Bekenntnisse eines Sünders
#1
Bekenntnisse eines Sünders
Darin wird sich die große Gnade des Herrn Mithras zeigen und die Schwäche des Menschengeschlechts

Inhaltsverzeichnis
  1. Vorausgeschicktes
  2. Der Anfang und die Sünden
  3. Erste Traumgestalt: Hochmut
  4. Zweite Traumgestalt: Fall
  5. Dritte Traumgestalt: Gnade und Wiederherstellung
  6. Abschließendes

Vorausgeschicktes
Ich bin ein einfacher Mann und ich denke, wie es mir erging, so erging es vor mir schon vielen und so wird es noch vielen ergehen, und so glaube und hoffe ich, dass was ich hier zu schreiben gedenke von dem einen oder dem anderen gelesen wird, und dieser oder jeder darin Stärkung für seine Seele finden mag. Denn unsere Seele ist die Quelle unserer Erlösung in uns; ständigen Bedrohungen und Angriffen der Welt ausgesetzt, wird sie diesseitig vergehen wie eine klamme Flamme im tosenden Sturm. Wenn sie jedoch ausreichend gestärkt und gepflegt wird, so wird sie dienlich sein, das Diesseits zu meistern und zur selben Zeit auf das Jenseits vorbereiten. Denn dies ist ja ohnehin der einzige Grund warum das Diesseits uns kümmern sollte. Nicht um seiner selbst Willen, sondern um das was ihm nachfolgen wird. Hier ist unsere Zeit begrenzt und doch ist es hier wo wir entscheiden was unser Domizil in Ewigkeit und ohne Ende sein soll.

Doch ist dies kein Grund in Furcht zu erstarren, wie diese Schrift hier zeigen wird. Auch wer den Weg verloren oder noch nie gefunden hat, kann diesen noch finden. Niemand ist verloren außer dem Sünder im Tod. Wer lebt, ist dem Elysium fern, aber nicht verloren. Die Blinden sollen in dieser Schrift ihre Sehkraft finden, die Wankenden sollen Stärkung und Stütze erfahren, die Rechtgläubigen Bestätigung.
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#2
Der Anfang und die Sünden
Ich wuchs auf in Löwenstein, der Perle dieser Welt, der größten, der stärksten, der vorzüglichsten aller Städte, von Mithras selbst erwählt. Doch, wie es oft ist bei den Kindern, bedeutete mir dies alles nichts. Das Kind weiß noch nicht um die Ernsthaftigkeit dieser Welt, und handelt jederzeit verwegen und kühn, nicht jedoch aus Mut, blanke Unwissenheit ist es. Und so komme ich nicht umhin, bevor mich selbst der größte Tadel treffen wird, auch anderen ihren Anteil am Unheil zubilligen zu müssen.

Denn ist es nicht Aufgabe der Eltern, ihren Kindern schon früh das nötige Rüstzeug an die Hand zu geben? Sie zu mäßigen, wenn Tollheit überhand nimmt und vorzubereiten auf ein gutes und gerechtes Leben? Doch, natürlich ist es das. Aber meine Eltern, trotz allem noch mit einem Platz in meinem Herzen, waren äußerst nachlässig, wenn es um diese Pflicht ging. Mein Vater war ein Buchbindemeister und meine Frau Mutter kümmerte sich um unser Haus, wie es wohl recht geläufig und häufig der Fall ist. Der Vater war gänzlich gefangen in seinem Handwerk und den Münzen, die er damit verdienen konnte, und so war er zwar vom rechten Glauben, aber er diente nicht mit Hingabe, nicht mit Inbrunst, nicht für sich selbst, sondern nur für andere, die ebenjenes von ihm erwarteten. Er nahm an den Riten teil, doch waren sie für ihn nicht geistige Labsal, sondern nur äußerliches Zeichen.

Die Frau Mutter war noch schlimmer, was dies angeht. Ihre Welt begann und endete in unserem Haus, das Jenseits ist für sie Nichts, die Welt um sie herum nur, soviel man ihr davon erzählt. Von sich aus hätte sie wohl nie den Weg in den Tempel gefunden, welcher doch nicht weit von uns entfernt, in großer Pracht, die Zierde Löwensteins und der gesamten bekannten Welt, zur Anbetung einlud und dies noch tut.

So verbrachte ich also meine jungen Jahre viel auf der Straße, ab und zu beim Vater, denn da ich das einzige Kind bin, sollte ich den Betrieb einst übernehmen. Zumindest darin zeigte der Vater eine gewisse Strenge.

Aber, so ist wohl jedem, der heute auf Amrhan wandelt, bekannt, das Reich selbst verfiel und verfällt immer weiter. Dies ängstigt nicht zu Unrecht viele. Und doch mag die Furcht entweder zum Guten oder zum Schlechten führen. Bei mir tat sie beides. Zuerst zum Schlechten und dann zum Guten. Denn wenn um einen herum alles im Niedergang begriffen scheint, so gelten für viele, und ich selber war darin gewiss einer der Schlimmsten, die Sitten nicht mehr viel. So lebte ich ein gänzlich verdorbenes Leben. Mein Geld wanderte häufig über die Theken von Tavernen und Kaschemmen, um meine maßlose Völlerei zu finanzieren. Soviel Bier, Wein und Schnaps wie ich nur irgendwo kriegen konnte, schüttete ich in mich hinein. Wieder und wieder. So sehr ich mich nun auch dafür schämen mag, gaukelten mir diese Trunkenheit große Freude vor. Doch es ist bekannt, dass der nächste Morgen häufig eine gewisse Reue auslöst. Manche, so wie ich, pflegen dann zu sagen „Ich werde den Alkohol nie wieder anrühren.“ Das ist falsche Reue, mir war schon während dieser Worte klar, dass ich nicht lange zögern würde, sollte sich mir ein Krug zeigen. Bis mir echte Reue, echte Furcht und echte Umkehr zu eigen wurden, sollte noch etwas Zeit vergehen und meine Sünden sind noch nicht alle berichtet.

Wer sich an zwielichtigen Orten herumtreibt, dort gerne gesehen ist und alles Geld unter Lumpen und Halunken verteilt, der wird, früher oder später, auch mit Huren in Kontakt kommen. Und wie gern würde ich nun berichten, zumindest von dieser Sünde, dem Verkehr mit solch ehrlosen Frauen, Abstand genommen zu haben. Aber nein, dies wäre eine Lüge, mindestens so schamlos wie mein Treiben mit diesen Frauen. Ich lag häufig bei ihnen, gab mich ganz der tiergleichen, körperlichen Lust hin. Mal mehrmals in einer Nacht, mal mit mehren, nacheinander oder zugleich. Fürwahr, ich versuchte, soviel ich konnte. Jede Idee, jede Neigung wollte ich auskosten und so lieferte ich mich vollends meinem Körper aus. Ich erspare allen hier nun zu viele Details. Es möge genügen zu wissen, dass schon beim Schreiben dieser Zeilen mich ein Schaudern überkommt, ich in Schweiß ausbreche und das Ekel und Scham mit Macht mich bedrängen, um zu entscheiden wer in mir die Überhand haben soll, als seien sie nun gekommen, um sich ihren Platz zu erstreiten, den ich ihnen solange verwehrte.

Wie nun also entkam ich diesem Zirkel sündhafter Triebe? Darauf will ich nun zu sprechen kommen, es möge anderen helfen, sich zu ersparen, was ich mir selber antat.
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#3
Erste Traumgestalt: Hochmut
Nach einer besonders schlimmen Nacht legte ich mich nieder, um meinen Rausch auszuschlafen und plante im Geiste schon neuerliche Sünde. In diesem Zustand überkam mich ein tiefer Schlaf.

Ich erwachte wieder und stand an einem kahlen Ort. Außer mir waren auch noch andere Gestalten da, darunter war ein Priester des Mithras in seiner prächtigen roten Robe und 21 Gestalten, die ich für meine Freunde hielt. Ihre Gesichter schienen mir allesamt vertraut, doch wenn ich heute versuche, mich an sie zu erinnern wird mir gewahr, dass ich viele von jenen noch nie gesehen hatte und es gewiss kein Zufall war, dass derer 21 waren.

Der Priester hatte mir den Rücken zugewandt, als er das Wort an mich richtete. Ob ich meine Sünden denn bereuen wolle, fragte er. Da lachte ich laut auf und meine Freunde gleich mit mir. Sie waren es, die den Priester fragten, was ich wohl zu bereuen habe. Und da begann der Priester, viele meiner Sünden aufzuzählen, bei jeder fragte er mich, ob ich sie bereue. Und so oft diese Frage ertönte, so oft schüttelte ich den Kopf, und selbst wenn sich mal etwas Zweifel in mir breit machte, fand sich immer einer der falschen Freunde, der mich in meiner Ablehnung stärkte. Und als der Priester alle meine Sünden aufgezählt hatte, fragte er erneut nach meinem Willen und wieder lehnte ich es ab, zu bereuen, was doch soviel Spaß gemacht hatte. Und gar wurde ich so frech, dem Priester zu sagen, dass ich noch viel mehr solcher Dinge tun wolle und werde.

Und schließlich verstummte der Priester und ich wähnte mich törichterweise siegreich. Lasst euch gesagt sein, dass ich nicht ferner von der Wahrheit hätte liegen können. Es doch immer wieder erstaunlich, zu welch großer Torheit die Arroganz und der Hochmut einen treiben können.
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#4
Zweite Traumgestalt: Fall
Während ich inneren Triumph verspürte und mich gerade zu den falschen Freunden wenden wollte, da verengte sich auf einmal meine Sicht, bis nur noch Schwärze übrig war. Ich rief bestürzt aus, was denn wohl los sei, doch bekam ich von niemandem Antwort. Ich war allein in dieser Schwärze, als die Furcht begann, langsam von mir Besitz zu ergreifen. Und dann spürte ich, wie sich der Boden unter mir auftat und ich begann zu fallen. Wie lange oder wie tief ich fiel, das vermag ich nicht mehr zu sagen. Wie auch, wo mich doch nur noch die Schwärze des Abgrundes umgab? Eine Schwärze so tief und hoffnungslos, dass selbst die finsterste Nacht auf einmal wie ein greller Sommertag erscheint.

Irgendwann schlug ich auf und dabei spürte ich jeden meiner Knochen im Körper bersten. Ich spürte, wie Knochen meine Haut durchbohrten, wie sie sich in mein Innerstes bohrten. Alles schien sich zu verdrehen, nichts blieb am rechten Ort. Und als ich ob der schrecklichen Schmerzen schreien wollte, da fielen mir zerbrochene Zähne in den Hals und Blut sprudelte hervor.

Da spürte ich auch schon, wie ich von unzähligen Händen grob gepackt wurde. Sie verdrehten meine Gliedmaßen ins Groteske, ohne dass ich ihnen etwas hätte entgegensetzen können, war es mir doch gänzlich unmöglich, nach eigenem Willen auch nur einen Teil meines Körpers zu bewegen. Und so wuchs das Grauen in mir, als ich spürte, wie das, was da im Abgrund haust, begann, mir langsam, Schicht für Schicht, die Haut vom Fleisch zu ziehen. Ich denke ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dieser Schmerz alles überstieg, was man sich gemeinhin vorstellen kann.

Doch wer glaubt, dass damit nun das Schlimmste erreicht war, der irrt. Denn als nächstes spürte ich, wie dieses Dunkel, getrieben von dem Willen nach Zerstörung, nach meiner Seele selbst griff. Als würde das  Dunkel langsam in mich einsickern. Erst in den Körper, dann noch weiter, bis ins Innerste des Selbst. Erst jetzt, als alles auf dem Spiel stand, erinnerte ich mich, was zu tun sei.
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#5
Dritte Traumgestalt: Gnade und Wiederherstellung
Da ich die Feinde körperlich nicht überwinden konnte, da ich meinem Leib keinen Schrei nach Hilfe entlocken konnte, hörte ich auf, dies zu versuchen. Nein, der Körper war besiegt, war zerschunden, war verloren. Also richtete ich meine Gedanken auf den einen Gott, der uns Menschen gegen das Dunkel, gegen den Abgrund, gegen das Dämonengewürm zur Seite steht.

Ich begann nun, im Anbetracht der endgültigen Vernichtung, in Anbetracht des Verlustes meiner Seele selbst, bei ihm um Vergebung zu beten. Ich flehte um seinen Beistand, auf dass er den Dämonen nicht zugestehen würde, was doch ganz und gar seines sein sollte. Und fürwahr, Mithras lässt niemanden allein. Mithras hilft. Mithras beschützt. Noch im Gebet spürte ich die Stärkung meines Geistes, die Panik wich aus mir und ich wusste, dass mir bald schon kein Übel mehr geschehen würde. Gewiss, der Körper war beinahe gänzlich vernichtet, doch der eisige Griff der Dunkelheit nach meiner Seele stockte nun und bald schon spürte ich, wie der Abgrund mein Innerstes wieder verlassen musste. Umso wütender wurde nun die Tortur meines Körpers.

Doch da sah ich im Augenwinkel endlich ein grelles Licht. Dieses wuchs weiter an und wo eben noch die reinste und tiefste Schwärze war, sah man nur noch weiß. Mit schrillem Gekreiche wich der Abyss dem Überlegenen. Ängstlich verschwand das Dunkel, und in mir wuchs neuer Mut. So lag ich nun in Licht gebadet da und wartete, da sah ich am Rande meines Sichtfeldes eine rote Robe und wusste sogleich, dass sie dem Priester vom Anfang meines Traums gehörte. Ich wollte ihn um Verzeihung bitten, vergeblich. Stattdessen war er es, der mit einer unfassbar mächtigen Stimme zu sprechen begann: „Dein Flehen wird gewährt, du wirst deine Seele frei machen von dem, was du für dich hälst, damit ER darin Einzug halten kann. So wirst du wieder aufgerichtet, gelöst von dem der du nun bist. Du wirst sein, der du sein sollst. Und du wirst, was ER dir widerfahren ließ in seinen Dienst stellen. Höre seine Weisung: Gehe zur geheiligten Kirche, gib dich ihr mit allem hin, tue ihr was ER dir getan, damit sie das Reich wieder herzustellen vermag.“ Ich vernahm die Worte und jedes einzelne wurde zu meinem eigenen Willen. Geistig gab ich willentliche Zustimmung zu dieser Weisung.

Da spürte ich, wie die Hände des Priesters meinen Kopf fassten und ihn begannen zu sich zu drehen. Diese Berührung fand ohne Schmerz und Leid statt, gleichwohl der Körper noch geschunden und verloren war. Vielmehr linderte eine unfassliche Wärme jedes Leid meines Körpers. Als ich endlich dem Priester ins Gesicht blickte, erkannte ich mich selbst und doch nicht. Das Gesicht war wie das meine und doch ganz anders. Aus den Augen strahlte hellster Glanz, erhabenstes Licht. Und da spürte ich nun das Licht an meiner Seele, nicht gewaltsam, doch kräftig führte es die Seele aus dem zerschlagenen Leib und zu dem Leib des Priesters. So vereinte sich meine Seele mit dem letzten Ziel und so ward mir eine neue Chance gegeben.
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#6
Abschließendes
Niemanden, der diese Geschichte vernommen hat, mag es also wundern, dass ich nach dem Erwachen am nächsten Morgen eilig Abschied von den Eltern nahm. Denn trotz allem, was ich falsch getan habe, hielt Mithras mir die Treue und so will ich ihm von jetzt an die Treue halten, bis mein irdisches Leben endet und darüber hinaus.

Ich hoffe, dass die im Glauben Starken in meiner Geschichte Bekräftigung, die Wankenden eine Stütze und die Verlorenen einen Ausweg finden mögen. Egal, wie tief man selber auch gefallen ist, der Herr Mithras richtet auf, wenn das Wahre erkannt und aus tiefstem Herzen gewollt wird. Ebenso wird aber auch jener, welcher sich zu behäbig weigert, das Wahre zu erkennen, oder das Wahre gar erkannt und dann wieder verworfen hat, nicht aufgerichtet werden von Mithras, sondern er wird gerichtet werden, auf alle Ewigkeit zu erdulden, was mir im Traum widerfuhr. Doch da wird es dann keine Rettung mehr geben.

Jeder möge seine Wahl treffen.
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