FSK-18 [Mitmachthread] Eine Zuflucht..?
#7
Das Innere der Festung auf der Gefängnisinsel empfing den voll gerüsteten Legionär mit milder Kühle und entlockte ihm ein erleichtertes Aufseufzen. Mithras meinte es dieser Tage wirklich gut mit seiner reichlichen Wärme - ein wenig zu gut vielleicht. Und doch wagte er es nicht seine Stunden länger abzulegen, als es eben sein musste.

Die dicken Wände des Wehrbaus warfen das Geräusch von Stahl zurück, als er die Flure durchquerte. Und obgleich seine Ohren das Geräusch hörten, hatte sein Geist es nach den ersten zwei Schritten vollständig ausgeblendet. Seine Gedanken begannen zu wandern, dehnten die Grenzen von Zeit und Raum, um sie dann zu brechen. Die letzten Tage hatten viele Neuigkeiten mit sich gebracht - viele Schlechte und ein paar Gute. Insgesamt war die Lage der Stadt aber alles andere als angenehm.
Wie im Reflex streckte er seine Rechte zu dem geschliffenen Holz des Geländers aus, dass die Stufen den Südturm hinauf flankierte.

Es war nicht nur die Stadt selbst, die ihm Sorgen bereitete. Die Kirche, die Legion im Speziellen, war in eine Schräglage geraten, die gefährlich zu werden begann, die Stadtwache machte nach wie vor den Eindruck sich untereinander zu befehden - und trug den ehemals internen Zwist nun wie einen Wappenschild vor sich her. Ein Heraldikverständnis, dass Garion nicht sonderlich gefiel.
Mit schweren Schritten brachte er die letzten Stufen auf das Dach des herausragenden Wehrturmes hinter sich. Die Rüstung schien bei der Hitze hier draußen schwerer auf seinen Schultern zu lasten, als noch zuvor. Mit einem unbehaglichen Zug um seinen Mund, streckte er die Rechte aus, um sich die Schultern dort zu reiben, wo die Riemen sich durch die Polster zu schneiden schienen und überquerte mit langen Schritten das Dach, um von dem hochgelegenen Punkt zur Stadt hinab sehen zu können.

Wie auf der Suche nach Etwas, dass nicht gefunden werden kann glitten die hellblauen Augen des Mannes über die Dächer, die Straßen und die Gassen. Dort unten wartete das Leben, wartete Verantwortung, Leid und Freundschaft. Und trotzdem gab es einen Grund dafür, dass er nun hier oben stand. In dem Getümmel des pulsierenden Herzschlags Löwensteins zu stehen war wichtig - aber die Entscheidungen dort zwischen den Dächern mussten schnell gefällt werden, es durfte nur wenig Zeit vergehen zwischen dem was geschah und dem was geplant wurde. Zwischen den vielen eiligen Anträgen, Gesprächen, Aufträgen und Pflichten erhoben sich hier und da, dann und wann und meist an gänzlich unerwarteter Stelle Probleme, die einer Entscheidung bedurften, die nicht spontan getroffen werden musste, nicht spontan getroffen werden durfte. Und diese waren es, die in alle dem Trubel früher oder später in Vergessenheit zu geraten drohten.

Langsam verloren die mandelförmigen Augen ihren Halt, begannen von den Dächern der Stadt zu rutschen, ihr zu entgleiten und sich von ihr abzuwenden. Wenige Schritte trugen die rot gewandete Gestalt über die Spitze des Turms hinüber zu den gegenüberliegenden Zinnen.
Der Anblick der sich hier bot, war mit dem der Stadt nicht zu vergleichen. Vor ihm breitete sich die Freiheit der weiten See aus. Hier gab es nichts. Keinen Menschenlärm, keine Gespräche, nichts. Der Seewind frischte ein wenig auf, und rief Garion ins Gedächtnis wie sehr er schwitzte - endlich ein wenig Abkühlung, das klebrige Gefühl der eigenen Körpersäfte machte sich doch bezahlt.

Einige Möwen zogen die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich, als sie in einem rasanten Tempo nacheinander um einen der Felsen vor der Küste rauschten, zur Seite abkippten und abrupt den Kurs wechselten, als spielten sie fangen. "Alles...", dachte er "...alles scheint hier so unbeschwert. Das Meer bleibt das Meer - der Wind mag es aufwühlen, Wellen mögen sich erheben und wieder zusammenfallen - aber am Ende bleibt die weite spiegelnde Fläche der See was sie war."
Er verspürte den Wunsch den Frieden und die Beständigkeit des still vor ihm liegenden Wassers zu nehmen und der Stadt zu schenken.

Möglich war es - daran bleib dem Legionär kein Zweifel - aber es brauchte dazu Menschen, die ihr Bestes taten. Ein Schmunzeln stahl sich auf seine Lippen, als der angenehme Seewind seine Gedanken hinfort trug.
Menschen wie Lanyana. Nur wenige nahmen sie als das war, was sie wirklich repräsentierte. Es hieß sie sei kindlich, naiv, laut und manchmal sagte sogar jemand sie sei dumm. Über derlei Geschwätz konnte er nur lachen. Kaum jemand repräsentierte die guten Seiten der Menschheit so sehr, wie seine kleine Freundin. Der einzige Grund, aus dem Andere sie verspotteten war Unwissen und der Unwille für Recht und Ordnung auf eine Weise einzutreten, wie die kleine Rothaarige das zu tun pflegte - direkt und kompromisslos.
Ein unwilliges Schnaufen entrang sich seiner Nase. Genau genommen bedeutete es die Kapitulation vor dem eigenen Gewissen eine Frau wie sie zu verspotten - aber es war wie Sonnfeld es bei seiner Weihe auf den Punkt gebracht hatte. Mithras würde endgültige Gerechtigkeit herrschen lassen und dabei zweifelsohne jedes Details bedenken.

In dieser Welt jedoch war es an den Menschen für Gerechtigkeit zu sorgen. Und dafür gab er sich alle Mühe. Er und einige Andere.

Lanyana war stets voll ungezügeltem Eifer, wenn sich irgendwo der Deckmantel der Diskretion weit genug lüftete, um das darunter verborgene Unrecht zu zwingen sein hässliches Gesicht unter dem Antlitz des Herrn zu zeigen. Bisher war er immer besorgt gewesen - zwar befürwortete er die Leidenschaft seiner Freundin durchaus, aber sie war doch auch stets mit einer gewissen Unüberlegtheit und Gefährdung der eigenen Person gemischt. Seit Kurzem aber hatte sie jemanden an ihrer Seite, der - zumindest in diesem Belang - bedachter vorging und seine Ruhe auf die zierliche Rothaarige übertrug: Koris Reeben. Seines Zeichens Wachtmeister, Strauchdieb und Lügner.

Trotzdem - sein Einsatz für die Stadt war nicht zu leugnen. Selbst nach der Amtsniederlegung vieler seiner Kameraden versah er weiter seinen Dienst - ohne Sold - um das Volk zu schützen - und sicher auch ein Stück weit sich selbst. Alles in Allem aber, gab es an dem Wachtmeister Reeben nur wenig zu bemängeln.

Eine Stimme ließ seine Gedanken wieder in die Realität zurückfinden. "Wartet Ihr auf Jemanden, Ehrwürden?" Irritiert riss er seine stahlblauen Augen vom Meer los und richtete sie auf die Wache die zu ihm herangetreten war. "Oh, nein. Ich ordne hier oben nur meine Gedanken, guter Mann..."

Wird fortgesetzt...
Even the nicest people have their limits. Don't try to reach that point, because the nicest people are also the scariest assholes when they've had enough.
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Nachrichten in diesem Thema
[Mitmachthread] Eine Zuflucht..? - von Deagen - 11.07.2013, 14:04
Vertrauen - von Lanyana - 24.07.2013, 22:49
RE: [Mitmachthread] Eine Zuflucht..? - von Garion Inverick - 27.07.2013, 21:03
Zeitflug - von Lanyana - 25.02.2014, 22:06



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