FSK-18 Auf dunklen Wegen lauert so manche Gefahr
#6
Hoch über einem Tal, fernab von jeglicher Zivilisation, scheint der fast volle Mond auf ein Gebäude hinab. Dieses Gebäude steht einsam in dem Tal und das Tal ist komplett von Nebel umgeben. Jeder, der überhaupt erst in das Tal gelangt, würde spüren, wie unwirklich der Ort ist. Und jeder, der nur ein Bruchteil seiner Geschichte hört, erkennt wie unglaublich dieses Tal ist.

Umgeben vom ewigen Nebel, unerreichbar für die meisten. Doch nicht für jeden. In dem einsamen Gebäude findet sich im ersten Stock jemand wieder, den man dort als Mahr kennt, während andere die vielfältigsten Namen für ihn haben. Einsam sitzt er in einem Zimmer, das wohl als Unterrichtssaal genutzt wird, vor einem schwarzen, altem Buch.

Der Grund, warum er im Unterrichtssaal sitzt und nicht ein paar Räume nebenan versucht zu schlafen, ist jener, dass ihn wie so oft an diesem Ort Träume plagen.

Sie sind mannigfaltig, mal wird er als Kennan von Vampiren durch die Stadt gejagt und ein anderes Mal irrt er als Mahr durch den unendlichen Nebel. Doch ausschließlich jedes Mal begleitet ihn in solchen Träumen der Dämon, welcher ein Narren an ihn gefressen hat, egal ob mit seiner Fratze, Körper oder nur Stimme. Träumt er von der Dunkelheit, welche Teil von seinem Leben ist, wartet auch schon der Dämon auf sein Auftritt.

Und diese Träume liegen näher an der Realität als ihm lieb ist, ob es sein Lebensfunke ist oder seine ewige Seele. Etwas von ihm landet ihm Abyss als Preis für seine Gabe, als Preis für die Freiheit im Leben. Und dieser Dämon ist eine Mahnung, was mit ihm geschieht, in dem Moment, in dem sein Herz aufhört zu schlagen. Er wird als nichts mehr verbleiben, als Fressen oder Beute für Dämonen, nichts mehr als ein Spielzeug für die Ewigkeit.

Und aus diesem Schicksal gibt es nur zweierlei Wege, erstens die Hoffnung, dass der Truchsess wahr gesprochen hat und jegliches Schicksal am Ende nichtig sein wird und die Ewigkeit doch nicht so ewig ist, wie jeder denkt oder aber das eine Buch, welches gerade vor ihm liegt.

Es ist nicht nur irgendein Buch, auch kein Stück, welches sich eventuell nur unter Hexer finden würden. Es ist einzigartig und eigentlich ist es viel mehr als nur ein Buch. Für ihn ist es noch eine Antwort, ein Ausweg und eventuell Hoffnung. Für andere ein Werkzeug oder aber das mächtigste Artefakt, welches man besitzen kann.

In der Dunkelheit, welche den Saal, trotz des fast vollen Mondes, einhüllt wie der Nebel die Berge, scheint es so, als würde sich die Dunkelheit um das Buch verdichten. Je länger Kennans Blick drauf verharrt, desto mehr wollen ihm seine Sinne sagen, dass Dunkelheit keine Abwesenheit von Licht ist, sondern ihren Ursprung von diesem Buch findet. Und je länger er seinen Sinnen Gehör schenkt, desto mehr nimmt das Buch seine Gedanken ein.

Nur eine Berührung und seine Seele würde nicht für die Ewigkeit durch die Abgründe des Abyss gejagt, sondern er würde sie dort verharren. In dem Buch mit den Hexern, welche es vor ihm gewagt haben. Nur eine Berührung und ihm stände auch die Macht all der Hexenmeister vor ihm zur Verfüung. Es braucht nur eine Berührung und er würde dem Dämon ein Strich durch die Rechnung machen.

Den Gedanken scheint er auch schon fast Tat folgen zu lassen, da seine Hand wie ein Damoklesschwert über das Buch hängt. Und doch wird sie wieder zurückgezogen und der Blick des Hexenmeisters wendet sich von dem Buch ab.

Stattdessen starrt er in die Dunkelheit und wie so oft, bleibt er unentschlossen darüber, was überhaupt das richtige ist.

Die Dunkelheit bleibt aber nicht lang, denn stattdessen bilden sich vor ihm, zwei Feuerwirbel in einem infernalischen Grün. Sie drehen und winden sich und drumherum bildet sich eine Fratze, welche man selbst mit äußerst gutem Willen, keinem Menschen gehören kann. Nach der Fratze folgt der restliche Körper, so dass aufeinmal eine massive und verzerrte Gestalt im Unterrichtsraum befindet, doch anstatt ihn zu greifen oder dergleichen, reißt er nur sein Maul auf und wie von überall her, erklingt sein alt bekanntes Lachen.

"Tzar-Har-Har. Ist das Meisterlein unentschlossen? Oder hat der Meister gar Angst, was ihn dort in dieser Ewigkeit erwartet?"

Wie ein erregtes Kleinkind klatscht der Dämon in die Hände, ehe er weiterspricht. "Du könntest mir so einfach entfliehen, aber DU WILLST NICHT!" Die letzten Worte brüllt er so laut heraus, dass es Kennan so scheint, dass seine Trommelfelle platzen. "Zum Glück musst du dich nun nicht mehr entscheiden. Tzar-Har-Har." Mit dem Lachen strecken sich seine Klauen aus und rütteln einmal an den Kopf des Lehensritters. Und während der Kopf abgerissen wird, landet sein Körper regungslos auf dem Boden. Der Kopf aber scheint kurioserweise am Leben zu bleiben. Der Dämon hält ihn vor seinem Gesicht und offenbart sein bestes Grinsen. Was in dem Fall bedeutet, sein schrecklichstes Grinsen.

"Für dich habe ich ein ganz besonderen Platz, Tzar-Har-Har."


Und nicht zum ersten Mal und sicher nicht zum letzten Mal ist das Lachen, das letzte, was er hört, ehe sich seine Augen wieder öffnen. Neben seines schnellen Atems und des verschwitzten Gesicht kann er noch etwas weiteres deutlich spüren und zwar das Buch vor ihm. Und so wie im Traum hat es in kurzer Zeit seine Sinne eingenommen.
Wie ein riesiges Dejavû zögert er aber auch dieses Mal und erhebt sich dieses Mal. Es erscheint jedoch kein Dämon und er wird auch in keinster Weise aufgehalten. Stattdessen schafft er es bis in ein Bett, indem ihn ein traumloser wenn auch kurzer Schlaf erwartet.
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Der Kurator - von Kennan Melyr - 14.02.2017, 08:42



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