[Quest] Die ganze Welt zu verschlingen
#5
Am Rande der Altstadt

Nieselregen benetzte die Straße, ließ das Pflaster im unsteten Licht der Laternen feucht schimmern und sprühte ihr dann und wann wie Gischt entgegen, wenn eine neue Windbö durch Löwenstein fegte. Fröstelnd zog sie ihren abgewetzten Umhang enger um sich.
Ihr Umweg durch die morastigen Pfade des alten Hafens hatte ich offenbar gelohnt. Ein Abstecher durch die Altstadt, ehe sie endlich ihren eigentlichen Weg antrat. Keine Schritte außer ihren eigenen hallten zwischen den Fachwerkhäusern wieder. Bis auf den leise heulenden Wind und sporadische Gesprächsfetzen, leises Lachen hinter den Türen und Fenstern längs der Straße war es still.

Sie war erleichtert, die Bürde, die ihr spärliches Wissen offenbar darstellte, endlich geteilt zu haben. Der Gedanke, sich jetzt – gerade jetzt, in diesem Moment, um genau zu sein – auf dem Weg in Sicherheit zu befinden beruhigte sie enorm.

Irgendwo klappte eine Tür. Eliska zuckte zusammen, atmete dann tief durch und beschleunigte ihren Schritt. Wie albern, so ängstlich zu sein. Hier in der Altstadt wohnten so viele Menschen, die fortwährend ein- und ausgingen. Die Ganter, die Veltenbruchs, die Angehörigen verschiedener Handwerksbetriebe... wenn ein Ort in der Stadt stets belebt wirkte, so war es die Altstadt.
Irgendwo am Ende der Straße gesellten sich leise Schritte zu den ihren. Sie zog unvermittelt den Kopf ein, lugte über die Schulter und hielt die Luft an.

Wie weit war es noch bis zum Stadttor? Dort standen Wachen, bei denen man nötigenfalls um Schutz bitten konnte. Noch die düstere Straße im Schatten der Stadtmauer entlang. Tagsüber herrschte hier reger Verkehr, Menschen, die von der Jagd oder den Feldern zurückkehrten, Reisende. Um diese Zeit jedoch lag die Straße finster und verwaist da. Nur eine schwarze Katze strich wie ein unheilvoller Schatten um die Häuserecken.

Waren die Schritte näher gekommen? Nein, das bildete sie sich doch nur ein. Nur jemand auf dem Weg nach Hause, bestimmt. Sie stieß gepresst die Luft aus. Ihr Herz schlug so laut, dass es doch jeder hören musste, der nur in ihre Nähe kam. Irgendwo dahinten lag sicher schon das Stadttor. Nahm diese Straße denn kein Ende? Sie zwang sich mühsam zur Ruhe, lauschte. Tatsächlich – die Schritte waren verstummt.

Endlich – durch die ferne Dunkelheit drang der warme Fackelschein des Stadttores. Nun war sie schon in Rufweite – alles war gut. Ihre Haltung entspannte sich, sie schritt weiter aus, hob den Kopf und ließ den kühlen, sanften Nieselregen ihr Gesicht benetzen.
Dann plötzlich wenige, kurze Schritte, ein leises Rascheln von Kleidung, ein Ruck in ihrem Körper als sich eine Hand fest um ihren Mund presste und eine jähe Kraft sie herumzerrte. Sie riss die Augen auf, versuchte sich zu wehren, zu zappeln, die Hände freizubekommen, zu schreien, zu treten – doch ihre Tritte trafen ins Leere, ihre Arme schlugen ziellos um sich, ihre Stimme verhallte ungehört in einem Handschuh. Dann ein jäher Blitz eisiger Kälte in ihrer Brust der langsam als greller Schmerz mit jedem Atemzug tiefer in sie hineinsickerte und sie schließlich verschlang.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.


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RE: [Quest] Die ganze Welt zu verschlingen - von vonSperling - 18.11.2013, 23:34



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