FSK-18 Yngvar
#1
Von Sünde und dem Aufbruch

Die im Mondlicht weiß glänzenden Schneeflocken segelten unermüdlich vom in vollem Mondlicht erhellten Firmament gen Boden und ließen sich, gleichgültig ob ihres kommenden Schicksals, gegen die Scheiben des kleinen Hauses treiben, welches in der tiefen Nacht zwischen den traditionstriefenden Langhäusern Hammerhalls wie ein einsamer Flecken trotzigen Lichtes wirkte, dass der Nacht kleinlaut sein Fortbestehen entgegensäuselte. An den Scheiben verendeten die Schneeflocken nach kurzem Verweilen, als müssten sie noch einmal verschnaufen bevor die Wärme des Hauses sie durch das Glas hindurch hinwegschmolz und in kleinen Rinnsalen zum Erdreich laufen ließ, in dem sie vielleicht irgendwann einmal einer Pflanze zum Austreiben verhelfen sollten. Die Wärme des Hauses, das pulsierende Leben im hier und jetzt, all' das war den zerbrechlichen, kleinen Kunstwerken, die zu abertausenden vom Himmel hinabstiegen verwehrt aber auch gleichgültig, bestand ihr Zweck vielleicht sogar darin, nicht weniger zu tun als den Boden durch ihre Nässe fruchtbar zu halten.

Vielleicht war es jedoch auch nicht die Hitze des Ofens, sondern die Scham, welche die Winterkunstwerke vom Glas gen Boden zerfließen ließ. Im Hause nämlich, scherten sich ein Männlein und ein Weiblein nicht um die Außenwelt. Vielmehr erging sich der gebettete Männerkörper darin, unter wohligem Stöhnen, mit leichtem Schweiß benetzt und durch stetiges Winden seines Leibes einer fürchterlichen Erregung Luft zu machen, die das Weiblein dort an ihm manipulierte. Tatsächlich entzückte sich das ebenfalls splitternackte Fräulein daran, neben des Mannes durchaus ansehnlichem Körper sitzend zu verweilen. Ihre feingliedrigen Finger umschlossen des Mannes ganzen Stolz, während das Weiblein sich ihren Körper zudem selbst verzückte, ob des Mannes Reaktion auf ihr unsittliches Tun. So legte sie Hand an das, was jedem frommen Fräulein den Atem hätte stocken lassen und empfand die höchste Freude dabei als des Mannes Gemächt zwischen ihren Fingern zu höchst Lust explodierte und das Weiblein mit seinem warmen Tau benetzte. Der Ekstase Schrei des Mannes sei es verdankt, dass diese finst're Mar ins Licht geholt ward, als ein polterndes Laufen das Auffliegen des Mannes Zimmer schon von weitem ankündigte. Erschrocken und plötzlich furchtsam und verletzlich sahen Bruder und Schwester vom Bette zu ihrem Vater, der anhub erst zu greinen und dann zu fluchen. Es war, so mag man sich einig sein, kein Abend der wohl mehr als eine Randnotiz in der Familienchronik werden wird, so schmachvoll sollten dessen Ereignisse sein.

Der nächste Morgen brachte vielleicht einen Hauch der Erleichterung, gepaart mit der Trauer, ihren Sprößlingen Lebewohl zu sagen, als der eine sich in Richtung Hauptstadt und Servano aufmachen sollte, während sie den Weg nach Silendir zu beschreiten hatte. Was eines Priesters mahnende Worte nicht vermocht, sollte eine große Pilgerei richten und im Dienste an des einen Herrn kulminieren, der alle Sünde zu tilgen wusste - und wenn dies im Feuer eines Scheiterhaufens passieren musste. Es war ein schrecklicher Abschied, wenngleich Bruder und Schwester mehr umeinander trauerten, als um den Verlust des Elternhauses, hatten sie doch noch den Geschmack des lustvollen Nektars der vergangenen Nacht auf den Lippen. Während sich die Spur von Vigdis Stein, dessen zarte Hände ihren Bruder umgarnt hatten, auf den Pfaden des verschneiten und kühlen Nortgard verliert, leuchtet uns der Pfad des tapferen Yngvar heim nach Servano und schlussendlich nach Löwenstein, dessen Tore ein anderer veränderter Mann durchschritt. Das liebevolle Säuseln, dass er seiner Vigdis entgegenbrachte, war verschwunden und durch den Willen ersetzt worden, sich der Prüfung zu stellen, die zweifelsohne nicht nur eine Strafe elterlichter Liebe und mithrastreuer Fürsorge war, sondern auch eine letzte Handreichung des Einen, die ihn vielleicht noch davor bewahren konnte, seine Seele an die finsteren Mächte zu verlieren, dem Herrn Mithras entgegenstanden.

Viele Menschen hatte Löwenstein gesehen und die meisten davon gingen gebückt durch die Stadttore. Manche hatten schwer zu schleppen, weitere waren erschöpft und wieder anderer gingen gebückt, aus Liebe zu ihrem Adeligen. Nicht jedoch Yngvar Stein. Dieser Mann, kein Berg wie man ihn aus Nortgard erwarten würde, jedoch eines Körpers zu eigen, in dem sich Stein und Stahl im Härtegrad messen ließen, ging erhobenen Hauptes und in gerader Haltung durch die Tore der Stadt, im Wissen, dass allein der Glaube den Berg versetzen konnte, der ihn von der Sünde reinigen würde.
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Yngvar - von Gast - 21.12.2015, 22:09
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