Ehre und Ordnung, das Leben als Ritter
#1
Ihn blendet ein Sonnenstrahl, der sich durch die Vorhänge der kleinen Kammer stiehlt. Blinzelnd hebt Jon den Kopf und macht einen Schritt beiseite, wobei die noch lockere Rüstungsteile klimpern. Er ist in der Kammer, die er für die Nacht bezogen hat und legt die polierte, glänzende Wehr an. An diesem Tag ist er noch penibler als sonst und zieht jeden Riemen so fest, dass er den Druck des Leders auf der Haut spürt.
Die Nacht war durchwachsen und seine Emotionen quälen ihn mit Anspannung und einem hämmernden Herzen. Jon hatte sich auf vieles eingestellt, am Morgen vor der Hochzeit, aber nicht darauf, dass er so nervös wie ein junger Bursche ist. Die Nacht war kalt und einsam, obwohl die Stadt um ihn herum bis in die späten Stunden zu leben scheint. Es soll wohl Unglück bringen, wenn man die letzten Nächte miteinander verbringt, so sagte es Fräulein Reus.
Für gewöhnlich sollte er euphorisch und vorfreudig sein, so wie es die letzten Tage der Fall war. Stattdessen plagen ihn schwitzige Hände und Kurzatmigkeit. Er lockert den Riemen, welcher den Harnisch zusammen hält einen Deut, aber es hilft nicht.
Jon greift nach dem zurecht gelegten Lappen und wischt emsig über eine Stelle am Metall, bis er feststellt, dass dort kein Schmutz sondern ein Schatten das Bild stört. Schnaufend pfeffert er den Stofffetzen zurück auf das Bett.
So lange musste er Leira hinhalten, weil sein Kopf ihm ein anderes Ziel vor Augen geführt hat. Vielleicht ist die Nervosität die Retourkutsche dafür? Er atmet tief durch und versucht sich zu beruhigen. Wie bereits zahlreiche Male an diesem Tag, greift er in die kleine Tasche am Gürtel und zieht die Schatulle hervor. Die beiden, glänzend goldenen Ringe sind mit zarten Seidenbänder in dem kleinen Kästchen festgebunden. Jon streicht über die Oberfläche, bis er die unregelmäßig gerillte Struktur des Schmucks fühlt. Wie schön sie doch geworden sind. Er versucht sich Leira's Blick auszumalen, ähnlich wie damals, als sie den Verlobungsring gesehen hat. Der Gedanke lässt ein sachtes Lächeln auf seinen Zügen entstehen.

Es ist doch alles vorbereitet und er muss sich nur beruhigen und an den Altar stellen. Der Rest würde sich von selbst ergeben. Er konnte sich das Raunen der Anwesenden im Tempel bereits ins Ohr rufen, welches augenblicklich verstummen würde, wenn Leira den Saal betritt. Ihr Anblick ist in seinen Gedanken noch leicht verschleiert, aber sie würde gewiss atemberaubend aussehen. Er würde nur darauf warten, dass sie zu ihm kommt und seine Hand nimmt. Wie sehr er ihre Berührung vermisst. Dann würde ein kleines, unschuldiges Lächeln folgen und er würde es erwiedern, wie ein scheuer Junge, nicht wie ein Ritter. Ist es das was er will?

In seinem Kopf sieht es anders aus. Er sollte aufrecht und mit gerecktem Kinn auf sie warten, dazu bereit sie endlich zu der Seinen zu machen. Endlich wird sie seinen Namen tragen, endlich kann er ihr alles geben, was er zu bieten hat. Stolz und voller Zuneigung soll es klingen, wenn er ihr seinen Schwur verkündet. Sein Selbstbewusstsein, dass wohl in seinen Füßen übernachtet hat kriecht langsam hervor und nistet sich in seiner Brust ein. So soll und muss es sein.
Stolz und voller Zuneigung soll es klingen, wenn er ihr seinen Schwur verkündet. Urplötzlich spürt er einen leichten Stich im Herzen. Welchen Schwur? Er zieht scharf die Luft ein und stößt die Türe auf, um die Treppe hinunter zu klimpern. Knirschend kommt er am Fuße der Treppe zum Stehen und wirbelt zur Theke herum. »Wirt, ich brauche einen Fetzen Papier und eine Feder! Eilig. Und einen Becher Wein für die Nerven.«

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#2
Katzengleich aber dennoch leicht scheppernd kommt er auf der anderen Seite der Veranda auf. Er folgt der grünen Gestalt vor sich, die sich in der Dunkelheit leicht absetzt. Mittlerweilen gewöhnen sich seine Augen an die eingebrochene Finsternis. Sie bewegen sich halb auf allen Vieren, halb in Hocke zur gegenüber liegenden Seite der Hütte. Die Stimme der Frau, welche wohl die Anführerin der Rebellen ist wird lauter. Dann vernimmt Jon ein Knacken aus der anderen Richtung. Ein weiterer Schütze, getarnt aber nicht völlig verborgen patroulliert im Gebüsch. Sein Schatten fällt durchs Fenster und verrät ihn. »Arelia, nimm dir den Schützen im Westen vor.« Die geschickte Frau nickt stumm und hebelt möglichst sacht das Fenster auf. »Heb mich hoch.« fordert sie gedämpft und er hilft ihr durchs Fenster. Sie rollt sich ab und verschwindet, dank der grünen Kleidung wie unkenntlich im Gebüsch. Dann kommt Bewegung in den Trupp draußen und die Rebellen verkünden, dass sie sich mit der Priesterin – Gnaden Teran – zum Feuer zurück ziehen. Er flucht stumm und sein Verstand beginnt wieder zu arbeiten.

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Vor einigen Stunden waren die geeinten Truppen von Greifanger und Hohenquell los gezogen, um die Rebellen aufzuspüren. Der Plan lief soweit gut, die List ging auf. Sie hatten ein Pferd mit Waren beladen, welche die hungrigen Rebellen begehrten. Als die Ware entwendet wurde, nahm einer der Hunde die Fährte auf. So bahnten sie sich ihren Weg durchs Dickicht und wurden von einigen Fallen überrascht. Schlussendlich konnten sie das Lager aber aufspüren und schickten die Vertreterin Mithras' vor, um vielleicht eine friedliche Übereinkunft zu treffen.
Der Rest des Trupps schleicht jedoch weiter ins Lager, sichert ab und festigt schließlich den Gedanken die Anführerin festzusetzen, in der Hoffnung die bewaffneten Bauern würden sich dann ergeben.

Jon flucht noch immer leise, als er Arelia nach draußen folgt. Der Rest ihres Trupps folgt ebenfalls, als die rebellischen Bauern zum Feuer weiter ziehen. Ihm geht vieles durch den Kopf. Du warst zu langsam, hättest nicht auf Arelia hören dürfen, die dich gebittet hat noch auszuharren. Du hättest den anderen Instruktionen geben müssen, dass sie eine Ablenkung starten, wenn der Trupp sich auflöst oder in Bewegung setzt.
Dennoch hatte sich die Situation verändert und wieder müssen sie sich anpassen und schnell vorgehen. Die Zeit drängt, die Priesterin ist nicht sicher in den Reihen der Rebellen. Ums Feuer gescharrt stimmen die Rebellen in ein Gebet ein. Sie legen die Waffen aus der Hand und wirken besinnlich, jedoch klingt die Wachsamkeit nicht ab.
»Miriam hat eine Blendbombe dabei.« lässt Arellus hören. »Jonathan.. Schleich dich los, Runar du auch.. Miriam, wenn Jonathan den rechten Arm anhebt, werf die Bombe in die Menge. Ja, haltet in dem Moment die Augen geschlossen. Anschließend müssen wir Hannah schützen, und die Bauern entwaffnen.«
Jon nickt stumm auf den neuen Plan und geht intuitiv bereits seine Schritte durch. Sie wollen keine Toten. Die Bauern sollen überleben und nur außer Gefecht gesetzt werden. Oder, wenn seine Schritte diesmal schnell genug erfolgen, ihre Waffen nieder legen, weil ihre Anführerin sich mit einem Messer am Hals wieder findet.
Keinen weiteren Moment verschwendend pirscht er sich durchs Gebüsch vor. Trotz des Gebets lungern Wachen im Gebüsch herum und er kommt nicht so nah, wie er es gern hätte, bis er die Blendbombe anfordert. Als er die Hand hebt, heftet er seinen Blick auf seinen Weg, den er gleich laufend bewältigen wird. Er hört das kullern von Metall, dann ein Zischen und schließt die Augen wie geheißen. Mit langen, eilenden Schritten bewegt er sich blind und seinen Sinnen folgend bis zu dem kleinen Zelt vor. Als sich der Rauch etwas verteilt, blinzelt er durch geschlitze Augen und sieht die Anführerin knapp vor sich. Er vollzieht die letzten beiden Schritte und greift an seinen Oberschenkel, um sein Jagdmesser zu zücken. Dann packt er den kurzen Haarschopf der Rebellenanführerin, um sie dicht an sich zu ziehen.
Sie zuckt nicht einmal mit der Wimper, obwohl er ein kurzes, überraschtes Ausatmen hört. Er spürt keinen Triumph, die Anspannung bleibt in seinem Geist und seinem Körper. Kurze Zeit später weiß er weshalb. »Ein Überfall! Zu den Waffen!« brüllt die Anführerin laut und die Rebellen kommen sofort in Bewegung. Jon hört noch wie Arelia gegen schreit. »Legt die Waffen nieder und keinem passieren etwas.« Aber es ist zu spät und auch die Anführerin in seinem Arm macht keinen Unterschied. Er hört das Zischen von Bolzen, dann sieht er Runar, der sich vor ihn schiebt und die Kämpfer aufhält, die der Anführerin zu Hilfe kommen wollen. Jon taumelt zurück, in der Hoffnung die Anführerin am Leben zu halten, als Chaos ausbricht. Er spürt einen Windzug, dann hört er ein Röcheln. Ein Bolzen mit Metallspitze hat scharf den Hals der Anführerin gestriffen. In seinen Ohren klingt noch das Röcheln, dass er kaum bemerkt, wie der Bolzen sich seinen Weg in die aufragende Mauer sucht, welche der Rebellin Halt spendet. Die Mauer ist er und der Bolzen bohrt sich wissend durch die Ringglieder, welche den sensiblen Bereich zwischen Halsschutz und Harnisch bedecken.

Der Schmerz ist ihm in dem Moment egal, denn seine Hand presst sich auf den Hals der Anführerin. Aber er weiß, dass ihr Überleben nicht gesichert werden kann, wenn die eigenen Leute auf sie schießen. Er wollte Arellus eine Befragung ermöglichen, doch jetzt sieht er nur ein blankes Gemetzel. Jon sieht, wie Runar sich weiter in die Meute bewegt. Einer der Kämpfer mit Keule, fasst Jon in den Blick. Immernoch, gar besessen die Wunde der Anführerin bedeckend, wobei bereits ergiebig tiefroter Lebenssaft seine Hand hinab rinnt, sieht er den Schwung der Keule. Er dreht sich intuitiv weg, die Frau an sich ziehend und spürt, wie sein Rippenbogen explodiert. Ihm bleibt die Luft weg und er stößt die Anführerin von sich, die nur noch schlaff in seinen Armen hängt.
Knurrend holt er aus und rammt dem, in Leder gehüllten Rebellen das Messer in den Torso. Flink zieht er die Hand zurück und wuchtet den Griff des Messers gegen dessen Schläfe. Kaum, dass er vorn über gekippt ist, erblickt Jon eine Armbrust, die auf ihn gerichtet ist. Dank dem nahen Feuer sieht er die Wut, gar Hass in den Augen des Schützen. Er hebt schützend den Arm, aber der Bolzen kommt tief und frisst sich zum Teil durch die Beinschiene. Runar stürzt sich auf den Schützen, der von dem gepanzerten Hünen getroffen wird wie von einem Steinschlag. Reflexartig zieht Jon den Bolzen aus seinem Fleisch, verbirgt aber ein Taumeln.
Die Kampfesgeräusche klingen ab und sie finden sich zwischen Leichen und Bewusstlosen wieder. Ein Gemetzel, das ein jeder verhindern wollte. Noch halb im Adrenalinrausch sucht er die bekannten Gesichter, die zwar blass aber wohlauf sind. Sie haben den Aufstand nieder geschlagen, aber wie? War es Mithras sinnen, dass es so geschehen sollte? Jon spürt einen Anflug von Schuld, weil er es vielleicht hätte verhindern können, wenn er nur schnell genug gehandelt hätte. Vielleicht, aber vielleicht auch nicht. Dafür gibt es keine Gewissheit.
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#3
Es sind die Morgende, an denen er rastlos aufwacht, die ihn quälen. Der junge Ritter erwacht in seinem Bett, als würde ihn etwas lautstark aus dem Schlaf reissen. Ein leises, unbeschwertes Seufzen ist die Antwort, wenn seine Frau das Aufschrecken bemerkt. Jon beugt sich zu ihr hinab und wringt das Laken enger um ihren Körper. Er haucht ihr einen Kuss auf den roten Haarschopf, bevor er sich aufrichtet.
Der Frühling ist endlich angebrochen und begrüßt ihn mit Wärme und Sonnenschein. Bald kann er zusammen mit Leira im Meer baden und die Vorteile des Küstenhofs genießen. Obwohl er sich danach sehnt, findet er nicht in die unbeschwerte Gesinnung. Sein Verstand ist aufgewühlt und grübelnd und er kann es sich nicht wirklich erklären. Wieder und wieder geht er in sich, jedoch ohne Erfolg. So geschieht es auch an diesem Morgen, während er sich anzieht und Zared durch Greifanger und Hohenquell treibt. Sein Ziel ist, wie jeden Tag der neu errichtete Mithrasschrein in Hohenquell. Dort kniet er nieder und findet Ruhe, zumindest während dem halben Stundenlauf, den er im Gebet versinkt.
Vielleicht ist er schlicht blind für die Weisungen Mithras'? Seit er in Candaria ist, folgt eine Gefahr der Nächsten. Zuerst der Dämon, dann die Reinigung der Mühle, um die Dunkelheit zu vertreiben. Schließlich der Rebellenaufstand und nun die Harpyen, die unweit des Fluss nisten. Jede dieser Gefahren wurde zerschlagen, aber dennoch bleibt dieses ungute Gefühl im Hinterkopf, dass die Ruhe nicht lange währt. Die Gewissheit stimmt ihn unruhig, obwohl er die Ruhe so nötig hätte. Er wird bald Vater werden und seine Frau soll all seine Unterstützung erhalten. Stattdessen vergräbt er sich in Arbeit, um gegen die Ruhelosigkeit anzukämpfen.
Seine Verbisseneit ist unangebracht, denn seit zwei Mondläufen hat er einen Knappen, dem er soweit vertraut, dass er Aufgaben übernehmen kann. Doch er möchte die Dinge selbst erledigen und nicht auf der faulen Haut liegen. Wohlmöglich kommt der Aufruf aus Löwenstein, die Königsgarde zu unterstützen überaus gelegen. Er würde dennoch jeden Tag nach Hohenquell reiten, um die versprochene Buße zu tun und vermutlich auch Patroullie zu reiten, aber es wäre eine willkommene Ablenkung. Zumal es ihm so kurz vor der Geburt nicht mehr zusteht, egoistisch zu sein. Leira braucht jemanden mit Eirene's Fähigkeiten in der Nähe. Außerdem würden die dicken Stadtmauern Löwenstein's seine Sorge um sie dämpfen.
Obwohl sein Entschluss steht, bleibt die Unruhe. Er benötigt die Erlaubnis seiner Baronin. Tatsächlich ist Jon unsicher, ob sie überhaupt mit seinen Diensten zufrieden ist. Sie nickt viele Dinge ab, aber um den direkten Austausch ist es mager bestellt. Manchmal fragt er sich, wie es wäre frei zu sein. Das Leben zu genießen, ohne Verpflichtungen. Er würde mit Leira durch die Lande ziehen und sich nieder lassen, bis der Alltag sie einholt, um dann weiter zu ziehen. Ein Leben ohne Erwartungen, ohne Verpflichtungen und ohne ständig genügen zu müssen. Vielleicht sehnt sich Leira nicht nach dem Leben, das er ihr ermöglicht, gefangen zwischen Etikette und Schlachten? Wohlmöglich hasst sie es, dass er seine Zeit für sie und seinen Knappen aufteilen muss. Ob sie weiß, dass sie keinen Sinneswandel erwirken kann, wenn er in den Krieg ziehen muss?
Mühsam schüttelt er die Gedanken fort und senkt das Haupt noch tiefer. Er ist dafür gemacht, um zu dienen. Seinem Glauben, seiner Baronie und seinem König.

Mithras, verzeih mir meine Zweifel.
Ich bin einzig dein Diener, dein Werkzeug.
Leite mein Handeln nach deinem Willen.
Bestrafe mich für meine Fehler, aber schütze meine Familie.
Dein ist mein Herz auf alle Zeit, in Ewigkeit.


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#4
Als er vom Mittagsgebet zurück kommt, hört er Leira's Schreie. Jon beschleunigt alarmiert seine Schritte, als er den Hof überquert und die Türe des Stadtpalais der edlen Vogtin aufschließt. Er und Leira sind für ein paar Tage dort unter gekommen, da die Geburt kurz bevor steht. In eben diesem Moment hofft er, dass ihr Schrei eine gute Nachricht und keine Schlechte verheißt. Nach der zweiten Treppe, beginnt er zu laufen und lässt sich erst an der Türe zum Schlafgemacht aufhalten. Die Amme sieht ihm entgegen und streckt die Hand Einhalt gebetend nach vorne.
»Wartet, edler Herr. Seid ihr sicher, dass ihr zu ihr wollt?«
»Natürlich? Geht es ihr gut?« Jon blickt zur Türe und die innere Unruhe wird stärker. Als Leira erneut vor Schmerz aufschreit, spannt er sich alarmiert an.
»Es geht ihr gut. Sie schlägt sich ganz tapfer. Aber wollt ihr sie wirklich ...«
Er schiebt sie zur Seite und sie gibt den Weg resignierend frei.
»Die edle Heilerin ist bei ihr, mein Herr«, murmelt die Amme noch beruhigend, als Jon bereits ins Zimmer stürmt. Seine stürmische Ankunft wird jedoch mit keinem Wimpernschlag gewürdigt und Jon's Unruhe weicht, als er seine Frau auf dem Bett liegen sieht. Eirene steht über die gebeugt, eine Hand sanft auf den Bauch gelegt. Als ein weiterer Schrei den Raum erschüttert, eilt Jon an Leira's Seite. Sie greift augenblicklich, aber abwesend nach seiner Hand und gräbt die Fingernägel in seinen Handrücken. Er bekommt zu spüren, was er ihr 'angetan' hat.
»Weiter, meine Liebe. Nur noch ein wenig.«
Jon konzentriert sich auf den Schmerz in der Hand, der immer neu entfacht, als sich Leira's Finger eine neue Stelle suchen. Ein paar Augenblicke verfliegen, bis Leira's Laute erschöpft und dumpf werden und stattdessen ein kleines, zartes Schreien einsetzt. Eirene kommt in Bewegung, der weiße Heilerkittel mit etwas Blut befleckt und nimmt unbeirrt das kleine Geschöpf von der Zudecke.
Jon holt erstickt Luft, während er mit offenem Mund neben dem Bett steht und das kleine, zappelnde Wesen beobachtet. Er bemerkt nur am Rande, wie Leira seine Hand frei gibt und reagiert erst auf seinen Namen hin auf ihre Worte.
»Jon. Es ist alles gut.« Die roten Haare hängen ihr zerzaust ins Gesicht und er streckt die Finger nach ihrer Wange aus, um ehrfürchtig darüber zu streichen. Er spürt ein paar Tränen an seinen Fingern und lächelt sanft. Eirene wäscht das Neugerborene und schlägt es in ein weiches Tuch ein, bevor sie es zu den frischen Eltern bringt.
»Herzlichen Glückwunsch ihr beiden.« Leira und Jon sehen gespannt zu der Heilerin hinüber, bis siee verkündet. »Es ist ein Junge.«
Als das kleine, warme Bündel an die Mutter weiter gegeben wird, gilt jeder Blick nur noch dem Kind. Leira legt ihn leicht auf der Brust ab und mustert das kleine Gesicht. Putzmunter strahlen ihr die großen Augen entgegen. Der Junge hat zum Glück Leira's Stubsnase geerbt und nicht seine hakige Nase. Oder sind alle Kindesnasen so niedlich? Die großen Augen stammen ganz eindeutig ebenfalls von der Mutter. In den Zügen vermag sich aber Jon wieder zu erkennen.
»Guten Morgen, mein Schatz. Magst du deinen Vater kennen lernen?«, fragt Leira sanft das kleine Geschöpf und Jon nimmt ihr das Bündel rasch ab, als sie die erschöpften Arme leicht anhebt. Eirene beobachtet ihn, wie er sich das Kind auf den Arm legt und den Kopf fürsorglich hält. Die kleinen, schrumpeligen Hände werden an den Mund geführt und der Anblick ist schlicht hinreissend. Jon lächelt seinem Sohn zu, dessen strahlende Augen ihn völlig in seinen Bann ziehen.
»Wie hübsch du doch bist, Nathan«, sinniert er erleichtert. Leira lächelt sanft, als er den Namen nennt.

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»Kommt mit mir Ritter, ich zeige euch eure neuen Verpflichtungen«, verkündet Eirene neckend und öffnet die Türe. »Wir sollten Leira ein wenig Ruhe gönnen.« Sie ruft die Amme zu sich, die sogleich tätig wird, um Bett und Mutter in einen schlaftauglichen Zustand zu bringen.
Jon wechselt noch einen Blick mit Leira, die ihm voller Zuneigung hinter her sieht. Er muss sachte lächeln, denn er weiß, dass er ihre Zuneigung jetzt mit ihrem Sohn teilen muss.
»Wir komme gleich wieder, mein Herz«, verspricht er ihr, als er Eirene aus dem Zimmer folgt.
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#5
[Bild: ibkneory.png]

Neutralität ...
Was bedeutet Neutralität? Es ist ein Mittelweg, der aus verschiedenen Gründen eingeschlagen wird. Neutralität wird ersehnt, um einer Entscheidung aus dem Weg zu gehen, um sich nicht auf eine Seite schlagen zu müssen, um sich alle Optionen frei zu halten. Derjenige, der sich als neutral bezeichnet, will unparteiisch sein und sich nicht in Konflikte einmischen. Ist es Schwäche, Klugheit oder Feigheit?
Die Frage nach der Essenz des Wortes beschäftigt den jungen Ritter seit einigen Tagen. Wie kann sich eine Baronie als neutral bezeichnen, wenn ein Krieg bevor steht? Es ist keine Frage des warum, denn dafür gibt es genügend Gründe. Man kann abwarten, um sich im entscheidenden Moment auf die mögliche Siegerseite zu stellen. Man kann entwaffnend die Hände heben, die weiße Fahne schwenken und behaupten, dass man niemandem Leid zugefügt hat und an nichts die Schuld hat. Man kann auf Milde hoffen und darauf verschont zu werden. Vielleicht spart es ein paar Leben, ganz egal, ob sie unehrenhaft geschützt wurden. Oder man zielt darauf ab, mit einer der verfeindeten Patreien Vereinbarungen zu treffen. In Greifanger wäre der Hafen eine interessante Verhandlungsmöglichkeit sowie die wertvolle Passage nach Hohenquell und schließlich Servano, die dem Feind zugänglich wäre. Der Feind könnte von zwei Seiten zu schlagen und sich einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Für Greifanger hätte es keine Konsequenzen, man hällt lediglich die Füße still, unter dem Vorwand nichts damit zu tun haben zu wollen. Warum sollte man sich mit Politik und Diplomatie abgeben, wenn es so viele anderen Zerstreuungen gibt?
Ganz einfach: Weil es der Eid so vor schreibt.

»Ist das alles? Legt euch mehr ins Zeug!« Jon treibt die Männer von seinem jurischen Pferd aus an, während ihm die Sonne auf den Panzer brennt. Vom Gefühl her besteht er unter dem Metall nur noch aus Schweiß. Nur gelegentlich wagt sich eine Brise aus dem Waldstück hervor und streift kühl durchs Gesicht. Die Männer plagen sich bei den Kampfübungen, aber ihr Befehlshaber ist zu mürrisch und unausgeglichen, um Rücksicht zu nehmen. Wie will die Miliz eine Baronie schützen, wenn sie bereits unter ein paar Sonnenstrahlen einknicken?
Als ihn das Geräusch von stetigen Klingenschlägen wieder einhüllt, gibt es sich erneut den Fragen in seinem Kopf hin, während der strenge Blick auf den Übenden liegt.

Ich, Jonathan Silberfels, schwöre bei der Herrschaft von Lithas Taguein dem Ersten, der unser König ist, wie Mithras es seit Mydrion I. befahl und bei allem, was mir heilig ist. Mit all meiner Kraft und redlichem Willen will ich das mir verliehene Amt ausfüllen, zum Wohle des Reiches und zum Vorbild des Volkes, bis Recht und Gesetz diesen Dienst beenden. Meine Treue gelte seiner Majestät, dem Truchsess, dem hochedlen Fürsten Candarias und meiner edlen Baronin.

Er erinnert sich an den Eid, als wäre es erst gestern gewesen. Fünf Mondläufe sind seitdem vergangen und trotzdem spürt er noch die Euphorie, die er in dem Moment verspürt hat. Er hat vor Allem auf die Herrschaft seines Königs geschworen, nicht auf sein Leben und nicht auf seine Baronin. Ohne den König, von Mithras eingesetzt, gäbe es keine Ordnung und keinen Adelsstand. Er und seine Baronin hätten keinen Einfluss, verliehen durch ihren Titel. Die Treue zum König, die untrennbar verbunden mit der Demut vor Mithras ist, ist eine Verpflichtung, gar eine Lebenseinstellung, die nicht umgangen werden kann. Alles andere wäre Blasphemie.
Was passiert aber nun, wenn sich ein Glied in dieser Kette auf Neutralität besinnt? Wie soll er mit diesem Zwiespalt umgehen?
Er kann sich zahllose Gründe ins Gedächtnis rufen, weswegen ein Ersehnen von Neutralität ein Fehler ist. Die Entscheidung würde nicht nur den Eid gegenüber dem König in Frage stellen und die Zusammenarbeit mit Servano, sondern es gefährdet das Abkommen zwischen Greifanger und Hohenquell. Die Entscheidung, die Jon und Arellus getroffen haben und die von seiner Baronin abgesegnet wurde, hatte zur Folge, dass Candaria's Gruppen zusammen arbeiten. Sie waren eine Gemeinschaft geworden, auch wenn auf dem Papier immer noch von zwei Milizen die Rede ist.
Er erinnert sich an die Forderungen, die seine Baronin an das Abkommen gestellt hat. Die Milizen können zusammen rekrutieren, ausbilden und agieren, aber es soll jederzeit möglich sein, die Rekruten gleichmäßig auf die beiden Baronien aufzuteilen. Jon runzelt die Stirn, als er sich entsinnt, wie wichtig seiner Baronin dieser Punkt war. Hat sie sich bereits damals, vor einem halben Jahreslauf abgesichert?
Die Baronin von Greifanger kann vieles behaupten, aber er kauft ihr nicht ab, dass Politik sie nicht interessiert. Nicht, wenn sie eine derart geschickte Strippenzieherin ist. Was sind ihre wahren Absichten? Warum hält sie sich mit Passwacht alle Türen offen? Und weshalb prüft sie sein Vertrauen in letzter Zeit? Spürt sie seine Zerissenheit? Sein Denken und seine Ansichten sind schon lange nicht mehr nur weiß oder schwarz. Es ist etwas dazwischen und Jon beginnt sich zu fragen, was wichtiger ist, Beständigkeit und Ehre oder Loyalität.

Sein jurisches Pferd schnaubt und scharrt mit der Hufe. Für gewöhnlich zeigt ihm sein Pferd auf diese Weise, wenn es sich langweilt oder nicht ausreichend gefordert fühlt. An jenem, hitzigen und schwülen Tag, nimmt es ihm der Hengst eher übel, dass Jon ihn so plagt. Er atmet durch und drängt die Waden gegen die kräftigen Flanken des Pferdes. Inmitten der übenden Rekruten zügelt er sein Pferd und unterbricht die Übungen mit einer herrischen Geste.
»Scheidet eure Waffen. Es soll genug sein für heute. Legt Wehr und Klingen ab und genehmigt euch einen Sprung ins Meer, um die Muskeln abzukühlen.«
An diesem Tag musste er nur die einfache Entscheidung zwischen Fleiß und Maßhaltung zu treffen. Die weitaus schwerwiegendere Entscheidung steht jedoch noch aus. Als Jon von seinem Pferd aus über die Schulter hinweg in Richtung des Baroniesitzes von Greifanger blickt, der auf dem Berg thront, beschleicht ihn das Gefühl, dass sein Herz sich bereits entschieden hat. Er strafft den Rücken und atmet die stehende Luft ein. Was überdauert einen Krieg, der Zerstörung bringt? Kein Titel, keine Besitztümer und kein Reichtum. Nur die Liebe und Dankbarkeit derjenigen, die du beschützt hast, so wie es deine Pflicht ist. Die Beständigkeit in ihrem Herzen wird dein Lohn sein.
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#6
Es ist Mittag in Hohenquell, als Jon seinen Sohn beim Spielen beobachtet. Nathan wird bald einen Jahreslauf alt und der Ritter ist mittlerweile vielmehr zu einem vorbildlichen Vater sowie Gärtner und Gestalter geworden. Seit dem kürzlichen Tod von Luisa, der Baronin von Greifanger und des Fürsten von Candaria wundert sich niemand, dass Jon sich bei den Familientreffen der Fuchsenfelder eher zurück hält und auch sonst vielmehr bedeckt agiert.
Dem ruhigen Hohenquell droht keine spürbare Gefahr und er kann die Ruhe dringender gebrauchen, als es ihm bewusst war. Für die Weile, in der sein Knappe und Saresh mit Abwesenheit glänzte, war er streng genommen für zwei Baronien verantwortlich. Ein Ereignis jagte das nächste und es gab keine Möglichkeit, um zur Ruhe zu kommen. Dazu kam die Ungewissheit mit seiner Baronin, die mit Geistesabwesenheit glänzte, sich den Umstand jedoch stur nicht eingestehen wollte. Bei dem Gedanken an das vergangene, inszenierte Duell mit Arellus ist ihm immernoch unwohl. Was ihn wirklich die Monate nach Luisa's Tod plagte war jedoch der letzte Gesichtsausdruck, den er von ihr in Erinnerung hatte. Da war kein Stolz und Zufriedenheit mehr, sondern Enttäuschung und Betrübtheit. Ihn traf grundsätzlich keine Schuld, was ihren Amtsverlust angeht, denn es war richtig so zu handeln, aber was stört sich das Gewissen schon an richtig oder falsch?
Nach dem Tod des Fürsten und der Baronin blieb nur Trauer. Trauer darüber, zwei Menschen verloren zu haben, die er geschätzt und respektiert hat. Zwei Edle, die wichtig für Candaria waren. Aber Attentate, Morde und Unglücke passieren und wenn ein Höllenfeuer im Thronsaal ausbricht, dem keiner aus der anwesenden Adelsriege Herr werden kann, sucht er keine Schuld bei sich.

Es hätte schlimmer laufen können, beispielsweise so sie ein Chaos hinterlassen hätten. Stattdessen hatte Candaria Arellus, der schon immer engagiert seine Ziele verfolgte. Manchmal ist ein Wandel und damit einhergehender Wechsel der Führung wie ein Frühling nach einem strengen Winter.

»Onkel Arellus bringt frischen Wind nach Hohenquell.« raunt Jon eher zu sich und wird mit einem Lächeln seines Sohnes aus den Gedanken gerissen. Er sitzt auf dem Teppich im Wohnraum und beobachtet seinen Sohn, wie er mit einem Stoffpferd spielt oder besser gesagt daran zieht, knabbert und es ungeniert besabbert. Seine Frau ist draußen im Stall, um nach den wenigen Pferden zu sehen, die sie nach Aufgabe des Hofs in Greifanger behalten hat. Ihr Leben war beschaulicher geworden und hat sich gebündelt.
Jon kommt nicht umhin Mithras bei jedem Gebet für das zu danken, was er hat. Die Ungewissheit und die Gewissensbisse, die ihn wegen seiner ehemaligen Baronin ergriffen hatten, haben ihn und Leira auseinander gerissen. Es gab Tage, da hat er in ihr Gesicht gesehen und vor eigener Stumpfheit nichts gesehen, was ihm imponierte oder beruhigte und nichts gehört außer schnippische Äußerungen, die jeden Gedanken und jedes Handeln seinerseits kritisieren. Ihr getrübtes Verhältnis hat sich erholt und sie zurück auf einen liebevollen, vertrauensvollen Weg geführt.

Die Gedanken an Leira, lassen ihn in Bewegung kommen. Jon entwendet diplomatisch Nathan's Spieleug, packt ihn in ein Fell ein und trägt ihn nach draußen zum Stall. Pferdewiehern mischt sich in das sanfte Summen, das Leira von sich gibt. Jon schätzt ihre weiche, melodische Stimme ebenso wie Nathan, der ruhig wird und lauscht.
Sie riecht nach Stroh und Jon kommt näher, mit dem eingepackten Nathan auf dem Arm. Er hebt die Finger zu ihrem Gesicht und streicht ihr ein paar Halme aus dem roten, wallenden Haar. Nathan beobachtet den Vater und will sich ebenfalls nützlich machen, indem er nach Leira's Haar greift, um jedoch vielmehr Unordnung als Ordnung anzurichten.
»Ich komme gleich und mache euch Essen.« lächelt Leira, verlegen bei der geballten männlichen Zuwendung.
»Keine Hast. Ich muss dich sowieso um einen Gefallen für heute Nachmittag bitten.«
Sie neigt den Kopf ein Stück und die schlauen, grünen Augen mustern ihn eingehend.
»Ich muss auf Patroullie und anschließend meine Rüstung auf Vordermann bringen. Ein Bote aus Löwenstein brachte Kunde über ein Treffen des Ritterordens im nächsten Wochenlauf.«
Die minimale Spur von Zweifel in ihrem Gesicht wird größer, als er weiter spricht. Jon spürt, dass die Wunden der Zerrüttung noch nicht verheilt sind. Sie hat Angst davor, ihn erneut zu verlieren und er kann nichts sagen oder versprechen, um die Angst zu vertreiben. Das kann nur die Zeit. Sie ringt sich ein Lächeln ab und blickt an ihm vorbei. Der Zweifel vergeht und in die intensiven Augen tritt ein anderer Ausdruck: Schalk.
»Du beanspruchst unseren Sohn in letzter Zeit sowieso viel zu viel, das ist er überhaupt nicht gewöhnt. So habe ich ausnahmsweise etwas von dem kleinen Nathan ..« und ihr Zeigefinger reckt sich um das kleine Abbild auf Jon's Arm am Füßchen zu kitzeln, »Und wage es blos nicht vor Einbruch der Nacht zurück zu kommen. Ein wenig Leibesertüchtigung würde dir auch nicht schaden, damit du an die Rittertafel passt. Du hast dich gehen lassen, mein Ritter.« Ihre schlanken Finger lassen von Nathan ab und streichen über Jon's muskulösen Bauch, der sich unter dem lockeren Hemd abzeichnet. Ihr verschmitztes Lächen ist hinreissend und er stellt seine Überlegung ein, welche Ertüchtigung seine Frau damit meint. Offensichtlich jene, die hinter geschlossenen Türen stattfinden.
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#7
19. Hornung 1405 n.M. - Die Abreise

Jon zurrt ein letztes Mal das Bündel an dem Reitsattel seines Pferdes fest. Kurz vor dem Aufbruch sind es zwei Emotionen, die in seinem Kopf spuken. Erleichterung und schlechtes Gewissen. Der Ritter frägt sich, wie die beiden nebeneinander existieren können. Schließt das eine nicht das andere aus?
Sobald Nathan mit gesund geröteten Backen und euphorischem Strahlen auf den Familienvater zu eilt, überwiegt die Erleichterung. Seine Familie ist bereit ihn auf seinem zukünftigen Weg zu begleiten und das ist es was zählt. Die rothaarige Schönheit folgt aus dem leeren Haus, das einige Zeit ihr Zuhause war, einen Korb im Arm. Nathan wendet zu Leira herum, während er einen Arm um Jon‘s Bein schlingt. »Ich reite mit Papa!«
»Nein, kleiner Ritter, du reitest bei mir und deiner Schwester mit.«
Nathan zieht eine schmollende Miene und Jon weiß genau, dass ihm während dem Ritt eine weitere Diskussion bevor steht. Jon würde dem sturen Gesicht seines Sohnes zu gerne nachgeben, aber er weiß, dass es nicht gut ist, ihn so zu verwöhnen. Langsam begibt er sich dichter zu Leira, den klammernden Nathan mit ziehend und empfängt einen Kuss auf die Wange. »Ich danke dir, dass du mit mir kommst.«
»Mein Leben ist bei dir, mein Mann«, gesteht die Schönheit Jon zu.
»Selbst fern von deiner Heimat, abseits von den Bequemlichkeiten, die mein Stand mit sich brachte?«
»Du bist mit mir in meine Heimat gezogen, nun ziehen wir in deine. Solange ich bei dir bin, ist es mir gleich, ob ich in einem Jurenzelt oder im Stroh schlafe.«
Die aufrichtigen Worte seiner Frau entlocken Jon ein erleichtertes Lächeln. Nach einem tiefen, abschließenden Durchatmen und einem letzten Blick zu dem leergeräumten Haus, das sicher alsbald eine andere, glückliche Familie beherbergen wird, satteln sie auf.
Ihr Weg an dem Abend führt sie bis an die Grenze zu Hohenmarschen. Die Nacht verbringen sie in dem engen, aber warmen Schlafsaal der Grenzfeste, ehe sie am nächsten Morgen den Fluss und damit die Grenze überqueren wollen.
Nachdem die Kinder gebettet sind, spähen Leira und Jon von dem höchsten Wachturm der Grenzfeste aus in Richtung des Sumpflandes. Er hält sie wärmend im Arm und atmet ihr sanft ins rote Haar. Schweigend hängen sie ihren Gedanken nach, die sich mit der ungewissen Zukunft befassen. Jon erhielt lange keine Kunde mehr von seiner Familie in der Heimat und er versucht nicht zu viel Hoffnung aufkeimen zu lassen, da der Krieg Hohenmarschen beherrscht. Er wird versuchen die Truppen dort mit seiner Erfahrung und seiner Kampfkraft zu unterstützen, denn sein Stand ist lediglich der eines Freien.
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