FSK-18 So kalt ist die Nacht für die Söldner...
#1
Vor ein paar Monaten noch stand Ansgar in der Schmiede, schwang einen übergroßen Strohbesen und fegte Metallspähne und Rostpartikel von allen Oberflächen die die kleine, offene Kammer verpesteten wie Schnee der sich an einem kalten Wintertag auf alles unter dem Himmelszelt legt.
Nie hätte er gedacht dass es schon so kurz darauf passieren wird, dass er Hurend und Raufend im allerheiligsten von Servano sein immergleiches Unwesen treiben wird und es niemanden ausser einer Bande abgehalfteter Saufbolde geben wird, die ihn auf seinen Eskapaden begleiten würden.

Vieles was er erlebte seit seiner Ankunft, bevor die Grenzen zur Heimat sich für ihn unüberwindbar für lange Zeit schliessen sollte, sollte sich an einem Abend zu einem Spektakel zusammenbilden. Ein Gemisch aus Bier und Pisse, dem Gestank von Fisch und dem feuchten Schoß von dem Weib und dem nächsten...
Seine Stimme schmetterte, kratzig und krähenhaft vor Zorn und Inbrunst:
"Nichtmal eine Mutter kann ein Gesicht wie deines Lieben, ich werd' dir helfen, dass es wenigstens für sie noch ein wenig Hübscher wird, wenn ich dir die Nase nach Innen hau'!" ... Nortgard hat ihn wütend gemacht. Stur verfolgt er sein Ziel, nichts herzugeben auf dem sein imaginärer Stempel steht. Die Tage und Nächte in den Nadelwäldern haben ihn zäh gemacht, ein paar mehr Schläge seines Vaters hätten auch dann nichts an seinem Mantel aus Nortgarder Eis ändern können. Er hat lange gewartet seinen Frust und seinen Ärger über sein Leben auslassen zu können. Ihm war es egal an wem, oder wie, aber das Gesicht was sehr bald vor ihm stehen sollte passte so Perfekt dazu. Reinschlagen und Wohlfühlen.

Es half ihm bestimmt, dass sein Körper die vielzählige Pracht der Prügel kannte, als er an jenem schicksalsreichen Abend Flynn, durchnässt vom stinkenden Wasser des Hafenbeckens, kennenlernte. Ihre langen, nackten Beine... Und das "Oh-lala", dass seither ihr Spitzname sein sollte, welches Zamael der Rote, sein endlich eingetroffener Feind für den Abend, von seinen Lippen ließ als ihm genauso gewahr wurde, was Nachts nach Zwölf in den Tavernen des Hafens passiert. Er konnte nicht anders. Betrunken vom Bier und der Komik der Situation musste er es krönend abschliessen und diesem Rothaarigen Mistkerl eines auf die Haube hauen. Endlich wie Donner und Blitz, Hagel und Gischt, auseinandergehen wie ein Stück Hefeteig.
Die Weiber feierten ihn wie einen Lord, der er gewiss sein sollte - Irgendwann, wenn die Stunde schlägt und Schweine Feuer speihen - und von hinten hallte es "Ansgar! Ansgar! Ansgar!" wärend seine Fäuste unsägliches mit dem Gesicht seines roten Gegenübers anstellten.

Aber genauso, wie Ansgar dachte er würde eisige Furcht im Antlitz seines Gegenübers erkennen und er wäre sich seines Sieges sicher wenn er den Kampf mit einem mächtigen Ausfallsprung in den Magen seines Gegenübers eröffnete, genauso hatte er sich auch in seinem Gegner geirrt.

Denn Zamael der Rote war nicht nur ein Grauwolf, er sollte sogar bald schon einige Ränge über Ansgar stehen und das, was in der Hafentaverne passierte, wäre dann Geschichte. Nicht mehr. Nicht weniger.

Er unterlag dem Gefecht, der Ruhm den Ansgar sich für seinen Namen erwartete blieb jäh aus und das Haus Hrafnwulf trug eine Niederlage mehr im Kerbholz seiner Geschichte. Aber wieviel Ruhm sollte ein Mann seines niederen Standes schon in einer Hafenkneipe erwarten, Nachts nach Zwölf, wenn jedes andere dritte Weib schon barschenklig auf die letzte Möglichkeit wartet, nicht einsam und vertrocknet zu enden.
Aber Ruhm sollte es doch geben. Zumindest die Möglichkeit eröffnete sich für Ansgar, endlich einer Sache dienlich zu sein, in der er soviel Raufen könnte wie er wollte, in der seine Sauf & Feiergelüste bei Branwens lodernder Leidenschaft nur hoch gefeiert werden würden und in der es keine Rolle spielt, was seine Geschichte so hergibt - Denn er würde tausendfach Ruhmreicheres erleben, wenn er Waffen und Gewalt hinter sich hätte, die ihn zu Ruhm und Ehre führen würden.

Ein Grauwolf soll er werden. Er hatte keinen blassen Schimmer was ihn erwarten würde, aber der Rabenwolf hatte seines gleichen gefunden.
Ein Rudel, mit dem er den Mond anheulen konnte.
WINNING IS FOR LOSERS

[Bild: tumblr_mjplv1lyks1ql8x1lo1_250.gif]
Zitieren
#2
Scherben und eine Brühe bestehend aus einem Gemisch aus verschüttetem, angetrockneten Bier, einer Grütze die verdächtig nach Körperflüßigkeit und etwas Dunklem, rotbraunen aussieht und sich mit dem Dreck der Straßen paart, sind kein besonders guter Platz um sich schlafen zu legen. Der Kopf dröhnte, der Dreitagebart klebte zäh am Pflasterstein fest und in den Haaren hingen unschön die Zeugen dessen, was am Vorabend geschah.

Er hatte keine Ahnung wo er war, als er die Augen lahm aufschälte und ihm die ersten Sonnenstrahlen des Tages die eisblauen Augen schmelzten, als wären sie nur Morgentau. Mit einem leisen, leblos klingendem Ächzen rieb er sich den Dreck aus dem Gesicht und verteilte ihn damit nur kläglich an einen anderen Ort seiner ausgetrockneten Haut.

Gedanken von mehreren Fäusten und sogar Stiefeln peinigten seine matschigen Gehirnwindungen und die Sehnsucht nach etwas Flüssigem, ohne Alkohol, liessen seine Zunge überall dort im Mund wie Baumharz an den Fingern festkleben. Er spuckte eine Mischung aus lockerem aber braun verfärbtem, mit Rot durchzogenem Schleim in den Dreck, wo es anmutend nichtmal auffallen würde, würde man eine ganze Kuh darauf ausbluten lassen.

Der Alte Hafen... Der Geruch von wochenaltem Fisch, den Exkrementen und anderen Ausscheidungen von den ungewaschensten, unleidbarsten Männern und den haarigsten, widerlichsten und verseuchtesten Frauen der ganzen Stadt drang Ansgar tief in die Nase und verdarb ihm den ohnehin schon verdorbenen Magen zu einer runzeligen Hülle voller hochstoßender Säure.
Er musste sich hart zusammenreissen, legte die Arme eng um seinen überall nur schmerzenden Körper und würgte, tapfer, ohne etwas von dem giftigen ätzenden Gemisch aus dem sein Körper bestand auf den armen Pflasterboden zu entladen.

Heute Abend soll ein Treffen der Grauwölfe stattfinden. Das war einer der Gedanken die er fassen konnte, selbst wenn er sich eher reif für einen schönen Eichensarg fühlte und sein Körper es bevorzugen würde, niewieder mit Alkohol und feierwütigen Menschen in Kontakt zu kommen.

Die Gedanken an den letzten Abend kreisten über, durch und in ihm - vergleichbar mit den Menschen an denen die dreckige, ungewaschene und nach allem unwirtlichen riechenden Gestalt namens Ansgar vorbeitorkelte. Die Welt drehte sich immernoch, stunden nachdem alles was solche Morgenstunden bescheren könnte schon längst als feuchtes Kopfkissen herhalten musste.

Da waren Matrosen. Menschen, die von Schiffen kamen um an Land zu beweisen wie sehr sie es verlernt hatten sich zu benehmen. Gleichermaßen bewiesen sie Ansgar wie Trinkfest sie sind und wie fest sie zuschlagen konnten, vorallem aber auch, dass sie meistens in der Überzahl sind wenn sie das tun. Ihm krampfte sich der gesamte Bauch zusammen und er musste sich an einer der Wände abstützen. Tief gruben sich seine Finger in die dreckigen, von Spinnweben bezogenen Steinfugen und er würgte einige momente lang einen trockenen, brennenden Schwall von Nichts hoch, bevor seine schwer blinzelnden, klebrigen Augen dem Straßenlauf folgten. Wo er hinwollte wusste er jetzt noch nicht, denn die Straßen waren ihm auch jetzt noch nicht weniger als ein Labyrinth und kein Bader der Welt würde ihn, so dreckig wie er ist, jetzt in die Nähe von Badewasser lassen. Nicht um diese Frühe Uhrzeit, wo das Badewasser noch frisch ist.

Wenigstens aber, droht ihm diesmal keine Prügel von seinem Vater so versoffen Zuhause aufzukreuzen und dann auch noch so dreist zu sein, nach frischer Wäsche, Wasser und etwas deftiges zu Essen zu verlangen.
Deftiges Essen... wieder krampfte sich sein Magen in alle Himmelsrichtungen und fast hätte er einer edel gekleideten Dame auf die Schuhe gebrochen, wenn ihn nicht ein herranreitender Handelsmann vom Weg abgebracht hätte. Beinahe drohte ihm es nämlich, hart mit dessen magerem Ross zu kolidieren und eine Schädelfraktur wäre genau das gewesen, was Ansgars malträtierter, grün und blau geprügelter Schädel im Moment nicht gebraucht hätte, wenn er sie nicht ohnehin schon in Ansätzen gehabt hat.

Schwer mit allen Hohlräumen seines Körpers ächzend drehte er sich einmal um sein jämmerliches selbst und dann kam ihm die Idee... Was für Flynn funktionierte würde auch für ihn funktionieren und das offene Nass dass quer durch das Land floss würde ihn nicht nur reinigen sondern auch etwas Wacher stimmen. Den Weg hinaus aus der Stadt und hinein in den Wald müsste er nur noch überstehen, dann würde er zumindest in ein paar Stunden fähig sein, sich vor den Grauwölfen präsentieren zu können. Zum Glück war es früh am Morgen, die Schwellungen in seinem Gesicht konnte er im kalten Flussbett abklingen lassen und da er sich ohnehin, kurz bevor er sich mit den Matrosen angelegt hatte, mit Zamael prügelte, würde es garnicht auffallen wie zugerichtet er erschien. Ein Plan, der so perfekt klang, dass es fast unmöglich für jemanden in so einem Zustand wie dem seinen wirkt, ihn überhaupt zu durchdenken. Denken bezahlte er mit einem Pochen in seinem Kopf, so hart und immerwieder hämmernd als würde sein Vater höchstselbst ihn mit dem Schmiedehammer aus dem Bett prügeln. Sein ganzer Körper warf sich innerlich zusammen, schweissperlen tropften ihm von der Stirn...

Als er endlich das Tor aus der Stadt erreichte dachte er einen Moment lang, er hätte es überstanden, die frischere Luft die direkt nach Gülle von den Bauernhöfen roch und sich mit dem Geruch von Baumharz und Holzfällerschweiss paarte wirkte fast schon erquickend im vergleich zu dem Geruch des Alten Hafens...
Verbissen kämpfte er sich jeden Schritt weiter. Passanten betrachteten ihn wie die Hexerkeuche in Person und niemand, der nicht selber Stank wie zwölf Tage Brechdurchfall, kam ihm näher als drei Schritt wenn es sich vermeiden liess.
Sogar manche mitfühlende Menschen gab es, die ihm hilfe anbaten. Aber Ansgar war nicht bedürftig, er feierte einfach nur gerne sehr hart. Daher liess er es diesen selbstverliebten Gönnern mit bissigen Worten spüren, er seie nicht auf ihr Mitgefühl angewiesen. Angewidert hüpften die meisten dann auch hinweg, spätestens als sie seinen beissenden Mundgeruch vernahmen und seine Blutverschmierten Zähne sahen. Vermutlich hatte er sich in der Nacht der Nächte, bei dem Kampf gegen wesentlich größere und betrunkenere Matrosen, aufgebissen als er mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Ja, das klingelte in seinem Kopf wie die Glocken der Mithraskirche zu fürstlicher Hochzeit und liessen ihn zittern vor Schmerz.

Als er am Flussbett ankam liess er sich fallen. Das Wasser in das er sich legte wie eine entsorgte Wasserleiche färbte sich innerhalb kürzester Zeit in alle Farben in die man eine schütternde Niederlage färben könnte und keiner, nichtmal die abgebrühtesten Leute, würden gut daran tun dieses Wasser flussabwärts noch zu trinken.
Er ächzte auf das paar Grad kühle Wasser. Diesmal jedoch erlöst, es wusch die Schmerzen praktisch von ihm, zumindest für einen kurzen, wahrlich wohltuenden Moment.
Die Kleidung zog er zäh und klebrig vom Nass und vom anderen über seinen schmutzigen Kopf, in kürzester Zeit gar - schneller als von den Huren des Hafens zu schaffen - war er splitterfaser Nackt und tauchte seinen malträtierten, von oben bis unten mit Trittmalen und Faustabdrücken übersähten Körper in das Wasser. Oh, wenn das die Edeldamen sehen könnten, sie wünschten sich trotz des Drecks nackt und bei ihm, dachte er zumindest.

Sauberkeit ist doch wohl das schönste nach so einer durchzechten Nacht... Erst später sollte er schweren mutes erfahren, dass die Matrosen ihn seines Geldes entledigt hatten und er wiedereinmal in größter Notlage um klingende Münze bangen musste. Aber daran war noch nicht zu denken, als er mit geschlossenen Augen seinen Körper im kühlen Nass treiben liess und sich nur mit einer Hand am Bachrand festhielt, um nicht zu versinken. Seine Gedanken waren nur bei einer Sache und einer mehr:

Heute Abend bin ich wieder ein Rabenwolf, in einem Rudel aus Grauwölfen.
Reiss dich verdammtnochmal zusammen, Ansgar aus dem Haus Hrafnwolf.
Und danach verbringst du die Nächt mit weniger zwielichtigem Gesocks und steckst mit weniger schäbigem Weib unter einer Decke. Guter Plan.
WINNING IS FOR LOSERS

[Bild: tumblr_mjplv1lyks1ql8x1lo1_250.gif]
Zitieren
#3
Regen prasselte rauschend und begleitet von unheilvollem Donnergrollen hernieder. Die kleinen Tropfen, die wie fallende Köpfe auf den groben Steinen der Straßen klatschten und dort in tausend kleinere Köpfe zersprangen, glitzerten wie unzählige Gemme im trüben Fackelleuchten des gestriegelt sauberen, bedacht sortierten, schön kreierten Viertels, dass vor Geldgier und fetten, überfressenen Edelleuten nur so nach schlechter Laune stank und nichtmal an einem wonnemondartigen Frühlingsregenabend verdross der Gestank von Reichtum hier.

Gleich einem Boten der Realität, als ob Taranis persönlich sein kaltes Nass entsendet um allen Menschlichen Trug hinfortzuspühlen wie hartnäckigen Dreck von einer Glatten Wand, prasselte der Regen auf Ansgars Schultern. Das Wasser sickerte tief in die gepolsterten Lederschichten unter den rostenden Kettenringen aus Stahl. Er stand da, felsenfest, die Haare strähnig und Nass, immerwieder tropften kleine glitzernde Wasserperlen von seiner Nasenspitze, die Augen zugekniffen wie als ob er von gleissendem Licht geblendet werden würde, um den Regen vom inneren seines eisigen Auges fernzuhalten.

Er probte sich. Diszipliniert und mit einem eisernen Willen, nicht von diesem Platz zu weichen ehe es nicht zum Morgenleut klingt, wachte er über das kleine Häuschen mit Garten im Viertel der Reichen und ach so schönen. Er besah es fast als ein kleines Opfer an Nodons, sich nicht in dieser Stunde des peinigenden Regens wie eine zarte Blüte zusammenzuzerren und zu verstecken. Die kalte Nachtluft, die abstinenz des beissend säuerlichen Gestanks der Stadt und der klare Nachthimmel wirkten fast wie Ruhe für die Sinne auf ihn. Und es störte ihn kaum, dass bereits Ratten an seinen stillstehenden Stiefeln nagten und er sie nicht nur einmal wegtreten musste. Er atmete tief durch. Kaum drei Stunden nach dem Mitternachtsgeleut und seine Beine brachten ihn bereits um den Verstand, so sehr sie aber auch schmerzten er wollte nicht weichen. Nicht nur für sich selbst, für die Grauwölfe, seine Familie, den Ruf Nortgards und seine eigene Ehre, seinen Stolz.
Wärend er die tote, ausgestorbene Gasse vor sich betrachtete und feststellte, dass selbst die hartnäckigsten Kerzenlichter in den Fenstern bereits vor mindestens einer Stunde ausgestorben waren, machte er sich einige Gedanken. Wohin auch immer ihn sein Weg führen würde, Disziplin, Geduld und die Fähigkeit auch aus den kleinsten Schönheiten der Welt die selbe Genugtuung zu ernten würde ihn weiter bringen als die Sucht nach Alkohol und der guten Laune unter Freunden. Er wusste das. Branwen's wilder Arsch, er wusste das.

Er wollte sich seinen eigenen Geistern stellen. Die Träume in den vergangenen Nächten lockten ihn schon nach einer Stunde wieder aus dem Schlaf. Erzählen würde er, er hätte garnicht geschlafen, aber in den einsamen Stunden in tiefer mondweißheller Nacht legte er sich trotzdem hin und erstahl sich so die geringen Stunden schlaf die ihn durch die Tage bringen sollten. Ein jeder Mann würde sich fürchten ein Auge zuzutun, nachdem er Morrigú's Boten Nacht um Nacht, Traum um Traum sah. Die Schwarz befiederten Krähen, die er Traum um Traum sah, pickten Augen aus Toten Gesichtern, fraßen sich satt an den glitschigen, blutigen Augäpfeln. Er sah sie dort alle liegen, Einar, Flynn, den Hauptmann, Zamael den Roten, Harl, selbst Mieps trug in diesem Traum das bleiche Kleid und lag neben Volkmar, dem Felsen. Nur er selbst stand in diesem Traum und besah ein gigantisches Schlachtfeld, weit entfernt von all dem was seine Augen - die noch nie eine Schlacht erblickten - sehen durfte... Es roch nach verwesung, dem alten Tod von Tagelangen kämpfen, Schweiss und Blut stank bestialisch und hing in der Luft, sie mit abscheulichen Gedanken füllend, den Seelen der Toten die Ansgars Geister peinigten und ihn für einen Moment nur daran zweifeln liessen, einen einzigen Gesunden Gedanken fällen zu können.

Seine Klinge war Blutig von sicherlich dem Blut unzähliger Feinde und als er sich wendete, um das Schlachtfeld hinter sich zu erblicken, erblickte er Jubel. Zahlreichen Jubel. Ganze Reihen von Mannen standen hinter ihm und liessen sein Mark erschüttern, ihm jagte es eine Gänsehaut über den Leib die brannte wie Feuer, als er sah, dass es dort eine Hundertschar von Grauröcken zu besehen gab, allesamt trugen sie das Wolfssymbol und allesamt riefen zur Schlacht hinaus. Dahinter eine Krähenschar, die wie eine schwarze Wolke die Sonne verdunkelte und das kreischen von abertausenden Rabenmäulern, nur durchzogen vom gallopierenden Schritt anreitender Krieger, die den Boden zum donnern brachten.
Gerade als ihm erst gewahr wurde, was dies bedeutete, und sich umwandte um zu sehen welcher Feind es denn ist, der nun mit schwerster Kavalarie die Luft mit dem Geruch von Toten Wölfen erfüllen möchte, wachte er auf. Zum dritten mal nun. Denn er war am Wachposten eingenickt, als das letzte Licht im Haus gegenüber erlosch... Am Himmel stand bereits die Sonne in ihrem Erwachen und färbte den Himmel blutig rot, seine Augen schälten sich panisch auf und er umfasste mit eisernem Griff sein Schwertheft, der Atem raste, der Puls schlug ihm sämtliche Marschrythmen.

Hasserfüllt und mit einem Blick tosend brechender Gletscher drückte er sich aus seinem zusammengefallenen Sitz an den Treppen vor den Türen zum Haus Eckstein. Es war doch völlig Absurd soetwas zu träumen. Völlig geisteskrank, zuzulassen dass soviele gute Kameraden vor ihm fallen, ohne selbst zu sterben. Völlig undenkbar, dass es Tausende von Grauwölfe geben wird, die jubelnd das tosende Sterben erwarten, welches gepanzerte Reiter bringen würden. Oder etwa nicht?

"Die letzte Jagd wird kommen. Die letzte Hatz bald sein. Ein Rabe gleich in der Nacht, dem Wolf zum Bruder, wird Nortgard das Horn erhör'n. Erzählt meinem Sohn, ich wollt' es so. Erzählt es meiner Tochter, ich werd' nichtmehr sein. Kämpfe mit Ehre, Jage mit Stolz, ein Rabenwolf nimmt jede witterung auf." - Auszug aus einem Spruch der Hrafnwulf's
WINNING IS FOR LOSERS

[Bild: tumblr_mjplv1lyks1ql8x1lo1_250.gif]
Zitieren
#4
"Mich würde es mehr schockieren, würdest du mir sagen du hättest mich als alten Greisen sterben sehen, tief in warme Laken gehüllt, mit meinem schrumpeligen Sack in der einen Hand und die andere fest um meinen Schwanz gewickelt."

So, oder so ähnlich, klangen die wenig weisen Worte seines Gefährten an diesem Abend in seinem Ohr wieder. Der Schädel rotierte ihm einmal mehr verheissend von der Zeche nach dem Turnier und auch wenn er es durchaus liebte, Gwynngefällig Blut vergossen zu sehen, blieb ihm nur der fahle Nachgeschmack des unerreichten im Mund kleben.
Keine Faser seines Körpers mochte jetzt Loblieder auf das singen, was hinter ihm lag. Das dumpfe pochen in seinem Herzen verriet ihm nur, dass dort, im Hauptquartier der Wölfe, ein Fass Met stand und er weiß, er könnte es sich nehmen. Einfach so. Morgen würde er es vielleicht wie einen törichten Griff ins Feuer bereuhen, diese Nacht aber würde er vergessen, und damit Ruhe finden können, für kurz.

Was auch immer er sich dachte, den Rat sovieler Menschen zu erhören. Frauen die mit reizen lockten und mit Worten umgarnen konnten wie klebrige Spinnweben eigneten sich nicht, die versoffenen Räuber und Halsabschneider zu seiner rechten und linken ebenso nicht. Es war Zeit dazu sich zu ändern, ein neues Gesicht aufzuziehen, oder zumindest ein altes in den Hintergrund zu verschieben. So, und nicht anders, ist dieser Weg zu beschreiten.

Mit einem schmatzenden Geräusch, als er trockene Lippen mit der Zunge benetzte, schälte er die halb geschlossenen Augen auf. Die absolut dunkle Stube der Grauwölfe um sich, ein Wasserbottich und eine scharfe Messerklinge vor sich. Mit einem unscheinbaren Klickern gefolgt von einem leisen Knistern entzündete er eine Kerze mit Zunder... Plötzlich blendete ihn das aufbegehren der Flamme hell, und er blickte trostlos in das Wasser vor sich.
Erst, als er die Klinge mit einer auffahrenden Bewegung in das Wasser stach und benetzte wurde ihm klar, dass dieser tiefe Hass in ihm sich nicht im geringsten gegen sich selbst wandte und es auch sonst keinen genauen Gegner gab, den er treffen könnte. Nein.
Er begann sich, die borstigen Haare aus dem Gesicht zu schaben. Immerwieder sang die Klinge ein leises Lied der veränderung, wärend er Epiphanien durchlebte.
Der Stuhl knarzte als er sich darauf zurrechtrückte und die Gedanken wurden mit jedem Stück Haut mehr, das er entblößte und vom Haar befreite, klarer und einiger.

Es waren die Köpfe derer, die ihm im Weg standen. Die Gesichter der Menschen, die sich klar als die vielberedeten Nebenbuhler abzeichneten. Die Leute, die nicht den Hauch einer Ahnung haben was hinter der Fassade aus Eis steckt, die ein Hrafnwulf in den Augen trägt. Schöne Menschen, die es nicht im Traum erdenken eines Tages eine Wolfsklinge im Nacken zu haben, weil sie sie geringschätzen. Weil sie nichts wissen.

"Etwas so gräßliches, dass es das innere nach aussen kehrt, und man eigentlich sehen müsste, wie Hirnschleim und Brocken von gebrochenem Schädel am äussersten der umgestülpten Haut kleben"

Sagte der Mann so, oder so ähnlich, den er aus unerfindlichen Gründen noch weit mehr verabscheuhte, als die Männer und Frauen zuvor die ihn aus zahlreichen Gründen schlicht nur bremsten, und obgleich die Worte für ihn nicht im geringsten den Sinn ergaben, den sie sicherlich irgendwo in ihrem Wahnsinn trugen, waren sie doch einleuchtend. Jeder Mensch trägt ein Tier in sich und es zu wecken wäre in jedem Fall wie eine reissende See, ungestüm und völlig willkürlich zerstörerisch.
Aber in diesem Fall war es bittere Notwendigkeit.
Beinahe genauso, wie Harl es sagte. So, oder so ähnlich.

"Sei ein Wolf und stell dich wie einer. Hör auf, aufzuwachen. Träume den Traum weiter und zeig ihnen, wie ein Wolf kämpft kurz bevor er mit Schaum um sein Maul, johlend, tobend und reissend in seinen Untergang prescht."

Wenn es eine Gewissheit gibt, dann die, dass man einen Kampf nicht unvorbereitet bestreiten kann. Vielleicht pflegte er es deswegen, sein Gesicht nun zu zeigen, statt es unter wuchernder Feigheit in Form von stoppeligen Haaren zu verstecken.
Wenn alle Mauern niederzuringen sind, und jeder seinen Namen hören muss, dann nur mit dem stählernen Willen, es mit scharfer Zunge und gnadenlosem Ehrgeiz zu tun.

Er legte die Klinge beiseite. Verschwämmtes Blut klebte an der Schneide und der Blick den er in das spiegelnde, verschmutzte Wasser warf zeigte ein Gesicht. Nicht das, welches er kannte und welches er mit verabscheuungswürdiger Leblosigkeit verband. Sondern ein Gesicht so durchtrieben von dem treibenden Schlagenden Herzen, von angefachtem Feuer und Eis. In diesem Antlitz küsste die Sonne die Sterne und Eis brannte steinerne Gebilde nieder, wärend Feuer frieren konnte.

Er lächelte mit Ehrlichkeit. So, und nicht anders, klangen all die Worte in ihm klar.
WINNING IS FOR LOSERS

[Bild: tumblr_mjplv1lyks1ql8x1lo1_250.gif]
Zitieren




Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste