FSK-18 Menuett einer Schildmaid
#2
Als Anwärterin hat sie nicht erwartet, andere Aufgaben zu bekommen als die solchen, die sie zu erledigen hat. Am Tage die Ausbildung, ist des Abends nicht mehr an Ruhe zu denken - jedes Fünkchen Licht, welches Mithras ihr in seiner Gnade schenkt, galt es auszunutzen. Mal hieß es, neues Holz für die Kirche zu schlagen, dann wieder, die Zimmer herzurichten und den Boden aufzukehren - ihre Hände waren schon vorher nie fein gewesen, wie die einer Dame, sondern rau von Arbeiten, für die sie sich nicht zu schade war, und somit war es kein Verlust, dass sie bald Schwielen mit Salbe einreiben musste von dem rauen Stiel der Axt oder dem splitternden Holz des Besens.
Doch bald war auch dies nicht genug. Sie hatte es schon bemerkt, als sie zum ersten Mal nach beinahe sieben Jahren ihre Stadt betrat - aus dem Alten Hafen und dem Armenviertel drängen sich die Ratten im nördlichen Teil der Altstadt, ihrer geliebten Heimat, und nun hatte sie Sorge zu tragen, das dem bald nicht mehr war.
Nachts, als Ambriel und die anderen schon schlummerten, schärfte sie also ihr Messer und schlüpfte in weiche Schuhe, den Umhang um ihre Schultern ziehend.

Als der Himmel sich langsam ob der Morgensonne erhellt, sitzt sie auf den Treppen vor dem Nebeneingang und summt eine leise Melodie, während sie weiche Rattenschwänze verflechtet. Obschon die Aufgabe an ihr und Ambriel zugewiesen ist, würde sie nicht im Traum daran denken, den jungen Mann dies tun zu lassen - zu hell brennt dafür das Feuer in ihm, und zu groß sind seine Träume.
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Re: Menuett einer Schildmaid - von Theresia Lichtentann - 29.05.2014, 05:51



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