FSK-18 Grübeleien
#11
Einer dieser Tage....

Der Tag hatte an sich so schön begonnen. Sie war aufgewacht und Er war da. Sonst wachte sie meist alleine auf. Sie merkte zwar des Nachts dass er bei ihr war, aber meist schliefen sie nebeneinander ein, beide zu müde vom Tag um noch mehr als die wichtigsten Neuigkeiten auszutauschen, die eben weitergegegeben werden mussten. Sie hielt ihn oft noch eine Stunde oder zwei wach um ihn vorzubereiten auf einige Dinge und zu berichten, angefangen mit den wichtigsten oder dringendsten Dingen, bis schließlich zu dem was einfach nur ihr wichtig war zu erzählen, was ihr auf dem Herzen lag. Meist war er dann immer schon sehr müde. Er bemühte sich sehr zuzuhören, aber oft sparte sie es sich, da sie merkte wie ihm die Augen zufielen. Er nahm ihre Sorgen und Nöte durchaus ernst wenn sie Zeit fanden über solche Dinge zu reden, aber Zeit gemeinsam zu träumen und zu spinnen, blieb ihnen immer seltener. Aber sie hielt sich daran fest dass es nicht für Dauer sein würde. Irgendwann würden die Dinge geregelt sein und sie würden wieder mehr Zeit haben und vielleicht würde das Leben dann wieder unbeschwerter sein. Doch irgendwas in ihr sagte dass die Welt nie unbeschwert sein würde und einfach. Es würden immer wieder Dinge geschehen die ihre Aufmerksamkeit fordern würden. Dinge die es ihnen nicht erlauben würden einfach nur in den Tag hineinzuleben. Sie hatten sich so entschieden und es war gut so. Dennoch sehnte sie sich in Momenten wie diesen nach den Augenblicken die so waren wie als sie sich kennenlernten. Die Welt war so heiter so einfach. Als sie ihn das erste Mal sah lachte er bis ihm die Tränen kamen. Er lag vor dem Brunnen am Boden und sie folterten ihn mit Kitzeleien und wenn sie zurück sah war es in dem Moment schon um sie geschehen. Sein Lachen, seine Grübchen, sein rotes Haar…
Deswegen hatte sie ihn angesprochen als sie ihn einige Tage später wiedergesehen hatte. Zuerst hatte er nicht mal gewusst wer sie war. Aber Abends waren sie sich wiederbegegnet, mit Garah und Carmelina. Und es war kein Zufall gewesen sondern eine höchst willkommene Gelegenheit, bei ihm am Schoß zu sitzen, sich an ihn zu schmiegen und mit Erdbeeren füttern zu lassen. Sie hatten alle sehr viel gelacht an dem Abend. Doch dann war Elynia aufgetaucht und sie hatte es sich selbst zuzuschreiben dass sie dann vergessen gewesen war. Dennoch war insgeheim die Eifersucht groß gewesen. So groß dass sie Garah geküsst hatte. Es war verrückt gewesen. Auch alles was dann noch folgte. Die vielen Aufs und Abs, bis sie sich schließlich in den Armen liegen konnten und wussten dass sie nichts mehr trennen würde. Sie dachte an den Abend an dem sie Liv etwas kennenlernen durfte, und damit meinte sie nicht die unglückliche Vorstellung an dem Abend in Garahs Hütte. Auch an dem Abend hatten sie viel gelacht und gescherzt und schließlich war sie geblieben und in seinen Armen eingeschlafen. Und an dem Abend hatte sie Livera ins Herz geschlossen. Und sie dachte an einen Abend wo er sie pudelnass und voll grüner Farbe durch die Stadt getragen hatte. Schon in dem Moment war sie verliebt gewesen.

Doch all dies schien so weit weg zu sein. Er wurde aufgefressen von seinen Pflichten und sie schwamm in dieser trüben Suppe dahin die die Zeit gerade bildete. Die Dinge gingen nicht vorran. Aber sie glaubt daran dass es einmal besser werden würde.
Es gab ein paar Bestellungen, ein paar offene Baustellen und einige Menschen mit denen sie Zeit verbrachte.
Manchmal endeten solche Begegnungen aber in Wut oder Tränen. So wie heute.

Wenn sie an Ceras dachte schäumte sie wieder vor Wut und gleichzeitig stiegen ihr die Tränen den Hals hoch. Bis jetzt hatte sie wegen Lenas Tod keine Träne vergossen, doch nun tat sie es. Sie wusste nicht so genau warum, sie hatte ihr nie ganz vertraut, dennoch wäre sie für sie weit gegangen und sie hatte Lena wirklich gemocht. Lediglich die Frage was sie noch wusste und vor ihr verbarg, hatte sie davon abgehalten sie Freundin zu nennen. Und diese Frage würde für immer unbeantwortet bleiben, denn sie war heimgekehrt zu den Göttern, zu den Gaben aus denen sie geschaffen war. Sie hatte sie nichtmal gefragt an was sie glaubte. Die Tatsache dass sie den goldenen Raben als Treffpunkt gewählt hatte, lies sie aber vermuten dass sie dem alten Glauben angehangen hatte. Sie wusste so wenig über sie. Sie wusste mehr über ihre Träume als über ihre Geschichte. Dennoch weinte sie um sie. Jeder sollte jemand haben der um einen weinte.
Und sie war so voll Wut auf Ceras. Wütend weil er sie angeschrien hatte und beleidigt und ganz besonders weil er sie nicht ernst genommen hatte. Er dachte sie wäre ein unbedarftes Mädchen. Er dachte ernsthaft er könnte mit Hilfe seiner neuen Freunde ihrem wachsamen Blick entwischen?
Sie war traurig denn sie hatte ihn als Bruder gesehen, als Freund, als Familie. Und nun fiel er ihr in den Rücken. Er dachte zu wissen was gut für sie wäre und dachte dabei am Ende doch nur an sich selbst und sein verkorkstes Gewissen. Sie wusste sie konnte es nicht ändern, sie sah wie er sich selbst verlor. Sie konnte nichts dagegen tun dass er in seinem Wunsch nach Rache sich zu weit im alten Hafen verlief. Und er würde den Weg zurück nicht finden. Sie sah was aus den Menschen wurden und sah wie sich die Korruption wie ein Spinnennetz von dort aus über die ganze Stadt verbreitete. Von der Stadtwache bis ins Rathaus, vom Hafen über die Kirche. Überall streckten sie ihre schmierigen mörderischen Finger hin. Und ihre Seelen waren noch schwärzere Abgründe als Aryns.
Aber es lag nicht in ihrer Macht. Sie konnte gleich einem Druiden nur raten, nicht zwingen. Sie konnte nur hoffen dass er zur Besinnung kam und sich nicht ganz verlor. Doch die Hoffnung war gering, denn irgendwann würde kein Weg zurück führen und dann konnte sie nur noch andre vor ihm schützen, Andre und ihre Heimat. Die einzige Möglichkeit ihn vor sich selbst zu schützen wäre dann ihn zu töten. Und dies würde sie nur tun wenn er sie darum bat. Zumindest so lange er niemandem gefährlich wurde.

Sie sah täglich mehr von diesem Netz dass sich über die Stadt wob, sie sah wie die Menschen wie Fliegen darin zappelten und ihre eigenen kleinen Netze woben die nur von den dickeren Spinnen in ihre eigenen eingesponnen wurden und hin und wieder wurde einer gefressen. Einige wehrten sich noch standhaft indem sie gemeinsam feste mit den Flügeln schlugen um sich etwas Luft zu verschaffen und indem sie ruhig in diesen kleinen freien Ecken lauerten und hofften nicht bemerkt und nicht gefressen zu werden.

Löwenstein war ein Sündenpfuhl ein Drecksloch ein Spinnennetz. Servano war ein einziger riesiger Sumpf aus Intrigen und Korruption. Löwenstein war das was man über Ravinsthal sagte nur dass sich hier alles hinter einer Maske verbarg. Löwenstein war düsterer und tiefer und diese sumpfige Dunkelheit verbarg sich hinter den geblendeten Augen der Menschen. Die Mithraskirche überstrahlte alles mit ihrer grellen Selbstgefälligkeit und macht die Augen blind vor den Gefahren, Sumpflöchern und Intrigennetzen die überall lauerten.

Und sie musste alles tun was sie konnte um zu verhindern dass sich solche Menschen und solche Machenschaften ausbreiteten. Dass sich schon so viele Augen auf ihre Heimat richteten, teils voll Begehrlichkeiten, teils voll Zorn, teils voll Angst und dass sich schon die ersten Netze hier webten mit dem Ziel sie über Ravinsthal zu werfen, galt es unter allen Umständen zu verhindern. Die einzige Hoffnung die sie hatte war, dass das einzige was vom Hafen nach Hause schwappen würde, Ceras war und das, so hoffte sie, würde sie an der Leine halten können.

Die Tränen waren versiegt, die Gedanken in Schubladen gepackt, die Gebete gesprochen. Einige würden vermutlich nicht glücklich sein wenn sie wüssten welcher Götter segen sie ihnen anempfahl, aber was sollte es. Janusch war ihr nun mal ein Freund geworden und sie hatte ihn wirklich gern. Und ein Segen von 22 Göttern würde sicher besser helfen als der von einem. Sie durfte es ihm nur nie verraten.
Sie sah auf den schlafenden Rotschopf neben sich und krabbelte zu ihm unter die Decken, küsste ihn zärtlich auf die Stirn und atmete tief durch. Er war alles für sie und irgendwann würden sie vielleicht einmal unbeschwerte Momente erleben, wenn auch nicht heute und nicht morgen. Doch jeder Tag mit ihm, war besser als ein Tag ohne ihn, auch wenn man unabhängig davon an manchen Tagen, solchen wie heute, einfach nicht hätte aufstehen sollen.
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#12
Feiern, Götter und fallende Sterne


Das Erschrecken, die Geschehnisse, der Streit, der Stress; nicht von all dem konnte ihr nehmen was ihr geschenkt worden war. Sie spürte die mal ruhigen, mal weniger ruhigen Atemzüge der beiden Mädchen die an sich gekuschelt in den Fellen dalagen. Sie waren kaum jünger als sie selbst, und doch fühlte sich Ana so viel älter in diesen Momenten, als sie zwei.

Um so dankbarer war sie für die Augenblicke wo sie selbst einfach Mädchen sein durfte. Fern ab von Intrigen und Verantwortungen mit Carmelina oder Gwen einfach lachen und albern und über Jungs reden, und Kleider und doofe Namen ausdenken für Ganters.

Aber sie genoss es auch wenn andre zu ihr kamen und ihr ihre Sorgen anvertrauten und um Rat suchten. Und diese Dinge hatten sie nur bestärkt dass ihre Entscheidung richtig war. Die letzten Schritte zum Ziel waren steinig, aber es würde gelingen. Morgen wollte sie mit Gwaidir sprechen und dann würde sie sehen.

Doch nun galt es erst einmal alle heil durch diese Nacht zu bringen. Sie sah zu Elda und Venthos die leise sprachen. Er hatte die Arme um sie gelegt und sie zitterte nun etwas weniger. Elda hatte es am härtesten getroffen.
"Du wirst noch heute Nacht sterben"
Sie sah hinüber zu Morkander der an den Stein gelehnt da saß, die Kapuze ins Gesicht gezogen und den Kopf auf die Brust gesunken. Mehr als der Geist als solcher, oder was immer es war, hatte sie das Auffunkeln von Furcht in seinem Blick erschreckt. Er der immer ihr Anker war, der immer eine Antwort wusste, ihr Morkander der so klug war und so besonnen, hatte sich gefürchtet, war ratlos gewesen.
Es war nicht so als wäre er nicht manchmal schwach. Er erlaubte es sich nicht oft, zumeist nur in ihrer Gegenwart und daheim in ihrer Hütte, Schwäche zu zeigen. Dennoch wirkte er immer so unerschütterlich.
Aber es zeigte ihr nun auch was er gemeinte hatte in ihren Streitgesprächen der letzten Zeit. Es war egal wie nervig die Arbeit war und wie schwer alles war und wie ratlos man sich fühlte, wenn es jemanden gab zu dem du heim kommen konntest. Selbst wenn dieser Jemand an den Dingen nichts ändern konnte, war es das was einem brauchte um Vertrauen zu haben.
Und in diesem Fall hatte sie den Eindruck, würde sie diejenige sein müssen die die Dinge regelte. Egal ob es darum ging das ganze anzupacken, oder nur ihm zu helfen stark zu sein für die andren.
Und sie verstand dass selbst wenn sie nicht Druidin werden würde am Ende, sie zumindest helfen konnte, für andre stark zu sein.
Wie sagte man in ihrer Heimat
Hinter jedem großen Mann steht eine Frau die mit den Augen rollt


Sie selbst hatte dieser "Geist" natürlich auch erschreckt, aber auf der andren Seite waren da so viele Gefahren denen sie sich tagtäglich ausgesetzt sah. Ja es war weniger greifbar als beispielsweise die Intrigen der Familien oder die Kirche die sie hasste. Aber die Gefahr dass es sie das Leben kosten konnte war deswegen gleichermaßen real.
Es war nicht der Geist eines Toten. Dafür gab es zwei unumstößliche Beweise. Zum einen ihr Glaube. Wenn sie starben kamen sie Heim. Ihre Seele löste sich auf in die Bestandteile aus denen sie geschaffen war. Sie kehrten zurück zu den Göttern aus deren Essenz und Gaben sie erschaffen waren. Arkadien wartet auf sie. Es war ausgeschlossen sie erscheinen zu lassen.
Den andren Beweis hatte ihr die angebliche Lena selbst geliefert. Wäre es wirklich Lenas Geist gewesen, hätte sie ihr niemals Vorwürfe gemacht. Lena war ihre Freundin gewesen. Wenn auch auf eine etwas verschrobene Weise.
Dennoch war sie irgendwie gerührt gewesen. In dem Moment als sie ihre kalte Hand auf ihre Schulter gelegt hatte und ihr ins Ohr geflüstert hatte
Alles Gute zum Geburtstag Ana.

wollte sie ihr so gerne einfach um den Hals fallen und ihr sagen wie sehr sie sie vermisst hatte und wie sehr sie sich freute sie wiederzusehen. Aber so war sie hin und hergerissen und hatte ihr gesagt sie solle gehen, sie wäre nicht ihre Lena. Und dann hatte es seinen Lauf genommen.
Rückblickend hatte es ihr aber viele Erkenntnisse eingebracht. Offenbar waren diese Wesen nicht in der Lage sie direkt anzugreifen, sondern nur mit ihren Gedanken und Gefühlen zu spielen.

Um so wichtiger war es dass sie die Menschen im Glauben stärkten und ihnen Mut gaben. Dies schien die Geister zu schwächen. Sie würde sich mehr bemühen müssen. Dem sollte ihre Kraft gelten in nächster Weile. Nicht den Intrigen und dem Geflüster. Sie hatte einen ersten Schritt getan als sie Gwendolin besuchte und ihr Kuchen brachte. Dass sie nicht zur Feier kommen konnte fand sie bedauerlich, aber nur zu verständlich. Dass Njal ihr Lebensinhalt war, musste ein Blinder klar sehen. Und auf ihn acht zu geben war nun wichtiger. Aber er würde sich sicher genau so über den Kuchen freuen wenn er aufwachte, wie Gwendolin es getan hatte.
Sie mochte Gwen. Sie hatte sie vom ersten Augenblick an gemocht. Sie wirkte so verschüchtert und wie ein kleines graues Mäuschen, aber irgendwas sah sie in ihr. Sie hatte ein Strahlen, das zu oft hinter den in ihren Augen sackartigen Kleidern und der verschreckten Mine verschwand, aber sie spürte es in ihr.
Sie mochte es auch mit Gwendolin zu reden. Sie war klug, vermutlich klüger als gut für sie war. Und sie hatte ein warmes Herz. Und sie hatte den Eindruck, sie könnten sehr viel voneinander lernen.
Kurz dachte sie an die Worte ihres Gefährten, als sie sie nach ihr gefragt hatte…. Sie würde vielleicht einmal groß werden. Wenn man sie so sah war es kaum zu glauben. Aber ihr schien es irgendwie naheliegend. Sie musste sie unbedingt bald wieder besuchen.

Kurz sah sie zum Himmel. Er war voll Sterne. So unendlich viele Sterne und der Mond der ein silbriges Schimmern auf die schlafenden zauberte, in die Haare, auf die Kleidung und die Haut. Der silbrige Mondschein der über den taufeuchten Wiesen tanzte wie kleine Perlen und den Schrein so friedlich daliegen lies. Der die Schnittwunde in ihrer Handfläche beschien die sie betrachtete. Eine Gabe den Göttern um sie zu erkennen. Auch eine Haarsträhne wäre ausreichend gewesen, Aber es hatte sich irgendwie richtiger angefühlt etwas Blut zu überlassen. Das Gefühl als sie die Hand um die Klinge ihres Dolches gelegt hatte, die Klinge auf der Haut spürte, wie sie langsam in die Haut schnitt als sie die Hand fest anspannte und die Haut ritze und langsam ins Fleisch schnitt, war irgendwie fast beruhigend gewesen. Kurz schmerzend aber einfach richtig. Ihr Herz hatte geklopft und dennoch war sie so im tiefstem Herzen ruhig gewesen, so voll Freude und Aufregung.

Kurz wurde es heller am Himmel als eine Sternschnuppe den Himmel erhellte. Sie schloß die Augen und wusste was sie sich wünschte. Kein in Worte gefasster Wunsch, sondern ein Moment, ein Bild, ein Gefühl.
Fallende Sterne. Als würde ein Teil der Götter aus Arkadien zu ihnen herabsegeln, als würden sie ihnen kleine Botschaften zuflüstern. Es war als würden die Götter ihr ein Geschenk vom Himmel werfen, als würden sie kleine Brocken von Hoffnung, als Leuchten den Menschen zuwerfen. Die Sterne waren ein helles Licht und wer es sah in dem Moment und seine Seele dafür öffnete, der konnte einen der kleinen silbrigen Lichtstrahlen direkt in sein Herz hineinfallen lassen.

Die Feier war wunderschön gewesen. Alle hatten sich so herzlich gefreut. Sie hatten so viel gelacht und zu sehen wie keiner sich scheute nach dem 2. oder 3. oder 20. Glas Alkohol alberne Verrenkungen zu machen und irgendwelche Personen zu erraten oder eben noch ein Glas Schnaps mehr zu trinken, war sehr herzerleichternd gewesen. Sogar Lisbeth hatte sich dazu durchgerungen und ihre Parodie von Bartholomäus Grauwasser war zum Brüllen gewesen. Auch mir Carmelina über die Tische zu tanzen und einfach ausgelassen zu sein, war wunderschön gewesen.
Die Menschen die sie liebte waren da um mit ihr zu feiern. Einige wenige hatten nicht da sein können, aber sie wusste im Herzen feierten sie mit ihnen. Einzig ihr Bruder fehlte ihr immer noch sehr. Aber diesen kummervollen Gedanken schob sie von sich

Statt dessen strichen ihre Hände zart über den roten Haarschopf auf ihrem Schoß. Die Haare die denen ihres Bruders so ähnlich waren. Was wohl Gwendolyns Schicksalsgötter sein mochten? Sie wünschte sie könnte es sehen.

Doch zumindest sie selbst fühlte sich nun komplett. Einige hatte sie gewusst. Branwen stand so deutlich in ihr Wesen geschrieben seid einigen Monden, und zum Teil auch schon davor, wie es nur möglich war. Tanzen, Singen, Sex, Saufen. Sie spürte die Lebenslust durch ihre Adern fliesen und genoss das Abenteuer Leben. Alles kann… nichts muss.
Unzweifelhaft ein Kind Branwens.


Sie hatten immer die Götter des Handwerks verehrt. Lange hatte sie Lyons Gaben angestrebt. Doch dann hatte sie in ihrer Lehre Lughs Schaffenswillen in ihrem Herzen überhandnehmen sehen. Und so hatte sie gegrübelt wer von beiden ihren Weg bestimmen würde… und ob überhaupt. Oder vielleicht würde ihr Weg sie nun von diesen fortführen? Und nun war die Antwort so einfach wie überraschend für sie. Würde sie wirklich am Ende mit Schaffen und Klugheit zu Wohlstand finden?
Lugh und Lyon vereint in sich.


Midir war nicht all zu abwegig wenn man betrachtete wie sie ihre Füße in den vergangenen Monden gesetzt hatte. Sie die Augen der Menschen zu blenden und durch die Schatten zu wandeln. Sie fand die richtigen Worte um die Menschen zu erreichen. Ihr Herz war voll Geschichten und Bildern und dass diese Magdalena so aufgewühlt hatten, zeigte ihr dass die Geschichten gut waren. Man sagte Midir wäre der Schutzpatron der Barden und Reisenden. Sie hatte nicht damit gerechnet, aber es war richtig und nicht zu überraschend wenn man es so sah. Ihre Mutter meinte dass wenn der Wind wehte der Schleier zur Anderswelt dünn war, denn dann war Midir da, der die Pforte bewachte. Vielleicht war ihr deswegen dieses Wesen heute nicht so fremd gewesen. Sie schloß kurz die Augen
Und Midirs Atem lies ihre Seele klingen und gab ihr unbändigen Willen, Ruhe und Klarheit.

Das ein Teil von Bormos warmen Wassern und seiner Melodie in ihrem Wesen klingen sollte, schien ihr noch so fern, so unverständlich. Vor allem in Verbindung mit Midirs Winden. War es das was Saresh meinte als er von einem Geistheiler gesprochen hatte? Sie selbst konnte es noch nicht sehen in sich, aber etwas an dem Gedanken berührte sie. Sie konnte diesen Teil des Weges noch nicht sehen und vielleicht war es auch nur ein einzelnes Ereignis und lag in weiter Ferne. Aber sie erinnerte sich an einen Moment zu Beginn ihres gemeinsamen Weges. Und am Anfang stand ein Schrein im Wald mit einer heißen Quelle und ein Bad in einem kühlen Fluss in dem sie nicht fror weil der Augenblick noch in ihr nachklang.
Ihre Großmutter hatte ihr oft Geschichten erzählt, und manche handelte von Bormos Weltenlied und davon was Menschen gelang die eine Note davon in ihrem Herzen trugen. In keiner dieser Geschichten sah sie selbst sich.
Aber sie vermochte zu akzeptieren dass ein Ton von Bormos Lied wie ein warmer Strom durch ihr Herz floss.


In diesem Moment ging die Sonne am Himmel auf und das erste Mal spürte sie nicht den Gram darüber dass die Nacht wich, auch wenn ihr Herz immer den dunklen, verzauberten Stunden gehören würde. Denn zum ersten Mal konnte sie aus vollem Herzen das helle Licht willkommen heißen.
Auch wenn sie der Moment als Morkanders Stimme den Namen Sulis aussprach sie zutief erschüttert hatte.
Suils, der lebende Widerspruch in sich. Sie war beschützerisch und häuslich sanft. Aber ihr Zorn war gefürchtet. Sulis, die das war was die Mondwächter und die Anhänger Mithras gleichermaßen entzweite wie einte… Sulis die so strahlend und machtvoll war dass man kurz die Augen schließen musste.
Sulis die sich deswegen nicht über andre erhob, weil sie zwar alles verzehrend war aber weil sie wusste wo ihr Platz ihr zu Hause war.
In dem Moment begriff sie das Wesen dieser Göttin tief in ihrem Herzen. Sulis liebte. Sie liebte ihre Familie, ihr Zuhause ihre Freunde, so sehr dass sie sie um jeden erdenklichen Preis beschützen würde. Sie wärmte in den ruhigen Stunden, aber in Zeiten der Bedrohung würde sie jeden notwendigen Schritt gehen . Egal welchen Feind sie dafür verbrennen musste ohne Gnade.
Doch die wahre Gefahr war dass Sulis sich mit ihrer ungezügelten Kraft selbst verzehren würde.

Sie sah sich nicht als so machtvoll an, doch den Willen alles zu tun was getan werden musste, um jeden Preis, den spürte sie.

Und sie begriff dass wenn sie nur einen winzigen Teil dieser Göttlichkeit nutzen würde können, sie alles hatte was notwendig war um in ihrem Leben nicht nur selbst zu gehen, nicht nur zu überleben, sondern auch andren zu helfen ihren Weg unbeirrt zu gehen. Sie sah so viele Dinge die bewirkt werden können und kurz blitzte wieder diese Klarheit auf die sie manchmal spürte. Und seitdem sie begonnen hatte diese Momente etwas festzuhalten war ihr klar gewesen dass sich der erste ihrer Paten ihr offenbart hatte, schon viel früher. Und nicht weil es so offensichtlich war wie Branwens Tanz, sondern weil er zu ihr sprach. Nicht mit Worten, das tat er nicht. Aber seine Gegenwart erfüllte in diesen Bruchteilen eines Atemzugs, in diesen zeitlos ewigen Sekunden, ihr Herz mit tiefer Freude, und Sehnsucht und vor allem Klarheit. Sie kannte die Legenden um Galates Botschaften, aber sie war sich sicher dass es keine Worte waren. Galates hatte keinen Mund… einfach weil kein Mund seine Worte sprechen könnte, so wie kein Gedanke sie fassen konnte, seine Worte klangen direkt im Herzen wieder.
Galates Geheimnisse klingen in ihrer Seele und irgendwann würde sie diese festhalten können.


Und mit dieser tröstlichen Gewissheit fielen ihr nochmal die Augen zu.
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#13
Schlaflos



Sie hatte dieses Gefühl lange nicht gespürt. Früher war sie immer von Unrast getrieben, seitdem sie Morkander begegnet war, war es besser geworden, seitdem sie diese Träume hatte war es verschwunden. Natürlich war sie noch manchmal aufgewühlt, aber diese Getriebenheit war nicht wiedergekehrt. Bis heute Nacht.

Der ganze Abend war etwas viel gewesen. Was ein gemütliches Sermo hatte sein sollen und vorher ihren Weg nochmals klar bestimmen, war in einer Katastrophe geendet. Wieder mal war sie ausgerastet. Und wer war schuld? Aryn. Er hatte etwa so viel Einfühlungsvermögen wie ein Holzpfosten. Dass er nicht ein einziges Mal sein blödes Schandmaul halten konnte machte sie rasend. Immer wenn sie ohnehin geknickt oder wütend war, musste er nochmal einen draufsetzen. So auch gestern.
Der Abend war ohnehin schon gespickt gewesen mit Fallen und Stolpersteinen und Unwegbarkeiten. Sie fühlte sich als würde sie einen Hindernisslauf bewältigen und zwar mit einem Eimer voll kochenden Wasser auf dem Kopf und Nagelbrettern unter den Füßen.

Sie wusste dass sie was ihre Freunde anging zu Überreaktionen neigte. Aber Freundschaft war ihr nunmal heilig. Sie hatte die ganze Zeit nach diesem Kerl gesucht der Ceras so weh getan hatte. Aber irgendwas in ihr hatte garnicht damit gerechnet ihn wirklich aufzustöbern und nun saß er einfach auf dem Sermo als wäre nichts gewesen. Er schien sich blind darauf zu verlassen dass er damit ungeschoren davon kommen würde. Aber das würde sie nicht zulassen. Auf der andren Seite hatte sie sich als sie sich auf die Suche machte, keinen Moment ernsthaft drüber nachgedacht was sie tun würde wenn sie ihn finden würde. Hätte man sie gefragt hätte sie vermutlich gesagt, dass sie ihn abstechen würde wie ein Schwein. Aber ernsthaft drüber nachgedacht… Nein. Und nun stand er unvermittelt vor ihr. Sie wusste nicht was sie tun sollte und niemand mit dem sie darüber reden konnte. In ihre ohnehin schon frustrierte und aufgewühlte Stimmung hinein war das eine wirklich schlechte Kombination. Als war sie geflohen. Zuerst zum Schrein in der Nähe. Doch der Lärm des Sermos lies keine Ruhe aufkommen. Also entschloss sie sich baden zu gehen. Sie hatte seitdem sie wusste dass dieser Moment am Schrein im Wald kein Zufall gewesen war, beschlossen mal wieder da hin zu gehen. Nun war der richtige Moment. Doch neben der Quelle am Waldboden knien, lies sie immer noch nicht zur Ruhe kommen. Also tauchte sie ganz in das Nass zu ihren Füßen. Ein wenig konnte sie sich sammeln, Erkenntnisse brachte es ihr keine, aber zumindest konnte sie ihre Fassade wieder aufbauen. Zurück am Festplatz waren noch mehr Leute angekommen, andre verschwunden. Sie freute sich Gwendolin zu treffen. Sie mochte ihre phragmatische und kompromisslose Sichtweise und sie fand es gut dass sie ganz und gar ihrer Meinung war dass jemanden umzubringen oder niederzuschlagen ein gänzlich akzeptables Mittel der Bestafung war.

Dass bei ihr offenbar die Entscheidung gefallen war, so wie bei so vielen andren offenbar auch, nur sie wieder einmal nicht die Möglichkeit gehabt hatte diese Dinge zu klären, lag ihr wie ein Stein im Magen.
Ihre Gedanken schweiften zurück. Wie lange war es her dass sie ihn zu Grabe getragen hatten? Wie lange war es her dass eine weinende Agnetha in ihren Armen lag und sie betrunken mit Gwaidir am Tisch saß und dieser fatale Satz fiel? „Ich wünschte ich wüsste eine Möglichkeit euch mehr zu unterstützen“ Und damit nahm alles seinen Lauf. Zuerst war da noch diese Unsicherheit über ihre Entscheidung, dann wurde sie fester, schließlich setzt sie sich sogar für diesen Wunsch ein. Sie hatte zu einer Zeit ihre Hilfe angeboten als es nicht so gut um den Rabenkreis bestellt war. Sie hatte dies getan weil sie für sie ein Stück Heimat in der Fremde waren und ihr die Wenigen die tapfer die Dinge am laufen hielten, alle so nah standen in ihrem Herzen. Doch scheinbar war die Not nicht groß genug gewesen, denn es kam keine wirkliche Reaktion. Agnetha hatte ihren Brief nie beantwortet. Morkander hatte mit ihr darüber gesprochen und geholfen ihre Entscheidung wirklich zu treffen. Auf ihren Brief hin hatte er zugesagt mit den andren zu reden wenn sie zusammensitzen würden, doch ob und was dabei herauskam wusste sie nicht. Statt dessen hatte er sie irgendwann zu Gwaidir geschickt. Dieser hatte ihr zwar einiges erklärt, sich aber sehr mäßig erfreut gezeigt von der Aussicht sie zu lehren und kurzerhand beschlossen dass sie sich nochmals zu dritt zusammensetzen müssten. Sie hatte schon mit Gwendolin alternative Pläne geschmiedet, aber statt dessen…

Kurz seufzte sie. Fast fühlte es sich so an als würde nun, wo sich allerorten neue Anwärter auffanden, sie nicht mehr gebraucht. Sie grübelte nun schon seid Stunden und eigentlich schien ihr nur eine Antwort wirklich logisch: aus irgendeinem Grund war sie offenbar so viel schlechter geeignet als all die andren, die teils nach wenigen Tagen die sie in der Gegend waren, schon aufgenommen wurden. Sie wünschte sich man würde ihr dies wenigstens ehrlich sagen. Sie wünschte sich wenigstens zu wissen warum… oder doch nicht? Es würde nichts ändern an den Tatsachen. Fakt war, siemusste sich damit abfinden nicht gut genug zu sein. Nur ein Plan B gewesen zu sein als die Zeiten schlecht standen. Und nach dem Abend heute und ihrem Ausraster, konnte sie es im Grunde nicht mal jemandem verübeln. Sie würde aufhören andren die Zeit zu rauben. Vielleicht konnte sie zumindest Gwendolin helfen ihre Ausbildung erfolgreich abzuschließen und daran zu wachsen.

Sie selbst würde sich wieder auf andre Dinge konzentrieren müssen. Und da war sie wieder an dem Punkt. Diese Leere die sich in letzter Zeit so oft in ihr Leben schlich. Es gab über die Zeit Menschen die ihr halfen sie zu füllen. Ab und an mit Carmelina zu lachen und zu lästern, Menschen die Kummer hatten und zu ihr kamen, die Momente wo sie neben ihrem Liebsten Nachts einschlief. Diese Augenblicke gaben dem trüben Nebel der sie allerorts zu umgeben schien, Licht und Wärme.
Doch diese Momente kamen ihr selten und kostbar vor. Manchmal hatten Carmelina und sie sich nichts zu sagen, manchmal und immer öfter in letzter Zeit, stritten sie und Morkander und sehr oft saß sie da und hatte nichts zu tun, die Stadt schien wie ausgestorben.
Oft hatte sie diese Leere mit Holzfällen, oder Angeln oder immer öfter kleinen Ausflügen und stiller Zwiesprache mit den Göttern gefüllt. Und es war die Tatsache gewesen dass sie ein Ziel vor Augen hatte, die allem mehr Sinn zu geben schien. Doch nun war all dies weit fort. Sie würde keine Druidin werden, die Grenzen schienen fest verschlossen wie eh und je und schienen sich nie mehr öffnen zu wollen, Langsam erfüllte immer öfter die Furcht ihr Herz, dass sie und der Mann der ihr Leben auf den Kopf gestellt hatte, doch nicht im Alter zusammen auf der Wiese vor dem Haus sitzen würden, sondern er dann nur noch eine von wenigen verbliebenen fernen Erinnerung in dem mit kummervollen Gedanken gefüllten Kopf einer alten verwirrten Frau sein würde, die in einem dreckigen löwensteiner Hospiz vor sich hinvegetierte und darauf wartete wieder in den Göttern aufzugehen.
Ihr steckte ein Kloss in ihrem Hals und sie fühlte das erste Mal seid so langer Zeit wieder diese Getriebenheit. Doch nun wusste sie sie einzuordnen. Es war der Gedanke irgendwas zu tun was in den Erinnerungen anderer verbleiben würde, wenn sie dereinst wieder Teil der Kraft Arkadiens werden würde. Sie wollte nicht dass am Ende ihres Lebens, nichts zurück blieb. Sie wollte nicht dass alles umsonst gewesen war. Sie wusste sie konnte sich nicht verlaufen auf den Wegen des Schicksals, aber sie zögerte weiterzugehen. Was wenn diese Wege alle immer nur im Kreis führten, was wenn es keinen Plan gab hinter all dem und die Wege zwar verwoben waren, aber ohne dass jemals einer von ihnen zu etwas führen würde?
Die Angst schnürte ihre die Kehle zu und so sehr wünschte sie sich wieder die sanfte beruhigende Nähe eines geliebten Menschen zu spüren und einen dieser Momente der Klarheit die ihr Galates manchmal kurz vor dem Morgengrauen geschenkt hatte. Diese hatten ihr immer solche Ruhe und Gewissheit und Klarheit geschenkt, aber auch diese blieben aus… was kein Wunder war, denn auch der Schlaf blieb aus.
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#14
In diesem Leben können wir keine großen Dinge tun. Wir können nur kleine Dinge mit großer Liebe tun.

(Mutter Theresa)


Sie war bei Alines Haus gewesen, beim Theater auf Sams Wunsch hin, sogar nochmals am goldenen Raben. Sie war bei Carmelina gewesen und im Armenviertel. Überall fand sie Ruhe und Stille und meist verschlossene Türen und dunkle Fenster. Kein Zeichen von Bedrohung. Das war gut. Nur Ruhe fand sie keine. Diese elendige Rastlosigkeit lies sie nicht los. Sie hatte die Tage versucht sich abzulenken von der Tatsache dass sie gänzlich nutzlos war. Ein riesiges untotes Monstrum. Waren diese „Geister“ schon schlimm genug gewesen, war das die Krönung. Und sie musste sich eingestehen dass sie nichts, aber auch garnichts tun konnte. Die klügsten Köpfe zerbrachen sich eben diese (und natürlich auch ein paar Wichtigtuer der Kirche). Sie hatte versucht dafür zu sorgen dass die Leute zusammenhielten und kein Streit aufkam. Aber dies war ihr nur sehr bedingt geglückt. Einige wenige nahmen ihre Hilfe an, aber an der Stelle endete es auch schon. Heute hatten diese Narren sie sogar aus der Kirche gejagt. Zugegebenermaßen war sie nicht leise gewesen und sicher auch sehr nervös. Sie war unentwegt auf und abgewandert und hatte ihre Hände beschäftigen müssen. Aber sie hatte einfach ein übles Gefühl. Ceras war verschwunden, viele waren verletzt und sie waren nun schon seid Stunden in diesem Hinterzimmer. Sie hatte Mork den ganzen Tag nicht gefunden und nun saßen sie dort und beratschlagten. Sie konnte es einfach nicht in Worte fassen, aber sie hatte ein dummes Gefühl. Sie kamen einfach nicht heraus. Sie hatte nicht stillsitzen können. Kurz hatte sie sich etwas beschäftigen können als sie Inara gut zuredete und danach ihren kleinen Bruder suchte. Bis zum goldenen Raben war sie gelaufen und die Harpyen hatten deutliche Spuren auf der Kapuzenrobe hinterlassen die sie trug um wenigstens etwas Ruhe zu finden. Es fühlte sich an wie ein Schutzmantel gegen all diese Panik die durch die Straßen waberte wie der Nebel den dieses Wesen mit ich brachte.
Gestern war sie dieser Panik selbst erlegen. Die Tage davor hatte sie sich beherrschen können, war dem Ding nie begegnet. Lediglich die Schilderung dass es in ihrem Haus war lies ein sehr flaues Gefühl zurück. Doch dann als sie gestern zur Kathedrale kam und sie war verschlossen, mit riesen Wänden aus verwachsenen Knochen, und die betrunkenden und Pöbelnden Gestalten erzählten dass alle andren tot waren… da hatte sie wilde nackte Angst erfasst. Was sollte sie denn dann noch? Alle ihre Freunde weg… tot… alle Wege versperrt nach Hause. Sie war drauf und dran sich auf dieses Wesen zu stürzen. Was hätte sie zu verlieren? Und dann kam dieser Nebel, diese Wolken, es hob sie an und sie schwebte. Sie geriet in Panik, versuchte sich an der Mauer festzukrallen und dann krachte sie aufs Kirchendach.
Da waren Stimmen, Schritte, Geräusche. Sie noch ganz benommen von dem Aufprall und die kalte Hand der Angst und Verzweiflung um ihr Herz. Sie begann zu schluchzen, beschloss nie mehr aufzustehen, vielleicht würde sie dann einfach noch auf die Schnelle sterben. Auch wenn sie sich sicher nicht das Dach der Mithraskathedrale zum Sterben hätte wählen wollen. Aber was machte dies schon noch für einen Unterschied. Sie konnte nicht klar denken, reagierte auf die Ohrfeige die sie erhielt nur mit noch mehr Schluchzen und Wimmern. Konnte man sie nichtmal in Ruhe sterben lassen? Erst Morkanders Stimme durchbrach ihre Lethargie. Sie konnte es kaum glauben. Von wegen alle wären Tod. Sie war binnen Sekunden auf den Füßen und fiel ihm um den Hals. Er hielt sie fest und brachte sie nach unten. Kurz sah sie Lisbeth und Gwendolin irgendwo im Gebäude. Ceras war unten und ein paar vage vertraute Gesichter die sie nur wie durch einen Schleier wahrnahm. Unten hielt er sie im Arm. Sie kamen nicht dazu viel zu reden. Er flüsterte ihr wieder diese Worte ins Ohr, nur ein Hauchen, und sie spürte wie ihre Seele zur Ruhe kam. Die Panik war wie weggeblasen. Sie war einfach nur erleichtert. Wie er dies machte wusste sie nicht, hatte einen Verdacht, aber am Ende war es ihr sowieso egal. Sie vertraute ihm blind und war sich sicher er würde dieses Vertrauen nicht missbrauchen.
Sie hatte in der Kirche geholfen noch die letzten Verletzten zu versorgen, Essen zu verteilen, Mut zu machen. Die Dinge in denen gut war.
Heute hatte sie gehofft könnte ihr dieses Talent wieder von Nutzen sein, aber statt dessen hatte dieses Gör sie aus der Kirche gejagt. Sie sollte keine Kopfbedeckung tragen und still sein. Es war Krieg in dieser verdammten Stadt. Verdammter, beschissener, verfluchter Krieg mit dreckigen, verfluchten, elenden, seelenfressenden Untoten und sie wollte Helfer verjagen weil sie eine Kapuze trugen und fluchten? Außerdem warf sie ihr vor sie wäre ja all die Zeit vorher auch nicht dagewesen. Zum einen machte dies wohl kaum Unterschied, zum andren war es schlicht nicht wahr. Aber sie war aufgebrochen. Es schien ohnehin nicht als könnte sie hier helfen. Just als sie zur Tür hinaus trat begannen wieder diese unheilvollen gewitterwolken aufzuziehen und sie wurde nass. Sie eilte durch die Gassen dieser götterverlassenen Stadt. Doch niemand brauchte sie. Nach Hause wollte sie nicht ohne ihren Liebsten und in die Kirche zurück auch keinesfalls. Sie kroch in ihrer Hütte am Hafen unter, aber sogar da blieb ihr die Luft weg. So rollte sie sich in einem der Ställe zusammen und betete. Sie dankte den 21 für ihre Hilfe in den letzten Tagen. Mabon dass sie die Heiler stütze, Epona für die schnellen Füße auf der Flucht, Nodons im Namen aller die die geliebten Menschen wohlbehütet zurück bekommen hatten, Branwen für ihren persönlichen Optimismus, Amatheon dass sie genug zu Essen gehabt hatten, Morrigú für jede Strategie die geholfen hatte zu entkommen, Brigid für die Geschichten die die Menschen ablenkten, Sulis dafür dass die Knochen in ihrem Licht zerfallen waren, und so fort.
Nur Galates zu danken, fiel ihr gerade schwer. Sie brauchte seine Gegenwart so dringend und konnte sie einfach nicht spüren. Und dennoch richtete sie das Wort an ihn, dem sie sich mehr noch als den andren der Götter tief verbunden fühlte und sie dankte ihm dafür sie bis hierher gebracht zu haben. Und an ihn wandte sie als einzigen auch eine Bitte. Er möge ihr heute Nacht Ruhe und Schlaf und Gewissheit schenken.
Doch auch diese Nacht stellte er sich nicht ein.
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#15
Sulis Leuchten drang mit zwar zunehmend weniger Wärme, aber ungebrochenem Willen und Helligkeit über die Dächer der Neustadt, beschien die Straße und brach sich in den Fenstern der andren Häuser. Und so wie das Licht ein wunderschönes Wechselspiel in den Schatten der Stadt darstellte, so war auch ihre emotionale Verfassung ausgeglichen. Endlich wieder. Trotz aller unangenehmen Umstände.
Sie träumte vor sich hin. 2 Dinge und sie hatten wieder einmal alles verändert. Der Schlaf war zurückgekommen und vor allem die Ruhe und Gewissheit Galates Augen auf ihr ruhen zu spüren. Es waren nur Wimpernschläge. Der Moment wenn man in den Schlaf hinabgleitet und die Welt um einen verschwindet und der Augenblick wo der schlaf gewichen ist aber man noch nicht in der irdischen Welt angekommen war. In den Augenblicken war nur eines vorhanden. Der Teil von ihr der aus Galates Atem geschaffen war. Alles andre: ihr Leib und die Gaben der andre Götter waren schneller. Sie war sich sicher dass in ihren Träumen, im Schlaf, sie die Grenze überschritt nach Arkadien. Und wenn sie zurückkehrte dann geleitete Galates sie sanft zurück in ihren Körper und dieser winzige Moment gehörte nur ihnen beiden.
Sie liebte alle 21. Sie gehörte nun ihnen. Sie war geschaffen aus 7 von ihnen und sie hatte allen Mondwächtern die Hand gereicht. Aber einige standen ihr doch deutlich näher. Und in der momentanen Phase ihres Lebens und wohl immer in den nächtlichen und morgendlichen Stunden, war es Galates der ihr näher stand als jemand sonst.
Wer dies spürte, konnte verstehen wieso sie ihre Götter und ihre Gläubigen mit dem selben Begriff bezeichneten. Sie waren alle geschaffen aus den Göttern und deren Kraft. Sie teilten deren Eigenarten und Stärken und Schwächen. Sie waren Teil von ihnen. Und so waren sie letzten Endes Eins.
Und so schweiften die Gedanken zu der zweiten Sache die ihr Leben verändert hatte. Es war der Tag gewesen an dem sie zum Flüsterwald vorstoßen wollten. Es war ohnehin seltsam gewesen. Die schwarzen dichten Sachen. Kaum jemand hatte sie erkannt. Sie hatte auf Gwendolin achten wollen. Und auf Morkander. Und sie war froh gewesen dass Gwaidir dabei war und an ihrer Seite stand.
Es war seltsam. Aber wenn er da war fühlte sie sich besser. Sie fühlte sich beschützt. Er war niemand der viel redete und er war niemand der viele Emotion zeigte. Aber ihr Vertrauen in ihn war grenzenlos. Und s war es ihr auch nicht schwer gefallen zu schwören als er ihr später am Abend die Rabenfeder auf den Tisch legte und es aussprach worauf sie so lange gewartet hatte. „Ich werde dich übrigens ausbilden.“ Es würde nicht immer einfach werden, aber sie vertraute ihm. Bei wenigen Menschen fühlte sie sich so geborgen. Sie konnte nicht benennen warum. Doch sie nannte ihn Freund. Sie war sich sicher dass er es ihr nicht leicht machen würde. Aber ihr persönliches Ziel war klar. Selbst wenn er es vielleicht nie aussprechen würde, so würde sie es erkennen in seinen Augen. Sie wollte einmal sehen dass er stolz auf sie war, sie wollte dass er einmal denken würde dass es eine gute Entscheidung war sie als Schülerin angenommen zu haben. Und sie war sich sicher dass irgendwann dieser Moment kommen würde.

Die Welt war nicht in Ordnung. Dafür war zu viel geschehen. Dieses Untote Monstrum dass alle in Angst und Schrecken versetzte, die Toten, die üblichen Intrigen. Aber es war erträglicher.
Sie und Ceras hielten wieder zusammen wie Pech und Schwefel. Carmelina war gesund und munter. Sie und Morkander zankten etwas weniger. Auch wenn sich das Zusammensein mit ihm nicht immer als einfach erwies. Er war ein sehr eigener Hausgenosse und seine zunehmendere Geheimniskrämerei und die Tatsache dass er ständige beschäftigt, ja überarbeitet war und dies deutlich und verständlich an seiner Stimmung zehrte, machte es nicht leichter. Es gab diese tage wo sie darüber nachdachte es zu beenden. Aber dann sah sie ihn neben sich liegen wenn sie einschlief und den roten Schübel Haare unter der Bettdecke hervorlugen und da war so viel Zärtlichkeit in ihr für diesen Mann, dass sie einfach darauf vertrauen musste dass andre tage kommen würden. Auch wenn der Zweifel daran täglich größer wurde.

Sehr viele kleine Dinge geschahen in ihrem Leben die ihr Erkenntnisse mitbrachten. Der Moment als sie Gwenni hinter sich zog und kurz überlegte Godwin zu verprügeln, lies sie mehr über das Wesen des Wächters erkennen.; der Moment als dieser Kerl Ceras schlug und sie ihm mit dem Stab von den Füßen holte und kurz darüber nachdachte ihm die Schlagader zu durchtrennen, aber ihn gehen lies, lehrte sie dass sie an ihrer Selbstbeherrschung arbeiten würde müssen, aber am Ende erfolgreich sein würde; und der Moment als sie die Feder in die Finger nahm und die entscheidenden Worte laut aussprach, würde ihr Leben für immer verändern.
Wenn sie nach Hause zurückkehren würde, würde sie sogar dieses mit andren Augen sehen. Aber sie wusste auch dass der Weg sehr weit sein würde und niemals enden würde bis sie heimkehrte nach Arkadien. Aber sie würde an Abschnitten ankommen. Und nun hatte sie zwei Abschnitte begonnen. Ihre Beziehung und ihre Ausbildung. Zweite war eine Herausforderung aber sie war sich sicher es meistern zu können. Jedes Mal wenn Menschen zu ihr kamen und sie um Rat und Hilfe baten, wusste sie dass sie dem gewachsen war und noch viel lernen musste, aber irgendwann ihren lehrmeister stolz machen würde und dem Zirkel eine echte Unterstützung sein. Bei ihrer Beziehung war sie sich da nicht so sicher. Er sagte zwar sie wäre das was ihm und seiner Seele Ruhe gebe, aber sehr oft hatte sie den Eindruck ihm mehr Last als Freude zu sein. Aber was ihn anging konnte sie aus ihrer Haut auch nicht heraus. Sie verstand ja dass die Kleinigkeiten des Alltags auch noch auszudiskutieren ihn über Gebühr nervten neben all den wichtigen und verantwortungsvollen Themen. Aber diese konnte sie mit ihm nicht teilen. In diesen Dingen war für sie kein Platz und sie konnte ihm nicht helfen. Und für alles andre schien kaum mehr Platz. Heute mit ihm spazierenzugehen und später noch die Stadt zu verlassen war schön gewesen. Selten waren solche Momente geworden. Aber nun hatte er sein Hermelin und das hat ihn seid so langem wieder einmal lächeln lassen.

Der Blick schwankte zwischen versonnen und traurig. Sie war froh dass er so glücklich gewesen war, aber sie wünschte sich so sehr sie könnte ihn auch einmal wieder so lächeln lassen. Wie so oft glitten ihre Erinnerungen zurück an den Abend im Zelt. Den Abend als all das seinen Anfang genommen hatte. Ein Abend voll Lachen, ein Abend der mit einem Lied und einer Umarmung endete.

Morgen sollte wieder eine Expedition gegen den Flüsterwald ziehen. Sie waren mit eingeladen worden. Aber sie selbst hatte nicht vor hinzugehen. Sie würde sich nicht unter das Kommando eines solchen Mannes stellen. Sie würde sicher nicht zu einer Expedition aufbrechen die schon mit der Drohung begann jeden aufzuknüpfen der ihn in Frage stellte. Unzweifelhaft war es wichtig diese Sache zu beenden und zusammenzuarbeiten. Aber nicht um jeden Preis. Er war nicht vertrauenswürdig. Sie hatte mit Askir gesprochen und dies hatte ihre Meinung nur noch bestätigt. Morkander hatte ihr nicht verraten wer ihm gedroht hatte. Er wollte sich selbst drum kümmern. Sie hatte dies akzeptiert. Doch dann hatte Ceras gebeichtet bei ihr. Sie hatte den Eindruck er hatte ein schlechtes Gewissen gegangen zu sein an dem Abend. Aber nun hatte sie nicht anders gekonnt. Sie hatte Askir zur Rede gestellt. Sie wollte ihm Gelegenheit geben zu tun was sie tun musste. Sie wollte ihm die Möglichkeit geben seine Familie zu beschützen. Sie sagte ihm er solle ihn in den Griff bekommen ehe er Dinge kaputt machte die nicht zu reparieren waren. Nochmals würde sie nicht drüber hinweg sehen. Wer die Hand erhob gegen die die sie schützte, die sie liebte, würde es bereuen. Dies war immer so gewesen und würde sich nicht ändern. Aber sie ging davon aus dass er sich verpflichtet fühlen würde ihn zu schützen. Aber offenbar verstand er genau so wenig wie er sich derartig verhalten konnte. Sie hoffte inständig dass er bei einer dieser „Missionen“ von dem Leichnam in Fetzen gerissen wurde, ehe er noch mehr Unheil anrichten würde. Dies würde das Problem auf saubere Weise lösen. Keine Vergeltung nötig, kein Kopfgeld, kein Wutanfall. Die die eine Bindung zu ihm hatten könnten sich über ein Heldenbegräbnis freuen. Die Totengräber hätten zu tun und würden sie nicht nerven wenn sie Arbeit hatten. Also durchweg eine Gewinnsituation.

Aber ihr Optimismus war zurückgekehrt. Mal sehen was als nächstes kommen würde.
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#16
Die junge Braunhaarige liegt im Bett auf dem Rücken. Trotz des strömenden Regens und der zunehmenden Kälte ist das Fenster offen und sie hat statt dessen die Bettdecke über sich gezogen. Die zweite noch zusätzlich. Dies dürfte aber keinen stören, da der Besitzer eben dieser, 2 Stockwerke tiefer in dem hübsch hergerichteten Neustadthaus, an seinem Schreibtisch sitzt und beim Licht einer Kerze fleißig Schreibarbeit erledigt.
Der feine Geruch von Rauch der gerade noch den Raum erfüllt hat, verfliegt langsam und die Asche die zurückgeblieben ist von den 2 oder 3 Bögen Hadern die sie zuvor verbrannt hatte, sind längst vom Wind hinausgetragen und von dem Regen in irgendwelche Straßengräben gewaschen worden. Unwiederbringlich verloren, bis auf die Fragmente der Worte die sich in den Kopf der Frau gebrannt haben.


Ich bin müde. Der Geruch von Rauch den das Verbrennen des Briefes den ich Eirene geschrieben hatte, ist verweht. Hämmern, Sägen, Schreien, nächtliche Besuche, Rauchschwaden. Silberberg wird oft geflucht haben was alles für Leute hier in seiner Nachbarschaft eingezogen sind, so in den letzten Monden. Vermutlich sind wir da tatsächlich noch welche von den angenehmeren.

Ich habe überlegt in das Zimmer über meinem Laden zu ziehen. Ich dachte Abstand würde uns gut tun. Weniger Grund zum zanken. Aber heute habe ich begriffen dass es das nicht ist. Carmelina hat mit ihm gesprochen, trotz meiner Bitte es nicht zu tun. Sie sorgt sich um mich. Und er meinte dass er mich kein Stück weniger liebt als am ersten Tag und ich glaube ihm das. Dennoch denke ich es macht keinen Sinn mehr. Ich liebe ihn so unendlich und er mich.
Wen ich des Nachts seinen roten Schopf neben mir sehe, dann ist die Welt in Ordnung, dann ist da eine so tiefe Liebe zu ihm, dass es schmerzt, dann weiß ich dass ich niemand andren will als ihn, nichts andres als mit ihm zusammen sein und ihn nie ehr fort zu lassen. Aber dennoch ertappe ich mich in der restlichen Zeit so oft wie ich an früher denke. Früher, herrje ich klinge wie eine alte Frau. Aber wie soll ich es sonst beschreiben. Ich rede von der Zeit als wir uns kennenlernten. Als er mein unerschütterlicher Anker war. Im Grunde ist er das noch. Nachts, wenn er schläft und wenn ich mich an ihn kuscheln kann und wenn die Welt da draußen so weit fort scheint und wenn er friedlich atmet und ich so tun könnte als wäre alles was mich belastet und beschäftigt, niemals passiert, dann komme ich zur Ruhe. Dann kann ich mir einreden dass alles gut wird. Aber irgendwann kommt der Moment wo einer von uns beiden wieder in den Tag entschwindet und dann flüchte ich mich in meine Träume. Dann denke ich an die Zeit im Zelt, wenn er für mich gesungen hat. Und ich denke daran wie Liv zu Besuch war und wir gelacht haben. Und ich denke an Streiche die wir geplant haben und andre Pläne für die Zukunft die wir gemacht haben. Ich denke daran was wir überstanden haben. Diese Geschichte mit den Briganten und all diese Intrigen die dran hingen. Der Verlust von Menschen. Den Kummer den wir miteinander hatten bis wir zusammen gefunden haben. Die Nacht als ich dachte er würde sterben.

Doch schon beim letzten Mal als diese Sache mit dem lebenden Leichnam war, da waren wir oft beide mehr auf uns allein gestellt. Und seitdem habe ich das Gefühl wir haben uns noch mehr entfernt.

Keinen Wimpernschlag zweifle ich daran dass er mich liebt und ich ihn. Aber vielleicht ist es besser wenn es endet. Er ist zufrieden im Moment. Er findet Ruhe und er hat wieder viel mehr Zeit. Es zerren nicht mehr alle an ihm. Er freut sich darüber Gold zu horten und seine Schüler auszubilden.
Ich hingegen muss irgendwie Gwadir beibringen dass ich es beenden werde. Ich kann, will und werde seine Anforderungen an mich nicht erfüllen. Natürlich könnte ich ihm etwas vormachen. Aber das will ich nicht. Wir haben uns gegenseitig Vertrauen bewiesen als wir diesen Bund eingingen, aber letzten Endes kann ich keine Druidin sein, wenn ich mich dafür aufgeben muss. Aber ich denke es wird sowieso egal sein. Er wird mich nicht aus meiner Lehre freigeben, aber das ist nicht mehr von Belang. Ich spiele mit dem Gedanken mich den Helfern auf der Insel anzuschließen. Ich bin kein Heiler, aber in der letzten Zone kommt es wohl darauf auch nur in zweiter Instanz an. Damit den Menschen noch zuzuhören und sie nicht allein zu lassen, kann ich ihnen genug helfen. Und mir ist bewusst dass ich nicht mehr zurück kommen werde. Garah sagt immer dass es kein Heilmittel für die Keuche gibt, und vielleicht hat er recht.
Dass er zurück gekommen ist und noch am Leben war, ist mir trotz allem Ärger und allem Kummer, eine große Freude. Es ist schön ihn nochmal in die Arme schließen zu können und es ist schön dass er sich bemüht erträglicher zu sein. Trotz allem Kummer und al der Wut die er fabriziert, ist er mir ein Bruder gewesen. Immer. Und er und Mork haben sich immer blind verstanden und ich hoffe er wird ihm auch nun zur Seite stehen.
Carmelina wird mich nicht gehen lassen. Kurz habe ich überlegt es ihr einfach nicht zu sagen, aber ich kann nicht gehen ohne sie nochmal in den Arm zu schließen. Vorher ist einiges noch zu erledigen. Ich muss Tiberius diese eine Frage stellen. Und ich hoffe er weiß die richtige Antwort darauf zu geben. Wenn sie mir gefällt, vielleicht bringe ich ihn dazu ihr einen Antrag zu machen.
Noch gestern habe ich geschrieben und gejammert und lamentiert über so vieles. Noch gestern sagte ich ich wäre zu feige und es müsste einen Anreiz geben zu so einem Schritt. Jemanden zu begleiten geben. Und heute… heute bin ich drauf und dran diesen Schritt zu gehen, einfach so.
Ich habe Morkander gefragt was er sagen würde und ich wusste dass er nicht versuchen würde mich abzuhalten, aber irgendwas in mir hatte die vage Hoffnung er würde irgendetwas mehr dazu zu sagen haben, als dass er meinen Mut bewundern würde. Also… irgendwas. Ich habe so sehr gehofft er würde sagen dass ich ihm fehlen würde, oder dass wir in unserem Gespräch irgendwas finden worauf wir wieder gründen können. Ein Ziel, eine Hoffnung, einen Traum. Aber wie es scheint, ist da nichts weiter. Ich frage mich was geschehen ist, dass wir uns beide so verändert haben. Oder hat sich nur meine eigene Sicht auf die Dinge so sehr verändert?

Wie geht man damit um wenn jemanden so bedingungslos liebt, aber merkt dass es aufhört zu funktionieren? Wir haben uns nichts mehr zu sagen, wir haben nichts mehr gemeinsam zu lachen. Oft denke ich er versteht mich nicht. Oder vermutlich verstehe ich nur ihn nicht. Ich merke dass für mich in seinem Leben kein Platz ist, aber er dennoch einen geschaffen hat. Weil er mich liebt und wir einander brauchen. Aber ich denke auch, wenn ich fort wäre, wäre sein Leben unbelasteter von dieser Anforderung. Er würde mir vehement wiedersprechen nun. Aber der Zeitpunkt ist wohl günstig. Es geht ihm gut und ich kann einen sauberen Schlußstrich ziehen. Mit ihm, mit mir, mit allem. Die Dinge zu einem sinnvollen Abschluß bringen.

Eine Sache habe ich verstanden, was die Leute am Mithrasglauben mögen. Wir denken, dass wenn wir sterben, wir zurückkehren. In unsere Welt und diese wieder nähren und stärken und zurück zu de Göttern und aufgehen in diesen. Doch was unsere Freunde und unsere Familie angeht, so sehen wir uns, mit diesem Bewusstsein, das letzte Mal mit Klarheit in die Augen, wo wir diese schließen. Wir leben in ihren Erinnerungen und Herzen weiter, doch abhängig davon wer wir waren, werden wir irgendwann vergessen. Vielleicht werden wir in Familienchroniken oder Geschichten als Held geführt, aber die Liebe, die Trauer über unseren Verlust, der Stolz der Eltern oder des Gefährten, all dies wird irgendwann verblassen. Die Gläubigen der Mithraskirche, glauben dass sie einander in einer andren Welt wiedersehen. Ich kann verstehen dass diesem Gedanken etwas tröstliches inne wohnt. Es ist nicht einfach jeden Augenblick so zu leben, dass er für immer ist. Denn wiederkommen wird er nicht und wir können ihn auch nicht festhalten. Nur als Gefühl, nur indem wir ihn zu einem Teil von uns werden lassen und ihn so mit zurück nach Arkadien nehmen. Ihn wieder aufgehen lassen in der Ewigkeit und aus unseren Erlebnissen, Erfahrungen und Energien, neues Leben, neue Erfahrungen, neue Geschehnisse speisen.
Dies alles hat etwas tröstliches, etwas was es einfacher macht. Dennoch fürchte ich mich etwas. Ich weiß wie sehr es schmerzt jemanden zu verlieren. Und ich weiß dass ich wenn ich diese Entscheidung treffe, ich andren genau dies antue. Aber es scheint richtig zu sein. Ich habe nicht verstanden warum Bormo einer meiner Schicksalsgötter ist, aber ich war mir sicher ich würde es an irgendeinem Moment verstehen und vermutlich ist er dies.
Ich bin mir sicher dass Morkander damit klarkommen wird. Er wird sagen, dass ich tun muss, was ich tun muss und er meinen Mut bewundert. Er wird vielleicht weinen wenn ich nicht zurück komme und dann wird er meinen letzten Willen erfüllen und wird sagen dass ich heimgekehrt bin. Und er wird Carmelina versuchen Trost zu spenden. Und ich hoffe dann werden sie alle gemeinsam trinken und werden daran denken was sie mit mir erlebt haben. Sie werden erzählen von den ersten Tagen im Schlafsaal der Schneiderzunft, von der Nacht im Zelt, von dem Eimer voll grüner Farbe von meiner Gesellenarbeit und davon dass ich viel saufen konnte und vielleicht sagen sie ein paar nette Sachen über mich. Aber in dem Moment werden all diese Momente denen ich nachhänge, noch mal lebendig sein auch in ihren Köpfen. Und ich hoffe sie werden einen wunderschönen Abend haben.

Einzig dass ich meine Familie nie wiedersehen werde in diesem Fall, macht mich sehr traurig. Ich wollte nicht in Servano sterben. Ich hatte immer vor Augen dass ich irgendwann heim käme, mit genug Geld die Schneiderei aufzubauen, meinen Bruder um Verzeihung bitte, ihnen meine Freunde vorstelle und irgendwo einen kleinen Hof kaufe. Ich dachte vielleicht würden wir dann tatsächlich heiraten und in vielen Jahren einmal Kinder bekommen, nicht heute, und nicht morgen und vermutlich nicht übermorgen, aber möglicherweise irgendwann in ferner Zukunft. Oder ich hätte Nina mit nach Ravinsthal genommen. Sie hätte meinen Bruder sehr gemocht. Ich muss Morkander darum bitten sich um sie zu kümmern wenn ich weg bin, dass sie sich warm anzieht und ordentlich ist und sich von Sikk und seinen Leuten fern hält.
Vielleicht wäre ich wirklich Druidin gewesen und mein Dorf wäre ganz stolz gewesen auf mich.
Aber dass all das nur Träume waren, Träume eines verdammten kleinen Mädchens, ist mir heute schmerzlich bewusst geworden. Ich habe mich so lange daran festgehalten, dass ich es selbst geglaubt habe. Aber die wenigsten Geschichten haben ein solches Ende. Aber nun bin ich an der Stelle wo ich dafür sorgen kann dass sie zumindest irgendein taugliches Ende bekommt. Ich würde gerne mit jemandem darüber sprechen, aber es gibt nunmal niemanden. Ich werde eine Nacht darüber schlafen, vielleicht auch zwei, ehe ich mich entschließe. Vielleicht fällt mir auch noch jemand ein der das ganze mit etwas mehr Abstand betrachtet.

Kurz streckte die junge Frau die Füße unter der Bettdecke hervor und erschauderte. Dann entschloss sie sich mitsamt Bettdecke aufzustehen und das Fenster zuzuziehen, nachdem es nun doch empfindlich kalt geworden war. Als ihr Gefährte irgendwann nach oben kam, war es vermutlich immer noch recht kalt und sie in die beiden Decken eingerollt eingeschlafen. Ihr Schlaf war wie üblich tief, vielleicht noch etwas tiefer als sonst. Aber offenbar nie tief genug, dass sie sich nicht an ihn schmiegen würde wenn er ins Bett krabbelte. Lediglich ihre Füße waren diesmal wirklich grässlich kalt, was sie keinesfalls davon abhalten würde, diese unter seinen zu deponieren um sie zu wärmen.
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#17
Die Zukunft ist eine undankbare Person, die grad nur die quält, die sich recht sorgsam um sie kümmern.

(Johann Nepumuk Nestroy)


Es war eine Ewigkeit her seitdem sie sich das letzte Mal gestattet hatte ihre Gedanken frei wandern zu lassen. Aber hier an den Klippen zum Meer, fühlte sie sich frei genug, sicher genug dafür. Sie hatte nun hier in Candaria ihren Unterschlupf, ihr Nest. Aber egal was sie versuchte, es holte sie wieder ein. Immer und immer wieder. Egal wie weit sie lief, ER holte sie ein. Auch wenn das wohl kaum sein Ziel dabei war.
Es war ein langes auf und ab gewesen. Aber am Ende hatte sie versagt. Auf ganzer Linie. Alles was sie angefasst hatte in dieser Zeit, war wie eine alte Sandsteinskulptur in ihren Fingern zerbröselt.

Sie hatte versagt in ihrer Ausbildung als Druidin. Als Einzige… Sie hatte sich Gwaidirs Vorstellungen nicht beugen können. Sie konnte und wollte das nicht. Sie hatte viel gelernt aus seiner Lektion. Er hatte recht damit dass man, egal ob als Druide oder Freund, den anderen die Gelegenheit geben muss sich selbst zu entscheiden, selbst zu handeln und seine guten Ratschläge erstmal für sich zu behalten. Aber… und hier kam das große ABER das ausschlaggebend war für ihr Versagen… ihr Verantwortungsgefühl erwartete in manchen Situationen zu handeln. Nicht immer konnte man zusehen und Unrecht geschehen lassen. Manchmal musste man aufstehen und handeln. Und somit konnte sie ihm nur versprechen dass sie sich bemühen würde, Einmischungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Aber ihm war es nicht genug. Und was er forderte, dem konnte sie sich nicht beugen. Dazu war sie zu sehr ihres Bruders Schwester.
So musste sie am Ende dankbar sein, dass er das ganze abschloss mit dem Beschluss dass sie es nicht konnte und versagt hatte und nicht mit dem Beschluss dass sie sich seinem Wort wiedersetzte. Denn das wäre wahrlich unangenehm geworden. Er meinte sie sollte einen anderen fragen. Doch wen hätte sie fragen sollen? Außerdem, wie wäre es gewesen zu sagen „Ich habe bei Gwaidir versagt, nun möchte ich es bei dir versuchen.“?
Er hatte gesagt er wäre dennoch stolz auf sie, gerade deswegen eigentlich, weil sie sich selbst treu blieb.
Und das war das letzte Mal dass sie sich gesehen hatten. Seitdem machte sie einen Bogen um den Rabenkreis. Lediglich Georg besuchte sie nach wie vor manchmal. Er war ihr zu sehr Freund, fast Familienersatz geworden, manchmal erschien er ihr als einziger feiner Faden, der noch eine Verbindung mit Zuhause darstellte.
Das Band zu den Göttern hatte nicht gelitten darunter, aber ihre Beziehung zu den Anhängern eben dieser, irgendwie schon. Die Gemeinschaft der Mondwächter erinnerte sie mit jedem Atemzug an ihr Versagen, ihren geplatzten Traum. Und einmal mehr vermisste sie Ophelia. Sie hatte immer irgendwie die richtigen Worte gefunden, damit sie im Dunkeln wieder einen Weg fand. Es war schon paradox und etwas ironisch dass sie nun, an diesem Punkt ihres Lebens, so dringend einen Druiden brauchen würde und zwar weil sie keinen Druiden ertragen konnte.

Nach all den Monden hatte sie an all dem immer noch so sehr zu kauen.



Der Kummer, der nicht spricht, nagt am Herzen, bis es bricht.

(William Shakespeare)


Genau wie an der Trennung von Morkander. Sie wollte eigentlich nur etwas Abstand. Sie wollte dass sie beide sich klar wurden wo sie standen. Aber das Ende vom Lied war, dass er niemals ein Wort dazu verlor. Er hatte ihr nicht geschrieben, sie nicht aufgesucht, nichts. Es wäre schwer gewesen wenn er gesagt hätte dass er getrennte Wege hätte gehen wollen. Aber es wäre etwas gewesen. Irgendetwas. Statt dessen… Sie hatte niemals erfahren wie er es empfunden hatte, was er sich gewünscht hätte.
Sicher hatte er ihr einmal angeboten, dass er mit ihr reden würde, wenn sie das Bedürfnis hätte.
Aber eigentlich hatte sie sich nur gewünscht dass er ihr sagen würde ob er noch etwas auszusprechen hätte.
Aber nun war es wohl egal. Er hatte scheinbar gut damit abgeschlossen. Gut genug dass er nicht mehr mit ihr sprach, sie nicht mal mehr grüßte auf der Straße, gut genug dass er eine andre hatte.
Carmelina hatte nicht rausgerückt damit wer sie war. Nur damit dass sie eine Freundin wäre, oder ehemalige Freundin. Aber im Grunde konnte sie sich nicht recht vorstellen wer es sein sollte. Alle die ihr noch Freund waren, konnte sie ausschließen. Leute die einmal Freunde waren…
Wer waren ihre Freunde? Wer war von diesen noch hier?



Ein Tag voller Sorgen dauert länger als ein Monat Freude.

(Chinesisches Sprichwort)


Sie konnte es nicht greifen. Alles schien ein halbes Leben her zu sein, und das obwohl es nicht mal einen Sommer her war.

Sie fühlte sich jedenfalls unendlich einsam. Alle besuchten ihn, wohnten bei ihm, lachten und tranken mit ihm. Egal wohin sie versuchte zu fliehen, überall war da schon ein Morkander.
Und überall waren da ihre Erinnerungen. Einerseits so weit weg, als wäre es ein anderer Mensch in einem anderen Leben , andererseits so stetig präsent dass sie es keinen Moment abschütteln konnte.

Sie hoffte so sehr dass sie hier in Candaria ein neues Zuhause finden würde, aber irgendwie fehlte diese eine Sache, dieser eine Moment der ihr half neue Wege zu gehen. Irgendwas. Eine neue Bekanntschaft, eine neue Aufgabe. Irgendwas.

Aber erst einmal konnte sie sich nun wieder in ihre Arbeit stürzen. Es gab kleine Freude. Der Abend mit Carmelina am Balkon, so wie früher. Gideon, der sie überredete in Candaria zu bleiben. Der Moment als sie die Schlüssel zu ihrer neuen Wohnung in der Hand hielt.
Aber genau so schnell verflog all das wieder.
Aber in dem Moment hier an den Klippen, fühlte sie sich zumindest wieder frei. Als würde Midir, mit dem Wind der über die Klippen fuhr auch ihre Ängste und ihren Kummer, all die Dinge die ihr Herz fesselten, mitnahm.
Dummerweise waren in dem Moment als sie sich nicht mehr dem Wind ergab, all diese Dinge wieder da.
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#18
So lange war es her, so unglaublich lange... Doch so viele Jahre waren ihre Erinnerungen umwölkt gewesen, so lange hatte sie sich hartnäckig geweigert sich an irgendwas zu erinnern.
Und dann hatte sie Löwenstein betreten und die Geschehnisse hatten ihren Lauf genommen und dann hatten sich die Ereignisse überschlagen.


Sie war nach Löwenstein gelaufen weil die alte Gertraud krank war und nicht selbst reisen konnte. Keiner der kleinen Gruppe, bei denen sie sich seit Jahren nun versteckte, nachdem sie ihr in dieser verhängnisvollen Nacht das Leben gerettet hatten, war aufzufinden oder bereit den weg auf sich zu nehmen und so lief sie los. Bei Georg am goldenen Raben machte sie eine lange Pause. fast einen ganzen Tag hatte sie dort verweilt, bis sie sich aufrappelte. Sie mied diese Stadt wo immer sie konnte. Warum konnte sie selbst nicht genau sagen. Aber irgendwie war es als fühlte es sich falsch an dorthin zu gehen. Sie war sich sicher, dass sie die Antwort finden würde, wenn sie es zuließe, wenn sie vielleicht die alten Briefe lesen würde die in ihrer Tasche lagen. Aber sie wollte es nicht. Vor etwa 5 Jahren, hatten die Götter ihr ein neues Leben geschenkt und ihr all ihre Sorgen und Erinnerungen genommen. Sie hatte von vorne beginnen können. Unbelastet von den Schatten der Vergangenheit.

Gut. Es war kein tolles Leben. Gemeinsam mit einem ständig wechselnden Haufen von Tunichtguten in einem der vielen abbruchreifen, unverschlossenen Hütten in Ravinsthal zu nächtigen und von dem zu Leben was sich irgendwo... finden lies. Aber es war ein Leben und irgendetwas in ihr schrie, dass sie es damit gut sein lassen sollte.


Und dann tat sie den ersten Schritt auf dem Weg zurück. 

Sie war einem jungen Mann begegnet. Er war nett und hilfsbereit und verkaufte ihr unter anderem ein Pferd für den Rückweg, zu einem unverschämt günstigen Preis. Sie kamen ins Gespräch und etwas an ihm fühlte sich vertraut an. Und irgendwann fiel dieser verhängnisvolle Satz 

Wenn du sie siehst, grüß Elda von mir, ja?
Und sofort setzte die Panik ein. 

Elda?! Ich kenne keine Elda! Ich bin niemand mit diesem Namen jemals begegnet! 

Und sie wollte einfach nur weg aus dieser verfluchten Stadt. Den ganzen Weg bis zum Stadttor hinaus hatte sie dieses Kribbeln im Nacken, als wollte eine ganze Horde Ameisen an ihr hochkriechen, sie überfallen, bedecken und zu Boden drücken.
Erst am "Goldenen Raben" hatte sie das Gefühl durchatmen zu können. Und  eine Sache wusste sie mit unerschütterlicher Sicherheit: Hier war sie sicher. Georg würde nicht zulassen dass ihr etwas geschehen würde. Vollkommen egal ob es ein Schaden von innen oder außen war. Er war ihr Anker, der Ort an den sie zurückkehren konnte. Er war es jetzt und sie wusste tief drin, er war es auch in dem anderen Leben gewesen, an das sie nicht zu denken wagte. Er stellte keine Fragen und hörte ihren oft wirren Erzählungen mit diesem Lächeln zu, als wüsste er insgeheim mehr als sie selbst.



Und dann tat sie den zweiten Schritt auf dem Weg zurück.

Und diesen Schritt tat sie mit Cahira. Sie war durch Rabenfeld geschlichen und hatte sich abgemüht unauffällig an einem der Felder ein wenig Obst mitgehen zu lassen. Dummerweise hatte sie die Frau übersehen die das Feld goss. Möglichst selbstverständlich schlenderte sie an ihr vorbei. Doch diese verwickelte sie in ein Gespräch. Und es war ein wirklich angenehmes. Sie war eine so freundliche und einfühlsame Frau. 
Doch wieder fiel ein verhängnisvoller Satz. Dieses Mal von ihrem Gegenüber. 

Ach das wäre aber sehr schön wieder eine Schneiderin in Rabenstein zu haben. Seit Carmelina weg ist, gibt es keinen mehr hier.

Carmelina?! Sie kannte keine Carmelina... Sie wollte nicht daran denken, dass sie ihren Traum wahr gemacht hatte. Zurückkehren nach Rabenstein und die alte Schneiderei wieder öffnen. Ihre Hand über die Stadt halten und sie vor all den gierigen Finger beschützen die ihre schmutzigen Finger danach ausstrecken. Hatte sie an Ana gedacht, den Traum für sie verwirklicht... oder nur an sich?

Doch dieses Mal ließen sich die Erinnerungen nicht so leicht abschütteln. Sie brach zusammen und es war ihr peinlich. Cahira war so überfordert mit ihrem Ausbruch, aber tat instinktiv das richtige. Sie ließ sie weinen und zittern und schreien und legt nur eine Hand behutsam an ihren Arm. Sie lauschte ihren wirren Worten und gab zu nichts davon zu verstehen. 
Irgendwann hatte sie sich beruhigt und man trug ihr an, vielleicht einmal mit der Vatin zu sprechen. Der Name Anouk sagte ihr nichts und irgendwas an dieser Tatsache empfand sie als beruhigend und so willigte sie ein.



Und dann tat sie den dritten Schritt auf dem Weg zurück

Sie besuchte das Fest der Welten. Sie hatte es gehasst die letzten Jahre. Die meisten Feste waren in Ordnung gewesen. Sie hatte sie selbst gefeiert. Selbst Opfer gebracht und Gebete gesprochen. Die Traditionen, so gut es eben ging, ohne andere durchgeführt. Aber der dritte Tag des Fests der Welten war immer schlimm gewesen. Wenn sie all die kleinen Flammen an den Fenstern sah und die Schatten dahinter und sich nicht sehnlicher wünschte als Zuhause zu sein. Doch wo war das?
Dieses Jahr war sie hingegangen. Auch wenn der erste Tag eine Katastrophe war. Denn wieder fiel ein verhängnisvoller Satz.

Waren du und Morkander nicht einmal ein Paar?

Es gab niemanden mit dem Namen Morkander! Niemals hatte sie jemand mit grüner Farbe bekleckert durch die Stadt getragen oder ihr diese Worte ins Ohr geflüstert, die sie auf wahrlich magische Weise beruhigten. Niemals hatte jemand für sie in einem schäbigen Zelt im Armenviertel gesungen, wärend sie die Sterne ansahen oder sie in Angst an jemandens Bett gewacht, weil sie dachte er würde sterben und ihre Welt zusammenbrechen. Und ganz, ganz sicher, hatte sie nie nie niemals jemand zurückgelassen und ihr Herz in winzige Stücke zerbrochen.

Die Ruhe am Schrein half ihr zurecht zu kommen. Das und viel Alkohol. Sie schlief im Raben und an die Auseinandersetzung oder die Fragen dieses Mannes, erinnerte sie sich später kaum mehr. An diesem Ort waren so viele Erinnerungen so dicht unter der Oberfläche. Sie wusste dass sie da waren, aber sie wollte sie einfach nicht heraufkommen lassen.
Am nächsten Tag, gesellte sie sich mit ans Feuer. Oder zumindest in die Nähe. Und trotz des peinlichen Auftritts am Vorabend, sprach sie erst ein netter Mann und später die Druidin an. Sie redeten und sie akzeptierte. Sie akzeptierte, dass die Erinnerungen an die Oberfläche traten. Dass sie sie überwältigten und sie vertraute auf die Führung der Vatin und dass sie da wäre, wenn es zu viel wurde. Sie wusste nicht woher dieses Vertrauen kam, aber es war da.
Und da war so viel Schmerz und so viel Wut und so viele begrabene Hoffnungen und Träume und sie verstand warum sie sich dem nicht mehr hatte stellen wollen. 
Aber sie spürte auch, dass es Zeit war.
Und dann fiel einer der verhängnisvollsten Sätze

Sie sind alle längst fort. Niemand von ihnen, niemand von damals ist noch hier. Du kannst einen Neubeginn wagen.

Von neuem beginnen? War das hier wirklich ihr neuer Anfang? Nicht der Sturz vor 5 Jahren, hinunter aus dem Gebirge, nach Ravinsthal? Sie hatte keine Ahnung wie sie das überlebt hatte. Aber vermutlich hatten die Götter einfach wirklich noch etwas mit ihr vor. Und vermutlich hatten sie ihr wirklich die Zeit eingeräumt zu ruhen und Abstand zu gewinnen . Doch noch war sie nicht in Gänze bereit sich auf diese Gelegenheit einzulassen, das Angebot der Druidin wirklich in Erwägung zu ziehen.


Und am nächsten Tag tat sie den vierten Schritt auf dem Weg zurück

Und dieser Weg führte sie zuerst zu den Grauwölfen. Dieses nette junge Ding namens Virginie, hatte sie aufgesammelt als sie sich mal wieder heillos verlaufen hatte. Sie kamen ins Gespräch und sie erinnerte sich an die Wölfe. Marquard hatte sie damals wenigstens manchmal zum Lächeln gebracht und auch sonst waren sie raue, aber nicht unbedingt unangenehme Gesellen gewesen. Also bot sie ihre Hilfe an, falls sie etwas geflickt brauchten. Sie lernte Alec kennen und traf Einar wieder. Einar.. sie kannte ihn von damals nur als Marquards mürrisches Anhängsel, das so gar nicht erfreut war davon zur Schneiderin geschleppt zu werden. Aber dennoch war es eine Erinnerung die mit keinem schlimmen und schmerzhaften Gefühl behaftet war. Nein, eigentlich eher eine die zwar nicht intensiv war, aber sie lächeln lies. Es war schön in Erinnerungen an früher zu schwelgen, mit Jemandem, der einen nicht aufwühlte und der in einem nicht den Wunsch auslöste sich NICHT an ihn zu erinnern.

Und irgendwie, irgendwann auf dem Weg den sie an dem Tag begonnen hatten zu gehen, waren sie sich plötzlich nicht mehr gegenseitig von der Seite gewichen, ganz ohne es zuerst zu bemerken.
Er hatte so viel Kummer in seiner mehr oder minder gescheiterten Beziehung und damit dennoch nicht loslassen zu können. Und irgendwann gab sie ihm ein Versprechen. Egal welcher Kummer ihn plagte, egal was in seinem Leben schief lief, wenn er des Nachts an ihre Türe klopfen würde, wäre sie da. Sie würde ihm die Ruhe schenken die seine Seele brauchte und wenn Sulis des Morgens die Welt küsste, wäre das alles nicht mehr von Belang. Über nichts davon müsste jemals ein Wort gesprochen werden. Die Geheimnisse, der Kummer, die Wut, was immer an ihm nagte würde, gleich Galates Tun, niemals diesen Moment verlassen müssen. Auch sie würde dann keinen Mund haben.

Sie konnte nicht benennen was es war, was sie immer wieder zusammen zog, warum sie gegenseitig die Nähe des anderen suchten. Warum sie immer in Sorge um ihn war.  Sie wollte nicht dass man über ihn tratschte, weil sein Pferd fast jede Nacht vor ihrem Haus stand und erst im Morgengrauen verschwand, oder gar gegen Mittag. Aber sie kamen nicht voneinander los. Und irgendwann erzählte er dass er Marie verlassen würde. Er ertrug das alles nicht mehr. Sie wusste nicht wie viele Gespräche die Beiden noch geführt hatten, wie viel sie versucht oder es gelassen hatten, bis es letzten Endes wirklich endete. Aber für sie war es auch nicht wichtig. Egal wie es weiterging, sie wäre da wenn er sie brauchte. Doch tief drin, unbemerkt, hatten die vielen Stunden des über ihn und seinen Schlafs wachens, die vielen Momente des wortlos in den Armen des anderen liegen und einfach nur zur Ruhe kommens und ihre eigene Einsamkeit und Verletzlichkeit, etwas in ihr heraufbeschworen, was sie nicht mehr aufzuhalten im Stande war. 

In diesem Fall war es kein Satz der die Katastrophe auslöste, sondern mehr die Abwesenheit eines solchen.

Die beiden Männer standen sich gegenüber und die Wut war beinahe greifbar. Sie versuchte sie auseinander zu bringen, bevor es zu spät war. Sie versuchte mit ihm zu sprechen und ihn dazu zu bewegen es gut sein zu lassen
Sie machte ihm deutlich, dass jetzt nicht zurückzutreten, bedeuten würde sie zu verlieren. 
In seinem Zorn... hörte er sie nicht einmal.
Sie fühlte sich wieder so klein, so machtlos, sie hatte wieder versagt. Sie war nutzlos, wertlos... sogar für ihn. Sie sah ihre Freunde, die wenigen verbliebenen, wie sie gemeinsam im Haus auf der anderen Straßenseite lachten, feierten und scherzte. Sie sah wie andere den Weg gingen, nach dem sie sich so gesehnt hatte. Niemand nahm sie wahr, niemand hörte auf sie. Sie konnte sich auch kein Gehör verschaffen. 
 

Doch vielleicht war genau dieser Moment des Zusammenbruchs gewesen was sie gebraucht hatten. Beide hatten erst zerbrechen und das Vergangene damit abstreifen müssen um unbelastet neu zu beginnen. Um zu merken was jetzt wertvoll war. Doch nun war es gut.

Er gab ihr das Gefühl nach Hause kommen zu können zu jemandem. Nur die Götter mochten wissen, wie gut das ging und wohin es am Ende führte, aber in diesem Moment war es das was sie Beide brauchten.


Und dann... ging sie den 5. Schritt... und sprang!

An diesem Schritt, war kein Satz und keine Person schuld, außer sie selbst. Für diesen Schritt hatten die Götter sie wieder sacht an der Hand genommen. Lugh lies sie immer weiter wachsen. Sie schritt die Wege die Lyon sie sehen lies während Bormos Lied in ihren Ohren klang. Sie spürte Sulis Wärme auf dem Gesicht und wie Branwens Leidenschaft sie weiter trieb. Dann kam sie an der Klippe an und sie spürte Midirs Hauch unter ihren Flügeln und sie sprang. Während sie stürzte, fiel, flog, konnte sie Galates Geheimnisse in ihrem Herzen fühlen, so wie die vielen Male in den Momenten vor dem Erwachen... Und dann tat sie genau das.
Wie immer erinnerte sie sich nicht an Details und sie versuchte es auch nicht. Sie war keine Vatin und sah keine Zeichen. Wenn die Götter zu ihr sprachen, hörte sie das was sie ihr sagten, nur in Form der Gefühle und Gewissheiten die sie in ihr auslösten.
Und dieses Mal blieb eine unerschütterliche Gewissheit übrig.

Der wirkliche Neubeginn war nun gekommen, als sie akzeptierte, dass jeder Schmerz, jede Freude, jeder Umweg und jedes Scheitern, sie hierher geführt hatte. An diesen Ort, zu diesem Moment. All das war nötig gewesen um sie zu dem zu machen der sie war. Sie würde sicher noch manches Mal verzweifeln, zerbrechen, scheitern und jauchzend emporsteigen. Aber all das war der Weg der ihr gezeichnet war und all das würde sie jedes Mal mehr zu der formen die die Götter sahen als sie sie auf ihren Weg schickten.

Und so kam es, dass sie am Rabenkreis stand und das zweite Mal in ihrem Leben, den Schwur vor den Göttern und ihrem Lehrmeister tat. Und dieses mal würde sie nicht scheitern....
...und wenn doch, würden die Götter vermutlich wieder eine neue Schandtat bereit halten für sie. Und einen kleinen Moment war sie sehr froh, dass Easar keiner ihrer Schicksalsgötter war.
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#19
Die Gewissheiten waren fast schmerzhaft klar

Und eine dieser Gewissheiten war: Sie war glücklich. Nein ihr Leben war bestimmt nicht sorgenfrei, das nicht, aber dennoch war sie glücklich.
Ja, zu wissen dass Viginie nie wieder erwachen würde, tat weh. 
Ja, zu wissen dass Alec deswegen unglücklich war und zerbrach, war schwer zu ertragen. 
Ja, dass Cois so viel Schmerz in sich trug was sie nach dem Gespräch mit ihm deutlich in seinen Augen sah, betrübte sie.
Ja, sogar Aygo tat ihr leid, es war wieder einmal verlassen, verraten werden mehr und das nagte sichtlich an ihm.
Ja, da draußen lief ein mörderischer Verrückter herum und tötete Menschen, wegen... ja wegen was?

Dies galt es jedenfalls eindeutig zu unterbinden. Es war kein Tod der darauf zurückzuführen war, dass sich jemand gewehrt hatte und es war auch in ihren Augen zwar ein gewalttätiger aber wohl eher nicht morrigùgefälliger Tod. Er diente nicht als Opfer für die Götter, so viel war klar, und sogar dies wäre kontrovers gewesen, in wie weit es hinzunehmen war, ein unfreiwilliges Opfer, der Göttin darzubringen, die sich durchaus eines gewaltvollen Todes zu erfreuen mochte, aber diese Diskussion musste hier gar nicht geführt werden, denn es war mehr als deutlich, dass dieses Opfer nicht ihr galt sondern anderen Mächten, die tunlichst nicht weiter genährt werden sollten.

Aber nichts von alldem schaffte es mehr als ein unzufriedenes Brummen in ihrem Hinterkopf zu erzeugen. Denn sie war verdammt noch mal glücklich.
Jeden Morgen wenn sie aufwachte und sie die schlafende Gestalt sah, jedes Mal wenn die kleinste seiner Berührungen sie so in Ekstase versetzte, dass sie nicht mehr denken konnte sondern nur noch reagierte, jedes Mal wenn sie erhitzt in seinen Armen einschlief und jedes Mal wenn er sie mit diesem vollkommen ungläubigen Blick ansah, als könnte er nicht glaube, dass sie da war und sie sich nicht in Luft auflöste, tat ihr Herz einen kleinen Hüpfer.

Sie war sich erst nicht sicher gewesen wie sowohl er, als auch Anouk es auffassen würden, dass sie sich in beiden Dingen für ein "Ja" entschieden hatte, war doch, und das war ja wahrlich kein Geheimnis, seine Beziehung zum Rabenkreis wahrlich nicht ungetrübt gewesen in der Vergangenheit. Für vieles davon machte sie insgeheim Magda verantwortlich. Aber letzten Endes war es unerheblich. Dinge kamen und gingen und wir musste einfach daraus lernen.

Versuchen - Scheitern, Besser versuchen - Besser scheitern. 

Und am Ende kamen wir alle da hin, mit den Erfahrungen die nötig waren auf dem Weg, an dem Platz den die Götter als unseren vorgesehen hatten. Und sie würde ihr möglichstes Tun, ein Punkt in seinem leben zu sein, der sie auf den richtigen Weg schubste.
Aber beide hatten ihre Wahl gut aufgefasst. Zumal klar war, dass ihre Loyalität in Zweifelfall bei den Göttern lag. Das hatte sie immer getan, ohne jeden Zweifel. Wenn auch, und das gab sie zu, nicht immer bei den Druiden, in der Vergangenheit.
Er hingegen murmelte nur oft  ungläubige Dinge vor sich hin, dass er es nicht fassen konnte und wie ironisch es war dass ausgerechnet er und eine vom Rabenkreis und dass das schon ziemlich verrückt wäre, aber wenn das kein Beweis wäre, dass die Götter Humor und einen Plan hätten, was denn dann?

Oh ja, er konnte eine gute Ratgeberin sehr wohl brauchen, die ihm die Wahrheiten des Lebens und der richtigen Mischung aus Herz und Verstand, nahe brachte. Und sie hoffte sie konnte ihm dies tatsächlich vor Augen führen zu können... und selbst besser meistern. Denn das war am Ende der Tanz auf der Klinge, den sie alle jeden Tag aufs neue tanzen mussten.
Aber auf sie würde er zumindest hören, so hoffte sie zumindest.

Aber auch ansonst war die Reaktion sowohl auf sie beide, als auf die Tatsache dass sie nun das Schwarz der Raben trug, erstaunlich positiv. Sie würde diese Reaktionen nicht in Frage stellen sondern sich einfach bemühen, dass tunlichst niemand denken musste, dass diese Einschätzung falsch gewesen wäre.




Wachsen, weil wir vergehen...


Das andere, was sie unendlich glücklich machte, war die Gewissheit. Die Gewissheit nach vielen Umwegen dort zu sein wo sie sein wollte. Wie hatte sie eigentlich diese Wahrheit jemals vergessen können? Immer war es so gewesen. Egal welche Entscheidungen sie trafen, egal welche Wege sie wählten, die Götter webten dieses Netz aus Schicksalsfäden, das dafür sorgte, dass jeder am Ende da ankam wo er sein sollte. Und diese Gewissheit machte sie frei. Aller Schmerz, alle Wut, jede Freude und jede Enttäuschung würde sich am Ende gelohnt haben. Denn das war was sie alle zu denen machte die sie sein sollten.
Natürlich machte es den Schmerz in dem Moment nicht besser wenn man ihn empfand, aber sie fand sie Gewissheit zutiefst tröstlich, dass sie einfach nur Vertrauen haben musste und irgendwann würden die Dinge Sinn ergeben.

Natürlich, wenn sie an Alec dachte, dann war ihm das in diesem Moment, wo er seine Liebste verlor und sich so schuldig dafür fühlte, kein Trost und hätte sie ihm gesagt was ihr durch den Kopf ging, wäre er vermutlich einfach sehr wütend gewesen. Also sah sie es als ihre Aufgabe an, ihn zu stützen, damit er nicht zerbrach, bis er Kraft genug fand nach vorne zu blicken und aus seinen Taten und den daraus resultierenden Konsequenzen, Schlüsse zu ziehen und hoffentlich daran zu wachsen. Sicher würde er noch viele Fehler machen, noch viel Schmerz erfahren und sich bestimmt oft überschätzen, aber am Ende des Tages würden diese Erfahrungen ihn zu einem besseren Anführer machen, zu jemanden der einen guten Rat zumindest betrachtete und bewertete und dann entschied ob er für ihn passte. Und eines Tages würde er zurückblicken und sehen dass ihr Opfer an diesem Tag, an Morrgiú und auf gewisse andere Weise auch an Amatheon, Nodons und Mabon, ihm den Weg bereitet hatte.
Und auch andere würden auf ganz andere Weise, wenn auch viel subtiler, von diesem Opfer beeinflusst werden. Nicht zuletzt sie selbst.
Ja sie würde Virginie vermissen, vor allem auch weil sie so wenig zeit miteinander gehabt hatten und sie ihre heitere, sanfte Art gemocht hatte. Aber sie war ihr auch dankbar, denn sie spürte wie sehr sie selbst auch daran wachsen durfte, jetzt schon. 


Und zuletzt war auch nichts wirklich verschwunden. Ihr Körper würden in absehbarer Zeit wieder im Gefüge der Welt aufgehen und Nährboden für weitere Generationen werden, so wie diese es für sie waren.
Ihre Seele würde sich wieder auflösen, wie tausende kleine Funken, wie Sterne, die sich verteilten in die Unendlichkeit aus der sie geschaffen war, und auch dies würde die Götter wieder stärken und diese würden andere schaffen und zu uns senden und ein winziger Hauch der Göttlichkeit, die in jedem Mondwächter lebt, würde einmal ihr gehört haben.
Ihre Erinnerungen und Erfahrungen würden dereinst Galates gehören und sich bei all den vielen ungesagten Geheimnissen und Wahrheiten einreihen, die er beschützte. Und.. so war sie sich zumindest sicher, er würde diese Wahrheiten nutzen um den immerwährenden Plan der Welt, besser lenken zu können.
Aber zuvor würden ihre Erfahrungen und die Abdrücke sie sie in der Welt hinterlassen hatte, dort noch eine Weile verharren, hatte es Galates doch selten eilig, und diese auf subtile Weise, bereits nachhaltig beeinflussen.


Die Welt da draußen...

Sie sah zum Fenster hinaus aufs Wasser und beobachtete wie Sulis langsam am Horizont, ihr Lächeln zeigte und auch sie musste lächeln.
Verdammt, sie war so glücklich. Sie war zu Hause. In so vielfacher Hinsicht. Zu Hause bei den Raben, bei ihren neuen Freunden, in Ravinsthal, bei den Göttern und in seinen Armen.
Und sie wollte verdammt sein, wenn sie diese Momente des Glücks nicht genießen und festhalten würde. Viel zu schnell würden sie sowieso wieder verschwinden und vom Alltag und irgendwelchen Problemen verschlungen werden.
Also entschied sie sich den Sonnenaufgang zu betrachten und einfach zurück ins Bett zu gehen. Die Welt da draußen, würde sicher noch ein paar Stunden länger warten können.
[Bild: Anabella-Signatur.png]
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#20
Ich habe gelernt, dass Menschen vergessen, was man gesagt hat,
dass Menschen vergessen, was man getan hat,
aber dass Menschen niemals vergessen, welche Gefühle man in ihnen hervorgerufen hat.



Der Tag war gut gewesen. Aber sie war froh dass sie sich ihre Selbst inzwischen so sicher war. Sonst hätten Maries Worte sie vielleicht verunsichert. Aber sie vertraute ihm und vor allem vertraute sie sich selbst. Nein, sie konnte nicht mit absoluter Sicherheit schwören, dass er sie nicht verletzen würde. Denn Menschen taten so etwas. Manchmal absichtlich, manchmal unbewusst, manchmal körperlich und manchmal seelisch. Aber sie vertraute darauf und sie vertraute darauf, dass im allerschlimmsten Fall, sie diejenige war die lachen würde. 

Anouks Schülerin zu sein, gab ihr in so vieler Hinsicht Selbstvertrauen. Zum einen dass sie wieder zurück gekehrt war zum Rabenkreis. Ja sie war noch ein Rabenküken, ein ganz kleines. Aber sie sah mit wie viel mehr Vertrauen und Respekt ihr Menschen auf einmal gegenüber traten. Es war als würden sie erwarten, dass nun wo sie das Schwarz trug, sie Antworten auf all ihre Fragen haben würde. Antworten die sie nicht hatte. Aber sie tat was sie immer getan hatte. Sie  antwortete so gut sie es vermochte und scheute sich auch nicht klar zu sagen wenn etwas erst einmal nur ihre persönliche Ansicht war oder auch wenn sie etwas gänzlich nicht zu sagen vermochte.
Nein. Sie würde nicht eine jener Personen werden, die alle ihre Worte als die wirkliche und letztendliche Wahrheit  verkaufen. Sie war kein Gott und sie würde nie wirklich wissen was in deren Kopf vor sich ging. Und selbst ihre Götter waren nicht immer in allen Situationen ein Vorbild. Auch sie waren zornig und traurig und leichtlebig. Und so durften auch ihre Anhänger sein. Aber nicht jede Eigenschaft war in jeder Situation der richtige Ratgeber.

Handeln und dessen Folgen. Das war ihre erste Lektion gewesen. Und sie würde dies in Zukunft als Maßstab nehmen. Es war eine Lebensaufgabe zu ermessen welches Handeln wann angemessen wäre. Und sie würde, wie alle anderen, immer wieder falsch liegen. Aber sie würde ihr Bestes geben.
Und sie würde jeden Tag mehr lernen. Das war auch der Grund warum sie im Moment unablässig das Schwarz trug. Sogar ihr Nachthemd war rabenschwarz. Ihr war klar, dass sie damit den Rabenkreis repräsentierte. Aber genau diese Verantwortung erinnerte sie daran sich zu bemühen, ein Vorbild zu sein und stetig über ihr Handeln nachzudenken. Nur so würde sie besser werden.
Sie wollte sich jetzt noch keine Ruhe gönnen. Die Tage in denen sie erschöpft sein würde und sich nichts sehnlicher wünschte, diese Verantwortung nicht zu tragen, würden früh genug kommen.

Zum Anderen, Anouk als Person. Sie war in so vielen Dingen ihr perfektes Gegenteil. Anouk liebte die Ruhe und die Natur. Sie hingegen mochte die Hektik der Städte und das Geschnatter und Gewusel der Menschen. Anouk sah Dinge und sie sah sie so klar, aber nicht immerzu. Sie hingegen war fast nie klar im Blick, aber dafür immerzu erfüllt von diesem tiefen Gefühl. Anouk war rational, sie war emotional. Sie hatte den Eindruck, dass Anouk froh war sich nicht mit den alltäglichen Banalitäten des Glaubens herumärgern zu müssen, sie hingegen war froh wenn sie sich nicht so sehr mit bedeutend scheinenden Dingen befassen musste, sondern die Verantwortung für den alltäglicheren Glauben tragen durfte. Sie hasste es ihren Glauben, ihren Dank und ihre Bitten in Worte fassen zu müssen.
Aber sie waren Beide, auf ganz unterschiedliche Weisen, alte Seelen und junge Geister. Sie waren, so unterschiedlich ihre Vorlieben waren, sich in den entscheidenden Dingen, so wie der Unerschütterlichkeit ihres Glaubens und der Offenheit gegenüber Dingen, doch auch wieder ähnlich. Sie waren zwei Seiten einer Medallie, das war zumindest das, was sie in manchen Momenten sah.

All das gab ihr Selbstvertrauen. Sie spürte wie sie täglich wuchs, wie sie mehr die wurde die sie sein sollte, sein konnte.
Sie war glücklich.



Und auch er machte sie glücklich. "Es hat dich also nicht verschreckt wie er wird wenn es nicht mehr nach seinem Kopf geht?" "Er hat doch lange eine Rolle gespielt wie er von mir enttäuscht wurde" "Es ist dem Herrn herzlich egal was andere denken oder wollen." Maries Worte hallten noch in ihrem Kopf nach. 

Sie wollte sich nicht anmaßen über ihre vergangene Beziehung zu urteilen. Sie hatte ihr gesagt dass normal immer zwei dazu gehören wenn eine Beziehung scheitert. Es war auch nicht an ihr zu richten wer wie viel Schuld trug. Denn am Ende war es nun mal so, dass es nicht geklappt hatte, es vorbei war und beide weiter gezogen waren. Vermutlich war es so tatsächlich das richtige. Sie hatte die beiden nie in ihren Guten Tagen zusammen gesehen, aber zumindest in letzter Zeit, sahen beide nun glücklicher aus. Sie hörte oft dass sie ihm gut tat und sie hoffte dass es so bleiben würde. Unzweifelhaft hatte er seine dunklen Seiten und Geheimnisse. Kurz überlegte sie ob Marie diese kannte, dann verbannte sie den Gedanken. Erstens war es egal, zweitens war sie sich sicher. So bald wie er ihr reinen Wein eingeschenkt hatte, wäre es absurd dass die beiden so lange verlobt waren und sie nichts davon hätte wissen sollen.

Das Gespräch mit Marie und Gautier sonst war schön gewesen. Heiter und entspannt, also diese eine Klippe schließlich umschifft war. Sie hatten viel zusammen gelacht und sie hatte in den vielen kleinen Gesten und Worten und Blicken, so viel über die Beiden gelernt. Sie machten sich gegenseitig glücklich. Sie wusste nicht wo es mit ihnen enden würde und es war gerade auch nicht wichtig. Sie sollten einfach die Tatsache genießen, glücklich zu sein und sich wohl und behütet und angenommen zu fühlen. 


Morgen ist für Morgen Zeit


hatte ihr Bruder oft gesagt, und so hielt sie es gerade und es erwies sich als guter Rat. 

Sie hatte sich entschieden die unangenehmen Dinge, so wie deren Abneigung gegenüber Menschen die sie als Freunde oder Anvertraute betrachtete, zu ignorieren, so lange sie nicht ausarteten. Die ganze Sache war noch zu zerbrechlich und generell waren solch heitere Momente selten genug. So oft standen Probleme und Aufgaben im Weg, und dabei liebte sie es einfach mit Menschen zu reden. Den Hindernislauf zwischen aufeinanderkrachenden Emotionen und Personen, würde sie aufnehmen, wenn es unvermeidlich wurde.



Das Treffen hatte sie auch noch etwas wichtiges über sie selbst gelehrt. Sie wollte den Weg des Barden gehen, das wusste sie. Und sie hatte sich entschieden wie sie damit umgehen würde. Mit Lachen. Es war gut wenn die Menschen sie in ihrer neuen Aufgabe respektierten, aber es war auch wichtig, dass sie sie mochten, nicht nur Respekt hatten. Sie wollte die Berührungsangst so klein wie möglich halten. Und dazu gehörte für sie, die Dinge und auch sich und andere nicht all zu ernst zu nehmen, wenn es nicht notwendig war.  Auch das war wie so vieles eine Gratwanderung, aber es konnte nicht Schaden, vieles mit mehr von Easars Schalk im Nacken anzugehen, als viele Andere in verantwortungsvollen Positionen es meist taten.
Und da sah sie ihren Platz.



Wieder kam ihr die Lektion ihrer Meisterin in den Kopf, die sie ihr letztes Mal mitgegeben hatte als Aufgabe. Schon ehe sie ihr diese Frage gestellt hatte, hatte sie selbst sich das schon hunderte Male gefragt. Und sie hatte immer noch keine endgültige Antwort darauf Es gab so viele Wenns und Abers in diesem Szenario. Aber sie hatte so eine Ahnung, dass sehr viel was ihre Ausbildung und die Beziehung zu Anouk anging, von dieser Antwort abhing. Letzten Endes... ging es dabei um Pflicht, Verantwortung, Vertrauen und Loyalität.




Sie sah zum Fenster hinaus aufs Wasser. Bei einer Sache hatte sie nur die halbe Wahrheit gesagt. Nein sie war nicht ins Anwesen gezogen. Sie hatte das auch nicht vor. Sie war immer eine unabhängige Frau und gedachte das zu bleiben. Außerdem: Sie liebte Rabenstein und vor allem ihren Hafen. Sie kam gut mit den Piraten zurecht und sie fühlte sich auf seltsame Weise beschützt wenn diese rauen Gesellen vor ihrer Tür herumlungerten. Sie hatte sich von Anfang an mit ihnen gut gestellt und sie mit Kleinigkeiten bestochen und abgesehen davon, konnte sie selbst auch recht raue Gesellschaft sein. Sie nahmen sie fast als eine der Ihren an und sie wusste dass nichts um ihr Haus herum passierte das ihnen entging. Da nahm sie die Tatsache dass sie öfter mal durch ihr Fenster hereinlugten, mit einem leichten Kopfschütteln gerne hin dafür.
Aber sehr oft, führte ihr Weg sie abends nichts nach Hause, sondern sie blieb in Thalweide. Manchmal, so wie Heute, stand sie auch einfach nur am Fenster und sah hinaus, auch wenn er nicht da war. Die Wachen an der Brücke hatten sich längst an sie gewöhnt und mit ihrer herzlichen Art und den kleinen Mitbringseln hatte sie sich schnell beliebt gemacht.
Letzten Endes war sie aufgebrochen nach Hause und als er spät des Nachts zu ihr zurück kehrte, fragte sie nicht wo er gewesen war. Sie hätte ihn fragen können, aber es war einfach nicht wichtig genug. Sie war einfach glücklich wenn sie seine Schritte auf der Treppe hörte und das leise Rascheln seiner Kleidung wenn er sich auszog und er sich dann neben ihr ins Bett kuschelt und sie eng an sich zog.

...und natürlich das unvermeidliche schlecht unterdrückte Fluchen, wenn das Hermelinjunge beschloss dass sein Haar ein gutes Nest wäre, nun wo sie von ihrem Schlafplatz, zusammengekullert unter der Decke, an Anas Rücken, verjagt wurde.
[Bild: Anabella-Signatur.png]
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