Nachts in der Zelle
#1
Da saß sie nun im Gefängnis. Mal wieder.
Diesmal, und das war das Verrückte, irgendwie freiwillig.
Irgendwie war es sogar recht angenehm, wäre es nicht so scheiße kalt gewesen. Das Morgenrot grüßte sie durch die Gitterstäbe und glitzerte auf dem Wasser. Keine schlechte Aussicht, nein, besser als beim letzten Mal...

Der Fackelschein grüßte durch die Gitterstäbe. Sie rüttete an den Stäben und lachte die ganze Nacht. Ja, lachte. Lachte und lachte. Sie war an einem Punkt angekommen, an dem sie mit Tränen nicht mehr ausdrücken konnte, was sie fühlte. Außerdem konnte sie es sowieso nicht kontrollieren.
Sie war in einer Zelle, als sie ihren besten Freund und ersten Maat, Bartsalat, erhängten. Sie war in einer Zelle, weil die Stadtwache dachte, Bartsalat sei der Kopf der Bande, der Käptn - weil sie nicht einen Moment daran dachten, die junge Frau könnte der Anführer sein. Sie war in einer Zelle, damit sie ihn nicht retten konnte... in den anderen Zellen war es still. Die Insassen saßen nur stumm da, keiner brüllte oder lachte so wie Farilda es tat. Sie hörten ihr nur zu - und jeder wusste, dass sie eigentlich da oben stehen müsste...


Den dicken Kloß schluckte sie einfach runter. Sie hatte ja auch gar nichts zu Essen bekommen, in dieser Zelle!
Die Nacht war so kalt und finster, es war die Nacht des Begräbnisses gewesen... mal wieder...
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#2
Wie durch Zauberhand findet sich wohl in der Zelle am späten Nachmittag ein in Leinen gewickeltes Paket. Öffnet man es, so findet man etwas, das eine verdammte Ähnlichkeit mit dem berühmten Oma Mechthilds Nuss-Gugelhupf hat. Er ist sogar noch warm. Darunter liegt eine warme Decke.

Es wird doch wohl nicht die böse Wachfrau Magdalena gewesen sein, die da ihre Finger im Spiel hatte, während die Insassin schlief?

[Bild: bildschirmfotovom2014o0j13.png]
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#3
Wenn man sein ganzes Leben in Freiheit verbrachte, weil man immerzu darum gekämpft hat, ist ein so plötzliches Leben in Haft mehr als ungewohnt. Farilda konnte nichts anderes tun, als ihren Gesangsübungen nachzugehen, zu grübeln und zu schlafen. Es war grandios.
Und nach dem Aufwachen dann das. Ihr wurde beim Anblick des Essens erst so richtig bewusst, wie hungrig sie war... und langte kräftig zu.
Dann nahm sie sich die Decke als Kopfkissen, denn in der Zelle war es tagsüber warm genug. Nur noch ein kleines Mittagsschläfchen.... und so shnarchte sie zufrieden und voller Gugelhupf lautstark die Zelle zusammen.
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#4
"Bartsalat war so dick, das Schiff schwankte immer auf die Seite, auf der er stand!
Und er hat auch nie seine Eier gesehen... oder seine Schuhe! ... er trug immer die falschen Stiefel zusammen!
Und einmal, einmal, haha, da wollten sie ihn am Galgen aufhängen, aber er war so fett, da krachte der ganze Galgen zusammen! Und weil sie so schnell keinen anderen Galgen zur Hand hatten und kein Pfeil und kein Schwert Bartsalats fetten Wanst durchstechen konnte, mussten sie ihn freilassen!"
"Aha... und was ist mit ihm passiert?"
"Er ist an Gebäck erstickt!!"


Wenn man sich etwas immer wieder sagte - und noch dazu mit etwas Wein -, dann glaubte man etwas selbst irgendwann. Und je länger eine Sache her war, desto mehr konnte man seine eigenen Erinnerungen mit etwas Schnaps manipulieren.
Krampfhaft versuchte sich Farilda an die guten Zeiten zu erinnern, an die guten Zeiten... das ging normalerweise, mit etwas Bier... es halft, nicht wahnsinnig zu werden, wenn man ab und zu auch mal an die guten Sachen dachte.
Zumindest wollte sie bei Verstand bleiben bis sie wieder nach hause durfte...
Es war alles gar nicht so wie sie geplant hatte, nicht wie sie es vorausgesehen hatte... denn sie hatte zu wenig zum Saufen dabei.
Zum ersten Mal seit uff, schon mindestens 5 Jahren, sank ihr Weinpegel im Blut gegen 0.

Sie war schon leicht panisch und merkte erst nach etwa 20 Minuten, dass sie ihren Hinterkopf rhythmisch gegen die Zellenwand schlug.
Ein Bild tauchte vor ihrem Gesicht auf. Es war Bartsalat mit einer Brezel im Mund, grinsend, mit einer Schlinge um den Hals. Sie hatte das Bild vor längerer Zeit einmal selbst in ihrem Kopf gebastelt. Jetzt verlor es immer mehr an Farbe... sie raufte sich die Haare, stand auf, schüttelte Kopf, dass die Haare flogen, packte die Gittertüre und rüttelte daran. Sie hatte nur noch einen einzigen Schluck übrig, danach war ihr Leben vorbei!

Sie umarmte sich selbst und rutschte an der Wand auf den Boden zurück. Mit einem Mal waren es nicht mehr ihre eigenen Arme, die sie hielten... sie entpannte sich ein wenig. Es waren die Arme desjenigen, der sie herauszog, wenn das Wasser zu tief wurde. Und irgendwie war es doch ein guter Traum, der zu einem ruhigen Schlaf führte. Bis zum Morgenrot zumindest.
Irgendwann muss jeder aufwachen.
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#5
Ein Plan. Es war mit Sicherheit nicht sein bester. Eigentlich gehörte er zu jenen, die sich nur knapp vor dem einreihen, der ihn überhaupt erst aus Nortgard fortgeführt hat.

Einige Stunden zuvor saß er am Hof der Grauwölfe und hantierte mit einem metallenen Gegenstand an einem ausgehöhlten Brotlaib herum. Es vergingen einige Minuten, ehe das Stück im Brot verschwand und der abgetrennte Brotdeckel wieder seinen Weg auf das schimmlige Brot fand. "Bleibt nur zu hoffn, dass sie das Teil nicht in den Mund nimmt. Sie nimmt doch so gerne ..." als er sich dann mit Lhaki endlich auf den Weg nach Löwenstein machte.

Vor dem Zellentrakt näherte Lhaki sich dem Wachmann am Eck, um ihn mit den gebotenen Mitteln für einen Moment in ihren Bann zuziehen, während Marquard sich, flink und behände wie er nun mal ist, in den Zellentrakt schlich.

[Bild: kle5-2p-812b.png]


OOC
Drin war natürlich eine Feile, keine Pfeile! Da passte kein Bogen ins Brot. Wink
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#6
Wenn dieses ekelhafte, miserable Gefühle bedeutete, nüchtern zu sein, dann hatte Farilda die letzten Jahre alles richtig gemacht.
Dieses Gefühl, nur noch ein Schatten seiner selbst zu sein. Das Gefühl, sich das Vergangene zurück zu wünschen - sich in eine Zeit zurück zu wünschen, als der Krug noch voll war.
Gotmar wusste es vielleicht selbst nicht, aber er war sehr nah dran gewesen, sie zum Einknicken zu bringen und ihm alles zu erzählen. Alles. Auch das ganze Unwichtige, davon gab es reichlich. Er war ein guter Mann... er machte ihr Hoffnung. Und das brauchte sie wirklich dringend, denn als der Alkohol nachließ, kamen die ganzen Erinnerungen zurück. Sie hatte Wunder in dieser Welt gesehen, von denen andere nicht einmal träumten. Diese Wunder waren mit den Leben vieler guter Männer erkauft... ein Preis, den sie ohne Skrupel bezahlt hatte...
Und nun war sie frei. Koris hatte ihr die Freiheit geschenkt und hatte sich damit wohl ins eigene Fleisch geschnitten. 60 Schilling hatte er geblecht. 60 Schilling für ihre Freiheit. Aber dabei würde es nicht bleiben.

Und so endete die Nacht in der Zelle.
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