[Rezeptforschung] [JdR] Vom Mondstahl
#8
Es war heiss in Löwenstein und es war heiss in der Schmiede - dem ungeliebten und verschmähten Kasten von Bau, der nur darauf zu warten schien, dass ein neues Feuer die Mauern schwärzte und schliesslich verschlang. Wenn es nach Gerlach ging, würde es zumindest heute nicht dazu kommen: Die Arbeit an der Esse war weitgehend getan und die Glut dort wurde nur gelegentlich unter den wachsamen Augen des Brandwartes geschürt. 

Heute wurde mit dem Hammer gearbeitet, das von Goran gelieferte Mondstahl wollte in Form gebracht werden, nachdem es vorher ausgiebig in die richtige Stärke gehämmert worden war. Der Vorschlag des alten Mannes hatte etwas für sich, dass musste Gerlach zugeben, während er mit der Zange nachfasste und den Hammer schwang. Dennoch: Ein Helm war eine interessante Wahl und vermutlich hatte Goran noch den einen oder anderen rachsüchtigen Gedanken im Kopf gehabt und sich von der Aussicht inspirieren lassen, einem bestimmten Gesicht einen kräftigen Schlag auf den Kopf zu geben.

Was das betraf, so hätte Gerlach selbst den einen oder anderen Kandidaten beisteuern können - aber von denen war keiner in Löwenstein, nicht einmal in Servano. 
Die Vergangenheit schlief nicht, das zeigte ihm allein der Blick auf das wundersam silberhelle Material, das doch so viel widerstandsfähiger als Silber war. 

Widerstandsfähiger.

Das traurige war, dass all diese Mühen, all das Suchen und Wühlen, das Erproben und Prüfen eigentlich unnötig hätte sein müssen. Das Wissen war da, eifersüchtig behütet einst und vielleicht noch immer in irgendwelchen Kellern verrottend, geschätzt von den faulenden Zähnen längst seniler selbsterklärten Hütern von Wahrheiten. Andere Dinge waren vollkommen verschwunden: Der Rotstahl, aus dem die gebrochene Klinge gefertigt worden war, gehörte dazu - nicht einmal ein Geheimnis - sondern einfach das Resultat ausgebluteter Erzadern im Berg. Seit vielen Jahren hatte niemand mehr diese spezielle Eisen gefunden und dann zu Stahl verarbeitet und ganz gleich wie tief die Stollen im Eisenthal noch getrieben wurden: Es sah nicht so aus, als würde sich daran etwas ändern.

Ein prüfender Blick hinab auf die anklagend starrenden Augenhöhlen des Helms.
Die Wände waren zu dünn, daran hegte er wenig Zweifel: Der Aufwand um das Metall zu verbiegen, hielt sich in Grenzen und das hiess, dass auch die Schutzwirkung wenig beeindruckend sein würde. Wenn das Ergebnis der Überprüfung aber schon vorab gewiss war, machte es keinen Sinn sich dieser überhaupt zu stellen.

'Gerade als ich dachte, ich wäre fertig.'

Es war heiss in Löwenstein und es war noch heisser in der Schmiede, nun, da die Esse noch einmal angefacht wurde. Die bereits fast abgeschlossene Arbeit war für Nichts gewesen. 

Alles auf Anfang.
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RE: [Rezeptforschung] [JdR] Vom Mondstahl - von Gerlach Ganter - 25.07.2017, 11:20



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