Wachsoldat!
#3
Knisternd verbrannte der Brief im Feuer des Kamins. Jost stand einfach nur da und blickte gedankenverloren in die Flammen. Über seinem Gesicht lang ein schwerer,trübsinniger Schatten der die sonst so gutmütigen Züge des alternden Kämpen verhärtet erschienen ließ. Als ob die Zeiten nicht schon schwer genug waren, hatte ihn unlängst ein Brief der Frontkommandantur erreicht. Sein Bruder war gefallen, gefallen im Dienst des Königs.

Jost hatte ihn seit einigen Jahren nicht gesehen und hätte nicht angenommen das es ihn noch berühren würde. So war es nun mal,Soldaten starben.Das war ihre Aufgabe. Ihm war von seinem Vater stets eingebläut worden das es eine Ehre war sein Leben für die gerechte Sache zu geben. Doch irgendwie fühlte er sich in diesem Moment da der Brief von den Flammen zu Asche verbrannt wurde, dadurch nicht besser an.

Sein Herz fühlte sich an als hätte es jemand mit Steinen aufgefüllt, es in eisiger Umklammerung haltend.

Er wendete sich ab und wanderte unruhig durch das Haus. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen. In der Wache waren die Probleme immer noch allgegenwärtig und Jost fragte sich ein ums andere Mal warum er überhaupt noch versuchte alles zusammen zu halten.

Wer würde für ihn da sein wenn er Hilfe brauchte? Da war zum einen Magda,die ihm stets ein offenes Ohr schenkte wenn er eines brauchte und zum anderen seine alten Kameraden mit denen er zusammen die Hölle von Indharim überstanden hatte. Ja auf diese Menschen konnte er sich wenigstens verlassen, sie würden ihm immer eine Stütze sein.
Als er mit Magda am Fluss war und den Brief geöffnet hatte,fühlte er sich auf einmal sehr allein. Er war nun der letzte seiner Familie und würde den Schwur den er geleistet hatte nun alleine tragen müssen. Schon immer waren die Männer und Frauen seiner Sippschaft treu dem König ergeben gewesen und nun wusste er auf einmal nicht mehr ob er noch in der Lage war das fortzuführen.

Jost war es seinem Vater und nun auch seinem Bruder schuldig das, wusste er.
Anfangs war er fürchterlich sauer gewesen. Ihm überkam das Gefühl das sich sein Bruder, durch seinen Tod vor der Verantwortung gedrückt hatte und alles nun auf seinen Schultern lag. Dieses Gefühl wich aber allmählich der tiefen Bedauerung und Traurigkeit. Magda hatte ihm gezeigt das er Abschied nehmen musste. Auch wenn er ihrem Glauben weiterhin skeptisch gegenüber stand, verstand er doch die Wichtigkeit und vor allem Richtigkeit in dem kleinen Ritual das sie mit ihm vollzogen hatte.

Es war die Zeit gekommen die Dinge von einer anderen Seite her aufzuziehen wenn er weiterhin für des Königs Rechtschaffenheit eintreten wollte. Die Wache wurde zunehmend von innen heraus zerfressen und auch seine alten Kriegsgefährten wurden der Situation zunehmend überdrüssig. Im Krieg waren die Verhältnisse stets klar definiert, man musste sich nicht Übergriffen aus den eigenen Reihen erwehren. Es war einfacher..offensichtlicher. Aber hier in Löwenstein?

Nachdem er zurück gekommen war, hatte er feststellen müssen das in der Heimat nur noch die Ratten regierten. Die Abwesenheit des König schien alles weitere dazu zu tun. Tugendhaftigkeit war ein kostbares Gut das sich auf den Straßen Löwensteins der Tage nur höchst selten finden ließ.

Er wusste das man ab und an kleine Übel begehen musste um größere Übel zu verhindern. Aber er empfand es zunehmend als schwierig da noch eine Linie ziehen zu können. Wer nach Kameradschaft suchte, fand sie meist nur noch in denen auf die er sich Jahre lang schon verlassen konnte. Wer Freundschaft suchte musste genau hinsehen.

Jost machte sich keine Illusionen mehr, es gab nur eine Hand voll Menschen denen man überhaupt noch vertrauen konnte. Manchmal wünschte er sich, das der König einfach wieder zurück kehren würde um die Ordnung wieder herzustellen, doch darauf konnte er nicht spekulieren.

Jetzt da sein letzter Bruder gefallen war, würde die Sache für ihn nicht einfacher werden. Dennoch würde er nicht aufgeben. Er würde zum König stehen auch wenn alle anderen nur noch ihren eigenen Belangen nachgingen. In seinen Waffenbrüdern würde er die nötigen Mitstreiter finden. Blind hatte er sich stets auf sie verlassen können und das würde auch in Zukunft so bleiben.

Nocheinmal wanderte sein Blick zu den Flammen des Kamins. Das Spiel ihrer züngelnden Reigen einen Moment lang still beobachtend. Dann wendete er sich herum und verliesst den Raum, das Schwert seines Vater nahm er von der Wand.

Manchmal musste man sich anderen Dingen zuwenden um Gutes zu bewirken wenn man auf einem Weg kein fortkommen mehr sah.
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Wachsoldat! - von Jost Bachenbruch - 09.05.2013, 09:33
RE: Wachsoldat! - von Jost Bachenbruch - 11.05.2013, 11:36
RE: Wachsoldat! - von Jost Bachenbruch - 20.05.2013, 12:02



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