Der Tropfen auf dem heißen Stein
#3
[Bild: ce5sbvd1i5vs1dcmq.jpg]


"Nehmt doch an der Armenspeisung teil, somit werdet ihr gesehen", sagte sie mir. Doch was bracht es mir, außer dass ich dieses blöde Gewäsch nachplappern musste, was die Kirche predigt? Ich hasse mich immer, wenn ich es tun muss, ich würde mir am liebsten den Bauch aufschlitzen und meine Haut ablegen, um davonzulaufen.

Als würde Mithras diese ganzen Lebensmittel heranschaffen...
Die Jehanns, Ich und einige Bauern haben die Sachen gespendet und versucht etwas gegen das Leid zu tun, während die Kirche die ganze Sache mal wieder nur für sich beanspruchte.
"Zwei arbeitende Hände erreichen mehr als zweitausend die zum Beten gefaltet sind...", sagte ich sich immer um selbst überhaupt zur Arbeit motiviert zu sein und um nicht so faul zu sein wie diverse Familien oder Adel, der auf Kosten Dritter lebt.

Wie befürchtet hat der Adel sich bei der Armenspeisung natürlich nicht blicken lassen, so dass ich mir wohl nur einen guten Ruf bei der Kirche machen konnte. Zwar durchaus effektiv zur Tarnung, aber für mein eigentliches Vorhaben des sozialen Aufstiegs eher vollkommen unnötig. Das Essen hätte er auch so verteilen können, dafür brauche ich weder die Jehanns noch irgendeine unterdrückende Kirche...


Er bereute es still und heimlich sich selbst an diesem Abend für nichts und wieder nichts verkauft zu haben. Wie sollte der Adel schon auf ihn aufmerksam werden?
"Was für eine elende Sisyphusarbeit!", dachte sich Draven als er wie jeden Abend allein durch die dunklen Gassen der Stadt schritt und versuchte sein Gewissen zu ertragen.
Die kühle Abendluft füllte seine Lungen und halt eigentlich nur dabei die Kälte zu erhalten, welche sich mittlerweile in seinem Leib ausgebreitet hatte.
Er war wieder an einem Punkt angelangt, an dem er sich als Ohnmächtig sah und wohl erkannte, dass es momentan einfach keinen Weg vorwärts gab.

Als er an der Akademie vorbeischreitet blickt er zu den oberen Etagen empor und schnaubt nur genervt aus. Vertretung im Stadtrat...
Auch eine Türe die ihm durchaus offenstand, auch wenn sich vor ihr bereits eine massive Warteschlange gebildet hat,
ganz vorne natürlich mit der doch so makellosen und Mithraskonformen Aurora und Adele.
Draven war eigentlich insgeheim schon klar, wie die Sache enden würde und dass auch diese Chance des sozialen Aufstiegs für ihn gnadenlos im Keim erstickt werden sollte.
Die Grundprämisse seines "offiziellen Weges" zur Macht sollte wohl einfach niemals erfüllt werden...

Zwar bestand durchaus noch die Möglichkeit eines glücklichen Zufalls, doch wirklich den Glauben an "Glück" hatte er nie in seinem Leben.
Er hoffte zwar alles über einen insgesamt legitimen Weg erreichen zu können, doch erwischte er sich immer wieder selbst bei kleineren Gewaltfantasien.
Der Wille zur Macht war mittlerweile ein wichtiger Teil von Draven geworden, welcher als doch eigentlich als unschuldiger junger Kaufmannssohn nach Löwenstein kam und durch das Gesehene zu dem wurde was er ist. Zwar stellte es ihn auf eine gewisse Weise zufrieden die Missstände zu erkennen und Pläne sowie mögliches Gefolge zu haben, doch erinnerte ihn sein eigener Herzschlag mittlerweile mehr an das Klacken seiner Stiefel auf dem nassen Kopfsteinpflaster Löwensteins.
Es ist beeindruckend und doch zugleich auch erschütternd, was die Einsamkeit aus einem Menschen machen kann, selbst wenn dieser ein geübter Lügner ist und sein Leiden gut verbergen kann. Seine Maske ist sein Schutz, welche ihn wie eine Mauer vor Eindringlingen schützt.

Zwar fühlte er sich im Inneren wirklich so kalt wie die Absatzeisen seiner Stiefel es in dieser Nacht waren, doch brannte auch auf der anderen Seite noch ein Feuer in seinem Herzen welches ihn dazu antrieb noch weiterhin nach seinen Zielen und Idealen zu streben um mehr aus sich zu machen, als einfach nur einen Magier.
Zwar war er in dem was er wirklich konnte auch gut, dennoch drang es ihn nach mehr.
Diese unbändige Kraft, welche ihn noch ausharren und das Leben in Löwenstein ertragen ließ, war der Wille zur Macht.
Irgendwann würde er es sicherlich schaffen einen Ort zu finden,
an dem der Mensch der Maßstab aller Dinge sein sollte und auch an dem das Wohlergehen der Menschen das Primärziel sein sollte.
Dieser Ort wäre keinesfalls in Löwenstein, jedoch durchaus dort wo immer es sich ergeben würde,
dort wo immer die Sklaven aus ihren Höhlen gerissen werden konnten, um ihnen die Wahrheit und den Weg zur Freiheit zu zeigen.
Große Erwartungen waren es durchaus...

Dem jungen Magier waren zu diesem Zeitpunkt leider die Hände gebunden und er konnte eigentlich nur auf einen glücklichen Zufall hoffen,
denn bekanntlich stirbt die Hoffnung ja als Letztes...
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Der Tropfen auf dem heißen Stein - von Draven Silberau - 18.05.2013, 01:01



Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste