Gorans Meisterstück - Der Kriegshammer
#1
Mit einem Zähneknirschen zog Goran den Verband von der mittlerweile verschorften Wunde am Oberarm. Leider hatte der Verband sich durch das Blut mit dem Schorf verbunden und löste sich nur sehr unwillig. Ein schmerzerfülltes Zischen von Goran war die Folge. So langsam war er der Meinung, Aki habe ihm diese Prüfung nur gestellt, um sich einen Konkurrenten vom Hals zu schaffen - das einzige was dagegen sprach war, dass Aki eigentlich kein sonderlich großes Interesse daran hatte normale Kundenaufträge abzuarbeiten.

Er tupfte sich mit einer sauberen Bandage die frisch austretende Wundflüssigkeit ab, ehe er sich einen neuen Verband anlegte. Für den Knoten musste er seine Zähne zuhilfe nehmen.

Zwei Tage war es nun her, dass er mit der Legion ausgezogen war, um in den Tiefen unter den westlichen Minen Zweitürmens dem berüchtigten Banditenführer nachzujagen. Allerdings musste er zu seiner Schande gestehen, dass sein Motiv nicht so selbstlos war wie man zunächst vermuten könnte. Das Land ein wenig sicherer zu machen war lediglich eine positive Begleiterscheinung. Nein, ihm war es darum gegangen die Waffe dieses Halunken an sich zu bringen. Aki hatte ihn darüber informiert, dass dieser Kerl einen mächtigen Kriegshammer sein eigen nennen würde und da Aki ihm nun mal als Meisterprüfung aufgegeben hatte, einen Kriegshammer aus Damaststahl zu schmieden, wäre ein Muster, selbst wenn es nur aus Stahl ist, ungemein hilfreich.

Gemeinsam mit Yngvar und Marit Stein, sowie Leokadia Rauh war er also in die Tiefen hinab gestiegen. Stundenlang waren hatten sie Welle um Welle der räuberischen Angreifer abgewehrt und waren teilweise durch knöcheltiefe Lachen aus Blut gewatet, schließlich hatten sie ihn vor sich gesehen. Den Anführer, umgeben von seiner Leibwache, in seiner Hand lag der Kriegshammer und er schwang ihn mit mächtigen Hieben gegen die mithrasgläubigen Angreifer. Es war ein hässlicher Kampf geworden, und die Legion wie auch Goran hatten den ein oder anderen Treffer einstecken müssen, doch schließlich war es ihnen gelungen das Pack zu überwältigen. Goran hatte den Kriegshammer aus den erkaltenden leblosen Fingern des einstigen Räuberhauptmannes gewunden und ihn in die Höhe gereckt. Endlich - jetzt war er dem Schmieden des Damaststahlhammers ein gutes Stück näher gekommen!

[Bild: Goran_mit_Hammer.gif]
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#2
Er drückte die Hände in seinen Rücken und hörte das beruhigende Knacken, dass davon zeugte, dass die Blockade in der Wirbelsäule sich gelöst hatte und seine Rückenschmerzen vorerst verschwinden würden. Er saß am Schreibtisch und er hasste es am Schreibtisch zu sitzen. Normalerweise brachte es sein Beruf mit sich, dass er sich den ganzen Tag in irgend einer Form bewegte, dieses herumsitzen und der Schreibkram waren nichts womit er sich anfreunden konnte. Sehnsüchtig blickte er aus dem Fenster in den freundlichen Frühlingsvormittag, dann riss er sich aber wieder zusammen und wandte sein Augenmerk wieder dem vor ihm liegenden Hadern zu. Er wollte nun einmal den Meistertitel erringen und das erforderte nunmal auch eine gewisse Zeit des Nachdenkens und der Niederschrift von Gedanken.

Er fügte mit sicherer Hand noch einige Notizen an und besah sich dann was er bisher zustande gebracht hatte:


Kriegshammer aus Damaststahl

  • Hammerkopf etwa eine Elle lang
  • Höhe etwa eine halbe Elle
  • Eine Seite des Kopfes flach um einen großen Flächenschaden zu ermöglichen, insbesondere bei leichter gerüsteten Gegnern
  • die andere Seite des Hammerkopfes leicht spitz zulaufend, um das Knacken gegnerischer Rüstungen, insbesondere der schweren, zu ermöglichen
  • Für Kopf aus Damaststahl zunächst mehrere kleinere Damaststahlstücke falten und dann zum großen Kopf verschweißen, die große Masse wäre ansonsten nicht faltbar
  • Hammerkopf mit Säure ätzen um die Muster sichtbar zu machen
  • Schaft wird im Hammerkopf mit sechs dicken Nieten festgehalten - Löcher im Schaft vorbohren, damit das Holz nicht reisst!
  • Schaft aus Holz, Meister Animar empfiehlt Ahornholz aus dem Erdstamm (was auch immer das sein soll) eines recht jungen Baumes (15-20 Jahre)
  • Länge des Schaftes etwa 130 Finger
  • Schaft oval um besseres in der Hand liegen zu ermöglichen, zum unteren Ende hin sollte der Schaft breiter werden, um ein aus der Hand gleiten zu verhindern
  • Entlang des Schaftes mehrere Metallringe anbringen, diese sorgen für zusätzliche Griffigkeit
  • Am Ende des Schaftes einen Metalldorn aufsetzen, dieser kann verwendet werden um den Gegner zu überraschen und ihm beispielsweise aus kurzer Distanz einen Stoß unters Kinn zu verpassen

Er betrachtete seine Notizen erneut, fertigte noch eine Abschrift an, die er einem Botenjungen für Sarah in die Hand drückte, dann erhob er sich mit einem zufriedenen Brummen und spazierte hinaus in die Frühlingssonne.
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#3
Etwa zur selben Zeit - im Südwald - Bauernwald - Servanos machte sich Meister Animar auf die Suche nach einem passenden Ahornbaum mit einem Stammdurchmesser von etwa einer Handspann-Breite. Der ca 16 Jahr alte Ahorn wurde gut eine Spatentiefe ins Erdreich hinab ausgegraben und dann sorgsam von den Wurzeln getrennt. Etwa zwei Handspann-Tiefe wurde die Wurzel des Ahorn ausgegraben und somit der Baum gefällt.

[Bild: wgllw4o2.gif]

Der Altmeister musterte lange das Holz und schnitt schließlich inklusive Wurzelballen gute ein, ein halb Meter vom Stamm ab. Zu Hause am Jägerhof wurde das Holz gesäubert, sorgsam zurecht gesägt und schließlich weiter verarbeitet. Die Rinde wurde entfernt, das Holz grob vom frischen Splint-holz befreit, so dass ein langer ovaler Rohling für einen Stiel zu erkennen war.

Anschließend lies er das Holz entsaften und trocknen. Der Stiel musste so weit wie möglich geschrumpft sein, bevor das Werkstück mit ihm verbunden wurde. Er ließ das Stielende am Stamm etwas länger als es Goran verlangt hatte.
Die schwierigste Arbeit war es, das Kopfende des Stiels aus dem Wurzelstück heraus zu arbeiten. Jenes Holz war besonders Hart und Stabil, um den schweren Hammerkopf gut und sicher zu tragen.
Die Gewachsene Verbindung des Holzes zum Stamm würde für zusätzliche Langlebigkeit und Stabilität sorgen. Nach einigen Tagen dann, nahm das Werkstück auf der Schnitzbank perfekte Formen an und konnte weiter trocknen.
[Bild: images?q=tbn:ANd9GcREaiTGH8CSlMNRAtW6cWm...dVU1zy0cPA]
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#4
*Sorgsam platziert sie den Kriegshammer, welchen sie am Vorabend von Goran ausgehändigt bekommen hat auf einem kleinen Podest
in der Mitte des Raumes und umschreitet ihm einige Male. Sie reibt sich am Kinn und mustert die ungewöhliche Form den Hammerkopfes,
ehe sie das gute Stück in die Hand nimmt und darin wiegt.
Nach einigen "Mhm..." und "Hrm..." stellt sie ihn wieder auf das Podest und entrollt ihre Werkzeugtasche auf dem Tisch nicht weit davon entfernt. Mit einem Beitel entfernt sie sorgsam den Keil des Griffes und zieht ihn schließlich mit einem kräftigen Ruck aus dem Kopf. Hockend mustert sie den Hammerkopf erneut aus nächster Nähe. Als ihr eine leichte farbliche Abweichung des Metalles im Loch für den Hammergriff auffällt, wird dies kurzerhand notiert, ehe sie sich wieder erhebt und den Hammerkopf unter den Arm klemmt um sich auf den Weg in das Alchemielabor aufzumacht.
Dort angekommen stellt sie einen Eimer in einen leeren Zuber. Befüllt den Eimer randvoll mit Wasser um schlussendlich den Hammerkopf hinein zu legen.
Das verdrängte und übergelaufene Wasser wird sorgsam in einen Messbehälter gegossen und der Wert sogleich ebenfalls in ihrem kleinen Büchlein notiert.
Gänzlich in ihre Notizen vertief und mit dem nassen Hammerkopf unter dem Arm macht sie sich wieder auf um nach Goran zu suchen.*
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#5
*Die erste Nacht seit Tagen ohne Lärm geht in Löwenstein zu Ende.
In den letzten Tagen konnte man in der Schmiede jemanden fleißig arbeiten hören, sehr zum Unmut einiger Bürger. Das ständige Aufeinandertreffen von Metall auf Metall in einer schon fast rhythmischen Regelmäßigkeit war gewiss für die umliegenden Bewohner alles andere als angenehm. Jedoch wurde die Arbeit am vorangegangenem Abend endlich vollendet. Es hat viel Schweiß und Mühen gekostet doch das Werkzeug aus Damast ist endlich fertig gestellt, sowie zwei etwa ellenlange Dorne. Der Eine umfasst die Dicke eines Handgelenkes, der zweite die des kleinen Finger.
Sorgsam wird das Werkzeug schließlich in Leder eingeschlagen und bis zum heutigen Abend in einer Truhe in ihrem Keller verstaut.*
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#6
Goran lag in seinem Bett. Sein Körper bestand - so hatte es zumindest den Anschein - überwiegend aus Schmerz. Ihm war als vibrierten seine Knochen noch immer von der enormen Anzahl mächtiger Hammerschläge, die er am heutigen Abend zunächst unter Mithilfe von Aki und dann von Sarah auf sein damaststählernes Meisterstück herunter prasseln gelassen hatte.
Seine Muskeln brannten noch immer von der Anstrengung die es bedeutete einen Damast-Schmiedehammer immer und immer wieder, so schmerzhaft viele Male, zu heben und herabsausen zu lassen. Er wusste aus langjähriger Erfahrung, dass sich dieser Muskelschmerz noch steigern und ihm die nächsten Tage ein steter Begleiter sein würde.
Mit einem Stöhnen rollte er sich auf die andere Seite und lenkte seine Gedanken weg von seinem schmerzenden Körper und hin zur heute geleisteten Arbeit.

Sie hatten zunächst in mühseliger und kraftraubender Kleinarbeit die einzelnen, bereits vorbereiteten Platten zu einer Rohversion eines Hammerkopfes zusammengeschweißt. Dann hatten sie mit vielen Schlägen die groben Unebeheiten aus dem Metall verbannt und mehr und mehr die endgültige Hammerkopfform herausgearbeitet. Eine besondere Herausforderung war dabei das Austreiben der spitzen Hammerkopfseite gewesen, da der Damaststahl sich wirklich nur sehr widerwillig in die Länge treiben ließ. Schließlich jedoch hatten sie auch diesen Schritt als erledigt vermerken können, der Hammerkopf war zu diesem Zeitpunkt schon gut als solcher erkennbar gewesen.
Dann hatten sie mittels der von Sarah gefertigten Dornen erst eine Öffnung für den Schaft und anschließend die Löcher für die Nieten in den Hammerkopf eingetrieben. Insbesondere bei der letztgenannten Arbeit war große Präzision gefragt gewesen, da die Löcher im Hammerkopf genau mit den vorgebohrten Löchern im Schaft übereinstimmen mussten. Außerdem musste bei den Arbeiten mit den Dornen stets darauf geachtet werden, dass der Hammerkopf zwar heiß war, die Dorne es jedoch nicht werden durften, so war die Aufmerksamkeit der beteiligten Schmiede auch nach Stunden der leiblichen Verausgabung noch gefragt gewesen. Doch auch dieser Part war letztlich geglückt und so hatten sie sich an den Feinschliff gemacht und mit dem Schleifstein alle Unebenheiten und ungewollten Kanten und Dellen aus dem Werkstück verbannt - es würde vermutlich ebenfalls einige Tage dauern, bis Goran keine Metallspäne mehr in seinem Bart fand.

Schließlich hatten sie die feinen, fast flammenartig wirkenden Linien und Schattierungen im Damaststahl mit einer Ätzung in einem Säurebad herausgearbeitet und die "Hochzeit", das Zusammensetzen von Schaft und Hammerkopf, mit anschließendem Vernieten, vollzogen.
Damit hatte die vielstündige Plackerei dieses Abends endlich ihr Ende gefunden.
Nun galt es für Goran lediglich noch den Hammer ordentlich zu polieren und sein Markenzeichen - eine Mithrassonne vor einem Amboss - auf beiden Seiten des Kopfes einzugravieren.

Wenn dies vollbracht war würde sich zeigen, ob das alles die Mühe wert gewesen war und Aki ihm den Meistertitel zugestehen würde...
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