Von Leuchtfeuern und Seemannsgarn
#4
Episode 4 - Einzug und weitere Proben

23. Julmond 1401
Löwenstein



Ein paar Anpassungen hatte man beim Bau der Dienstwohnng an der Ostflanke machen müssen. Davon konnte er sogar profitieren, bedeutete es doch ein Quentchen mehr Platz, so dass er den Eingangsbereich dorthin verlegen ließ. Die Rechnung der beiden Zimmermanns-Meister hatte er schon an die Stadt weitergegeben und würde Ende des Jahres oder Anfang des kommenden dafür Sorge tragen, dass das Geld auch ausgezahlt wurde. So war es schließlich abgemacht.

Sein Landsmann Ley und der Hohenmarschener Seamus hatten ganze Arbeit geleistet. Sein neues Heim war größer als alles, was er von Bord der Schiffe oder aus den Kammern und Wachstuben der Stadtwache gewöhnt war. Sicher, die Hütte seiner Eltern drüben auf Svesur war größer - aber das war ja auch ein Hof! Lysander war zufrieden. Er hatte endlich stabile, solide eigene vier Wände, Ausblick auf die Bucht und die daraus hervorgehende offene See. Weit drüben im Westen meinte er sogar an klaren Tagen jene wilden, unberührten Landstriche zu vermuten, die die Amhraner Wildlande nannten. Wer weiß, wenn es Seamus tatsächlich gelang, ein Schiff zu bauen, könnten sie sich diese Gestade einmal ansehen.
Aber seine aktuellen Sorgen galten erst einmal anderen Dingen.
Eifrig ging er nach der Übergabe von Wohnungsschlüssel und Dokumenten an die Arbeit - er holte die überschüssigen Lagerfässer seines Kumpels Matthijs ab, dazu einen alten Tisch und zwei Hocker und ein einfaches Bett. Dazu brauchte er einen guten Teil des Nachmittags, und als er alles aufgebaut hatte, war die Sonne schon gefährlich nahe an der Kimm im Westen. Keine Pause, er befeuerte den Kachelofen und stopfte sich eine Pfeife, nachdem er mit kundigem Blick und mittels der Finger seiner rechten Hand überprüft hatte, wie viel Zeit ihm bis zum Sonnenuntergang noch blieb. Eingepackt in den warmen, gewachsten Kutschermantel in den Farben der Stadtwache machte sich der Leuchtturmwärter daran, das Holz aus dem Lager im Obergeschoss des Turmes zu holen.
Beim Hinaufwuchten von Fuhre um Fuhre an Bruchholz wurde es ihm rasch wieder warm, trotz des kühlen, zugigen Windes dort oben, der voller frostiger Versprechen war. In den Geschmack der See von rassem Salz mischte sich jener von Schnee und Eis. Bald...
Mit schwerem Atem und Schweißperlen auf der Stirn war er schließlich fertig.
Erneut hatte er Mischholz zur gängigen Prozedur hinzugenommen. Dieses Mal wollte er jedoch eine Mischung ausprobieren: Der innere Korpus bestand aus Bruchholz, ordentlich aufgeschichtet mit ein wenig Zwischenraum zur Luftzirkulation, dazu das übliche Konglomerat aus Zunder und Lampenöl bis zum Plattformrand. Als äußere Schicht, gleicham einem Mantel, kamen zwei Schichten Mischholz-Scheite darum herum.


[Bild: bsJLdlT.jpg]

Bald, nachdem er Zunder und Lampenöl entfacht hatte, brannte das Leuchtfeuer lichterloh. Das Mischholz wurde für's Erste nur langsam und schwach angegriffen, was der Brenndauer sicherlich förderlich sein würde. Das hieß für ihn eine weniger aufreibende Nacht. Und für den Leuchtturm ein stabileres Feuer. Das war zumindest seine Einschätzung - die Praxis der heutigen Nacht musste es beweisen.
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RE: Von Leuchtfeuern und Seemannsgarn - von Lysander O'Domhnaill - 31.12.2014, 13:46
Episode 6 - Alltag - von Lysander O'Domhnaill - 08.01.2015, 16:47



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