FSK-18 Von Met, Bolzen und einem schmalen Grat
#1
Der Weg nach Thalweide war nicht sehr weit, und die Straße gut ausgebaut. Nahe der Garnison brachte sie ihr Pferd in den Verschlag und ging zu Fuß um den See herum. Nur hin und wieder störten auf flatternde Vögel und ins Unterholz flitzende Mäuse die ruhigen Schritte der Pirschenden.

Der faulige Geruch der über gebliebenen Körperteile und der Trollexkremente waberten durch die Luft. Die rothaarige Frau mit der Armbrust am Gürtel nahm Proben von den angebissenen Körperteilen, vor allem wenn sie Speichel fand.

Imperial March

“Systheria...“ hauchte der Wind mit Unheils schwangerer Stimme.

Panik durchfuhr ihren Körper. Niemand wusste das sie hier war. Die Phiole mit der Probe landete im Gras und bliebt dort liegen. Waren dort Schritte? Es war heller Tag warum sah sie niemanden? Wie eine Spinne kriecht das dumpfe Gefühl in ihre Beine. Zu oft war sie in solchen Situationen  immer gehorchten ihre Beine und sie rannte. Doch heute nicht, als hätte etwas unsichtbares ihre Leib an diesen Ort gepfählt.

“Hallo Systheria.“ Die Stimme war so kalt wie die Klinge die sich warnend an ihren Rücken legte. Es war um ihre Fassung geschehen. Die ansonsten starke und selbstbewusste Frau stieß wieder einmal an einen Moment, der die Wälle von Willenskraft und Mut durchbrach als wären die Wälle  ein morscher Barhocker unter dem schwer gerüsteten fetten Gardisten.

“Wer bist du?“ Ihre Frage sollte mutig klingen. Sie sollte sie aufbauen, das Gefühl vermitteln hier noch nicht auf einem verlorenen Schlachtfeld zu stehen. Doch die Worte die sie tauschten, brachten keine Befriedigung. Jeder, von kalter Angst gepumpte, Herzschlag schien die Gestalt nur anzuspornen.  Irgendwann fand sich Systheria mit dem Rücken an einen Baum gepresst, wieder. Eine Hand, stark wie einer stählerne Klaue presste sich um den Hals. Sie ließ grade genug Platz um verzweifelt den Atem einziehen zu können. Ja die Rothaarige kämpfte um ihren Atem, sie wollte nicht aufgeben, obwohl ihr Gegenüber sich deutlich jenseits ihrer Klasse befand.

“Hab keine Angst. Angst schmeckt nicht gut.“ in einer grotesken Bewegung, die an eine Liebkosung erinnerte wurde Systheria eine Hand auf die Hüfte gelegt. Am Hals wurde sie empor gehoben, die Hand war geschickt. Trotzdem der Hals der Rothaarigen gestreckt und eingeengt wurde, konnte Sys auch in diesem Augenblick noch Luft erringen, es war wieder einmal schwieriger geworden aber möglich. Ruhe. Sie musste sich beruhigen. Panik würde ihr hier nicht raus helfen.

Unter der Kapuze der Gestalt funkelten schneeweiße Zähne und jene Eckzähne die manch wildes Tier als Fänge nutzt, wuchsen. Hatte Systheria heute früh schon getrunken? War dies ein Traum, nichts weiter als über Streich ihrer Sinne?
“Du darfst gerne Schreien. Hier draußen wird dich niemand hören.“
Ein Wischen des Daumens dieses Wesens reichte aus um den Kopf der Jägerin zur Seite zu biegen. Ohne eine Chance sich zu rühren klebte ihr Blick dennoch auf diesen Fängen.
Und dann näherte sich das Gesicht der Gestalt dem Körper Systherias. Kaum noch eine Hand breit Zeit blieb um zu reagieren doch jenes Bildnis dieser Dämonen ähnlichen Fänge ließ nicht zu das sie den Blick abwandte. Sie wollte sich wehren, wollte an der Maske zerren, wollte Kratzen und Schlagen. Doch ihr Blick, geheftet an jenes düstere Mahnmal ihre baldigen Todes, ließ keine Gegenwehr zu.

Die Welt verwandelte sich in einen Strudel. Richtig und Falsch gab es nicht mehr. Schwarz wurde zu Weiß und Heiß zu Kalt. Oben ward Unten und Systheria trudelte wie ein Blatt im Wind darin umher. Kaum das sie klar Denken konnte, sah sie etwas das ihr jeglichen Verstand rauben wollte. Das Wesen hatte ihres Inneres aus dem Körper gerissen. Keine Eingeweide! Nein! Vor ihr schwebte jenes Innere, welches den Geist ausmachte. Ihre Gefühle, ihre Gedanken sogar die Bilder jener die sie lieben konnte. Das dort oben war ihre Seele.. oder etwas sehr ähnliches. Und diese Bestie fraß davon. Als wäre es das teuerste Fleisch von einem Meisterkoch zubereitet zupfte es fein säuberlich Stückchen ihrer Lebensessenz heraus und verschlang sie.

Schrie Systheria? Wand sie sich unter dem eisernen Griff? Kämpfte sie? All das konnte sie nicht sagen und es war nicht mehr wichtig. Hier und Heute würde alles ein Ende finden. Ob das Wesen jenen winzigen Teil ihrer Seele sah der von Dunkelheit zerfressen war? Systheria schloss mit allem ab. Bilder ihres Lebens rauschten vorbei.

Ihre Mutter auf dem Scheiterhaufen des Mithras

Ein kleines Lämmchen, blutverschmiert in ihren Armen

Larijas Augen und ihr stets freches Lächeln

Nur noch drei Schlucke, dann wäre es vorbei. Die Zeit fließt zäh wie ein Bach von heißem Teer. Noch zwei Schlucke... Systheria die Zeit ihres Lebens jedwede Gottheit verachtet hatte suchte in diesem letzten Augenblick nach Morrigú. Würde genug von ihrer Seele bleiben, damit sie errettet werden konnte?
Dann endete es.
Von einem Lidschlag zum nächsten.
Vorbei.
Die Zähne verließen ihren Körper.

[Bild: vampire_by_vox_abattoir.jpg]

Die Welt verschwamm, graue Wolken waberten um den Verstand der Jägerin. Bilder von einem Pferd, einer kleinen Stadt und einem weichen Bett schlichen sich durch die nächsten Stunden. Oder waren es Tage? Monate? Jahre? Es war egal, sie lebte. So gut wie.
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Von Met, Bolzen und einem schmalen Grat - von Systheria Calladottir - 19.06.2018, 20:27



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