Und schon fällt der Regen - wie gerufen.
#2
Sie fuhr nahezu wie erschrocken aus ihrem Halbschlaf auf, einen Moment schwer atmend. Die Platzwunde an ihrer Unterlippe hatte wieder zu bluten begonnen und ihr linkes Jochbein machte sich wieder pochend bemerkbar. Ein leichter nächtlicher und den Herbst ankündigender Schauer ging in den Straßen Löwensteins nieder, aber für ihren Wachmannhalbschlaf hatte sie sich eine überdachte Stelle zum Anlehnen gesucht. Man konnte diese Art des Schlafens nicht einmal wirklich Schlaf nennen, denn wahrscheinlich würde es jemanden nach drei Tagen umbringen. Aber damit konnte sie Zeit überbrücken und gleichsam noch halb wachsam sein. In ihren Augen war das nicht einmal ein Mangel an Pflichterfüllung. Zu glauben man könne die Straßen sauber halten wäre illusorisch gewesen. Ihre Aufgabe bestand darin dafür zu sorgen, dass all die Halunken ihre Beutelschneidergeschäfte in Gassen und fernen Hinterhöfen abwickelten. Wehe ihnen wenn sie es direkt vor ihrer Nase tun zu können glaubten.
Und so schön und gut das alles in Gedanken gewesen sein mochte, sie war in den letzten Nächten unzufrieden. Eine Unzufriedenheit die sie wütend machte. Eine Wut die ihre Spuren hinterließ in Form von Blutergüssen und Schnittwunden.
Vieles war geschehen was ihr keineswegs passte, viele Menschen hatten definitiv an Respekt ihrerseits verloren und einmal mehr war sie so hart auf dem Boden der Tatsachen gelandet wie sie es zu vermeiden versuchte, aber das war alles nicht genug um sie wütend zu machen. Etwas fehlte und etwas schrie in ihr Protest.
Der Regen fiel, sie leckte ihre Wunden, und irgendwo zwischen den Schläfen und ihrer Stirn pochte es, eine irrationale Wut. Nicht dass die meisten den Unterschied merken würden. Aber sie spürte ihn. Und jede einzelne Nuance davon verdarb ihr die ohnehin nicht gerade sonnige Laune aufs Neue.
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RE: Und schon fällt der Regen - wie gerufen. - von Camilla Hall - 12.09.2015, 14:28



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