Hammer und Amboss - Aus dem Leben eines Schmiedes
#3
Das Wort, welches ihn die letzten Tage begleitete war wohl 'erstaunlich'.
Erstaunlich ist es, dass sich in Ravinsthal oder besser gesagt seinem früheren Heimatdorf Rabenstein so vieles geändert hat und doch das Gefühl das Gleiche ist. Darüber hinaus war es erstaunlich wie anders und doch bekannt die Luft roch und die Sonnenstrahlen im Gesicht kitzelten. Dieses nostalgische Gefühl hüllte ihn für die ersten Tage in Watte, ganz gleich ob er sich mit einem Grauwolf prügelte oder drei aus dem Laden jagte. Immerhin ist das in Ravinsthal an der Tagesordnung und er genießt es sehr, dass sich niemand daran stört.
Der ganze Groll und die Reizbarkeit, die in Servano sein täglicher Begleiter waren, sind nach dem ersten Bad im Meer wie weg gewischt. Er kann sich darauf konzentrieren wer er ist, ohne darüber nach denken zu müssen, wie sein weiterer Weg aussieht.

Seitdem ist das sandige Stück Meeresufer nahe des Steinadlerhofs sein Zufluchtsort, wenn er den Kopf abschalten will. Was jedoch nicht darauf gründet, dass er gelegentlich von Rabenstein die Nase voll hat. Ganz im Gegenteil er könnte den ganzen Tag durch die versifften Gassen laufen. Viel eher gibt es für seinen Geschmack zu viele Grauwölfe in seinem Heimatdorf, aber die würden sich auch bald Beschäftigung sorgen, so hofft er. Darüber hinaus kommt er nicht umhin die Gardisten anzuhimmeln. Ein weiteres Mal ist es erstaunlich wie sich dieser Eindruck fest gebrannt hat. Schon als Kind war Aki fasziniert von der Wehr, die von höchster Schmiedekunst zeugte. Es war für ihn nicht wichtig gewesen woher der Stahl kommt oder warum nur die Wachmannschaft es trägt, für ihn war es ein Segen der Götter. Warum sonst würde man die Legierung nur in Ravinsthal sehen? Natürlich hatte er in Löwenstein schon einmal Mondstahl zu Gesicht bekommen, aber es übte lange nicht den gleichen optischen Reiz auf ihn aus. Daran erkannte man die Zugehörigkeit seiner Heimat. Trotzdem ist er sich bewusst, dass es ein Traum ist. Einer dieser Träume, die solche bleiben dürfen, weil es gesund ist sich nach etwas zu sehnen ohne es mit Überheblichkeit zu begehren.

So kommt es ihm ganz gelegen, wenn er dem Anblick entfliehen kann und an einem ruhigen Ort die Dinge durch denken kann, die momentan von greifbarer Wichtigkeit sind. Zwischen feinen Sandkörnern hockend starrt er nachdenklich aufs wogende Meer, während auf seinem Schos ein Pergament liegt. Darauf hat er bis vor einem Moment skizzenhaft das Vorhaben für den Tag des Donners fest gehalten.
Wie vor einem Mondeslauf – erstaunlich wie doch die Zeit vergeht – kontaktierte ihn ein bis dato unbekannter Schmied aus Greifanger. Dieser sowie ein Schmied aus Löwenstein und ihm, sozusagen also aus allen Ecken fanden sich zusammen, um einen Armschutz aus Schienen zu fertigen. Jener aus Bronze war bereits bekannt und so machten sich die Männer mit vereinter Kraft daran einen selbigen aus Stahl zu entwerfen. Mit Erfolg.
Der Abend war erstaunlich kurzweilig gewesen und ihm war kaum bewusst, wie dunkel es bereits war, als er sich auf den Heimweg machte. Er erinnerte sich an die Zeiten, als er mit Ernst lange in der Schmiedezunft in Löwenstein zu Gange war. Dennoch war es anders aber gewiss nicht unangenehm mit einer größeren Gruppe an Schmieden zusammen zu arbeiten, die sich darüber hinaus gegenseitig respektieren und unterstützen.

Diese Woche soll ein neues Treffen stattfinden und – wie er sich wünscht – hoffentlich nicht das Letzte. Da er gerne vorbereitet in solch ein Vorhaben startet, hat er gedanklich den geplanten Armschoner in Teile zerlegt. Tatsächlich ist auch diesmal ein baugleiches Exemplar bekannt jedoch aus Bronze. Der Materialbedarf ist aber der Selbe, nur das Gewicht unterscheidet sich sowie die Wirkung. Bildlich sieht er schon vor sich, wie das eingespielte Schmiedegrüppchen den Teilen den letzten Schliff gibt und mit Nieten verbindet. Tatsächlich warten in seiner alten und trotzdem neuen Schmiede bereits die Stahlplatten sowie miteinander verwobene Ringglieder, die an der späteren Unterseite des Armschutzes zum Einsatz kommen sollen. Die Freude beim zurecht Formen und daran schließlich die Teile miteinander zu verbinden würde er den Jungs um keinen Preis der Welt verwehren. Immerhin ist eben die Gemeinschaftsarbeit der essentielle Aspekt der Arbeit. Aber so erspart man sich mehrere Stunden Barren zu gießen und zu Platten formen. Ganz abgesehen von den Ringgliedern, die einfach eine leidige Feinarbeit sind. Zu seinem Glück wird bei den gängigen Ringrüstungen viel Leder mit eingearbeitet, sonst hätte er seine Profession schon längst aufgegeben.

Langsam nähert sich die Sonne dem Horizont und der Schmied entscheidet sich die Grübeleien für heute ruhen zu lassen. Er ist lange genug hier draußen gewesen, um sich wieder nach der Sichtung eines Grauwolfs zu sehnen, oder einer Wache in den Stahl der Götter gehüllt. Die Arbeit macht sich schließlich nicht von selbst.
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