Drachenfeuer
#11
Die Mächtigen des Reiches waren zum Konklave erschienen, hatten sich zu politischen Beratung in der Burg versammelt. Jegliche Stände hatten ihre Arbeit niedergelegt, die Köche und Wirtsleute ausgenommen und es herrschte seit zwei Tagen wildes Treiben auf dem Markt zu Löwenstein. Hohenquell war seinem Statthalter gefolgt, einige mit geteilten Gefühlen, denn nur wenige von ihnen hielten es länger als einen halben Tag in der großen, turbulenten Stadt aus.
Ein großes und feierliches Bankett war vor der Kirche hergerichtet worden, freies Essen und Trinken, gar Met und Bier wurde angeboten, Adels - und Bürgertische, ja gar Tische für den Pöbel waren festlich gedeckt.
Rasch noch brachte Tara der jungen Alexandra einige Tanzschritte bei, wenn auch galatische, und beobachtete dann das Spektakel anfänglich von der Seite her, ihre Landsfrau Meran verschworen neben sich wissend. Doch die Entspannung schien den beiden versagt, die massiven Steinbauten legten sich den Inselfrauen aufs Gemüt, fern schien der Himmel zu sein und Enge erzeugte zumindest in Tara das Bedürfnis vermehrt durchatmen zu müssen.
Der Marktplatz füllte sich, hier und da tauchte ein bekanntes Gesicht auf, doch so rasch man es erblickt hatte, war es auch schon in der wuseligen Menge verschwunden. In der Zwischenzeit hatten sich Meran und sie einen Platz an den Tischen gesucht, aßen Maisbrot ohne Pilzsuppe, Suppe aß man besser nur aus seinem eigenen Kochtopf, meinte Meran, und Pilzsuppe sowieso.
Am Tisch hinter ihnen hatte eine gerüstete, wild dreinblickende Gesellschaft Platz genommen, Söldner, so vernahm sie und erblickte die zierliche junge Alexandra inmitten der mürrisch dreinblickenden, zechenden Kerle. Tara wurde aus dem jungen Mädel nicht so wirklich schlau, mal gab sie sich hilflos, ängstlich und scheu, und dann wieder wieselte sie inmitter garstiger Gesellen umher, als wäre es ihre Bestimmung.
Meran machte sich dünne, und kurz darauf folgte ihr auch Tara nachdem man sie ihrer guten Plätze beraubt und diese einigen Adligen mitsamt deren Gefolge dargeboten hatte. Allesamt in edle Kleider gehüllt, sahen wahrlich beeindruckend aus, Rüschen und Borten aus Samt und Seide, Brokat und Silberfaden wechselten sich ab um die Herrlichkeit der Edlen zu unterstreichen. Miri wäre begeistert gewesen, hätte sich sicher das ein oder andere Schnittmuster gemerkt und nachgeschneidert. Auch erblickte sie Arellus wie er sich unter das Adelsvolk mischte, brav seinem Stande nachkommend. Welten schienen sie hier zu spalten, und eine Unterhaltung würde ihr wohl heute ganz sicher verwehrt bleiben. Tara blieb noch bis zu den Wettspielen, hielt sich jedoch abseits im Schatten der Mauern verborgen. All dieser Trubel war nichts für die Tochter der Inseln. Sie hatte so sehr gehofft, Rashka, ihren Bruder anzutreffen, unaufhaltsam ließ sie ihren Blick über die Menschenmassen wandern. Doch als die Fackeln und Laternen entzündet wurden, zog sich Tara in das kleine, für eine Nacht gemietete Kämmerlein zurück. Morgen, vielleicht Morgen, am letzen Tag des Konklaves würde sie Rashka finden und mit diesen tröstenden Gedanken schlief sie ein, das bunte Treiben von draussen bald schon nicht mehr wahrnehmend.
Der Morgen darauf begegnete ihr grau und neblig und wie sie aus dem kleinen Fenster der Kammer spähte, ragte die Kirche drohend im Nebel empor. Krähen flatterten umher als hielten sie nach den Überresten des Festes Ausschau, grausig riefen sie ihr "Kraaa, Kraaa" und Tara schloss fröstelnd das Fenster. Noch ein Tag, dann ging's heimwärts, den Göttern sei Dank!

[Bild: ilsziwjy.jpg]
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#12
Und es gab sie, die Vorzeichen, die Ahnungen! So, wie gestern Abend, als Tara auf dem Friedhof zwischen den Steinen, eher aus Langerweile, als aus Notwendigkeit nach Grabmoos suchte und ihr ständig diese schwarze Katze über den Weg lief und herzerweichend maunzte. Galatier sind diesbezüglich grausam abergläubisch, Tara versuchte der Katze auszuweichen, das Grabmoos von anderer Seite anzugehen, doch stets war das schwarze Ding geschickter als sie und erwartete sie bereits. Weshalb sie ständig an den Alten denken musste verstand sie nicht. Vielleicht war's die Stille und Abgeschiedenheit des Friedhofs das sie endlich ihre Gedanken zuließ. Ja, sie war unendlich verärgert gewesen, hat's nicht akzeptieren wollen, dass Helme die Entscheidung so mirnichts dirnichts zurücknahm. Er, dem man anhand seines Alters mehr Standhaftigkeit zugetraut hätte. Tara hatte ihn linksliegen lassen und hatte sich verdrückt, sie sah, wie er nach ihr sehen kam, doch rührte sich nicht aus ihrem Versteck heraus. Vielleicht hätte sie mit ihm reden sollen, nicht wie immer weglaufen wenn es ihr mal nicht in den Kram passte. Sie entschloss sich noch an diesem Abend nach Rabenstein zu reiten, sie würde ihn zurückholen, und wenn er sich sträuben sollte, zumindest mit ihm sprechen und ein Versöhnungsbier trinken. Helme hatte sich in den letzen Wochen einen ganz besonderen Platz in Tara's Herzen verdient, er war ihr Vater und Berater, Freund und Ratgeber in Einem. Sie vermisste ihn und nichts konnte wichtiger sein, als diese Freundschaft.
Nach einem windigen Ritt erreichte sie die Taverne, ein paar Wölfe saßen an einem der Tische, trinkend miteinander redend, doch ihre Frage, ob jemand Helme gesehen hätte, wurde von allen verneint. Der Wirt brachte ihr Suppe und Brot und während sie diese hungrig löffelte, betrat eine Gardistin den Raum. "Verzeiht, aber habt ihr den alten Helme gesehen?" fragte Tara und bekam zur Antwort "Der Helme ist tot glaub ich." "Tot? Wie meint ihr?" "Na, hab gehört der ist ersoffen." Ganz sachte begann Tara's Unterlippe zu beben. "Bestimmt im Suff ersoffen." "Aber...aber das kann nicht...Woher wisst ihr das? Wer sagt denn sowas?" blass wie die Wand starrt sie der Frau entgegen. Mittlerweile hatten die Worte die Aufmerksamheit des Wächters Ginsterstrauch erfasst: "Was ist mit dem alten Helme?" "Na genau weiß ich nicht, aber da im Süden im dem kleinen Teich ..da ist er ersoffen," entgegnete die Gardistin. "Dreck verdammter... , " fluchte der Druide, den Blick an die Tischplatte heftend. "Ich werde veranlassen, dass man den Leichnam zum Rabenkreis bringt." Tara hingegen vermochte dem weiteren Gespräch nicht mehr lauschen, rutschte vom Hocker, ließ den Rest der Suppe stehen und hastete mit tränenverschleiertem Blick nach draussen, nahm ihr Pferd und ritt zum Hexensee wo sie sich in ihrem Häuschen verschanzte, alle Türe und Fenster verriegelte und die Welt ausschloss. Alle Lichter wurden gelöscht mit Ausnahme einer einsamen Kerze die sie im Fenster plazierte, ein Licht für die Toten, ein Licht für einen Freund.



[Bild: ikzz6kih.jpg]
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#13
Sie suchte den Strand ab, keine Spur von Kindern und Älteren, nur der leere Steg, der fahle, im Mondlicht schimmernde Strand und der silbrige Meeresarm. Ein kurzes Stoßgebet wurde den Göttern zugesandt, ein Flehen, dass die Geflohenen übers Wasser entkommen und in Sicherheit waren. Fanatismus konnte erschreckend kopflos werden, ohne Rücksicht auf Verluste. Die Aufständischen hatten in ihrer Panik ihre eigene Anführerin erschossen, wer weiss ob in ihrer Verzweiflung nicht auch die Alten und Kinder hätten dran glauben müssen? Tara zwang sich ihren Blick vom blutbedeckten Strand zu reissen. Es wollte sich so garnicht das zufriedene Gefühl des Sieges einstellen, es war zu einem Masaker gekommen, dem Töten unausgebildeter, aber dennoch angreifender Bauern. Der Fürst hatte befohlen diesem Aufstand ein Ende zu bereiten, die Anführerin festzusetzen und sie ihrem verdienten Urteil zuzuführen. Doch Morrigú schien durstig, sie verschlang einen Ungläubigen nach dem anderen und verschonte lediglich Kinder und Greise.
Während die Priesterin Hannah die Toten in Feuern bestattete, konnte Tara nahezu den Schmerz fühlen, der dieser Frau zugefügt worden war. Sie kam als Priesterin, als Vertraute und verriet die Gläubigen, indem sie ihre Truppen versteckt im Hinterhalt wusste. Fürwahr, in ihrer Haut wollte Tara nicht stecken. Würde ihr Gott ihr jemals verzeihen?
Was ihr jedoch das Herz wärmte, war der Zusammenhalt der Truppe, Hohenquell und Greifanger, zwei Baronien verbunden im Kampf, gegenseitig das Leben schützend, allen kleinlichen Ärger hinter sich lassend um das gemeinsame Ziel ins Auge zu fassen. Es erinnerte Tara an die Zusammenkünfte der verbündeten Clans, an den einheitlichen herrschenden Geist. Ein Gefühl auf das man aufbauen konnte. Runar bildete ein starkes Bindeglied und er schien sich jetzt schon verändert zu haben, schien stärker und umsichtiger als zuvor. Tara schlug den Weg zu ihrer einsamen Hütte am Hexensee ein, nur noch schlafen, vergessen und an nichts mehr denken... mögen sich die Götter erbarmen und diesem sanften Stückchen Land den Frieden schenken.

[Bild: di83gcjv.jpg]
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#14
Die Tage wurden länger, ein Duft, der den nahenden Frühling anzukündigen schien, zog übers Land und ließ sie tiefer durchatmen und sich ihres Seins besinnen. Amhran war wie der Käse, der spät am Abend verspeist und schwer im Magen lag. Diese Magenverstimmung würde mitsamt seiner Albträume vergessen sein, sowie sie wieder die Strände Galatias betrat. Sie machte sich jedoch nichts vor, sie wusste, dass ihr Bruder noch einiges an Zeit brauchen würde bevor an Rückkehr zu denken war. Nur durfte sie zuvor nicht zerbrechen, nicht aufgeben und bei den Göttern niemals vergessen, dass es ein Leben abseits dieses Wahnsinns gab, ein Leben in dem der Frühling süß und zart war, in dem die Menschen ihres Ursprungs bewusst und nicht von Mithras Schergen beeinflusst und verängstigt knieten und zu Verrätern wurden.
Die verheissungsvolle Frühlingsbrise wehte durch ihr Kupferhaar, auf dem Rücken ihres Pferdes trabte sie am Strand entlang bis sie atemlos zum Stehen kam, den Blick dem Meer zugewandt, entzückt vom Glitzern der Sonne auf blassblauem Hintergrund.
Das Leben könnte so wunderbar sein, so einfach, wenn da nicht die Begierde so manch Machthungriger wäre. Amhran, speziell Servano und die Stadt Löwenstein schien von einem Bazillus befallen der sich eines jeden bemächtigte, sobald er die Möglichkeit der Macht in seinem Händen spürte. Mondwächter verrieten ihren Glauben, konvertierten um ein Stückchen des Kuchens zu ergattern, ein Kuchen der die Eingeweide verklebte, jedoch zuvor mit seiner Zuckerglasur das Paradies auf Erden vorgaukelte. Zuvor noch brave Priester missbrauchten schlussendlich ihren armen Mithras dazu blutgetränkte Macht zu gewinnen, spuckten auf den Alten Glauben ohne jemals die Fähigkeit erlangt zu haben jenen in seiner Vielschichtigkeit kennenzulernen, geschweige denn zu verstehen.
Galatia hingegen war zwar kein Land ohne Gewalt, ohne Verbrechen, jedoch war es reiner in seiner Struktur, ein jeder wusste um seine Göttlichkeit, um seinen Ursprung und darum wie leicht ein Leben in einem Albtraum enden könne. Ob reich ob arm, jeder bemühte sich in diesem Fluss zu baden und war den Göttern nah, was zu der Einheit, dem Ursprünglichen führte. Das galatische Volk hortete keine Schätze um des Reichtums wegen, ein Clanführer hatte Macht aufgrund seiner Fähigkeiten dem Clan zu dienen, ihn zu schützen und zu lieben, Vater und Mutter in einem zu sein.
All das hatte Tara in Hohenquell im Hause Fuchsenfelde gefunden gehabt. Ein Hort des Vertrauens und der Freundschaft, ein Zuhause wie auf Ialo'terom. Doch hielt der dunkle Einfluss der Kirche des Mithras immer wieder Einzug. Mit aller Macht versuchte die Kirche Pflöcke in ihre Herzen zu treiben, sie zu beschuldigen sich an werlosen Bauern vergriffen zu haben, und das während eines Gebets, welch Frevel! Sie schienen ganz vergessen zu haben, mit welcher Brutalität sie selbst im Namen Mithras unschuldige Ravinsthaler massakriert und in ihrem eigenen Lehen ermordet hatten. Der Thalwald sprach heute noch davon, meilenweit verbrannter Erde und die mahnende Stimmung des Todes haltend. Wer im Glashaus sitzt...
Tara wünschte sich fernab von all dem politischen Treiben, was ging es sie an was diese Amhraner taten. Sie würde Liesel und Ley fragen ob sie sich nicht alle lösen könnten, ein eigenes friedliches Haus gründen. Vielleicht sogar das Fuchshaus weiterführen. Das Bedürfnis nach Macht und Gier und politischem Wirken gehörte nicht zu den Füchsen. Die Füchse standen jeher für Friedlichkeit, Kuchen, Lebensfreude und Herzlichkeit, für offene Arme gegenüber denjenigen die in Not geraten waren, für heisse Suppe, ein tröstendes Wort, für die Götter, für das Leben und die Liebe.
Machtgierige Politik hatte in diesem Hause nichts verloren.
Statthalter, Ritter, Barone, Fürsten, Könige...sie alle konnten ihr den Buckel runterrutschen, denn nicht einer von ihnen hatte ihr wirkliches Wohl im Sinn.
Tara hieß ihr Pferd zu wenden und man sah den Rotschopf den Strand zurückjagen, in wildem Galopp als wäre sie ein berittener Meldereiter, ein Reiter dessen Nachricht Tod oder Leben tragen könne.
Die Füchse mussten gerettet werden! Für Amhran indess kam jede Hilfe zu spät.

[Bild: byqhucj2.jpg]
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#15
Die Geräusche vom ans Ufer schwappendem Wasser ließen ihre Augen zufallen, einschläfernd monoton ließen sich die Wellen des Gewässers nicht beirren und dominierten die Geräusche in und um die alte, abbruchreife Hütte. Zugegeben, es war kein Vergleich zu ihrer winterfesten Behausung nahe des Hexensees, doch es war Frühling, bald würde Sommer sein und wen scherte im Frühling der Winter. Sie hatte ihre Zeit in Hohenquell hinter sich gebracht, hatte kurzentschlossen alles aufgegeben, und sich nur von Liesel verabschiedend, die wenigen Habseeligkeiten auf ihr Pferd geladen, als müsse es schnell und schmerzlos von sich gehen, Candaria verlassen. Sie hatte bis zuletzt ausharrt, diesen Schritt herausgezögert, bis es ihr nahezu unmöglich war, ihre Wut zu beherrschen und Arellus nicht zu erstechen.
Was war das für ein Mondwächter Statthalter der vor der Kirche kuschte, als sei jene sein Herr und Meister? Bedeutete ihm sein Aufstieg und Ruhm so viel, dass er Land und Leute verriet? Tara wusste genau was dieser Mann dachte und sie verabscheute seine Schwäche.
So machte sie sich auf ihrem Bruder Rashka zu folgen, der Ruf des Drachens wurde erneut in ihr laut, die Stimmen im Berg verlangten dass sie erneut zuhörte.....
Der tote Fuchskopf am Goldenen Raben, ein Zeichen... Zeichen der Götter lügen nicht...
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#16
Nur schwer ließ es sich einschlafen, nicht nur, dass das Stroh im Pferdstall piekte und kratzte, die Pferde schnaubten und der Mond durch das löchrige Dach schien silbrig auf ihren Schlafplatz, nein, die Worte des jungen Sehers beunruhigten sie.
Ein schlechtes Omen sollte auf ihren Schultern lasten, verursacht durch den Tod ihres treuen Pferdes, gerissen von einer Harpyie, die sich vom Kamm herabgewagt hatte. Ein Omen, gleich welcher Art auch, wollte zur Zeit so garnicht in Tara's Leben passen. Seit sie Hohenquell den Rücken zugewandt hatte, war ihr Leben nahezu sorgenfrei. Die kleine Hütte im Thalwald lag romantisch am Wasser, Mücken und anderes Getier leisteten ihr Gesellschaft, sodass ihr neues Heim keinen so großen Unterschied zum Hexensee darzustellte, ausser dass die Wände und die Dachschindeln brüchig und marode waren. Freunde jedoch hatte sie noch keine, ihr einziger Kontakt war der ebenso einsame und stammeslose Jure aus dem Grenzland. Kundaj war ein seltsamer Geselle, er ruhte gewissermaßen in sich, Gefühle wie sie es als Galatierin kannte, schien jener durch und durch zu beherrschen. Kein Aufbrausen, keine Heiterkeitsausbrüche, alles an ihm schien besonnen, als ruhte er auf seiner eigenen kleinen Scholle.
Dieser Fremde also, warnte sie vor dem bösen Omen welches sie ereilen könnte. Was machte ihn so sicher? Die Tatsache, dass Juren im Sattel geboren wurden und darin starben, war nicht Hinweis genug um ihm glauben zu können. Zu allem Unglück war er aber auch ein Seher, so sagte er zumindest, ein heiliger Mann. Das beunruhigte die Galatierin durch und durch, zumal er nicht aufhörte, sie Füchsin zu nennen, sodass sämtliche Glücksbringer und Talismane hervorgekramt und in den Händen gehalten wurden. Langsam nur fiel sie in einen unruhigen Schlaf und träumte....

[Bild: eibkz6d2.jpg]
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#17
Wie sehr sie Candaria vermisst hatte, wurde ihr erst bewusst, als sie die junge, schlacksige Galatierin Maire umherführte. Tara fühlte sich verantwortlich, Maire sollte als erstes Lehen das lieblichste aller kennenlernen, danach wäre sie vielleicht stärker, vielleicht nicht ganz so enttäuscht von dem was Amhran offenbarte. Der Duft, den die derzeit blühenden Linden versprühten war berauschend. Tara verspürte eine tiefe Liebe, ja Zärtlichkeit für diesen Landstrich. Sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, kehrte ihr anderes Ich nach Außen, späßelte und feixte und zeigte Maire indess den Hexensee, Liesel's Taverne und das Baronsanwesen. Doch in ihr rief alles nach Heimat, denn das war es ihr wahrlich gewesen, hier bei Liesel und Ley. Zeiten änderten sich leider, nun bestritt sie ihre Tage mit dem Reparieren alter Söldnerrüsten, schärfte Schwerter und beulte Schilde aus. Doch diesen Tag würde sie sich gönnen, die Götter haben ihr einen Grund gegeben, und sie atmete die Luft der in der Sonne schimmernden blonden Felder und stahl den Bienen etwas honigtriefendes Wachs. Sie würde zurückgehen müssen, doch noch nicht, noch ein wenig...noch ein bisschen Lindenduft.

[Bild: jhdgt9zn.jpg]
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#18
Dieser Tage durchsuchte Tara die Seitenarme der Minen, auf der Suche nach Adamant, führte es sie immer tiefer und weiter in den dunkler und dunkler werden Berg. Es wisperte und flüsterte um sie herum, immer wieder hielt sie an, lauschend, als wolle sie sichergehen, dass die Geräusche und Stimmen nicht allein in ihrem Kopfe existierten. Die junge Galatierin war sich in so Vielem nicht mehr sicher, Amhran schien ihr den Verstand zu rauben, ihr Innerstes sehnte sich nach Abgeschiedenheit, nach klaren Gedanken und gelassenen Emotionen. Doch mit jedem weiteren Tag gesellten sich neue Schwierigkeiten hinzu. Eine davon war Maire. Sie hatte diese junge Frau wahrlich in ihr galatisches Herz geschlossen. Doch Freunde bedeuteten auch Sorgen. Und Maire sorgte stetig dafür, dass die Sorgen anstatt sich abzuschwächen, mit jedem neuen Tag wuchsen. Nicht nur, dass Maire's Geheimnis Tara's Schultern schwerer werden ließ, nein, sie musste feststellen, dass diese junge Frau nicht einen Funken Erfahrung im Zusammenhang mit Menschen mit sich trug, geschweige denn Erfahrungen mit Männern. Denn da war Nadel, der verlauste, versoffene Söldner Nadel aus Nortgard, der sich an Maire heranmachte, wie eine Schmeißfliege auf fette Beute! Ermahnungen, wohlgemeinte Ratschläge schienen bei Maire nicht wirklich zu fruchten, für einen kurzen Augenblick ließ sie zwar ihrem unschuldig, betroffenen Mienenspiel freien Lauf, doch rasch schon war alle Vorsicht dahin und machte der doch viel größeren Neugierde Platz. Konnte Tara dem Schicksal seinen Lauf lassen, war sie für Maire verantwortlich? Den Kopf voll sorgenvoller Gedanken, stieß sie weiter in einen Nebenarm der Mine vor, wuchtig die Spitzhacke im Felsen versenkend, diesmal vielleicht nicht wie sonst dem Knacken und Gnurren des Steins Aufmerksamkeit schenkend. Innerhalb eines Lidschlags lösten sich Steine und Felsen und mit großem Getöse und Staub fiel die Wand in sich zusammen und begruben die Galatierin unter sich.

[Bild: j7swub7l.jpg]

Tara wusste nicht wie lange sie dort gelegen hatte, es gelang ihr schwerfällig nach und nach einige der größeren Steine von sich zu schieben, sie lebte, sie spürte ihr hämmerndes Herz. Ihre Gedanken führten sie zu Isis, als könne er ihr Mut machen, ihr helfen auch die letzten schweren Brocken von ihrem Körper zu schieben. Tara mühte sich ab, gab ihr Möglichstes, jedoch lediglich mit dem Erfolg, dass sie kraftloser denn je zurück in den Staub fiel. War das ihr Ende, verschluckt vom Berg, gefressen so wie damals ihr Isis? Ein jellend, klagender Schrei hallte im Berg wieder, Tara nahm ihn nicht mehr als den ihren wahr, war sich ihrer auswegslosen Situation mehr als bewusst. Es schienen sich der Schrei und die Stimmen in ihrem Kopf zu vermischen, eine weibliche Stimme übernahm deutlich die Oberhand, sprach zu ihr in sanfter aber bestimmter Tonlage, sprach von den Wäldern, von der Jagd, dem tiefen Grün der Blätter und dem pulsierenden Leben der Wildnis. Tara's Brust füllte sich mit unsagbarem Verlangen, ließ sie den Staub und den nahen Tod vergessen, sah sich durch grüne Wiesen wandern, den Bogen fest in der Hand und rief Sulis Namen, immer und immer wieder, beinah schon singend.
Sicher würde diese Geschichte, würde sie einst weitererzählt werden, als Ammenmärchen abgetan und belächelt werden, doch wahrlich wurde Tara gerettet und verließ den Berg, staubig und zerschrammt. Seither hat sie den Minen und dem Erz abgeschworen und folgt Sulis durch die Wälder, dies als ihren neuen Weg erkennend.
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