Das Leben nach dem Tod auf Svesur
#7
Am nächsten Morgen, sie wusste gar nicht mehr, wie sie in ihr Bett gekommen ist noch dass sie sich notdürftig gewaschen und sich ihr Nachtkleid übergestreift hatte, wurde sie von einer äußerst erschüttert drein blickenden Cousine geweckt. "Du musst schnell kommen. Es ist etwas schreckliches passiert!" Cahira konnte sich ziemlich genau denken, um was es ging, rollte sich aber dennoch stöhnend aus dem Bett und deckte Lionel, der wohl Nachts zu ihr gekrochen war, wieder vorsichtig mit der Decke zu.

Sie fühlte sich erschlagen, wund, alle Knochen taten ihr weh und sie hatte einige sehr imposante blaue Flecken. Zum Glück konnte sie diese unter ihrem frisch aus ihrer Wäschetruhe hervor gezogenen Kleid und einer leichten Stola verdeckten. Nur die Schramme in ihrem Gesicht war nicht zu übersehen. Nun ja, würde sie wohl erklären müssen, dass sie hingefallen war oder ähnliches - gerade bei so ausschweifenden Feierlichkeiten bei denen Alkohol in Strömen floss und wild getanzt wurde, Familien, die ein Jahr lang nichts miteinander zu tun hatten, unter ein Dach gepfercht wurden, waren Risse, Schrammen, blaue Flecken nichts ungewöhnliches

Und gerade dann war ein Heiler von Nöten, welcher die körperlichen Wehwehchen behandelte und auch so manchen Sippenzwist zu beseitigen wusste durch gutes Zureden, Zuhören und Beschwichtigungen. Doch zu großer Überraschung und Bestürzung der ersten Heilbedürftigen war Aidans Hütte nur noch ein verkohltes Gerippe ihrer selbst. Natürlich hatte man dann nach dem Mann gesucht, aber er war verschwunden geblieben.

Jovanes Bericht, der wohl als letztes mit dem Heiler gesprochen hatte, bestätigten die schlimmsten Vermutungen: Aidan war noch mitten im Fest aufgebrochen, um eine beruhigende Kräutermixtur für die angespannten Nerven seiner Verlobten zu mischen. Dabei musste wohl irgendein Unfall passiert und die Hütte mitsamt seines Bewohners niedergebrannt sein. Zum Glück schliefen die beiden Söhne des Heilers nicht zu Hause, sondern befanden sich in der Obhut der Familie der Verlobten.

Cahira nahm den Bericht der Ältesten nahezu reglos hin. Sie hätte sicherlich einige sehr interessante Details dieser Geschichte hinzufügen können. All' die Personen, die ihr gestern Abend noch überschwänglich Glückwünsche zur ihrer Hochzeit angetragen haben, machten ihr nun - weniger enthusiastisch - Bleileidsbekundigungen. Aidans Söhne saßen wie zwei nasse junge Hunde neben ihr auf der Bank und hörten vom plötzlichen Tod ihres Vaters. Was auch immer er gewesen sein mochte und obwohl er die beiden als "Holzköpfe" bezeichnet hatte, er war ein guter Vater gewesen.

"Wo sollen wir denn nun bleiben?" fragte der Ältere, pragmatisch wie Kinder nun einmal waren. "Ihr bleibt selbstverständlich bei uns." hatte Cahira entschieden und nicht erst die Zustimmung von Seán oder ihrem Onkel eingeholt, die schließlich die Ältesten ihrer Sippe waren und über das Geschick der Familie bestimmten. Sie wusste, dass ihr Vater genau so handeln würde.

Als sie schließlich alleine in der kalten Wohnküche saß, die Stola um ihre Schultern gewickelt und die Hoffnung, die seit gestern Abend statt des Verlustes in ihr zu wachsen begonnen hatte, allmählich wieder zulassen konnte, kam ihr Vater zu ihr, setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. "Es tut mir so leid, Kätzchen. Ich habe erst jetzt begriffen, was ich Dir angetan habe ..." Aidans Bann war mit seinem Tod aufgelöst. "Schon gut. Ich würde auch alles tun, um Lionel vor einem schweren Schicksal, Schmerz oder Tod zu bewahren." Cahira hatte ihren Kopf an das schütter gewordene Haar ihres Vaters gelegt und einträchtig hatten sie eine geraume Weile zusammen gesessen.

"Aber du weißt, was ich nun tun muss, Papa? Du weißt, wohin ich zurück kehren muss?" "Ich weiß, Kätzchen. Ich weiß." "Lionel und die beiden Jungs lasse ich bei Dir. Drei Jahre sind eine lange Zeit."

***

"Hast Du das schon gehört, das aus Svesur, vom letzten Ceílil?"
"Nein, lass hören."
"Ein junges Pärchen, eine Nacht vor ihrer Hochzeit. Da soll der Bräutigam sich selber umgebracht haben ..."
"Erzähl' nicht so einen Quatsch. Dem ist die Hütte abgebrannt!"
"Dann eben so. Aber sie, die Braut, hat schon ihren vorherigen Ehemann getötet .. "
"Der war ein Mörder!"
"Erzähle ich jetzt hier die Geschichte, oder was?"
"Bitte."
"Also ... wo war ich? Ahjah. Die Hütte ist abgebrannt. Er war wohl drin. Oder nicht? Denn Knochen sollen wohl keine gefunden worden sein."
"Ach, was. Verbrennen die nicht auch?"
"Als das Haus meiner Großtante dritten Grades mütterlicherseits abgebrannt ist - wir haben ihr immer gesagt, keine Pfeifen im Bett - wurden ihre Knochen aus der Asche geholt ..."
"Deine Tante ist verbrannt, wann denn das?"
[Bild: Cahira-Sig.jpg]
Herzlichen Dank an Morrigan!
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RE: Zukunft - von Cahira Mendoza - 05.04.2015, 18:18
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