FSK-18 Mein eigenes endloses Weiß
#4
Es ging ihr nicht gut und wie sollte es auch. Thalia war tot und unabhängig
davon, dass sie eine Hexe war und was vielleicht sonst, so war sie in
erster Line doch Anas beste Freundin gewesen. Ihre Seligkeit hatte
gesagt, dass die Verbrennung Thalias Seele gerettet hätte und Ana
zweifelte keinen Moment daran, dass die Seligkeit das wirklich glaubte und
wahrscheinlich hatte sie damit sogar recht. Leider konnte Ana diese
Erkenntnis keine Erleichterung verschaffen. Sie würde in jedem Fall noch
einmal mit Gwen reden müssen, die zweite Seite der Münze betrachten.

Es war frühster Morgen und die Straßen Löwensteins waren in das dunkle
Blau der Nacht getaucht, nur stellenweise durchbrach das Licht der
Laternen die Dunkelheit. Immerhin fühlte Ana sich hier in Löwenstein wieder
zu Hause und dies, mehr als alles andere half ihr, sich besser zu fühlen. Sie
verschwand wieder in dem Gebäude, welches sie ihr Zuhause nannte und
hoffte, Avi hätte ihr verschwinden nicht bemerkt.

Leise stieg sie die Treppe hinauf und die Feststellung, dass Avi fest schlief,
entlockte ihren Lippen ein kurzes Lächeln. Dann setzte sie sich an den
Eichensekretär und zog ein Stück Hadern aus der Schublade. Wenn weder
ihre Seligkeit noch Gwen ihr helfen könnten, gäbe es nur noch einen
anderen Weg, an die Wahrheit zu kommen. Ihre Gedanken wanderten wild
und unkontrolliert durch ihren Kopf, aber die Feder vermochte es irgendwie
sie trotzdem zu Papier zu bringen.

Schutz war der erste Punkt, der sich auf dem Papier wieder finden ließ,
denn für sie war es der wichtigste, sie hatte keine Lust, das gleiche Ende
zu finden, wie Nara es getan hatte. Knochenrüstung, Fleischrüstung,
Steinrüstung, Energierüstung, jeden dieser Zauber und mehr galt es zu
erforschen, alles was sie und ihren Geist schwerer zu zerstören machte
würde ihr nur recht sein. Steinwände, Energiewände, sie hatte keine
Ahnung, was der Zauber am Ende hervorbringen würde, aber sie wollte auf
alles vorbereitet sein. Der Raum, ihr Körper alles würde ein
undurchdringlicher Panzer werden müssen, falls das überhaupt irgendwie
möglich wäre. Sie wollte ein Wesen in diese Welt zerren, das
möglicherweise nicht einmal an die Regeln dieser Welt gebunden war.
Vielleicht würde sie gar ihre eigene Seele an ein Objekt binden müssen, auf
dass ihr Körper sich wieder heilen könnte, oder ein anderer Magier ihre
Seele an einen neuen Körper binde.

Sicher würde es Jahre dauern, Jahrzehnte, im schlimmsten Fall
Äonen. Es kümmerte sie nicht, sie war Nekromantin, es gab eindeutig
beweisbar vor ihr Menschen, welche die Form eines Lich annahmen und
damit den Tod zumindest einige Zeit betrogen. Wäre es so einfach, wie
den Untod in einem lebenden Ziel zu kontrollieren, hätten sicher mehr
Hermetiker dieses Stadium erreicht. Aber sie würde sich darum kümmer,
wenn es nötig war, Wissen mochte verschwinden aber es ging nie verloren.
Irgendwo, in irgendeiner Kammer lag die Antwort.

Natürlich war Leben auch in der Nekromantie kein dehnbarer Begriff, konnte
aber um das Unleben erweitert werden.

Ihre Augen flogen noch einmal über die lange Liste an Zaubern. Sie tauchte
die Feder ein letztes Mal in die Tinte, und während sie hoffte, dass Gwen die
Antworten hätte, die sie suchen würde, fügte sie die letzten Worte zu dem
Text hinzu.


Gaei Sanor Felum

Beschwöre Mithras...
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RE: Mein eigenes endloses Weiß - von Anastasia Edelfelt - 17.10.2015, 04:53



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