[MMT]Die Geschichte eines Bären
#2
...zwei ganze Jahre wanderte er umher, gepeitscht von dem Drang endlich seine wahre stärke zeigen zu können.
Es war in einer dunklen Nacht. Der Mond wurde beinahe völlig verschluckt und die ewige Steppe lag schwarz vor ihnen. Das Brüllen war schon aus weiter Entfernung zu hören und tatsächlich fanden sie ihn. Es war ein mächtiges Tier!
So groß wie zwei Krieger bäumte es sich auf, im Kampfe mit einem Rudel Steppenwölfe. Artio selbst schien in dieser Nacht zu Tulwar zu sprechen. Ihre Stimme, wie das Zischen eines Pfeiles, der vom Bogen seinem Ziel entgegen strebt, donnerte über das karge Grasland und lies selbst die Raubtiere verstummen, welche vorher noch so unerbittlich gekämpft hatten.

"Baavgai, heißt dieses Geschöpf, so alt wie der Mond selbst.
Viele schon sind von ihm verschlungen worden,
denn sein Hort birgt ein Wunder, das er zu beschützen schwor.
Besiege ihn im Zweikampf, erlange seinen Schatz
und du und dein Stamm werdet fürwahr die Mächtigsten sein,
die je durch die Ödniss der Juretai ritten!"
Das ließ sich Tulwar natürlich nicht zweimal sagen. Sein Herz raste, angestachelt von den Worten der Göttin und der Aussicht auf ewigen Ruhm. Er ließ seine Männer in der Dunkelheit stehen und stürmte, wie ein wild gewordener Eber auf den mächtigen Bären zu.

Kaum jemand weiß zu überliefern, wie der Kampf tatsächlich aussah. Tulwar und sein mächtiger Jagdspeer sahen einem starken Gegner entgegen. Die Pranken des Bären waren größer als der Kopf eines Hengstes und rissen tiefe Wunden in Haut und Fleisch. Der Kriegsherr war überströhmt von seinem eigenen Blut. Er war unterlegen...
Seinen Tod schon vor sich sehend, setzte das Biest ihm weiter zu, riss ihm die Brust auf und schmiss ihn zu Boden. Tulwar der Große nutze seine ganze Muskelkraft, alle Stärke die seinem geschundenen Körper verblieben war, und hob seinen Speer in dem Moment, als Baavgai über ihn herfallen wollte. Hatte Artio selbst ihre Hand im Spiel und leitete die Waffe?
Sie traf genau in das kräftig schlagende Herz ihres Geschöpfes. Die Klinge des Speeres stieß tief in den pelzigen Leib und Bäche warmen Blutes ergossen sich auf Tulwar. Er hatte überlebt. Er hatte gesiegt! Selbst dem Tode nahe, kroch er unter dem Leichnam Baavgai's hervor, reckte die müden Arme zum Sternenhimmel empor und schrie ihm entgegen.
"Tulwar, der Große ist der stärkste Mann der je über diese Welt ritt! Ich habe Baavgai besiegt und fordere den Tribut der Götter!"

Und dieser wurde ihm gewährt. Er und sein Stamm hatten seit diesem Tage die schützende Hand Artios über sich. Jede Schlacht konnten sie gewinnen. Nie wieder mussten sie Hungern und man erzählt sich, kein Stamm hat je stärkere Söhne geboren, als der Stamm der Bärenpranken. Und so war es in manchen Landstrichen Tradition, noch vor dem Herbstneumond auf Bärenjagd zu gehen, auf dass Artio's Blick auch auf die vielen anderen Stämme fiel, die sich ihrer würdig erwiesen.


Es war vollbracht. Mit fester Stimme hatte er seinen Brüdern und Schwestern von Tulwar und Baavgai berichtet. Der erste Schritt war getan worden...
"Dieses Land hier ist fremd und birgt unbekannte Gefahren... Und auch wenn unser Stamm langsam erstarkt, so sollten wir die Göttinnen an unserer Seite wissen. Ich sage wir gehen auf Bärenjagd!!"
Er war so aufgeregt. Noch nie hatte er so vor seinen Leuten gesprochen. Ihm war übel und zugleich als würde er fliegen. Er hoffte so sehr die Shurax würden seinen Worten folgen und tatsächlich riefen darauf viele Stimmen, vermehrt noch durch das Echo der Höhlenwände "Bärenjagd! Bärenjagd!"
Und so würden sie, in diesen seltsamen Ländern, einer Tradition folgen, die nie ihre gewesen war. Der Stamm der Shurax war stark. Ein dickes Band schlang sich um jeden einzelnen von ihnen und verband sie miteinander. Nun würden die mächtigen Drei selbst ihre Aufmerksamkeit auf sie richten müssen. Sie hatten sie Steppe überlebt, die elende Stadt Chucai und die tosenden, tödlichen Weiten des Meeres. Nach all der Schmach und dem Elend der letzten Jahre würden sie wieder aufrecht stehen und wie ein Sturm über das grüne Land Amhrans reiten!
"Auf das es nun die Aufgabe jener sei, die Artio mit Jagdgespür gesegnet hat, damit sie Kundschaften und das größte Tier ausfindig machen,
das Artio als Opfer erbracht werden kann. Auf das der ganze Stamm ausziehe um Tulwar nachzueifern."

Saresh's Worte bestärkten Tanju nur noch mehr. Er war so stolz. Stolz auf sich und stolz auf den Stamm. Auf jeden Einzelnen der aus den Shurax das machte, was er war.
Sie würden auf Bärenjagd gehen und sie würden siegreich sein!
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[MMT]Die Geschichte eines Bären - von Tanju - 27.11.2013, 18:38
RE: [MMT]Die Geschichte eines Bären - von Tanju - 03.12.2013, 13:26



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