FSK-18 So kalt ist die Nacht für die Söldner...
#2
Scherben und eine Brühe bestehend aus einem Gemisch aus verschüttetem, angetrockneten Bier, einer Grütze die verdächtig nach Körperflüßigkeit und etwas Dunklem, rotbraunen aussieht und sich mit dem Dreck der Straßen paart, sind kein besonders guter Platz um sich schlafen zu legen. Der Kopf dröhnte, der Dreitagebart klebte zäh am Pflasterstein fest und in den Haaren hingen unschön die Zeugen dessen, was am Vorabend geschah.

Er hatte keine Ahnung wo er war, als er die Augen lahm aufschälte und ihm die ersten Sonnenstrahlen des Tages die eisblauen Augen schmelzten, als wären sie nur Morgentau. Mit einem leisen, leblos klingendem Ächzen rieb er sich den Dreck aus dem Gesicht und verteilte ihn damit nur kläglich an einen anderen Ort seiner ausgetrockneten Haut.

Gedanken von mehreren Fäusten und sogar Stiefeln peinigten seine matschigen Gehirnwindungen und die Sehnsucht nach etwas Flüssigem, ohne Alkohol, liessen seine Zunge überall dort im Mund wie Baumharz an den Fingern festkleben. Er spuckte eine Mischung aus lockerem aber braun verfärbtem, mit Rot durchzogenem Schleim in den Dreck, wo es anmutend nichtmal auffallen würde, würde man eine ganze Kuh darauf ausbluten lassen.

Der Alte Hafen... Der Geruch von wochenaltem Fisch, den Exkrementen und anderen Ausscheidungen von den ungewaschensten, unleidbarsten Männern und den haarigsten, widerlichsten und verseuchtesten Frauen der ganzen Stadt drang Ansgar tief in die Nase und verdarb ihm den ohnehin schon verdorbenen Magen zu einer runzeligen Hülle voller hochstoßender Säure.
Er musste sich hart zusammenreissen, legte die Arme eng um seinen überall nur schmerzenden Körper und würgte, tapfer, ohne etwas von dem giftigen ätzenden Gemisch aus dem sein Körper bestand auf den armen Pflasterboden zu entladen.

Heute Abend soll ein Treffen der Grauwölfe stattfinden. Das war einer der Gedanken die er fassen konnte, selbst wenn er sich eher reif für einen schönen Eichensarg fühlte und sein Körper es bevorzugen würde, niewieder mit Alkohol und feierwütigen Menschen in Kontakt zu kommen.

Die Gedanken an den letzten Abend kreisten über, durch und in ihm - vergleichbar mit den Menschen an denen die dreckige, ungewaschene und nach allem unwirtlichen riechenden Gestalt namens Ansgar vorbeitorkelte. Die Welt drehte sich immernoch, stunden nachdem alles was solche Morgenstunden bescheren könnte schon längst als feuchtes Kopfkissen herhalten musste.

Da waren Matrosen. Menschen, die von Schiffen kamen um an Land zu beweisen wie sehr sie es verlernt hatten sich zu benehmen. Gleichermaßen bewiesen sie Ansgar wie Trinkfest sie sind und wie fest sie zuschlagen konnten, vorallem aber auch, dass sie meistens in der Überzahl sind wenn sie das tun. Ihm krampfte sich der gesamte Bauch zusammen und er musste sich an einer der Wände abstützen. Tief gruben sich seine Finger in die dreckigen, von Spinnweben bezogenen Steinfugen und er würgte einige momente lang einen trockenen, brennenden Schwall von Nichts hoch, bevor seine schwer blinzelnden, klebrigen Augen dem Straßenlauf folgten. Wo er hinwollte wusste er jetzt noch nicht, denn die Straßen waren ihm auch jetzt noch nicht weniger als ein Labyrinth und kein Bader der Welt würde ihn, so dreckig wie er ist, jetzt in die Nähe von Badewasser lassen. Nicht um diese Frühe Uhrzeit, wo das Badewasser noch frisch ist.

Wenigstens aber, droht ihm diesmal keine Prügel von seinem Vater so versoffen Zuhause aufzukreuzen und dann auch noch so dreist zu sein, nach frischer Wäsche, Wasser und etwas deftiges zu Essen zu verlangen.
Deftiges Essen... wieder krampfte sich sein Magen in alle Himmelsrichtungen und fast hätte er einer edel gekleideten Dame auf die Schuhe gebrochen, wenn ihn nicht ein herranreitender Handelsmann vom Weg abgebracht hätte. Beinahe drohte ihm es nämlich, hart mit dessen magerem Ross zu kolidieren und eine Schädelfraktur wäre genau das gewesen, was Ansgars malträtierter, grün und blau geprügelter Schädel im Moment nicht gebraucht hätte, wenn er sie nicht ohnehin schon in Ansätzen gehabt hat.

Schwer mit allen Hohlräumen seines Körpers ächzend drehte er sich einmal um sein jämmerliches selbst und dann kam ihm die Idee... Was für Flynn funktionierte würde auch für ihn funktionieren und das offene Nass dass quer durch das Land floss würde ihn nicht nur reinigen sondern auch etwas Wacher stimmen. Den Weg hinaus aus der Stadt und hinein in den Wald müsste er nur noch überstehen, dann würde er zumindest in ein paar Stunden fähig sein, sich vor den Grauwölfen präsentieren zu können. Zum Glück war es früh am Morgen, die Schwellungen in seinem Gesicht konnte er im kalten Flussbett abklingen lassen und da er sich ohnehin, kurz bevor er sich mit den Matrosen angelegt hatte, mit Zamael prügelte, würde es garnicht auffallen wie zugerichtet er erschien. Ein Plan, der so perfekt klang, dass es fast unmöglich für jemanden in so einem Zustand wie dem seinen wirkt, ihn überhaupt zu durchdenken. Denken bezahlte er mit einem Pochen in seinem Kopf, so hart und immerwieder hämmernd als würde sein Vater höchstselbst ihn mit dem Schmiedehammer aus dem Bett prügeln. Sein ganzer Körper warf sich innerlich zusammen, schweissperlen tropften ihm von der Stirn...

Als er endlich das Tor aus der Stadt erreichte dachte er einen Moment lang, er hätte es überstanden, die frischere Luft die direkt nach Gülle von den Bauernhöfen roch und sich mit dem Geruch von Baumharz und Holzfällerschweiss paarte wirkte fast schon erquickend im vergleich zu dem Geruch des Alten Hafens...
Verbissen kämpfte er sich jeden Schritt weiter. Passanten betrachteten ihn wie die Hexerkeuche in Person und niemand, der nicht selber Stank wie zwölf Tage Brechdurchfall, kam ihm näher als drei Schritt wenn es sich vermeiden liess.
Sogar manche mitfühlende Menschen gab es, die ihm hilfe anbaten. Aber Ansgar war nicht bedürftig, er feierte einfach nur gerne sehr hart. Daher liess er es diesen selbstverliebten Gönnern mit bissigen Worten spüren, er seie nicht auf ihr Mitgefühl angewiesen. Angewidert hüpften die meisten dann auch hinweg, spätestens als sie seinen beissenden Mundgeruch vernahmen und seine Blutverschmierten Zähne sahen. Vermutlich hatte er sich in der Nacht der Nächte, bei dem Kampf gegen wesentlich größere und betrunkenere Matrosen, aufgebissen als er mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Ja, das klingelte in seinem Kopf wie die Glocken der Mithraskirche zu fürstlicher Hochzeit und liessen ihn zittern vor Schmerz.

Als er am Flussbett ankam liess er sich fallen. Das Wasser in das er sich legte wie eine entsorgte Wasserleiche färbte sich innerhalb kürzester Zeit in alle Farben in die man eine schütternde Niederlage färben könnte und keiner, nichtmal die abgebrühtesten Leute, würden gut daran tun dieses Wasser flussabwärts noch zu trinken.
Er ächzte auf das paar Grad kühle Wasser. Diesmal jedoch erlöst, es wusch die Schmerzen praktisch von ihm, zumindest für einen kurzen, wahrlich wohltuenden Moment.
Die Kleidung zog er zäh und klebrig vom Nass und vom anderen über seinen schmutzigen Kopf, in kürzester Zeit gar - schneller als von den Huren des Hafens zu schaffen - war er splitterfaser Nackt und tauchte seinen malträtierten, von oben bis unten mit Trittmalen und Faustabdrücken übersähten Körper in das Wasser. Oh, wenn das die Edeldamen sehen könnten, sie wünschten sich trotz des Drecks nackt und bei ihm, dachte er zumindest.

Sauberkeit ist doch wohl das schönste nach so einer durchzechten Nacht... Erst später sollte er schweren mutes erfahren, dass die Matrosen ihn seines Geldes entledigt hatten und er wiedereinmal in größter Notlage um klingende Münze bangen musste. Aber daran war noch nicht zu denken, als er mit geschlossenen Augen seinen Körper im kühlen Nass treiben liess und sich nur mit einer Hand am Bachrand festhielt, um nicht zu versinken. Seine Gedanken waren nur bei einer Sache und einer mehr:

Heute Abend bin ich wieder ein Rabenwolf, in einem Rudel aus Grauwölfen.
Reiss dich verdammtnochmal zusammen, Ansgar aus dem Haus Hrafnwolf.
Und danach verbringst du die Nächt mit weniger zwielichtigem Gesocks und steckst mit weniger schäbigem Weib unter einer Decke. Guter Plan.
WINNING IS FOR LOSERS

[Bild: tumblr_mjplv1lyks1ql8x1lo1_250.gif]
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RE: So kalt ist die Nacht für die Söldner... - von Kjaskar - 25.05.2013, 17:33



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