FSK-18 Tagebuch
#11
Das Erwachen war, so denke ich, der beste Teil dieses Tages.

Es war .. schön einfach da zu liegen und zu dämmern, das Gefühl von Wärme an der Seite und die Vorstellung .. sie wäre es. Die Illusion endete, als die fette Katze sich geräuschvoll streckte und dabei ihre Krallen in meinem Hemd verhakte.
Mistvieh. Zu faul um Ratten und Mäuse zu fangen, aber verdammt flink, als ich versuchte sie zu packen und ihr den Hals umzudrehen.

Von dem Augenblick an war mir klar, dass dieser Tag nichts werden würde. Da ahnte ich noch nicht, wie sehr mir die Wirklichkeit noch ins Gesicht schlagen sollte.

Ich hatte mit meinem geschnürzen Ranzen kaum den Gänsestall verlassen, als ich die Aushänge bemerkte in denen mit grossen Buchstaben die Berufung des neuen Rates verkündet wurde.

Godwin Ganter
Gideon Ganter

Ich kann nicht sagen, wie lange ich einfach nur fassungslos auf das Schreiben starrte, unschlüssig mich zu entscheiden, ob hysterisches Lachen oder bedauerndes Weinen die richtige Antwort wäre. Die Gänse hatten es tatsächlich geschafft, offenbar genug Schmalz in verschiedenen Ärschen verteilt. Nun waren sie an einem Platz, wo sie sich unter den Augen einer aufmerksamen Öffentlichkeit zum Narren machen konnten. Und das .. versöhnte mich beinahe. Denn dass sie es schaffen würden ihre Unfähigkeit aller Welt zu zeigen, daran bestand für mich keinen Zweifel.

Und wenn es erst soweit war .. konnte für mich vielleicht noch etwas herausspringen.
Das machte mir die Schritte leicht, ich liess Löwenstein bald hinter mir zurück und folgte der Strasse gen Norden bis zu jenem ausgestretenen Pfad, der eine schon lange der Verwitterung und Wildnis überlassene Strasse gewesen war. Die Regenfälle hatte grimme Spuren hinterlassen, Erde davongewaschen bis nur blanker Stein zurückgeblieben war und dabei Rinnen wieder freigelegt, die vor langen Zeiten für schwer beladene Karren geschlagen worden waren. Diese aufgegebenen Stollen waren auch heute mein Ziel. Gegenüber Jakobine hatte ich den entdeckten Einstieg erwähnt, der erst durch einen Erdrutsch wieder freigelegt worden war und genau das war für heute mein Ziel. Früher hatten diese Felsen viel Eisen in sich getragen und auch jetzt sah man die Ablagerungen von Rost überall dort, wo das Wasser sich einen Weg suchte: Wo auch immer es für längere Zeit stand setzten sich die Spuren erkennbar ab.

Ein guter Bergmann, so hatte ich einmal gehört, konnte nicht nur anhand der Felsen erkennen was für Metall darin verborgen sein musste, er wusste es auch durch die passenden Pflanzen, die auf die rechte Weise wuchsen und die fraglichen Stellen anzeigten, an denen es sich lohnte zwischen den Wurzeln nach Silberstufen zu suchen. Ein guter Bergmann war aber nicht zur Stelle und für mich waren diese Steine nur Steine und das Kraut, das ich zur Probe ausriss, einfach nur irgendein Grünzeug, das die Fluten nur überstanden hatte, um nun ohne einen zweiten Gedanken ausgerissen zu werden. Nichts. Natürlich nicht.

Die Mittagsstunde war längst vorbei, als ich jene Stelle passierte, an der ich vor gut einer Woche beinahe abgesoffen war. Das kleine Tal aus meiner Erinnerung hatte sich in einen flachen Teich verwandelt an dessen Grund ein bodenloses schwarzes Loch lauerte. Hier würde so bald niemand mehr nach Erz suchen, aber mein Ziel lang ohnehin an einer anderen Stelle. Nicht höher .. aber ein Stück entfernt.

Ich folgte den sich windenden Pfaden herüber zu einem abgeschnitten wirkendem Bergschädel. Nichts als blanker Stein glänzte der Sonne entgegen, hier war der Berg so flach als wäre Mithras' Hammer persönlich an dieser Stelle aufgeschlagen und hätte jeden störenden Fels in Staub verwandelt. Ein guter Orientierungspunkt, leicht zu merken und hier setzte ich mich auf einen Weg, der wieder abwärts führte, bis ich das frische Geröllfeld erreichte. Hier hatte der Regen gearbeitet und dem Berg Material abgerungen, damit einen verschütteten Eingang wieder freigelegt, der wer weiss wie lange nicht mehr begehbar gewesen war. Darin lag meine Hoffnung: Falls es auch früher eine Rutschung gegeben hatte, dann war hier vielleicht noch etwas zu finden. Nicht genug für meine Freiheit. Aber .. vielleicht .. ein wenig um die Hoffnung zu nähren.

Auch hier war der Regen eingedrungen - als ich in das Halbdunkel trat, schlug mir muffiger Gestank entgegen. Das war .. mehr als nur abgestandene Luft: Wahrscheinlich hatten sich Pilze und Moose angesiedelt gehabt und verfaulten nun, nachdem die Nässe sie ertränkt hatte. Aber das war auf jeden Fall ein Bergwerk gewesen: Es waren noch Reste von Stützpfosten vorhanden, auf dem Boden gab es eine unübersehbare Linie aus Rost, die vielleicht einmal das Seil für eine Lore gewesen war. Diesen Aufwand machte man sich nicht für einen kleinen Stollen. Nicht einmal für zwei oder drei Quergänge.

Ich will es meiner Aufregung zuschreiben, die mich die nächsten Schritte unbedachter machen liessen, aber das Jagdfieber hatte mich gepackt und wir alle wissen, dass Hoffnung ein erbärmlich verräterischer Gefährte ist. Feuchtigkeit glänzte überall auf den Steinen und warf den trüben Schein meiner Laterne zurück. Feuchtigkeit - aber keine Nässe. Trotz des Regens war dieses Bergwerk nicht abgesoffen.

Mhm. Ich kann .. meine Überraschung nicht in Worte fassen, denn Buchstaben werden dem .. einfach nicht gerecht. Um es kurz zu schreiben: Ich erschrak mich beinahe zu Tode, als ich den Kreuzgang erreichte und mich einem grinsenden Toten gegenübersah - genug, um die Laterne fallen zu lassen und zu straucheln, zu rutschen, zu stützen. Das Licht des Eingangs reichte gerade noch weit genug um zu bescheinen, wie ich mich wenig rühmlich auf die Nase legte und ein paar Schritt bis in die Senke rutschte, in der sich das Regenwasser gesammelt hatte. Keine weiteren Gänge - das kapierte ich trotz meines Schocks.

Und keine weiteren Bewohner, ausser dem verdammten Toten, der gewiss schon seit Jahrzehnten hier unten vergammelte. Ein Bergmann, der von dem Steinschlag überrascht worden ware? Ich hatte keine grosse Lust es mir genauer anzusehen, schon gar nicht als ich mich fluchend und triefend aus der Pfütze kämpfte. Und von einer Leiche würde ich mich auch nicht abhalten lassen diesen Berg auf Schätze abzuklopfen.

Die Dunkelheit war längst hereingebrochen als ich mir eingestand, dass ich - wieder einmal - auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Es war nicht so, als .. wäre hier gar nichts und im ersten Augenblick hatte ich mich durch den hellen Glanz sogar täuschen lassen, bevor ich erkannte, dass ich auf die Täuschung von Katzengold hereingefallen war. Katzengold. Davon schlug ich in diesen Stunden mehr aus dem Fels als je zuvor und meine Laune verdüsterte sich mit jedem Stück ein wenig mehr. Sonst war da nichts: Nur tauber Stein und dazwischen das funkelnde Grinsen dieses wertlosen Gerölls. Es war gegen Mitternacht, als der wieder aufkommende Regen mich endlich zu Verstand brachte.

Nun war es zu spät um zurück nach Löwenstein zu gehen. Ich würde hier schlafen müssen in Nässe und Kälte mit einem Toten als Bettkumpan.

Und trotzdem war mir nicht sicher, ob das hier nicht besser ist als ein Ruheplatz im Hause Ganter.
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#12
Das war beileibe nicht der erste Tote, den ich zu Gesicht bekommen hatte und es würde auch nicht der Letzte sein. Und normalerweise hätte ich nicht zu viele Gedanken daran verschwendet unter welchen Umständen der Kerl das Zeitliche gesegnet hatte.
Aber ich schlief schlecht in jener Nacht, wälzte mich in unruhigen Träumen hin und her, bis das erste Licht des Tages mir einen Vorwand gab um aufzustehen.

Und dann machte ich mich daran den armen Burschen zu begraben.

Das war leichter ausgedacht als tatsächlich durchgeführt, denn die wenige Erde die die Regenfälle nicht von den Steinen gespült hatte, war kaum der Rede wert. Andererseits hatte ich mehr als genug Steine losgeschlagen und der mit Katzengold vermischte Schutt würde einen netten kleinen Hügel abgeben. Also sammelte ich zusammen, was ich am Tag zuvor aus den Wänden gebrochen hatte und dachte derweil darüber nach, ob es jemals jemanden geben würde, der mir diesen Gefallen tun würde.

Bei meinem Glück würde ich wohl viel eher als zerstückelte Leiche in der Kanalisation Löwensteins enden, eine Beute für die Ratten, die sich um meine Knochen balgen und hoffentlich an einem ausgestreckten Mittelfinger ersticken würden. Oder es würde mich hier draussen bei einem plötzlich Einbruch erwischen: Ein rascher Tod unter ein paar Tonnen niederfahrenden Gesteins würde immernoch besser sein, als langsam zu ersticken oder zu verhungern in der völligen Finsternis wie es dem hier passiert sein musste.

Oder auch nicht.

Ich hatte ganz natürlich angenommen, dass es sich bei dem Toten um einen glücklosen Bergmann gehandelt hatte, aber als ich ihn nun erstmals näher in Augenschein nahm, wurde mir klar, dass ich mich darin geirrt hatte: Was von der Kleidung übrig geblieben war, machte den Eindruck eines gewissen Wohlstandes, gepaart mit jener Unpraktischkeit, die sich kein echter Arbeiter antun würde. Meinen scharfen Sinnen entgingen auch nicht die subtileren Anzeichen: Keine Werkzeuge in Sichtweise, stattdessen einiges an Schreibkram, Beutel mit irgendwelchen verfaulten Hinterlassenschaften. Und das gewaltige Loch in der Brust, wo die Rippen nach aussen gesprengt worden waren. Nach aussen. Mhm.

Ansonsten war der Rippenkäfig weitgehend unversehrt, es war also nicht möglich, dass ihm eine Felsnadel durch den Rücken und dann die Brust gefahren war. Und eine Waffe die durch die Eingeweide eindrang, sich nach oben bog und mit solcher Gewalt durch das Brustbein wieder ans Tageslicht kam, konnte wohl nicht einmal Meister Eisenschlag erschaffen. Etwas mit flexiblen Klapphaken konnte dazu vielleicht in der Lage sein - aber ich wollte mir die Kraft nicht vorstellen die für dieses Resultat nötig war. Andererseits beflügelte mich die Vorstellung genau so ein Ding zu bauen und an einem der Ganter auszuprobieren.

Diesen erhebenden Gedanken gab ich mich einige Minuten hin, bevor ich all das mit einem Achselzucken beerdigte: Der Bursche war tot und das schon seit langer Zeit. Und sobald er erst einmal unter den Steinen lag, würden sich diese Fragen nicht mehr stellen. Kurzentschlossen fügte ich dem Steinhaufen auch seine Hinterlassenschaften hinzu: Mit den vergammelten Beuteln liess sich nichts mehr anfangen, mit dem völlig verrosteten Dolch genausowenig. Und wofür die Glasscherbe gut sein sollte, fiel mir mit aller Anstrengung nicht ein. Weg damit.

Nur bei zwei Dingen zögerte ich und entschloss mich dann das Erbe des Verblichenen anzutreten: Ein Notizbüchlein voller unleserlichen Gekrakels, das ich irgendwelchen leichtgläubigen Forschern vielleicht für ein paar Schillinge verkaufen konnte. Und eine einzelne ungeprägte Silbermünze, die ich einschmelzen und meinem geringen Vorrat an Edelmetall hinzufügen würde.

Als ich den letzten Stein auf dem Grab auftürmte, spürte ich eine gewisse verlegene Ratlosigkeit: Plötzlich fühlte ich mich .. verpflichtet ihm ein paar Worte als Geleit auf eine schon längst beendete Reise mitzugeben.

"Du warst sicherlich ein armes Schwein. Zumindest bist du wie eines gestorben. Möge Galates dich zurück auf den Weg bringen, wenn er es nicht schon längst getan hat. Ach beim Abgrund - wahrscheinlich wurde ein Teil von dir schon längst wiedergeboren und ist erneut gestorben. Aber falls wir uns mal sehen: Ich habe was gut bei dir."

Mhm. Vielleicht nicht ganz so .. hübsch wie bei anderen Grablegungen. Aber ganz ehrlich: Besser als das worauf ich hoffen konnte.
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#13
Wäre ich eine romantisch veranlagte Natur, könnte ich behaupten, dass G. mir die Liebe gezeigt hätte.
Der Zyniker würde sich alsdann fragen, was genau das wohl für eine Lektion war - eingedenk meines Lebenswandels in den folgenden Jahren.

Ich erinnere mich an die damalige Faszination so deutlich, wie an wenig sonst aus dieser Zeit und auch wenn das bereits mein halbes Leben zurückliegt, bilde ich mir ein, dass die Bilder nichts an Farbe, nichts an Schärfe eingebüsst haben. Unser Kennenlernen fiel in eine allzu kurze Phase des Friedens, die bald darauf von skrupelloser Gier ruiniert werden sollte, aber in jenem Sommer war davon noch nichts zu spüren.
All die anderen Verwandten haben sich im Laufe der Zeit in undeutliche, unförmige Schatten verwandelt, deren Anwesenheit ich zwar verstandesmässig begreife, die aber von G. einfach überstrahlt werden.

Das musste sie sein - die vielbesungene Liebe, die auch in den Liedern und Geschichten Nortgards so viel Platz einnahm. Bis heute ist mir nicht klar, ob unsere instinktiven Versuche diese .. Romanze geheim zu halten, erfolgreich waren. Es lag ohnehin ein Schatten von Unwirklichkeit darüber: G. hätte schon damals verheiratet sein sollen, war aber noch nicht einmal verlobt und in meiner ebenso berauschten wie grenzenlosen Dummheit bildete ich mir ein, dass sie auf mich warten würde. Die Zeichen standen an sich tatsächlich nicht so übel: Eine weitere Verbindung zwischen den Familien würde - auch wenn sie aller Tradition widersprach - die zarten Bande stärken.

Und dann fiel alles auseinander.

Seitdem sind dreizehn Jahre vergangen.
Dreizehn Jahre, die ich mit Nichtigkeiten füllte, mit aus Zorn geborener Herablassung und einer Verschwendung als wollte ich nur auf das Ende aller Tage warten.
Dreizehn Jahre und genug beiläufige, bedeutungslose Liebschaften, dass es mich am Ende sogar langweilte Kerben in meinen Bettpfosten zu ritzen.

Und dann stand sie wieder vor mir: Wie eine Traumerinnerung, die unversehens in das helle Licht des Tages tritt. Unbeschädigt von all den Jahren.

Zumindest wollte ich das glauben.
Es war dumm sich herausfordern zu lassen.
Dumm, dem Begehren nachzugeben.
Noch dümmer sich einzureden, sie hätte all diese Zeit .. irgendwie auf mich gewartet. Klar.

Und doch .. es hätte funktionieren können. Mehr noch: Es hätte mich befreien können - und zwei Tage lang war ich voller verrückter Hoffnungen, ganz wie in jener lange zurückliegenden Zeit.
Dann verstand ich, dass sie schon längst .. beschädigt war. Wieder einmal hatte ich die falsche Karte ausgespielt und nun würde mir nichts bleiben als darauf zu warten, bis ich die Rechnung präsentiert bekam. Beim letzten Mal hatte mich das meine Freiheit gekostet. Gelernt hatte ich daraus offenbar nichts.
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#14
Wieder eine Nacht ohne rechten Schlaf, gefüllt von formlosen Traumgesichtern, die mich wieder und wieder aus dem Schlummer rissen.
Ich verstehe den Grund dafür nicht. Schlechtes Gewissen? Das wäre wirklich das erste Mal in meinem Leben. Und trotzdem dauerte es jedes Mal, bis mein rasendes Herz sich beruhigte und das Blut nicht länger in meinen Ohren pochte. Unerfreulich. Unerquicklich.

Schliesslich floh ich das unbequeme Lager, das ich mir als Ruhestatt ausgewählt hatte um noch vor dem ersten Licht des Morgen zu schreiben, Gedanken zu ordnen und darüber nachzusinnen, was in der letzten Woche geschehen war. Und das war einiges.

Die beste Erinnerung ist jene an die sternenklare Nacht da draussen, fernab des Lärms und des Gestanks der Stadt. Wie versprochen war es ein milder Abend gewesen und als der Teppich der Sterne sich dort oben entrollte wurde es kühler, aber nicht so, dass ich gefröstelt hätte. Schon gar nicht mit ihr im Arm. Auch damals schlief ich nicht, aber es waren keine unruhigen Träume die mich abhielten, sondern das einfache, ruhige Gefühl von Zufriedenheit. Vielleicht war das Glück: Einfach dort zu sein unter der Freiheit des weiten Himmels und auf ihre regelmässigen Atemzüge zu lauschen. Momente, die ganz uns gehörten: Aufrichtig und wahr, ohne die Lügen des Alltags, ohne all die bösartigen Spitzen und die bitteren Notwendigkeiten die aus Sorgen und Furcht geboren wurden. Ich spürte nicht einmal Bedauern, als die Sonne schliesslich wieder über die Berge kletterte und den Schutz der Dunkelheit verblassen liess. Das ist es, nicht wahr Mithras? Dein Licht vertreibt die Dunkelheit, gleichgültig wofür sie gebraucht wird.

Danach wurde alles .. schwieriger. Ich kam kaum dazu meine Fundstücke zu studieren und mir darüber Gedanken zu machen, wie ich irgendeinen Gelehrten möglichst grossartig über das Ohr damit hauen konnte: Mit den anstehenden Hochzeiten schienen die meisten Gänsefrauen und Gantermänner sich bereits abgefunden zu haben, die einzige Ausnahme die in den kommenden Tagen auch an der Oberfläche die Gemüter bewegte, war das Schicksal Gwendolins, die dem "Bastardfresser" Gulgul Ganter versprochen worden war. Der alte Mann war .. Legende, sogar bei meiner Sippe gab es Gerüchte und Gemurmel über ihn, der im Laufe des Lebens dem Geflüster zufolge mehr als ein Dutzend Ehefrauen verschlissen haben sollte.
Während allenthalten mit Abscheu oder purem Unglauben reagiert wurde, konnte ich es kaum erwarten den alten Mann wirklich hier auftauchen zu sehen. Das würde gewiss ein großartiges Schauspiel werden und fast fühlte ich mich versucht bei Mithras ein gutes Wort für eine gute Reise des alten Gulgul einzulegen. Fast.

Und dann .. die Sache mit Georgia.. zu der ich nun mehr als nur eine Variante gehört habe. Wären die Umstände andere, würde ich ihren Mut und ihre Entschlossenheit bewundern. Aber ich bin mir nicht sicher, ob Georgia auch weiss, was Georgia tut. Nein, ehrlich gesagt bin ich mir ziemlich sicher, dass sie keine Ahnung hat, was .. ihre andere Seite anstellt. Möglicherweise ist sie wirklich überzeugt, dass sich das mit dem Messer so abgespielt hat, wie sie es mir berichtete, aber irgendwie glaube ich, dass die Beobachtung des Krüppels Gaius zutreffender ist. Ein Teil von ihr konnte diese Wahrheit nur einfach nicht verkraften und übergab die Zügel an .. eine entschlossenere, skrupellosere Seite. Und das ist es, was mir wirklich Sorgen macht.

Sieht man von all diesen .. Dingen ab, muss ich zugeben, dass es gut für mich läuft. In meinen schwachen Momenten könnte ich sogar beinahe der Meinung sein, dass ich mich .. an all das hier gewöhnen könnte. Es ist eine Weile her, seitdem mir der letzte Handschuh ins Gesicht geschlagen wurde. Werde ich weich? Oder ist es andersherum so, dass die Ganters sich an meine .. Art gewöhnen, wie man nach einer Weile des Kläffen eines schwachsinnigen Köters überhört? Mhm.

Ich komme also zurecht. Nun müsste ich nur wissen, warum ich so schlecht träume.
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#15
Drei Nächte ohne Schlaf und nachdem ich alles von Gestern als Totalverlust ansehen möchte, ist es als wäre ich heute .. irgendwie darüber hinweg. Das ist natürlich eine vollkommen absurde Vorstellung, ähnlich gewiss der eines Verreckenden, der seine sterbende Fähigkeit Schmerz zu spüren, für Anzeichen einer Wunderheilung hält. Aber für den Moment, bin ich es zufrieden wieder normal denken zu können. Es kann nicht lange dauern, bis dieses Aufwallen vorüber ist und vielleicht finde ich dann endlich Ruhe.

Vielleicht.

Dass ich die erste Nacht wach lag, schob ich auf anhaltende Grübelei, auf die Ankündigung Jakobines das Haus Ganter zu verlassen und damit war ich es mehr oder weniger zufrieden, bis ich dann nach redlichem Tagewerk erneut auf den alten Strohballen lag und kein Auge zubekam. In dem Augenblick gesellte sich Ratlosigkeit dazu: Natürlich schmeckte mir die Aussicht bitter, dass sie bald nicht mehr da sein würde, aber andererseits war es genau das, was ich ihr immer geraten hatte. Verlass dieses Haus des Wahnsinns, bevor es dich verschlingt. Und nun, da sie im Begriff stand genau das zu tun, rolle ich mich auf peinlichste Weise hin und her ohne noch Schlaf zu finden?

Ich kann das nicht ernsthaft als Grund akzeptieren.

Leider gibt es nicht gerade viel, das sonst noch in Frage kommen könnte.
Schön, die Aufregung rund um Georgia, die mich immernoch meinen Kopf kosten könnte, wenn sie den Mund im falschen Moment aufmacht - aber daran habe ich mich, so eigenartig das auch ist, gewöhnt. Das ist ein Messer, welches die ganze Zeit an meiner Kehle sitzt. Ich kann nichts dagegen tun.

Als ich mich nach der zweiten schlaflosen Nacht erhob, wusste ich bereits, dass ich von diesem Tag nicht viel zu erwarten hatte und tatsächlich war das Ergebnis des Tagewerkes mehr als bescheiden: Von der ganzen abzuarbeitenden Bestellung hatte ich nur ein einziges Jagdmesser fertiggestellt, der Rest erfreute sich eines Daseins als deformierte, verbrannte Klumpen, die ich irgendwann mit viel Mühe reinigen und schmelzen würde.

Immerhin: Lyanna Ennisfree. Kurzweilig, trotz meiner Müdigkeit und die Ohrfeige am Ende mehr als wert. Der Zyniker in mir begrüsst ihre freundliche, hoffnungsvolle Art als Köder, auf den Löwenstein anspringen wird .. um sie durchzukauen und auszuspucken. Ein Monat hier und davon wird nichts mehr übrig sein. Ich bin mir nur nicht sicher, ob sie dann noch so amüsant sein wird. Wahrscheinlich nicht - aber es wird ja ständig neues, hoffnungsvolles Blut in die Stadt gespült.

Auch in dieser Nacht fand ich keine Ruhe, wann immer ich die Augen schloss, wiederholten sich auf der Innenseite meiner Lider Erinnerungen die wahllos aus meinem Leben herausgegriffen schienen. Ein kalter Winter in den Ruinen von Hormain. Ein erbitterter Streit mit früheren Freunden. Ein Kartenspiel, bei dem ich gewann.

Ich bin mir nicht .. ganz sicher, was der nächste Tag alles beinhaltet, denn die Grenze zwischen diesen halb träumenden Einbildungen und der Wirklichkeit schien zu verschwimmen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich eine alte .. Freundin wiedertraf: Hildegard Leigin, die irgendwann ebenfalls Nortgard verlassen haben musste.
Wo? Ich habe keine Ahnung. Wann? Kein Schimmer. Ich hoffe nur, ich habe mich nicht zu sehr danebenbenommen, denn auch das ist in den Schleiern des Vergessens verschwunden.

Und heute .. nachdem ich wieder die ganze Nacht kein Auge schliessen konnte, ist dieser Nebel verblasst. Ich kann nicht sagen ich wäre .. frisch. Aber immerhin weiss ich wieder wie Buchstaben aussehen. Das könnte man als Fortschritt bezeichnen.
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#16
Ich habe lange nichts mehr geschrieben - zuwenig erschien es mir Wert die Feder zu greifen und Zeilen um Zeilen mit belanglosem Gesülze zu füllen.
Probleme hier, Probleme da. Nichts neues zwischen Servano und Nortgard.

Wenn ich jetzt überfliege, was ich damals schrieb, spüre ich den Zorn in den Worten, die Leidenschaft und die grimmige Hoffnung dahinter und ich bin neidisch. Heute ist alles grau, Asche über nur noch matter Glut. Alle Tage sind gleich, verbunden in wunschloser Gleichgültigkeit.

Ein Mann, der vom Leben nichts mehr erwartet, ist ein Mann, für den die Zukunft weder Schrecken noch Ausblick enthält. Ich war bereit als Leibeigener zu sterben: Vielleicht in einem der brüchigen Stollen des Eisentals, wenn die Stützpfeiler nachgeben und der Berg sich für den jahrelangen Raubbau rächt. Vielleicht in einer der Gossen Löwensteins, wenn ich das Maul zum letzten Mal zuweit aufgerissen hatte.

Jakobine hat Recht, wenn sie behauptet, ich wäre zerbrochen, aber sie ist dennoch blind für das Offensichtliche, geblendet von ihren eigenen Hoffnungen und Träumen. Sie glaubt an jemanden, der nie existierte, weil ihre Hoffnung sich weigert auf die hässliche Wahrheit zu sehen: Da ist kein Mann, der gerettet werden muss. Nur ein Arschloch, das alles für den nächsten Fick tun würde.

Und doch schreibe ich nun wieder - und Nein, das ist keine Hoffnung.
Aber unterhofft, hat sich eine Möglichkeit für mich aufgetan, eine Möglichkeit die Ketten abzustreifen, die mir so vertraut sind, wie einem Anderen das Atmen. Alles, was ich dafür zu tun habe, ist Heiraten.

Alles, was ich dafür tun muss, ist Heiraten.

Ich sehe die Fussangeln auf dem Weg. 
Aber ich werde Lisbeth überzeugen, mich im Schoß der Kirche willkommen zu heissen und wenn ich dafür meinen Schwanz zuerst in ihren Schoß halten muss, dann sei es drum. 
Ich werde diesen Dispens bekommen und wenn es mich ein weiteres Jahr meines Lebens und weitere endlose Stunden in der engen, stickigen Dunkelheit des Bergwerks kostet. Es sind nur Tage, einer wie der Andere - ohne Gestern oder Morgen, bis sich dann irgendwann etwas ändert und die Zukunft da ist.

Und dann werde ich Jakobine zum Altar führen, die Worte sprechen und ihr den Ring überstreifen.
Frei sein.

Und da ist es: Der Moment des Mitleids. Sie weiss nicht was sie bekommt. Und ich kann einfach nicht so aufrichtig sein, wie es ein letzter Funke von Anstand gern möchte.

Es wird Zeit aufzubrechen. Der Bronzehelm ist vollendet, ich habe die richtigen Worte in der Einsamkeit der Schmiede geübt, bis sie über meine Lippen kommen, als würden sie der tiefsten Seele entstammen: "Ich habe das Licht Mithras gesehen und erkannt, dass es die Wahrheit und die Zukunft ist. Ich will diesem Licht meine Zukunft verschreiben und ihm dienen. Ich will meine Sünden offenbaren und mich von ihnen reinwaschen. Nicht allein, damit ich den Bund mit der Frau schliessen kann, die ich liebe. Aber auch."

Ich glaube mir beinahe selbst. 

Da ist etwas Neues im Westen, hinter dem Rot der sich senkenden Sonne, die lange Schatten über das Land wirft. 
Ich weiss nur noch nicht, was es ist.
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#17
Interludium

'Mach die Augen auf.'

Es ist wie aus einem Traum zu erwachen, der das ganze Leben lang währte und der Schmerz darin scheint endlos zu sein: Wie die Qual einer Geburt, nur dass der Tunnel, durch den er sich pressen muss, viel zu eng ist - ein Weg, dem er bereits vor Jahrzehnten entwachsen ist und doch gibt es keinen Anderen. 
Jeder Gedanke ist wie in Scherben zu treten, weil jeder Gedanke aus Scherben besteht - aus Bruchstücken, wo vorher ein Ganzes war, gewachsen, geformt und geschliffen von guten und bösen Gedanken, von Hoffnungen und Begehren, von Enttäuschungen und Gewalten.


All die Erinnerungen sind da, wie auseinandergerissenes Treibholz im Schlamm eines ausgetrockneten Meeres: Das, was sie trug, ist fort.
Das, was sie aneinander band, ist zerrissen und der Mann kämpft vergeblich darum zusammenzufügen, was auf diese Weise niemals zusammengehörte. 
In der Leere dieses Kampfes, flieht er, gejagt von einem schwarzen Ritter mit glühenden Augen, gehetzt von Dämonenwölfen durch federnden Morast und ein um das andere Mal wird er eingeholt und verschlungen, zerrissen von geifenden Kiefern bevor die Flucht erneut beginnt - hinein in eine blendende Salzwüste, wo der kristallene Staub sich daran macht seine Haut aufzufressen.


Nichts gehört zusammen. Nichts ergibt Sinn, da der Helm verloren ist. Der Helm. Wo ist der Helm?
Ein Bruchstück folgt diesem Gedanken, ein Fetzen, der sich entfaltet und streckt wie ein Stück beschmutzten Segeltuchs.

'Ich habe das Licht Mithras gesehen und erkannt, dass es die Wahrheit und die Zukunft ist. Ich will diesem Licht meine Zukunft verschreiben und ihm dienen. Ich will meine Sünden offenbaren und mich von ihnen reinwaschen. Nicht allein, damit ich den Bund mit der Frau schliessen kann, die ich liebe. Aber auch.'

Und alles fügt sich zusammen.
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#18
Und unversehens hat sich alles zusammengefügt.
Was fange ich nun damit an, mit der Freiheit? 

Noch vor einem Mond hätte ich hochjauchzend mein Päckchen geschnürt und hätte dieser Stadt den Rücken gekehrt, auf dem Weg hinaus noch einmal in den Rinnsteig spucken, bevor die Füsse mich auf Nimmerwiedersehen davontragen würden.

Noch vor einem Mond hätte ich nicht gewusst, was dort, draussen vor den Toren auf mich gewartet hätte, ausser der Verantwortung für das eigene Fressen und ein Dach über dem Kopf.

Und nun?

Und nun?

Die Freiheit, die ich errungen habe - nicht geschenkt, sondern erkauft - ist bereits weiterversprochen. Nicht leichtfertig, versuche ich mir einzureden, aber das ist eine allzu vertraute Lüge. Wann hätte ich etwas einmal nicht leichtfertig getan?

Hier einen Rock gelupft, da die Freiheit verspielt, dort einen Eid geleistet.

Andere würden aus dem Schaden klug werden - ich bin mehr wie einer dieser Widder, die wieder und wieder gegen die gleiche Wand laufen ohne jemals die Ursache für das ständige Kopfweh zu erkennen. 

Und noch immer: Keine Reue. Kein Zögern. Keine Ungewissheit.

Ich erkenne mich selbst nicht wieder und eben darin erkenne ich das Wunderwirken, finde den Quell dieses Glaubens und des seltsamen Konzepts dahinter. Noch vor einem Mond hätte ich gelächelt und gespottet. Wie erklärt man einem Blinden die Farben?

Es liegt keine Demut darin und keine besinnungslose Hingabe, nicht der Wunsch sich in ein geschliffenen Werkzeug des Herren zu verwandeln. Ich bin wer ich bin - eher ein Schürhaken als ein Schwert, eher eine klingelnde Schelle als ein aufmunterndes Gebet. Aber das sind Details, austauschbar, ersetzbar, unbedeutend.
Die Ironie an der ganzen Geschichte kleidet sich in hoffnungsvolle Zurückhaltung und Geduld, in Ernüchterung, die sich mit Bedauern mischt. Wenn ich Recht mit meiner Vermutung habe, dass sie besser versteht, was vorgefallen ist, dann muss sie meinen Überlegungen schon einige Winkelzüge voraus sein. Winkelzüge .. merken. Bei Gelegenheit beiläufig verwenden und es spontan aussehen lassen.

Sie kann beobachten. Sie kann verstehen. Aber das ist nicht alles.
Ja, ganz Recht: Das Wunder und die Schrecken der Liebe.


Die Flamme, die ebenso wärmt wie sie verbrennt, die Regung die das Beste und das Schlechteste gleichermassen in uns hervorbringt.

Ich erinnere mich an das erste, das einzige Mal, dass ich die Berührung der Liebe spürte. Danach gab es nichts mehr, als hätte sie mir im wahrsten Sinne des Wortes das Herz gestohlen - aber wenn es so war, dann brachte mir das Messer, das ihre Kehle schliesslich öffnete, nichts davon zurück. Sie starb und für mich änderte sich nichts.

Sie starb und verblasste wie welkes Herbstlaub, vergessen sobald es von der Strasse gekehrt wurde und nicht einmal jetzt, während mein Herz ungeduldig klopft, ist da mehr als entferntes, fast gleichmütiges Verdauern. Die Vergangenheit ist in die Welt graviert, so endgültig wie der Spruch auf einem Grabstein.


Die Zukunft dagegen ist noch warm, wachsend aus lebenden Erinnerungen, gestärkt durch die Gegenwart jeden Tages. 
Es ist Sommerzeit. Vielleicht sollte ich ihr Blumen mitbringen.
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#19
Es ist ernüchternd wie wenig ich über die Kirche, wie wenig ich über Mithras weiss. Angesichts der Tatsache wieviel Zeit ich bereits in Löwenstein verbracht habe, ist das ein trauriger Spiegel für .. ja, was genau eigentlich?
In Nortgard, wo ich geboren wurde, ist das Glaube an Mithras schon lange dominant, aber die alten Traditionen leben weiter, zäh wie Unkraut, so schwer herauszureissen, wie die Wurzeln der Krüppelkiefern, die sich tief in jede Gesteinsspalte schieben.

Die Zobel waren in dieser Hinsicht immer echte Kriegsgewinnler, natürlich folgte die Familie ganz offiziell den Lehren des Reichsgottes, aber hinter verschlossenen Türen wurde dann doch eher den Einundzwanzig gedacht. Das war die Diskrepanz mit der ich aufwuchs: Das strenge Gesicht nach aussen hin und die auswendig gelernten Gebete als Floskeln in der Hoffnung auf Einfluss, Macht und Anerkennung, im inneren dafür die heimlichen Rituale, die verschwörungsgleichen Treffen, von denen ich heute weiss, dass sie ebenfalls nicht mehr als Heuchelei waren.
Zum Kriegsgewinnler gehört es, sich stets alle Seiten warm zu halten, in jede Richtung gleichermaßen zu lügen.

Heuchelei.

Es ist eine Aussage für sich, dass mir nie die Schicksalsgötter gelesen wurden, eine Nachlässigkeit, die mich fragen lässt, ob es jemanden gab, der die ganze Scharade nicht durchschaute. Es bewirkte, dass ich ohne grösseren Respekt für die Götter oder auch weltliche Autoritäten aufwuchs. Die Menschen wollen getäuscht, belogen, hinter das Licht geführt werden - diese Einstellung beobachtete ich jeden Tag aufs Neue. Hinter der Aussicht auf Erfolg hatte sich alles andere unterzuordnen.

Wären die Umstände andere gewesen, vielleicht wäre ich dann dort, würde nun die Geschäfte der Familie führen, lügen und lächeln, und kleinliche Manöver ausführen. Aber die Strebsamkeit der Zobel hatte einfach nicht auf mich abgefärbt, der Apfel war in diesem Fall recht weit vom Stamm gefallen und sich als grossmäuliges Arschloch offenbart der mit dem Hintern allzu begierig alles einriss, was der Alte aufgebaut hatte. 

Es muss also nicht verwundern, dass das Bestreben mich aus dem Loch zu holen, in das ich mich selbst befördert hatte, nicht sehr gross war.

Aber .. ich habe meinen Faden verloren.

Die traurige Wahrheit ist, dass das Wenige, was ich bis jetzt über die Kirche des Mithras gelernt habe, mir erst zeigten, wie wenig ich verstanden, wie wenig ich gesehen habe und ich spüre gewisse Zweifel bei der Frage, ob ich der einzige Mann in Löwenstein bin, dem es so geht. Der Glaube aus dem das Reich wuchs, ist nicht nur gespalten, sondern auch schwach wie vermutlich nie zuvor. Der Bewahrer ist tot. Die Legion hat keinen Abt mehr. Nur noch zwei Erzpriester leiten die Geschicke der Kirche und links und rechts wenden die Lehen sich den alten Wurzeln zu. 

Keine gute Zeit, um zum Glauben zu finden, könnte man meinen. Keine gute Zeit um das Rot anzulegen. 

Ich aber schwimme im Kielwasser bereits durchbrochener Wellen. 

Alles wird gut.
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#20
Löwenstein schläft nicht. Natürlich nicht. Die Stadt ist wie eine alte, ruhelose Hure, aus Gewohnheit immer auf der Suche nach einem Freier, mag dieser wollen oder nicht.

Auch ich schlafe nicht. Natürlich nicht. Das Haus ist kalt und leer, meine Stimmung gram und düster.

Eine Stunde vorüber. Wo bleibt sie? 

Ich starre hinaus auf Strassen, die nicht leer sind, aber die Gesichter sind unvertraut, die Scherze unwillkommen und die Angebote ebenso lächerlich wie die Herausforderungen. Ich bin gelangweilt. Ich bin .. 

Ist das Eifersucht, dieses glühende Stechen und die Unrast, die dem folgt? 
Der Zorn, der mir ausmalt, wie ich die grinsende Visage des Ritters bearbeite. 
Die Rachsucht, die mir aufzeigt, wie ich seine Frau besteigen könnte, nachdem er in die Schlacht gezogen ist.

Das eine schmeckt so schal wie das Andere.

Wo bleibt sie?
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