Hammer und Amboss - Aus dem Leben eines Schmiedes
#21
Kapitel XI – Midir und Brigid

Der Steinmetz hat einen ungewöhnlich großen Basaltbrocken ausgesucht für die nächste Statue. Oder besser gesagt Statuenpärchen. Zumindest war es sein Gedanke Brigid und Midir beide in eine Statue einzuarbeiten. Brigid, die Göttin der Dichtkunst und Poesie bringt die Muse zu den Lyrikbegabten und reitet dazu, laut Sagenkunde, auf dem Wind. Der Wind ist Midir's Element. Brigid stellte die Bedingung Midir's Schrift zu den Barden und Dichtern zu bringen, zusammen mit der Muse, wenn Midir ihr dafür den Wind zur Verfügung stellt.
Jedoch ist sich Aki nicht sicher, ob er sich dabei zu weit aus dem Fenster lehnt. Wenn man die Sagenkunde genau nimmt ist es nur Midir's Atem, der Brigid zu den Barden trägt. Die Interpretation, die dem Schmied vorschwebt, dass Brigid auf Midir reitet, verknüpft die beiden Götter unwiederruflich. Ob das zu weit geht?
Zu seinem Glück hatte er zu diesem Thema nicht nur Hilfe von Gwen sondern auch Ceras, der als Barde des Rabenkreis prädestiniert für die Auslegung ist. Und das obwohl keiner der beiden Götter einer seiner Schicksalsgötter ist. Die Idee der Ausarbeitung als eine Statue traf auf Zustimmung und Aki hätte keinen Moment gezögert, wäre nicht der stürmische Abend nach dem Gespräch gewesen. Vielleicht lag es an dem Vorhaben des Druiden Cois, den Schrein der Götter zu untersuchen oder an dem einbrechenden Winter, aber der Wind peitschte in der Nacht besonders unangenehm durch Rabenstein und über die Rabenfelder. Vermutlich mischte sich etwas Paranoia mit dazu, denn der Wind schien die Richtung zu wechseln, als der Schmied unter einem Vordach Schutz suchte.
Doch er hat sich entschlossen es darauf ankommen zu lassen. Branwen wär nicht sein Schicksalsgott, wenn er sich länger als ein paar Herzschläge um Konsequenzen einer Entscheidung scheren würde. So macht er sich entschlossen um die Ausarbeitung.

Da beide Finggötter sind, stellt sich die Darstellung wieder alles andere als einfach heraus. Aber immerhin sind es die letzten beiden Finggötter. Trotzdem kann er nicht einfach einen bäuchigen Säufer darstellen, wie Cranus oder einen Mann mit Hirschgeweih, wie Branwen. Die Finggötter erfordern mehr Interpretation, denn sie sollen trotz allem erkennbar sein. Eigentlich will er so weit gehen, dass es sogar für einen Unwissenden, gar Ungläubigen zu erfassen ist, welche Details in den Stein eingefasst sind. Die Auslegung ist jedem selbst überlassen.
Aus dem Sockel wachsen wolkenähnliche Schnörkel, die sich brechen und in verschiedene Richtungen aufteilen. Auf diesem stilisierten Wind liegt Midir, der die Wangen aufgebläht und die Lippen wie zum Pusten gekräuselt hat. Eine Hand hat er, wie um das Gleichgewicht zu halten zur Seite gereckt, während er mit der anderen auf einem Pergament schreibt. Der Ellenbogen ist abgewinkelt und die Finger halten eine Schreibfeder. Der Schreibuntergrund wird ebenfalls von einem der Windwellen gebildet, die sich ähnlich eines Sockels manifestieren. Midir trägt ein weites Gewand, dass einen Faltenwurf erzeugt, als ob Wind daran zieht. Die Arme sind von Spinnweben bedeckt, was die Beziehung zu Brigid aufzeigt.
Denn die Göttin der Barden und Dichter ist eine reife Frau, die ein Gewand aus Spinnenseide trägt, das eng am Körper anliegt. Sie sitzt im Damensattel auf Midir, die Beine an einer Seite des männlichen Körpers hinab hängen lassend. Eine Hand hat sie in gebender Geste von sich gestreckt, während sich die andere Hand sachte an Midir abstützt. Ihre Lippen sind wie beim Singen geöffnet und die Züge melancholisch-gefühlvoll geformt. Brigid's Züge sind von zarten aber sichtbaren Falten gezeichnet, vor allem an den Augen- und Mundwinkeln sowie der Stirn.
Dadurch, dass Aki Brigid nach Midir geformt hat, muss er einiges an Pinselarbeit aufwenden. Schlau oder faul wie er ist, umgeht er aber einen Teil, indem er den Handblasebalg zur Hand nimmt. Immerhin sollte es Midir doch schmeicheln, wenn die restlichen Steinbröckchen und der Staub weg gepustet wird. Die fertige Statue stellt er dicht an ein Fenster, an dem es ohnehin zieht. Dort sollte etwas zusätzlicher Wind nicht stören.
Nun, als die Statue fertig vor ihm steht, ist er sich seiner Entscheidung sicher. Zumindest so lange, bis ihn eine Sturmböe auf dem Weg zu Cahira vom Pferd wirft und er sich das Genick bricht. Er braucht ihre Gedanken zu Anu, der letzten der einundzwanzig, die er noch darzustellen hat.

[img]Kapitel XI – Midir und Brigid Der Steinmetz hat einen ungewöhnlich großen Basaltbrocken ausgesucht für die nächste Statue. Oder besser gesagt Statuenpärchen. Zumindest war es sein Gedanke Brigid und Midir beide in eine Statue einzuarbeiten. Brigid, die Göttin der Dichtkunst und Poesie bringt die Muse zu den Lyrikbegabten und reitet dazu, laut Sagenkunde, auf dem Wind. Der Wind ist Midir's Element. Brigid stellte die Bedingung Midir's Schrift zu den Barden und Dichtern zu bringen, zusammen mit der Muse, wenn Midir ihr dafür den Wind zur Verfügung stellt. Jedoch ist sich Aki nicht sicher, ob er sich dabei zu weit aus dem Fenster lehnt. Wenn man die Sagenkunde genau nimmt ist es nur Midir's Atem, der Brigid zu den Barden trägt. Die Interpretation, die dem Schmied vorschwebt, dass Brigid auf Midir reitet, verknüpft die beiden Götter unwiederruflich. Ob das zu weit geht? Zu seinem Glück hatte er zu diesem Thema nicht nur Hilfe von Gwen sondern auch Ceras, der als Barde des Rabenkreis prädestiniert für die Auslegung ist. Und das obwohl keiner der beiden Götter einer seiner Schicksalsgötter ist. Die Idee der Ausarbeitung als eine Statue traf auf Zustimmung und Aki hätte keinen Moment gezögert, wäre nicht der stürmische Abend nach dem Gespräch gewesen. Vielleicht lag es an dem Vorhaben des Druiden Cois, den Schrein der Götter zu untersuchen oder an dem einbrechenden Winter, aber der Wind peitschte in der Nacht besonders unangenehm durch Rabenstein und über die Rabenfelder. Vermutlich mischte sich etwas Paranoia mit dazu, denn der Wind schien die Richtung zu wechseln, als der Schmied unter einem Vordach Schutz suchte. Doch er hat sich entschlossen es darauf ankommen zu lassen. Branwen wär nicht sein Schicksalsgott, wenn er sich länger als ein paar Herzschläge um Konsequenzen einer Entscheidung scheren würde. So macht er sich entschlossen um die Ausarbeitung. Da beide Finggötter sind, stellt sich die Darstellung wieder alles andere als einfach heraus. Aber immerhin sind es die letzten beiden Finggötter. Trotzdem kann er nicht einfach einen bäuchigen Säufer darstellen, wie Cranus oder einen Mann mit Hirschgeweih, wie Branwen. Die Finggötter erfordern mehr Interpretation, denn sie sollen trotz allem erkennbar sein. Eigentlich will er so weit gehen, dass es sogar für einen Unwissenden, gar Ungläubigen zu erfassen ist, welche Details in den Stein eingefasst sind. Die Auslegung ist jedem selbst überlassen. Aus dem Sockel wachsen wolkenähnliche Schnörkel, die sich brechen und in verschiedene Richtungen aufteilen. Auf diesem stilisierten Wind liegt Midir, der die Wangen aufgebläht und die Lippen wie zum Pusten gekräuselt hat. Eine Hand hat er, wie um das Gleichgewicht zu halten zur Seite gereckt, während er mit der anderen auf einem Pergament schreibt. Der Ellenbogen ist abgewinkelt und die Finger halten eine Schreibfeder. Der Schreibuntergrund wird ebenfalls von einem der Windwellen gebildet, die sich ähnlich eines Sockels manifestieren. Midir trägt ein weites Gewand, dass einen Faltenwurf erzeugt, als ob Wind daran zieht. Die Arme sind von Spinnweben bedeckt, was die Beziehung zu Brigid aufzeigt. Denn die Göttin der Barden und Dichter ist eine reife Frau, die ein Gewand aus Spinnenseide trägt, das eng am Körper anliegt. Sie sitzt im Damensattel auf Midir, die Beine an einer Seite des männlichen Körpers hinab hängen lassend. Eine Hand hat sie in gebender Geste von sich gestreckt, während sich die andere Hand sachte an Midir abstützt. Ihre Lippen sind wie beim Singen geöffnet und die Züge melancholisch-gefühlvoll geformt. Brigid's Züge sind von zarten aber sichtbaren Falten gezeichnet, vor allem an den Augen- und Mundwinkeln sowie der Stirn. Dadurch, dass Aki Brigid nach Midir geformt hat, muss er einiges an Pinselarbeit aufwenden. Schlau oder faul wie er ist, umgeht er aber einen Teil, indem er den Handblasebalg zur Hand nimmt. Immerhin sollte es Midir doch schmeicheln, wenn die restlichen Steinbröckchen und der Staub weg gepustet wird. Die fertige Statue stellt er dicht an ein Fenster, an dem es ohnehin zieht. Dort sollte etwas zusätzlicher Wind nicht stören. Nun, als die Statue fertig vor ihm steht, ist er sich seiner Entscheidung sicher. Zumindest so lange, bis ihn eine Sturmböe auf dem Weg zu Cahira vom Pferd wirft und er sich das Genick bricht. Er braucht ihre Gedanken zu Anu, der letzten der einundzwanzig, die er noch darzustellen hat.

[Bild: j7mi9xq4.png]
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