FSK-18 Brennende Augen im Chaos
#1
Tage der Dunkelheit

21.  Hartung 1380

Der steinerne Altar ist mit Fellen bedeckt. Im Schein der Fackeln offenbart sich eine schaurige Szenerie. Die Frau auf dem Altar ist bis auf eine dünnes Leinenhemd unbekleidet. Ihr runder Bauch bebt unter dem Qualen die sie gerade durchlebt. Obwohl mehr als ein Dutzend Gestalten sie umrunden, steht nur eine vor ihren gespreizten Beinen. Wieder hallt ein Schrei durch den Raum. Ein Chor aus Stimmen antwortet mit leisem Gemurmel. Am Fuße des Altars brennen fünf Kerzen, aufgestellt an den Ecken des fünf zackigen Sterns der auf dem Boden gemalt wurde. Ihr Flammen züngeln gierig den Fellen entgegen, doch heute werden sie sich nur vom schwarzen Wachs ernähren. 

“Im Dunkel gezeugt, mit Furcht genährt, in der Finsternis geboren.“

Wieder antworten unzählige Stimmen mit düsterem Gemurmel. Ein weiter Schrei, bevor gehandelt wird. Kundige Hände helfen der wimmernden Frau auf dem Altar. Nun dauert es nur noch wenige Lidschläge und das Weinen eines Neugeborenen erfüllt den felsigen Raum. Wie von schwarzem Samt schimmert eine Klinge im Fackelschein. Der Dolch in der Form einer gewellten Zunge durchtrennt, was Mutter und Kind verband. Die erschöpfte Mutter nicht mehr beachtend, schreitet die Helferin mit dem Kind durch den Raum. Der Moment in dem sie das Pentagramm überquert sorgt im Raum für angehaltenen Atem. Doch nichts geschieht. So fährt die Helferin mit den grauen Haaren fort. Sie säubert das Kind oberflächlich und wickelt es dann in feinste schwarze Seide. So vorbereitet legt sie das Kind in eine Wanne aus schwarzem Fels gehauen. Über der Wanne baumelt der Körper einer Frau. Dank der Kapuze über ihrem Kopf kann man nicht sehen wie alt oder jung sie ist. Was man jedoch sehen kann sind die unzähligen Schnitte und Stiche die ihrem Körper langsam aber sicher den Quell des Lebens nehmen. Gesammelt in einer Karaffe schwarzen Kristalls wartet dieser Lebenssaft auf sein Schicksal. 

“Mit Schatten im Herzen, Feuer in den Adern und im Blut einer Jungfrau getauft nehmen wir dieses Kind in den Zirkel auf.“

Das Neugeborene wird über die Wanne gehalten über sein Haupt hält die Grauhaarige die schwarze Karaffe. Dann neigt sich das Gefäß in ihrer Hand, erst ein Tropfen, dann ein zweiter. Zähflüssig rinnt das Blut über die Stirn des Kindes und hinab in die Wanne darunter. Nachdem die Karaffe geleert wurde und das Kind nun eingeschlafen ist, legt die Alte das Baby in ein kleines Bettchen. Abschließend benetzt sie ihre Lippen mit dem Blut aus der Wanne und küsst das Kind auf die Stirn. Nacheinander reihen sie die anderen Personen ein um das gleiche zu tun. Alle bis auf die Mutter. Die Blicke der Frauen und Männer treffen sich. Jeder Anwesende weiß, was heute geschah wird diesen Keller niemals verlassen. 

“Zu Ehren der Dunkelheit lehren wir dieses Kind die Wege der Schatten. Wir klären sie auf über ihre Feinde und geben ihr die Mittel an die Hand um diese zu peinigen. Sie wird unsere Botschafterin des Chaos sein. Zwischen ihren Fingern soll stets Blut hinab rinnen, beim Klang ihrer Stimme sollen die erbärmlichen Glaubenden aus den Ohren bluten, ein Blick in ihre Augen soll die Seelen ihrer Opfer zu den gierigen Schlünden des Abyss schicken.“

Wieder erklang der Chor aus den Stimmen, aller Anwesenden.

„Ehre dem Abyss, Sieg dem Chaos, Für die Finsternis“
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#2
Nächte des Feuers
Requiem for a Dream

17. Wonnemond 1387

„Oma, warum halten die Männer dort, Mama fest. Sie sieht krank aus, ist sie hingefallen?“
„Das mein Kind, sind die Diener des Mithras. Sie würden dir sagen das sie Recht und Ordnung verteidigen. Sieh dir an, wie sie das tun.“

So, oder so ähnlich haben klangen die Worte auf dem kleinen Hügel oberhalb des Dorfes. Die Stimmung unter den Anwesenden war gedrückt. Ihre Gruppe war kaum noch als solche zu erkennen, zu viele Opfer hatten die Spürhunde der Inquisition gefordert. Bis auf das sieben Jahre alte Mädchen wussten alle wie die Mithras Priester diese Hexe fangen konnten. Sie hatten sie den Priestern quasi übergeben. Die Mutter hatte das Kind der reinen Dunkelheit opfern wollen um ihre eigene Macht zu mehren. Sie hatte den ohnehin brüchigen Klüngel des Nordens verraten. So hatten die anderen Hexen sie betäubt, mit dem gleichen Trank den auch das Mädchen bekommen hatte, vor der Opfer Zeremonie. Der Ort des Rituals war verlegt worden und wurde leicht auffindbar platziert.

Die Blicke richteten sich nun auf das Geschehen welches den Dorfanger in Besitz nahm. Die Frau inmitten des aufgeschichteten Holzes und Reisigs ließ den Kopf hängen. Die Finger ihrer Hände standen in groteske Richtungen ab. An ihren nackten Füßen fehlten hier und da die Zehennägel, dass Blut selbst war nur notdürftig weggewischt worden.  Sah man ihr Gesicht genauer an, waren auch hier die Spuren von Stunden langer Folter deutlich zu erkennen. Allen voran ein Brandmal auf der Stirn in Form einer Sonne. Ihr Mund war versperrt von einer zwei Finger breiten Stange von Eisen, welche so stramm an ihrem Kopf festgezurrt war, dass sie sich trotz der Glätte ins Fleisch fressen wollte.

Die donnernden Worte des Inquisitors hallten bis zum Hügel hinauf und ließen Schauer auf den Armen der anderen Hexen zurück. Das Kind sprach nicht, ihre Augen waren starr auf den Dorfplatz gerichtet.

„Seht her ihr Gläubigen. Die Braut des Teufels in Menschengestalt. Sie ist der Grund für die Kinder die das letzte Jahr nicht überstanden, sie war es die euer Vieh verdarb und die Ernten vernichtete. In seiner niemals endenden Güte war Mithras höchstselbst bereit ihre Seele zu erretten auf das sie in Purgatorium eine letzte Chance auf Seelenheil finden könnte. Doch sie verweigerte den Dienern des Einen ohne Gleichen, ihre Seele und spie dunkelste Flüche gegen uns.
Aus diesem Grund sei hiermit das Urteil über jene Seele aus dem Abyss gesprochen.

Wegen Hexerei – Ketzerei – Verschwörung mit den Mächten der Finsternis – Unzucht an Mann und Tier verurteilt Inquisitor Gunther Bachwald die Hexe zum Tode durch die reinigenden Flammen Mithras' !“

Der Mob auf dem Platz verfiel in ein grelles Kreischen und Gröhlen. Die Rufe nach den Flammen waren laut und inbrünstig. Die Forderung Mithras möge diese Teufelin in den Abyss schicken war nicht mehr zu überhören. Über allem standen die Männer und Frauen, welche das Kind in ihrer Mitte bargen. Auch wenn keiner von ihnen dazu in der Lage, wenn jemand in die Seele des Kindes hätte blicken können, hätte man dort die Scherben gesehen. Das kleine Herz aus Glas war zersprungen und zwischen den Splittern kroch eine schwarze Masse umher. Gierig umfasste sie die Scherben, drängte sie weiter auseinander. Die Dunkelheit würde nichts unversucht lassen zu verhindern, dass dieses Herz jemals wieder eins wird. Wie eine alte und sehr große Schlange zischte die Dunkelheit herauf „Hasse!“

[Bild: image-20160411-21959-ps6nll.jpg]


Heller Feuerschein machte die Nacht zum Tage. Die Schreie währten nicht lang. Noch bevor die Flammen die Hexe verschlangen sank der Kopf auf die Brust herab und gnädige Ohnmacht umfing sie. Viel mehr als der Verlust, schmerzte nur die Gier der Dorfbewohner nach dieser Untat.

HASSE !
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