FSK-18 Menuett einer Schildmaid
#4
Es ist nicht so, als würde sie Undankbarkeit dem Mann gegenüber empfinden, welche ihr derartige Aufgaben gegeben hatte. Es ist aber auch nicht so, dass sie sonderlich zufrieden damit wäre, Listen über Nahrungsmittel zu schreiben oder jungen, aufgekratzten Mädchen darüber zuzuhören, wie viele Ratten sie schon getötet hatten. Seine Ehrwürden wird seine Gedanken dazu gehabt haben. Mindestens der, dass er sich nicht mehr darum zu kümmern habe - aber dieser Gedanke ist zu zynisch, sodass Theresia ihn sorgsam weglegt, um ihn später, im Dunkeln der Nacht, zu denken, denn dann würde niemand Anstoß an dem bitteren Lächeln nehmen, welches sie dabei zu tragen gedenkt.
Sie hat sich in den Garten der Kirche zurück gezogen, mit einem kleinen Schoßtisch, nicht mehr als ein aufwendigeres bearbeitetes Holzbrett, einigen Bögen Hadern und Schreibwerkzeug. Als sie die Hand zum Schreiben anhebt, zuckt sie sachte auf - am Unterarm zeigt sich noch immer ein straffer Verband, etwa eine Handbreit lang zieht sich darunter der Schnitt. Und dieser kurze Schmerz hebt ihre Laune merklich, ist er doch der Grund dafür, warum sie es Seiner Ehrwürden tausendmal nachsieht, dass sie sich um Brot und Ratten kümmern muss.
Der Abstieg in das alte Räuberversteck in der Miene war eine Lehrstunde gewesen, wie sie es sich nur wünschen konnte. Sie hat mit ihrem eigenen Leib gelernt, und jeder Fehler bedeutete mehr als nur einen Tadel.
Sie streckt ihren Arm aus und betrachtet den Verband, ehe sie auflächelt und dann doch zu schreiben beginnt. Vielleicht käme bald wieder die Gelegenheit für eine Lehrstunde.
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RE: Menuett einer Schildmaid - von Theresia Lichtentann - 03.06.2014, 13:32



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