Marmor, Stein und Eisen bricht ..
#1
Ein kleines Schreiben findet sich am Morgen, halb in die Kleidung geschoben wartet es auf neugierige Augen. Eine gewisse Gefahr es zu übersehen, besteht allerdings: Die Zeilen wurden auf die Rückseite einer leicht riechenden Rechnung vom Fischmarkt gekritzelt (wen es interessiert: 2 Graskarpfen zu je 5 Pfund, ein Dutzend Buchtmakrelen und vier Flusskrebse..)

Zitat:Liebste,

Ich habe es heute wieder einmal nötig. Ich hoffe du bist am Abend daheim, sonst muss ich mich anderweitig umsehen.

In Liebe
D.
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#2
Gerade wollten sich die Finger einen Keks klauen, der noch auf dem eher lächerlich befüllten Teller überlebt hatte, da fiel ihr Blick auf das Schreiben. Eine ganze Weile starrte sie die Zeilen an, hinterließ darauf sogar ein paar Kekskrümel, bevor sie sich einen Kohlenstift angelte und weitere Worte hinzufügte. Wo ein Fischfleck das Papier durchtränkte schrieb sie einfach drum herum, so dass die Kohle noch zu lesen war: 


Zitat:Liebster, 

ich habe gehört, dass einige Frauen in dieser Stadt Bedürfnisse haben, so dass du nicht leer ausgehen würdest.

In Liebe
J.

PS: Solltest du diese Hure, die es wagt Hand an dich zu legen, mit nach Hause bringen, dann könnten wir es ja zu dann bringe ich sie um. 
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#3
Am nächsten Tag findet sich ein neuerlicher abgerissener Zettel ein, dieses Mal eine offenbar aus einem Buch herausgerissene Seite, die zweimal geknickt wurde und auf diese Weise geschändet als Träger von Nachrichten herhalten darf. An den Rand eben jener Seite, direkt neben ausführlichen Erläuterungen über die Natur der Seele, der Sünde und der Gewissheit des Fegefeuers, findet sich ein paar mit Kohlestift hingekritzelte Worte.

Zitat:Liebste,

Vögeln?

In Liebe
D.
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#4
Die herausgerissenen Buchseite wird glatt gestrichen und mit dem Kohlestift wichtige Stellen unterstrichen, wie als hätte er ein Diktat geschrieben und sie wäre die Lehrerin welche die Fehler ankreidet. Es fehlen lediglich Noten oder Häkchen. 


Zitat:Liebster,

dafür das du am gestrigen Tage so hoch angepriesen hast, die besten Liebesbriefe ganz Amhrans zu schreiben, bin ich hiervon ja fast schon enttäuscht. Ich werde zukünftig Yngvar oder Darius fragen oder Gaius, ob sie meine Tage mit schönen Zeilen versüßen könnten.

Aber danke für deine Mühe, schönen Tag!

In Liebe
J.

PS: Ich habe dir Fisch gebraten.
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#5
Auch heute wird ein kleines Schreiben in der Kleidung versteckt: nicht nur sorgsam gefaltet, sondern gleich noch in einem Umschlag.

Zitat:Liebste,

Deine Augen sind wie morgentliche Tautropfen für den Dürstenden,
Deine Haare sind wie Gold, das zum Leben erwacht ist.
Deine Zunge ist spitz, wie der feinste Dolch aus Nortgarder Schmieden.
Deine Brüste sind so verlockend, wie der von dir gebratene Fisch.

Vögeln?
In Liebe,
D.
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#6
Der Brief wird mit absoluter Ignoranz gestraft. Aber zumindest ist er nicht mehr dort wo Durias ihn hinlegte.
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#7
Ein Schreiben liegt, ordentlich zusammen gefaltet, auf dem Kissen von Durias Zobel.


Zitat:Liebster,

ich wünschte ich könnte sagen: Ich weiß wie viel Überwindung es für dich bedeutet.
Ich wünschte ich könnte sagen: Es wird alles gut enden.
Ich wünschte ich könnte sagen: Unsere Sünden würde Mithras uns verzeihen und unser Geheimnis wäre alsbald nichts mehr Wert, weil irgendwas Anderes es überschattet.
Ich wünschte ich könnte dir all diese Dinge sagen und die Bürde von uns nehmen, die wir nun mit uns führen, aber ich kann es nicht. 

Was kann ich schon sagen? Was kann ich schon schreiben? Ich bin bereit durch diese Flammen zu gehen und diese Hürden zu nehmen. Ich bin nicht naiv und glaube an ein Leben ohne Lügen und Geheimnisse, ohne schlechte Menschen, ohne schlechte Zeiten. Aber ich glaube daran eine Veränderung herbei zu führen, die vielleicht nun noch nicht zu erkennen ist, die aber stetig mit uns zieht. 

Ich bin bereit mit dir zu brennen, in der Hoffnung durch das Wasser gelöscht zu werden und mich dann frei zu fühlen, von Leid und Hinterlist. 
Ich wünschte ich könnte dir all diese Dinge sagen, doch nichts ist steht geschrieben in den Sternen, es gibt kein Schicksal, es gibt keine Zukunft die uns irgendwer legen kann, so sind es Träume, Wünsche und Hoffnungen - allesamt geteilt mit dir.

Ich liebe dich. 
J. 

PS: Das war ein Liebesbrief, gern' geschehen!
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#8
Den Verlust konnte sie nicht nachvollziehen. Sie wusste nicht wirklich wie es war jemanden tatsächlich zu verlieren der ihr Herz berührt hatte. Es gab kein tiefes, inniges Verhältnis zu einer Mutter oder einer Schwester. Es gab nichts was ihr das Gefühl gab diese Sachen nachempfinden zu können. So gab es auch keine reichende Hand, es gab eigentlich nichts außer diese unglaubliche Wut. Der Verlust der Kontrolle, der unaufhaltbare Schmerz, der sich nur um so mehr festigte als sich ihr die kalte Mauer entgegen streckte und sie erneut gegen Steine schlagen ließ. Es gab nur diese Blessuren die sich immer wieder aufs Neue entzündeten, weil sie immer wieder aufs neue gegen die feste Substanz schlugen. Sie wollte hinein, sie wollte immer nur hinein, die Mauer, den Wall überwinden und eine Liebe erfahren, die in Nortgard so kalt und erschütternd über sie her fiel, wie eisiger Schnee der die Glieder lahm machte. Wie konnte sie nur so ein abartiges Miststück auf offener Straße sein und in ihren vier Wänden so verzweifelt und so unfähig? Hatte sie sich unter Wert verkauft oder gar verschenkt und den Faden verloren der sie wieder in die eigenen Richtungen schickte? Sie wollte schlagen, wollte rammen, sie wollte einen Hort der Ruhe, irgendwas was ihr half mit dem Leben außerhalb dieses Hauses fertig zu werden. 
Sie zweifelte und das hatte sie in dieser Hinsicht eigentlich noch nie getan. Irgendwas ließ sie so sehr wanken, dass selbst fester Boden sich anfühlte wie ein Sumpf, wie Treibsand. Es war eine Schwäche, sie war schwach geworden oder war es schon immer. Ihre Fassade ist gerissen, ihre Mauer wurde gestürmt, bereits vor Jahren und doch war es erst dieser Tag der sie so sehr ins Schleudern brachte, dass die Luft in der Lunge zusammengezogen wurde, flüssig wurde und nichts mehr her gab. So brauchte sie etwas Würde, ein wenig Stolz. Etwas was er angeblich bereits schon vor Jahren abgelegt hatte, etwas was sie aber nie ablegen wollte. Er sollte merken was er hatte oder eben merken was er eigentlich nicht brauchte. Sie war dieses Ballspiel leid. So redete sie es sich zumindest ein. Eventuell war aber auch nur der Tag gekommen, dieser Tag, wo sie auch die letzte Person in ihrem Umfeld von sich stieß, sie verscheuchte wie Ungeziefer. Er war frei, sie hatte sich entschieden, sie ist gebunden, er nicht - Er war frei, also sollte er auch frei sein.


Zitat:Durias, 

wie war das noch mit den Fäden?


Jakobine

Und so sammelte sie ein paar Dinge ein, nicht viele, nicht alle, aber alles was verdeutlichte, dass sie nicht unbedingt die nächsten Tage wiederkommen müsste: Die Rüstung war weg, diverse Hemden waren aus dem Regal verschwunden, das Bett so gemacht als hegte man nicht das Interesse daran sich alsbald wieder hinein zu legen - abgezogen und auf einen Haufen platziert. 
Doch das war es nicht gewesen, sie war keine zwanzig mehr. Sie konnte die Stadt nicht verlassen, nicht fliehen vor der Konsequenz. Vielleicht lag das auch gar nicht in ihrem Interesse, vielleicht sollte der Schorf nur wieder abheilen, dass wieder Fläche war für neue Wunden. 
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#9
Jeder Tag war mit Arbeit gefüllt - zermürbend und gleichförmig - eine zornige Zeit hinter dem Amboss, wenn Durias auf Metall einschlug, das sich einfach nicht in Form bringen lassen wollte. Hierbei besiegt zu werden hatte etwas eigenartig zufriedenstellendes, ein Triumph, der sich aus dem Rausch der Anstrengung heraus formte.
In den Monaten war er über die Lehren des Meisters hinausgewachsen, hatte buchstäblich hunderte von Waffen gefertigt - billigster Ramsch aus gutem Stahl, der zu nichts taugte, als wieder dem Feuer der Esse überantwortet zu werden. 

Aber mit der Zeit hatten die Makel sich abgeschliffen, waren zurückgewichen vor der zähnefletschenden Penetranz des Schmiedes und dessen unbeugsamer Ignoranz aller Fehlschläge. 

Hätte ihn jemand gefragt, woher er die grimmige Entschlossenheit nahm, hätte es keine Antwort gegeben, denn die Wahrheit war geradezu banal: Er, der behauptete keinen Stolz zu kennen, schuftete sich den Rücken krumm, um es ihnen allen zu beweisen: Den Begabteren und den Stärkeren. Den Adeligeren und den Kühneren. Den Glücklichen. 

Und vor allem aber der Blonden, von der er träumte, wenn die Arbeit des Tages ihn überwältigte und in grimmigen Schlummer warf. In jener Zeit des Schlafes, da hatte er sich alle bereits zurückgelassen und erobert, was bereits geschenkt worden war. Aber ein Mann, so wurde er in diesen fiebrigen Fantasien nicht müde zu betonen, wollte nichts geschenkt. Er musste sich beweisen, wie eine roh geschmiedete Klinge, die erst geschliffen ihre Qualitäten tatsächlich offenbarte. Ein Mann wollte herausgefordert, wollte gefordert werden.

Aus diesen Träumen am Morgen zu erwachen, war als würde man mit einem Stein auf der Brust schlafen: Das Gewicht der Welt war unerträglich in den ersten Momenten und das Verlangen einfach liegen zu bleiben, war es gleichermaßen. 

Aber nicht heute. Heute würde er einen weiteren Schritt machen. Das Gewinnen, was schon lange sein war.
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