Im Hause Greifenfels
#12
Patholigische Verachtung

Somberlie
nach der Begegnung mit Predragor
[by-Lyanna]

[Bild: somberliebyly2kqv6pgomh.jpg]



Lange Zeit war es gut gegangen für Predragor unter dem Dach des Hauses Greifenfels. Keine besonderen Zwischenfälle, keine nenenswerten Schwiriegkeiten. Nichts hatte er sich zu Schulden kommen lassen und sein Ansehen wuchs in den Augen der "Herren" und Waffenbrüder stetig. Da führte die schicksalhafte Begegnung mit einem Weib eine gefährliche Wendung herbei und brachte ihn zum ersten Mal, seit er Löwenstein betretten hatte, sein wahres gräsliches Gesicht zu offenbaren. Eine nichtige Lapalie wurde zum Funken welcher den angestauten Hass zu einer lodernden Flamme entfachte.

Die neue Magd Namens Somberlie, blutjung und voller unschuldiger Schönheit. Es war an ihr, Lyanna Tags über in der Heilerstube auszuhelfen und womöglich Bentrion des Nachts im Schlafgemach. Offenbar auf der Suche nach etwas alltäglicher Unterhaltung, einer Möglichkeit der abendtlichen Langeweile zu entfliehen, fasste sie den so pflichtbewusst wirkenden und stets in sich gekehrten Wächter ins Auge.

Ihn bei einer heiklen Abgelegenheit ertapt, Predragor war gerade dabei einen seiner "Berichte" an den alten Greif zu verfassen, packte sie die Gelegenheit schnell beim Schopfe und rückte jenem mit einer nahezu überwältigenden Forschheit und Dreisigkeit auf den Pelz. Es kam ihr wohl so vor, als spiele sie nur mit einem einfältigen gemeinen Tölpel. Wickele ihn geschickt um den kleinen Finger, im Hunger nach Informationen und auch einfach um der reinen Freunde daran willen.

Dabei wirke ihr ganzes Getue und ihre scheinbar kontaktfreudigen Angebote "sich näher kennenzulernen" eher affektiert, fast aufgesetzt. Und hinter dem geäusserten Wunsch, mehr über ihn zu erfahren, sowie einer Reihe unangemessen persönlicher Fragen, lies sich leicht der klägliche Versuch einer bewusten Manipulation erkennen.
Ohne es selbst zu ahnen, war sie dabei einen schlafenden Drachen zu wecken. In dem naiven Bestreben, Begierlichkeiten bei ihm hervorzurufen, stolzierte sie geradewegs erhobenen Hauptes in den eigenen Untergang.

Der anhaltende Umgang mit dieser vornehmen familiären Gesellschaft, bestehend aus einer Schaar, sich in Selbstverliebtheit sulender Lackaffen und ihren willigen Metzen, hinterlies seine Spuren. Nagte Tag um Tag erbarmungslos an Predragors Nerven, ihn immer näher an einen bodenlosen Abgrund der Verachtung ziehend. Und schon sehr bald ertappte er sich wiederhollend dabei die ein oder andere fiktive Szene eines "plötzlichen Unglücksfalles" in seinem Kopf auf- und abzuspielen. Für gewöhnlich die erste von zahlreichen Stufen zur Plannung und Ausführung konkretter Mordpläne.

Zunächst schaffte es Predragor noch die gewohnte Fassade distanzierter Höfflichkeit und aufgesetzten Interesses aufrecht zu erhalten. War bemüht das aufdringliche Weibstück ohne großes Aufsehen abzuwimmeln. Doch Somberlie dachte nicht einmal daran von ihm zu lassen. Ganz im Gegenteil, der kleinste Versuch seinerseits sie mit dezenter Ignoranz und Ablehnung auf Abstanz zu halten rief eine sofortige Trotzreaktion hervor und brachte sie dazu ihrem unverschämten Bemühen noch mehr Nachdruck zu verleihen.

Den entscheidenen Impuls, welcher die Mauer der Selbstkontrolle, hinter der Predragor seine wahre Natur gefangen hielt, bröckeln lies, gab eine unbedachte und aufdringliche Geste. Sich weiterhin recht lasziv neben ihm auf der Sitzbank räkelnd, warf Sombelie, sich dazu offenherzig über den Mann streckend, ganz unverblümt einen neugierigen Blick auf das Pergament, welches er unglücklicherweise noch immer in den Händen hielt. Dabei wagte sie es gar ihn zu berühren, sich auf eine Art und Weise an seine Schulter zu lehnen die nur als äusserst anzüglich, gar kokett betrachtet werden musste.

Dies Verhalten sprengte den Rahmen dessen was Predragor willens gewesen ist stillschweigend zu dulden, die Würfel waren gefallen.

Es war nicht irgendeine Art körperlicher Unzulänglichkeit welche es Predragor unmöglich machte ihrem subtilen Drängen nachzugeben. Das Feuer der Leidenschaft brannte zwischen seinen Leisten nicht minder lichterloh als bei allen anderen Mannen seines Alters. Was ihn wirklich daran hinderte den Reizen dieser Frau zu erliegen war um ein vielfaches grotesker und sogleich erschreckender.

Eine tief sitzende Psychose, vergraben hinter unzähligen schmerzlichen Errinerungen an durchlittene Traumata und dicht verwurzelt mit Minderwärtigkeitskomplexen und existenziellen Ängsten. Von ihm selbst längst vergessen, als natürliches und unverzichtbares Teil seines eigenen Charakters akzeptiert, gar geschätzt, vergiftete dieser selbstgeschaffene Dämon seinen Geist zunehmends.

Lag die Ursache dafür womöglich bei jenen alptraumhaften Ereignissen in Ravinsthals im Zuge derrer er zum Waisen geworden war? Oder hinterliesen darauf folgende, hungrige Jahre auf den Straßen, sowie das in den Armenhäusern durchlebte Elend, ihre unheilbare Prägung? Velleicht aber war es ihm so vorherbestimmt, ein grausamer Scherz der Götter, eine kleine Annekdote auf Kosten eines mikrigen keinen Menschen, dazu verdammt als seelischer Krüpel auf Erden zu wandern. Vollkommen gleich...

Der daraus resultierende, andersartige, krankhafte Bezug zu jeder Form der menschlichen Emotion, verbunden mit einer verzerrten Wahrnehmung der Realität als Ganzes, zwang sein Denken in feste Muster, beherrschte es unterbewusst und allgegenwärtig. In seiner Welt konnte es keine Kompromisse geben, kein Mitgefühl oder Verständniss. Es gab nur Dominanz oder Unterwürfigkeit, die nackte Stärke erhoben zur einzig gültigen Tugend und Instanz.

Ein jegliches kränkendes Wort, eine missverstandene Geste oder auch nur das zweideutige Verhalten einer Frau welches bei ihm Unsicherheit und einen Hauch des Selbstzweifels hervorrief kam einer Kriegserklärung gleich. Forderte Predragor auf, mit aller Kraft und Brutalität zurückzuschlagen, seine eigene Postion ohne Rücksicht auf Verluste zu behaupten.

Sich der Fleischeslust hinzugeben, von dieser süßen Frucht zu kosten die er sich selbst nun schon so lang verbot, käme einer Niederlage gleich. Einem Akt der Kapitulation, der Unterwerfung seiner selbst, einer Welt zu Füßen welche er einst, vor unentlich langer Zeit, in jugendlicher Hysterie eines zu tiefs gekränkten Kindes, geschworen hatte zu vernichten. Samt all dem Schönen dessen er sich langer Zeit beraubt sah und ihrer Bewohnern die er niemals als seinesgleichen akzeptierte.

Es war an der Zeit eine klare Grenze zu ziehen und für Predragor konnte es nur ein Mittel geben. Die Herabwürdigung Anderer ins Bodenlose, Aufbau von Kontrolle durch Angst, durch die Ausübung von Gewalt, dies war in seinen Augen immer die einzig logische Konzequenz. Und es war ihm ebenso stets ein willkommenes Werkzeug das eigene Wertgefühl wieder zu steigern.

"KOMM HER DU MISTSTÜCK!"

Mit diesen hasserfühlten Ruf, dränge und schubste er das Mädchen, welchem es schlagartig klar zu werden begann was sie nun zu befürchten hatte, in die leerstehende Heilerstube hinein. Die schweren Holztüren hinter sich sorgfältig mit einem Türbalken verbarrikadierend.

Somberlies verzweifelte Versuche dem Zorn, eines der Raserei verfallenen Mannes zu entgehen, wirkten unbeholfen und waren gänzlich zum Scheitern verdammt. In einem engen Raum, vollgestellt mit Krankenbetten und sonstigem Gerümpel, war sie gefangen und seiner Willkür hoffnungslos ausgeliefert.

Das Katz- und Mauspiel währte nur kurz. Alles auf seinem Weg zertrampelnd, die Tische durch die Luft werfend, dauerte es nicht lange bis der wildgewordene Waffenknecht sie endlich zu fassen bekam... Mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen entledigte er sich rasch seiner gepanzerten Handschuhe.

Nur einen einzigen verheisungsvollen Blick auf ihr zartes Gesicht, ihre vor Verzweifelung und Angst gläsrig leuchtenden Augen, gönnte er sich, ehe seine Hand mit der Wucht eines Hammers gegen ihren Kopf niederprallte. Immer und immer wieder schlug er zu, ohne einen Funken Gnade oder Anzeichen des Zweifels. Somberlies schmerzerfühlte Seufzer verstumten hinter den typischen, lauten Klatschen und dem Geräusch hunderter Kettenglieder an Predragors Rüstung, welche bei jeder Bewegung ein polterndes Klirren von sich gaben.

Wie bessesen riss und zerte er an ihr und ihren Kleidern, schuttelte sie so häftig das ihre Wirbel zu bersten drohten und gab Laute von sich die mehr einem knurrenden Tier wesenhaft waren als einem Manne. Seine Kraft war mehr als ausreichend, Somberlie gleich einer Puppe in die Luft zu heben und sodann mit Leichtigkeit, in einer stoßenden Bewegung, gegen den Boden zu schleudern.

Dann endlich lies er ab von ihr, hielt inne und machte sich daran die Scherben seines Verstandes wieder mühsam zusammenzusuchen. Dabei atmete er in langsam werdenden Intervalen tief ein und aus, während sein Opfer ein Parr Schritt vor ihm ohne ein Lebenszeichen herumlag.

Erst jetzt, nach Augenblicken des Verharrens, vernahm Predragor ein energisches Klopfen an der verschlossenen Türe.


Nur eines gab es auf dieser Welt was Predragor mehr hasste und verachtete als sich selbst,
- alle Anderen.
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RE: Im Hause Greifenfels - von Exael - 25.08.2013, 15:51
RE: Im Hause Greifenfels - von Exael - 26.08.2013, 20:55
Verletzte Ehre - von Lyanna Ennisfree - 27.08.2013, 20:50
Gedanken - von Bentrion Greifenfels - 05.09.2013, 13:48
RE: Im Hause Greifenfels - von Predragor Greifenfels - 08.09.2013, 12:42
RE: Im Hause Greifenfels - von Exael - 09.09.2013, 15:00
Der Sturm - von Lyanna Ennisfree - 10.09.2013, 20:54



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