Wehmuth
#11
Tausendschön
Zu Beginn waren ihre verschwommenen Träume durchtränkt von einer aufgeregten warmen Wohligkeit, sie wollte nach ihr fassen, sie greifen, aber sie englitt ihr und sie hielt nur eine rotbraune Strähne in der Hand. Sie lief über weiches, feuchtes Moos durch einen rauschenden Wald bei Dämmerung, nur manchmal erhaschte sie das Wild dem sie nachstellte, den rostbraunen Schopf hinter einem der Bäume. Vor ihr öffnete sich der Wald und breitete sich ein karger steiniger Strand. Sie sah sie bei der Brandung stehen, das Gesicht zum Meer. Ihre Schritte wurden je näher sie ihr kam immer schwerer. Sie wollte voran, aber sie kam nicht weiter. Als sie den Mund öffnete versuchte zu rufen, kam kein Ton aus ihrer Kehle. Doch hielt die Braunhaarige inne und drehte ihr den Kopf zu und blickte sie mit dem Gesicht einer anderen vorwurfsvoll an.

Sie erwachte mit pochendem Herzen und mit einem unbestimmten Gefühl der Zwiespältigkeit in den ersten Dämmerstunden. Wie ein Ertrinkender nach einem Grashalm greift versuchte sie das Gesicht aus ihrem Traum nicht zu verlieren. Vages Schuldgefühl mischte sich mit dem versonnenen Frohsinn des Abends. Weshalb fühlte sie diesen Wankelmut obwohl sie keinen Verrat begangen hatte? Was wollte der Traum ihr sagen - sie hatte sie doch nicht vergessen...
Der ruhige Atem der Schlafenden und die Wärme ihrer engen Berührung verstreute die Beklommenheit des Traumes und die unbeantworteten Fragen ein wenig. Vorsichtig löste sie ihre Hand aus dem braunen Haar und streifte ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Die schlafenden Lider flatterten leicht. Was sie wohl träumte? Behutsam befreite sie sich aus der schlaffen schlafenden Umarmung und ging zum Bach um sich den Schlaf aus dem Gesicht zu waschen. Eine Weile saß sie einfach nur still da und sah dem Tag beim aufwachen zu. Dann pflückte sie einen kleinen Strauß aus Gänseblumen, Butterblumen und Kamille und band ihn mit einem Grashalm zusammen. Zusammen mit zwei hartgekochten Eiern und ein paar Hasel- und Wallnüssen bettete sie die Blumen neben ihr ins Gras. Einen Augenblick überlegte sie noch etwas zu schreiben, doch ihr wollten keine passenden Worte in den Sinn kommen, bevor sie sich auf leisen Sohlen davonstahl.
[Bild: bjjhhxwm.png]
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#12
Muscheln aus dem Zeichenunterricht
[Bild: rierie008_copy_by_monsterlienchen-d6d3seg.jpg]
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#13
Es war so unkompliziert gewesen, einen großen Bogen um alle Menschen zu machen. Während der Morgenkühle zu wandern und zu sammeln, die Mittagshitze im Schattten zu verdösen, schlafen im freien. Laue Sommernöchte. Raum für die eigenen Gedanken.

Aber schließlich war sie die eintönige Beeren und Obstkost Leid gewesen.. und es gab in der Stadt einige Menschen nach deren Gesellschaft es ihr verlangte.

Und dann war das erste bekannte Gesicht das sie erblickte eine lächelnde Anabella, hoffentlich war ihre blöde Kröte endlich verreckt.
Und dann war da niemand gewesen an den sie ihre Worte verschwenden wollte.
Die Bank vor dem Bund der klingenden Münze leer, kein Seriath, kein Aughril kein Manderes, niemand im Hafen..

Die Schilder am Hause von Garah und Livera verändert...

Das Zelt der Desens leer...

Und nirgendwo auch nur eine Spur derjenigen die sie eigentlich suchte...

Schließlich hatte sie einige im goldenen Raben angetroffen, aber sie hatte das Gefühl fehl am Platze zu sein und Unterrichtung zu stören, weshalb sie wieder umgekehrt war.
Nach ein paar Wochenläufen war es ungewohnt wieder unter Menschen zu sein. Und fast schon bereute sie es wieder. Letztendlich war doch die einzige Gesellschaft, in der man es aushalten kann, man selbst.
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#14
Schwarzer Nachtschatten

Immer wieder schreckte sie schluchzend und schreiend aus unsäglichen Albträumen. Die Schatten schienen auch mit offenen Augen nach ihr zu greifen. Das Knarzen der kühlen Holzdielen unter ihr ließ ihr Herz panisch rasen. Seine ruhige wachsame Anwesenheit neben ihr war ihr kein Trost aber eine kleine verräterische Sicherheit. Alle ihre verkrampften Glieder schmerzten und die verbrühte, rotgescheuerte Haut brannte.

Trotzdem schloss sie immer wieder die Augen, denn die Albtraumbilder des Schlafes waren erträglicher als die des Wachens.

Ihre Hand umklammerte noch immer den glatten Kiesel, als die Tränen aufgezehrt und mit dem Versiegen ihrer Kraft das Schluchzen nur noch ein stetiges Wimmern war.


[Bild: dc66twd6.png]
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#15
Teufelskralle

Es war so einfach gewesen ihn zu überwältigen und gleichermaßen leichtfertig. Sie wunderte sich ebenso über ihre Unbedachtheit wie darüber, dass sie trotzdem noch am Leben war.
Unüberlegt und überstürzt war ihr die Idee gekommen, der Schlaftrank, den sie eigentlich für sich selbst hergestellt hatte mit den kostbaren Zutaten, der Birnenbrand. Ohne zu zögern, ohne an die Konsequenzen zu denken, aber von einer besessenen Drang getrieben hatte sie ihm diesen verabreicht und gefesselt. Kopflos war sie vorgegangen, aber es hatte geklappt.

Sie hätte ihn töten können, warum hatte sie es nicht getan? Sie hätte ihn einfach im Hafenwasser auf nimmerwiedersehen versinken lassen können... Hätte... Das Gefühl der Macht über ihn und sein Leben hatte etwas von der eigenen Hilflosigkeit, die sie seitdem plagte getilgt. Die Genugtuung für die Rache, die sie erhofft hatte blieb jedoch aus.

Eine dieser seltsamen Lücken in ihrer Erinnerung, die sie in letzter Zeit hatte. Wieso und wie hatte er sich befreit? Ihre Schnürsenkel waren ordentlich durchgeschnitten. Hatte sie ihn etwa losgemacht? Eine innere Zerissenheit. Die vage Erinnerung der Atemnot, wenn sie die Blutergüsse an ihrem Hals spürte. Nein sie wollte und konnte sich nicht entsinnen.

Er hatte ihr gesagt warum er ihr geholfen hatte. Diese Frage hatte sich in alle ihre Gedanken gefressen und ihren Willen beherrscht. Doch jetzt, da sie den abstoßenden, banalen Grund wusste, brauchte sie ihm nicht mehr dankbar dafür zu sein. Das war natürlich abwegig und absurd, aber so schien es ihr. Alles was sie sich ausgemalt hatte und sie innerlich zerissen hatte waren trügerische Gaukelbilder. Nichts als Hirngespinste. Die Wahrheit war immer noch grausamer, aber auch irgendwie tröstlich. Jetzt konnte sie ihn ungehindert hassen.
[Bild: frontispice_du_mystre_des_cathdrale3_by_...bnozde.png]
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#16
Weißer Wermut
Wenn es so weiterregnete würde sie nicht mehr nach draußen müssen für Wasser, denn der Eimer der die Tropfen aus der undichten Stelle im Dach auffing füllte sich stetig. Es war nur unwesentlich wärmer hinter den morschen Wänden, aber sie schürte stetig ein kleines Feuer unter dem Kessel. Trotzdem war ihr kalt, denn sie wollte nicht zu viel Feuerholz verbrauchen. Die Kälte schien sich mit der steten Müdigkeit in ihren Knochen festgesetzt zu haben und nicht mehr vertreiben zu lassen.
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Die Geschehnisse der letzten Zeit hatten sie mit gemischten Gefühlen zurück gelassen. Der Tod von Peter hatte sie mehr mitgenommen als sie gedacht
hätte. Wie sollte sie ihn nun nennen in ihrer Erinnerung..? Er hatte ihr noch seinen richtigen Namen verraten wollen..
Ley hatte sie genau im falschen Moment getroffen und sie hatte sich mehr Blöße gegeben als ihr lieb war. Was sollte sie von ihm halten?

Und Kat.. ? Es schien als sei sie selbst ein Schattenwesen, das man nur nach Einbruch der Dämmerung finden konnte..
Rielaye konnte Kats Hirngespinste nicht mehr als unmöglich abtun, nach den Vorkommnissen. Doch beklomm sie ein Unwohlsein an die Worte der Braunhaarigen. Sie hatte so verstört gewirkt, fast schon irrsinnig. War das alles nur durch das Erlebte?
Die Geister die sie nur für Trugbilder eines empfindlichen, verängstigen Geistes gehalten hatte, schienen nun ausgewachsen zu sein zu beängstigenden Wahnvorstellungen. Und was war Wahnbild und was war wahr von dem was Kat erzählt hatte? Konnte sie es noch auseinanderhalten? War wirklich kein Kraut gegen Wahnsinn gewachsen?

Aber sie hatte den Kopf so voller anderer Dinge. Dinge aus denen man sich vernünftigerweise eigentlich heraushalten sollte. Doch sie hatte sich freiwillig verstrickt.. Und dann nichteinmal ganz sich selbst zuliebe.

Sie sorgte sich. Und das ärgerte sie. Was war aus ihrem Vornehmen geworden sich nur um sich selbst zu sorgen? Es kam ihr lächerlich vor. Wie ein Kind dass seine interessantesten Spielzeuge lieb gewonnen hatte und weinen würde, wenn eines davon zerbrach. Aber sie war kein Kind mehr, denn sie wusste Spielzeuge waren ersetzbar.
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#17
[Bild: img_32_copy_by_monsterlienchen-d6tvxzy.png]
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