Im Nebel
#7
Ereignisse können sich über überschlagen und trotzdem zum Ziel führen, wenn auch nicht wie erhofft, und dem Ganzen eine Wendung geben, die das Ende aber auch einen Anfang bedeuten können.
Nachdem sie Ana mit der Armbrust im Visier hatte und sie zum Mitkommen nötigte nahm alles seinen unaufhaltsamen Lauf.
Es tat ihr in der Seele weh, Ana zu benutzen, doch es blieb ihr keine andere Wahl. Nur so konnte sie den Hauptmann zwingen Argal zu retten. Natürlich würde er seine Liebste retten wollen und somit das tun, was getan werden musste.
Die Armbrust geladen unter einem wollenen Tuch verborgen, dirigierte sie Ana quer durch Rabenstein, vorbei an den Wachen, betend, dass die junge Frau die Nerven behalten würde, ging es durch das Stadttor in Richtung Passwacht. Ana sprach tatsächlich mit den ihr vertrauten Wachen über Kekse, war das ein Trick? Anjalii‘s Hände begannen zu zittern, mühsam zwang sie sich zur Ruhe und durchquerten auch dieses Tor. Weiter gings zur alten Mine, dorthin hatten sie Einar hinbestellt, der Bote würde ihm sicher bereits die Nachricht zugestellt haben. Dann würde alles ganz schnell gehen, Ana würde gegen ihn ausgetauscht werden und sie könnten endlich aufbrechen um Argal die benötigte Unterstützung zu geben.
Das Innere der Mine war kühl und sie nahmen am Rastplatz in ihrem Inneren Platz. Sie warteten. Ana versuchte sie umzustimmen, ermahnte sie, dass sich die Dinge so nur zum Schlechten kehren würde, niemandem sei geholfen. Anjalii solle in sich gehen und sich bewusst machen, dass sie auf dem Holzweg sei…  
Anjalii selbst jedoch fühlte sich wie vom Nebel umgeben, sie verfolgte nur das eine Ziel, Argal zu finden und zu helfen. Sollten sie doch alle denken was sie wollten, dieses war der einzige Weg zum Erfolg. Ana‘s wohlgemeinten Worte kamen nur gedämpft an, ja sie verstand teilweise nicht einmal deren Bedeutung. Ihr Herz pochte so laut, dass es ihr Blut im Inneren ihres Körpers zum zittern brachte, sie bebte und hatte Mühe zu atmen.

Schliesslich war es so weit, Einar erschien, kündigte seine Ankunft mit dem metallischen Klappern der Rüstung an.
Er erblickte sie wie sie da dort am Feuer saßen und machte einen Schritt nach vorne.
„Mach keinen Fehler Einar!“ „ Ganz ruhig! Es wird ihr nichts geschehen wenn du tust was ich sage.“ „Setz dich da hin“, und sie deutete mit dem Kinn zu dem freien Baumstamm am Lagerfeuer.  „Ich bleib lieber stehen“  „ Setz dich!“ kam es fordernd. Einar nickte knapp und bewegte sich langsam auf den Baumstamm zu. Er setzte sich langsam und rammte den Schild mit der Kante in den Boden.
„Ich mußte mich dieser unschönen Variante bedienen, weil du mir nicht zuhörst, Einar. Argal braucht dich, ich werde dich zwingen mit mir zu gehen. Der Rabenkreis kann mir nicht helfen ihn zu befreien, das ist deine Aufgabe.Und hättest du dir ein wenig mehr Zeit genommen mir zuzuhören, dann wäre das hier nicht nötig gewesen.“ Einar lauschte ihren Worten mit grimmigem Blick. „Du willst die Wahrheit nehme ich an. Ich kann Argal nicht retten.“
Man konnte Anjalii ansehen, dass ihr die Nerven durchzugehen drohten, ihre Hand zitterte während sie die Armbrust hielt.
Ana redete auf sie ein als Einar plötzlich auf unerklärliche Weise hinter ihr stand und ihr in windeseile die Armbrust aus der Hand schlug.Erschrocken wirbelte Anjalii herum, ein lautes, verzweifeltes „Nein!!“ drang aus ihrer Kehle und sie ballte die Fäuste und trommelte wie wild gegen Einars Brust. „Du musst uns helfen verflucht!!!!!“ Er griff sie an der Schulter und schüttelte sie. „Er ist TOT! Verdammt!!“ Sie war außer sich und kratzte und biss. „Du lüüüügst, warum lügst du???!!Er ist seit Monden tot", hörte sie Einar noch sagen, da umgab sie Dunkelheit und sie fiel in sich zusammen.

Sie erwachte hustend, mit gefesselten Händen auf dem Boden der Mine liegend und wurde gewahr, dass die Vatin Anouk, sowie Kordian hinzu gekommen waren.
Es war alles verloren, jegliche Kraft war aus ihrem Körper gewichen, jegliches Gefühl erstarrt. In ihr fühlte es sich an wie klirrendes Eis, dort wo einst ihr Herz gepocht und ihr Blut gerauscht hatte war tödliche Leere. Lediglich der Tod schien nun sinnvoll, Argal war tot aber trotzdem gab es da etwas, was sie weiter am Leben hielt.
Anouks Berührung ließ ihre Erinnerung erwachen, sie sah Argal gebunden an dem Pfahl sterben, blutdurchtränkt die Erde um in herum während sie verborgen vom Gebüsch aus alles beobachtete.
Er war tot, tot…  nie mehr würde er mit ihr reden, sie berühren. Tränen rannen ihre Wangen herab, hinterließen hellere Spuren auf der staubigen Haut.

Die Menschen um sie herum kamen überein, dass nur noch der Rabenkreis helfen könne, jegliche andere Bestrafung wäre sinnlos, ihr Geist so wirr und verletzt wie man es nur von schweren Verletzungen her kannte.
Der Freiherr und Anouk kamen überein, dass sie der Obhut des Rabenkreises überantwortet wurde.

Es war Nacht als sie im Schülerhaus des Rabenkreises einen Schlafplatz zugewiesen bekam, ihr wurde Tee gereicht welchen sie mit immer noch zitternden Händen trank.
Sie fürchtete den Rabenhügel, so nah an den Göttern, so nah bei Morrigú. Sie hatte sich nun auch Argal genommen, ihren Durst gestillt, doch warum wollte sie nicht ihr Leben? War sie es noch nicht einmal wert auf dem Todesacker zu liegen?
Die wollene, nach Kräutern duftende Decke dicht an sich heranziehend sank Anjalii schluchzend in einen tiefen traumlosen Schlaf. Argal war tot.
[Bild: ff4cao42.png]
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Im Nebel - von Anjalii - 24.05.2019, 10:47
RE: Im Nebel - von Anjalii - 26.05.2019, 15:58
RE: Im Nebel - von Anjalii - 07.06.2019, 14:41
RE: Im Nebel - von Anjalii - 08.06.2019, 14:12
RE: Im Nebel - von Anjalii - 26.06.2019, 13:39
RE: Im Nebel - von Anjalii - 27.06.2019, 15:20
RE: Im Nebel - von Anjalii - 28.06.2019, 13:18
RE: Im Nebel - von Anjalii - 01.07.2019, 17:21
RE: Im Nebel - von Anjalii - 04.07.2019, 16:29
RE: Im Nebel - von Anjalii - 09.09.2019, 18:32



Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste