Von der Kriegskunst – das Soldatenmanifest
#1
Das Tagewerk war vollbracht. Einzig das Klappern der Stiefel der Wachsoldaten war das einzige Geräusch, das von draußen in die Offizierstube drang. Die flackernde Kerze warf  ihr tanzendes Lichterspiel auf die leeren Pergamente an dem kleinen Schreibpult. Die Wehr lag gesäubert und sortiert in der Aufhängung in der Zimmerecke. Der Windzug unter der Tür bliess ihm kurz einen Schauer über den Rücken. Doch war es nicht die Ruhe und der Schlaf, den Kordian suchte. So führte er den Federkiel in die Tusche, um das, was ihm die Jahre gebracht hatten, auf Pergament zu bannen. 

Von der Kriegskunst – das Soldatenmanifest
verfasst von Hauptmann Kordian, Schwere Silendrische Infanterie a.D.

Lenzing im Jahr 1402

Kapitel I – Der Soldat

Ein Soldat ist stets bestrebt seine Aufgaben zu erfüllen, sein Handwerk pflichtbewusst auszuüben und seine Fähigkeiten zu perfektionieren. Gehorsam und die Disziplin sind die Grundpfeiler eines jeden guten Soldaten; Aufopferung und der Verzicht seine festen Begleiter. Ein Soldat muss den Tod als solches akzeptieren lernen. Respektiere Bruder Tod, aber fürchte ihn nicht.

Die grundlegenden Prinzipien eines Soldaten
  • Sei wachsam und geistesgegenwärtig, nicht sorglos oder übervorsichtig. Wachsamkeit befähigt dich Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen. Geistesgegenwart befähigt dich zügig und angemessen auf Gefahrensituationen zu reagieren.
  • Sei souverän und selbstsicher in deinem Handeln. Souveränität und Selbstsicherheit sind ein Ausdruck innerer Stärke.
  • Schule mit Eifer dein Gewissen. Mit wachsender Erfahrung stärkst du deine Urteilskraft und lernst, Recht und Unrecht, sowie das Gute und Schlechte in allen Dingen zu unterscheiden und darauf deine Entscheidungen aufbauen zu können.
  • Lasse dich nicht von deinen körperlichen Vor- oder Nachteilen beeinflussen, sondern handle und urteile unvoreingenommen. Eine Schwäche deinerseits lässt sich mit Geschick zu einem Vorteil wandeln und die Stärke eines Gegners zu seinem Nachteil.
  • Bewahre stets Haltung - gehe aufrecht mit neutraler Mimik, die Augen stetig und der Kopf gerade.
Bedeutung der Waffen

Jede Waffe sollte, wenn möglich, entsprechend ihrer Tauglichkeit eingesetzt werden. Die Kunst ist es, den Sieg zu erringen, mit welcher Waffe auch immer und diese ohne Rücksicht auf ihre Größe und Anwendbarkeit benutzen zu lernen. Lerne deine Waffe kennen und lasse sie zu einem Teil deiner selbst werden. Sie wird es sein die zwischen dir und dem Griff Morrigus steht, wenn du einem Feind von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehst.



Kapitel II – Strategie und Taktik
Der Unterschied zwischen Strategie und Taktik

Strategie

Strategie die umfassende Planung eines Krieges, eines Feldzuges oder einer Schlacht. Sie ist die Lehre von der Führung der Truppen und der geplanten Verfahrensweise vor dem Kampf.

Die grundlegenden Prinzipien der Strategie
  • Sei flexibel um dich an unerwartete Situationen rasch anpassen zu können
  • Wahre das Geheimnis. Die beste Strategie nützt nicht, wenn der Feind sie im Voraus kennt.
  • Bündle deine Kräfte, verfolge ein Ziel mit aller Kraft und wende dich erst nach Abschluss dieses Ziels einem neuen Ziel zu.
  • Bringe möglichst schnell die Schlachtendynamik unter deine Kontrolle, zwinge dem Feind deinen Rhythmus auf.
Taktik

Taktik ist die Praxis der geschickten Kampf- und Truppenführung. Es ist die Art des Vorgehens in einem zweckbestimmten Verhalten. Nachfolgend die drei geläufigsten Mittel, um die Führung einer Schlacht zu übernehmen.

Führung durch Eröffnung
Du musst von Anfang an zum Angriff entschlossen sein, die Führung im Kampf zu übernehmen und mit schnellen gezielten Aktionen den Gegner schnellstmöglich ausschalten.

Führung durch Abwarten
Hierbei versucht der Gegner, die Führung durch Angriff zu übernehmen. Lass ihn kommen und täusche Unterlegenheit vor. Ist er an dir dran, störst du seinen Angriff durch eine gezielte Verteidigung oder ein überraschendes Ausweichen. Sofort im Gegenzug zwingst du ihm durch deutlich erhöhte Gegenwehr deinen Rhythmus und Willen auf und übernimmst die Führung im Kampf.

Führung durch Gleichstand
Hierbei gleichst du dich scheinbar der Geschwindigkeit des gegnerischen Angriffs an und gehst allmählich und unbeirrbar auf deinen eigenen Rhythmus über, um die Kontrolle über das Kampfgeschehen zu erlangen und deinen Gegner zu überwinden.

Es gibt viele Methoden den Sieg zu erringen. Einige grundlegende Kampftaktiken möchte ich hier auflisten. Dabei handelt es sich nicht immer um vollständige Taktiken, sondern auch um Fähigkeiten die gelernt und verinnerlicht werden sollen, um einen Sieg zu ermöglichen.

Aufs Kissen drücken
… ist der Ausdruck für „jemanden den Kopf nicht heben lassen“, was wiederum bedeutet, den Gegner beschäftigt zu halten, ihn nicht zur Ruhe kommen zu lassen und alles zu vereiteln, was er plant.

Das Erkennen der Lage
… ist die taktische Beurteilung des Gegners. Wie stark oder wie schwach er ist oder auch vorgibt zu sein. Allein dadurch, dass du die Lage vorausschauend beurteilst, bist du m Vorteil. Du kannst ihm dann bei Bedarf das Gefühl geben ihn zu kennen oder ihm Ignoranz vorspielen, obwohl du ihn durchschaust.

Das Schwert niedertreten
… bezieht sich ganz konkret auf den direkten Gegenangriff. Bestreicht der Feind deine Stellung mit Fernwaffen, so gehst du SOFORT in einen Gegenangriff über, um seinen Angriff wirkungslos zu machen und weitere Angriffe dadurch zu verhindern. Versuche also hier nicht, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.

Das Erkennen des Zusammenbruchs
… bedeutet, den Augenblick der Schwäche beim Gegner zu erkennen, in der er in Unordnung gerät und seinen Rhythmus verliert. Nutze den Augenblick, bevor er sich erholt und strecke ihn mit einem Schlag nieder.

Sich in den Gegner verwandeln
… heißt, sich in seine Lage zu versetzen, von seinem Standpunkt aus zu denken. Versuche seine bisherige Taktik zu ergründen, um seine Strategie zu verstehen und wende dementsprechend Gegenmaßnahmen an.

Die Hände frei machen
… ist vor allem dann notwendig, wenn alles gleich steht und ihr euch gegenseitig blockiert. Überlege, wie du unter Aufgabe deiner bisherigen Absichten gewinnen kannst und wende Methoden an, die er nicht erwartet.

Den Schatten in Bewegung bringen
… solltest du, wenn du die Absichten deines Gegners nicht zu durchschauen vermagst. Täusche ein Manöver vor, welches ihn in Bewegung bringt und seine wahren Absichten offenbart. Danach sollte es ein Leichtes sein mit den entsprechenden Mitteln zu siegen.

Beeinflussung durch Übertragung
… geht davon aus, dass der Gegner die eigenen Verhaltensweise übernimmt. Spiele ihm deshalb vor, gelangweilt oder sogar betrunken zu sein. Tut er es dir gleich und zeigt Schwäche, so schlägst du unvermutet zu.

Den Gegner aus dem Gleichgewicht bringen
… heißt nichts anderes, als ihn an einer unvermittelten Stelle überraschend anzugreifen, um ihn somit aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Den Gegner erschrecken
… durch Waffenklirren, Schildtrommeln, Kampfschreie, unerwartete Angriffe von der Flanke oder aus dem Hinterhalt, aber auch durch List und Tücke, indem man vorgibt stärker zu sein als man wirklich ist. Auch „unkonventionelle“ Vorgehensweisen sollten hier ins Auge gefasst werden.

Den Gegner zertreten
… ist der Gegner schwach - sei es, dass sie zahlenmäßig unterlegen sind  oder sie sich in Verwirrung befinden oder keinen Kampfgeist mehr haben - dann vernichte sie mit einem konzentrierten Schlag. Somit verhinderst du, das sie sich sammeln können oder an Erfahrung im Kampf mit dir gewinnen.

Durchstoßen bis zum Grund
… ist dann sinnvoll, wenn es den Anschein hat, dass der Gegner zwar besiegt, doch seine Kampfmoral ist nicht gebrochen ist. Es ist in diesem Fall notwendig mit aller Kraft, Mut, eisernem Willen und dem Stahl bis zum Grund seines Innersten durchzustoßen und ihn zu brechen. Ein Erfolg ist allerdings nicht mit Sicherheit festzustellen.

Den Griff loslassen
… kann bedeuten, dass man den Sieg auch ohne ein Schwert erreicht oder, dass man auf den Sieg verzichtet, obwohl man sein Schwert noch hat. Nimmt man das Schwert als Symbol für die Kämpfer, welche man ins Feld führt, so heißt das: Man kann einen Sieg auch erringen, wenn man seine Leute opfert oder aber auch, dass man einen Kampf verliert, aber dennoch den Krieg gewinnt.
So oder so, man muss dazu bereit sein, sich von allem, was einem wichtig ist, trennen zu können – bereit sein alles zu verlieren – um den Sieg zu erringen.

Ein Körper aus Fels
… beschreibt die Fähigkeit im Kampf hart wie ein Fels zu sein und unberührbar durch die zehntausend Dinge die auf einen einstürzen.



Kapitel III – Allgemeines

Der Ausgang eines Konfliktes, sei es ein Krieg, ein Gefecht oder nur ein Scharmützel, ist jedes Mal von einigen Faktoren abhängig. Doch lässt sich aufgrund der Erfahrung und eines gesunden Menschenverstandes eine Einschätzung vornehmen, so dass der kundige Anführer von vorneherein seine Chancen auf einen Sieg überblicken kann. Bei größeren Auseinandersetzungen, die über einen längeren Zeitraum geführt werden, sind es folgende Punkte, auf die man sein Augenmerk richten sollte:

Die Politik
Wer hat die stärkeren Verbündeten? Welche der Kriegsparteien kann mit größerer Unterstützung von dritter Seite rechnen?

Das Wetter
Welche Armee ist auf die Witterungsbedingungen besser vorbereitet? Wurden die Einwirkungen von Hitze, Kälte, Nässe, Trockenheit oder allgemein die Jahreszeit berücksichtigt?

Das Terrain
Hat eine der Parteien einen Geländevorteil? Wer kann sich besser den Gegebenheiten der Umgebung anpassen?

Die Doktrin
Unter welchen Gesichtspunkten ist die Armee gegliedert; wie ist sie motiviert; welche Rangordnung unter den Offizieren und welche Theologie steht dahinter?

Kleinere Gefechte oder einzelne Schlachten lassen sich - genügend Weitsicht und Kenntnis der nötigen Informationen vorausgesetzt - mit einer nicht zu unterschätzenden Wahrscheinlichkeit beurteilen, bevor sie geschlagen werden.

Die dabei zu beachtenden Punkte wären:
  • Welcher Kommandeur ist talentierter?
  • Welche der Parteien erhält den Vorteil von Natur und Terrain?
  • Wo werden die Anweisungen und Bestimmungen besser ausgeführt?
  • Welche Armee hat die besser trainierten oder erfahrenen Offiziere und Soldaten?
  • Welche Armee belohnt und bestraft auf belehrende Art und Weise?
Bedenket jedoch, dass sich die Auswirkungen der einzelnen Punkte unterscheiden können. Als Beispiel ist die Disziplin einer Armee von untergeordneter Rolle im Kampf bei gleich starken Truppen, zumindest solange diese Armee nicht in eine Krise gerät.

Kriegsführung

Generell gilt, dass die wahre Leistung im Krieg darin liegt, den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen. Keiner Schlacht auszuweichen und brachial einen Sieg nach dem anderen auf dem Schlachtfeld zu erzwingen, ist sicherlich ein Morrigu gefälliges Vorgehen, doch sollte der Hauptaugenmerk auf dem gesamten Plan liegen und nicht nur bei der gegenwärtigen Schlacht.

Wenn ihr also eure Truppen in einen Kampf führt, dann sollten folgende Punkte eure primären Ziele sein:
  • Erringe einen schnellen Sieg.
  • Nur, wer die Grauen eines Krieges kennt, weiß, dass ein langer Krieg keinen Vorteil bringt und nur das Volk und die Armee unnötig darunter leiden müssen.
Die Versorgung
Stelle immer und überall den Nachschub deiner Armee sicher. Bedenke dabei, dass eine eroberte Wagenladung Nahrungsmittel oder Waffen das vielfache des Wertes hat, wie eine eigene, denn dadurch werden nicht nur die eigenen Truppen gestärkt, sondern auch die feindlichen Truppen geschwächt.

Motivation der Truppe
Sehet zu, dass die Moral und Motivation in der Armee hoch bleibt. Vergesst nicht dabei, dass Menschlichkeit und Gerechtigkeit Tugenden im Frieden sind. Sie sind nötig, um Reiche aufzubauen und zu erhalten -  in einer Armee und während eines Krieges sind sie jedoch nur teilweise zu gebrauchen. Opportunismus und Flexibilität sind hingegen militärische und keine zivilen Tugenden.

Gründe einer Niederlage
Der Feldherr ist immer Schuld an einer Niederlage. Er ist und kann für alles verantwortlich gemacht werden, aber nur wenn er auch alles in der Hand hatte und nicht von höherer Stelle behindert wurde.

Gründe einer Niederlage können sein:
  • Die Flucht, welche an sich kein taktischer Fehler ist, sondern eine Notwendigkeit, wenn der Feind zum Beispiel Zehn zu Eins überlegen ist.
  • Insubordination, wenn die Soldaten zu stark und die führenden Offiziere zu schwach sind.
  • Der Zusammenbruch, wenn die Soldaten zu schwach, aber die führenden Offiziere zu stark sind.
  • Der Ruin, wenn die höheren Offiziere nach Gutdünken und nicht im Einverständnis mit den Zielen des Heerführers arbeiten und planen.
  • Desorganisation, wenn ein schwacher Heerführer ohne Autorität keine klare Kommandostruktur einführen oder aufrecht erhalten kann.
Die fünf Fehler eines Feldherren
Es sind die Charaktereigenschaften, die er zwar braucht, aber die nicht bestimmend für sein Wesen werden dürfen, da sie sonst von seinem Feind, dem gegnerischen Feldherren, ausgenutzt werden könnten:
  • Ist er rücksichtslos oder unbekümmert, wird das recht schnell zu seiner Vernichtung und Niederlage führen.
  • Ist er feige, sollte eine angebotene Verschonung durch Gefangennahme oder Kapitulation der Weg sein ihn zu bezwingen.
  • Ist er aufbrausend und hat er ein ungezügeltes Temperament, dann ist die Provokation ein guter Weg um ihm beizukommen.
  • Hat er keinen Humor oder zu empfindliches Ehrgefühl, so ist er gegenüber Spott und Demütigungen empfindlich.
  • Ist er voll Mitleid und in großer Sorge um das Wohl seiner Männer, so demütige diese. Bereite den Soldaten deines Feindes Kummer und der feindliche Heerführer wird mit seinen Soldaten leiden.
Der Heerführer, der angreift ohne nach Ruhm zu schielen und der sich zurückzieht ohne die Ungnade zu fürchten, wird sich den Respekt seiner Männer in der Schlacht verdienen.
Lernen durch Schmerz
Motivation durch Entsetzen
Festigung durch Wiederholung
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