müsste, wie Hirnschleim und Brocken von gebrochenem Schädel am äussersten der umgestülpten Haut kleben"

Sagte der Mann so, oder so ähnlich, den er aus unerfindlichen Gründen noch weit mehr verabscheuhte, als die Männer und Frauen zuvor die ihn aus zahlreichen Gründen schlicht nur bremsten, und obgleich die Worte für ihn nicht im geringsten den Sinn ergaben, den sie sicherlich irgendwo in ihrem Wahnsinn trugen, waren sie doch einleuchtend. Jeder Mensch trägt ein Tier in sich und es zu wecken wäre in jedem Fall wie eine reissende See, ungestüm und völlig willkürlich zerstörerisch.
Aber in diesem Fall war es bittere Notwendigkeit.
Beinahe genauso, wie Harl es sagte. So, oder so ähnlich.

"Sei ein Wolf und stell dich wie einer. Hör auf, aufzuwachen. Träume den Traum weiter und zeig ihnen, wie ein Wolf kämpft kurz bevor er mit Schaum um sein Maul, johlend, tobend und reissend in seinen Untergang prescht."

Wenn es eine Gewissheit gibt, dann die, dass man einen Kampf nicht unvorbereitet bestreiten kann. Vielleicht pflegte er es deswegen, sein Gesicht nun zu zeigen, statt es unter wuchernder Feigheit in Form von stoppeligen Haaren zu verstecken.
Wenn alle Mauern niederzuringen sind, und jeder seinen Namen hören muss, dann nur mit dem stählernen Willen, es mit scharfer Zunge und gnadenlosem Ehrgeiz zu tun.

Er legte die Klinge beiseite. Verschwämmtes Blut klebte an der Schneide und der Blick den er in das spiegelnde, verschmutzte Wasser warf zeigte ein Gesicht. Nicht das, welches er kannte und welches er mit verabscheuungswürdiger Leblosigkeit verband. Sondern ein Gesicht so durchtrieben von dem treibenden Schlagenden Herzen, von angefachtem Feuer und Eis. In diesem Antlitz küsste die Sonne die Sterne und Eis brannte steinerne Gebilde nieder, wärend Feuer frieren konnte.

Er lächelte mit Ehrlichkeit. So, und nicht anders, klangen all die Worte in ihm klar.
WINNING IS FOR LOSERS

[Bild: tumblr_mjplv1lyks1ql8x1lo1_250.gif]
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RE: So kalt ist die Nacht für die Söldner... - von Kjaskar - 11.06.2013, 00:46



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