FSK-18 Auf dunklen Wegen lauert so manche Gefahr
#1
Der Nacht ist die Stille als ihre Waffe und ihr Schild gegeben worden. Gezückt wird sie gegen den Menschen und ihr Schaden den sie anrichtet, kann fatal sein.
Denn in der Stille ist der Mensch alleine, für sich. Er stellt sich seinem Leben, seinen Taten und besonders seinen Makel.

Auch er ist ein Mensch. Und deswegen hat er schon mehr als einen Kampf gegen sich selbst ausgefochten.

Dabei ist die Dunkelheit sein Schutz geworden und die Stille die Waffe, welche ihn beschützt.

-

Vor einem Jahr:

Der volle Mond steht hoch am Himmel und bedeckt die Welt in ein trübes Licht. In den Marschen aber, mitten in den Sümpfen, aber doch an einer trockenen Stelle, brennt leise knisternd ein Lagerfeuer.

Der Mann vor dem Feuer sitzt erschöpft vor dem Feuer und sein Blick sagt aus, dass er in Gedanken verloren ist. Den halben Nachmittag und die Abenddämmerung hat er genutzt um trockenes Holz zu finden. Er wollte schließlich ein Lagerfeuer machen, keine Rauchzeichen versenden.

Sein Hab und Gut findet sich neben dem Mann. Es ist nicht sonderlich viel, eine abgenutzte Axt, Proviant und eine größere Tasche, die mit Kleidung und allerlei gefüllt ist.

Abgesehen vom leisen Knistern des Feuers gab es nicht viel zu hören, außer die unterschwelligen Geräusche der nachtaktiven Tiere. Seien es Jäger oder Sammler.

Dies ist die herkömmliche Stille, unbedeutende Geräusche werden ausgeblendet und es erscheint so, als wäre es vollkommen ruhig.

Diese Stille kann leicht gebrochen werden, mithilfe lauter Geräusche oder signifikanten Geräuschen.

So wie jetzt. Irgendwo um die Lichtung herum, knackt laut ein Ast und Blätter fangen kurz an zu rascheln.

Die herkömmliche Stille wird abgelöst von der bedrohlichen Stille. So wie bei der herkömmlichen Stimme die Geräusche ausgeblendet werden, so werden die Geräusche bei der bedrohlichen Stille verschluckt. Der Unterschied ist so signifikant, wie ein Orchester, welcher aufgehört hat zu spielen.

Die Gestalt vor dem Feuer wird aus seinen Gedanken gerissen und schreckhaft wandert sein Blick einmal um die Lichtung. Der gesamte Körper des Mannes spannt sich an und ein leises Schlucken ist zu hören.

Danach gibt er keinerlei Reaktion von sich. Wie ein Bogen ist sein Körper gespannt, sein Blick ist kurz über die Schulter gewandert, doch hat er seine Augen dann gen Feuer gerichtet.

Doch liegt es in seinem Unwissen, dass zwei Menschen in seiner unmittelbaren Nähe sind und sie keine guten Absichten haben. In den Gebüschen versteckt, lauern sie auf den perfekten Moment, um das ahnungslose Opfer zu fassen, auszurauben und wenn es gut läuft, ihn sogar entführen. Die Zeiten sind hart und manchmal muss das Gesetz gebrochen werden, um zu überleben. Der eine Räuber, Hermann, hat ein Kurzschwert ausgerüstet und hat sich schon ziemlich nah an sein Opfer herangeschlichen.
Sein Kollege trägt einen Bogen in seiner rechten Hand und versucht sich von der anderen Flanke zu nähern, Hermann hat den Blick gespannt auf ihn gerichtet, doch war er unvorsichtiger und nach Hermanns Meinung war das, was sein Kumpane tat, kein Schleichen.

Und deswegen, ertönt auch einmal laut das Knacken eines Astes und das Rascheln von Blättern. Stumm fluchend betrachtet Hermann die Gestalt am Feuer, wie sie auf das Knacken reagiert. Ein paar Schritte zurück, weiter in die schützende Dunkelheit.

Nach der anfänglichen Reaktion folgt erst einmal nichts von der Gestalt am Feuer. Sein Blick sucht seinen Kumpanen und als er ihn findet, erntet jener erst einen abfälligen Blick, ehe er ihm zu nickt.

Hermann begibt sich in Position, der andere Räuber spannt seinen Bogen. Die bedrohliche Stille wird immer präsenter und Hermann läuft eine Gänsehaut über sein Rücken.

Er verfolgt das Geschehen auf der Lichtung wachsam mit seinem Blick, doch je länger er hinguckt, desto mehr hat er das Gefühl, seine Sinne täuschen ihn.

Es ist fast so als würden die Schatten, welches das Feuer wirft, ein Eigenleben kriegen. Sie verzerren sich, wandeln sich und entsprechen nicht den Bewegungen des Feuers.

Hermann blinzelt und betrachtet sich die Schatten noch einmal genauer. Anscheinend aber, war es wohl nur eine Täuschung, denn als er seine Aufmerksamkeit den Schatten schenkt, scheinen sie wieder ganz normal.

Er blinzelt und will wieder zur Gestalt schauen, doch ist diese verschwunden.

Eine unbestimmte Angst erfasst Hermann. Seit wann verschwinden seine Opfer einfach so? Der Griff um das Schwert wird verstärkt und urplötzlich überkommt ihn ein Gefühl, dass er dieses Mal nicht der Jäger ist.

Sein Blick wandert die anderen Gebüsche ab, wohl auf der Suche nach seinem Freund. Doch war er nicht dort, wo er ihn zu letzt gesehen hat.

Sein Gefühl mutiert zur Furcht und leise entkommt ihm ein Gebet an Mithras. Kurz war ihm so, als würde er ein leises Lachen vernehmen, ehe etwas seinen Hals brutal umschließt. Es war ein Mensch und die Hand des Fremden war unerträglich heiß. So heiß, dass er das Gefühl hat, zu verbrennen bei der Berührung.

Bei diesem Würgegriff erstarrt Hermann völlig, die Furcht in ihm wächst und wächst. Und hätte er anfangs dieses Gefühl noch genutzt, um zu kämpfen, ist er jetzt wie vollkommen gelähmt. Er ist nur noch in der Lage leise zu wimmern.

Bei diesem Geräusch spannt sich der Körper des Fremden an, nur um danach den Druck auf den Hals Hermanns etwas schwächer werden zu lassen.

Das war sein Moment, denn auch die Furcht hat nachgelassen. Genau deswegen, zieht er seinen Ellbogen nach hinten und trifft glücklicherweise den Bauch seines Konkurrenten.
Infolgedessen löst sich der Griff um Hermanns Hals komplett und sofort begibt sich Hermann in einen sicheren Abstand zu seinem Feind.
Seine rechte Hand hält schützend das Kurzschwert vor sich und er betrachtet sich sein Gegenüber. Es war sein eigentliches Opfer, welches ein blutigen Dolch in seiner Hand hält. Er war nicht alt und auch nicht sonderlich kräftig. Doch so wie er da steht, scheint trotz allem eine Bedrohung von ihm auszugehen. Und sei es nur die Aura, die er ausstrahlt.

Hermann schluckt und will den Moment nutzen und ihn angreifen. Er stürmt los und während er ausholt, scheint es ihm wieder so, als würden die Schatten seiner Umgebung, kurz anfangen zu leben. Das Schwert nähert sich dem Fremden, doch trifft er nicht, da der Andere gerade rechtzeitig ausweicht.

Ein halb wahnsinniges Grinsen wandert auf die Lippen seines Konkurrenten und er fährt mit dem Zeigefinger seiner anderen Hand über die blutige Klinge des Dolches, während er Hermann stets im Blick fixiert hat. Seine Lippen öffnen sich, so als würde er schreien, doch entkommt auf dem ersten Blick kein Geräusch aus dem Mund seines Gegenübers.

Doch unmittelbar danach, ertönt ein Schrei im Kopf von Hermann, ein Schrei, wie er ihn noch nie gehört hat. So laut, dass es ihm Schmerzen zubereitet. Er versucht sich mit den Händen, die Ohren zu zuhalten, doch hilft es ihm nicht weiter.

Dieser Moment der Unachtsamkeit hat genügt, damit Hermann diese Auseinandersetzung verliert, denn im Zuge des Schreis, hat er das Schwert fallengelassen und mit nur zwei Schritten stand sein Feind vor ihm. Er zögerte nur kurz und stößt den Dolch dann direkt ins Herz von Hermann.

Erst wird sein Gesicht blass, dann sein ganzer Körper. Er bricht zusammen und unter ihm verbreitet sich eine Blutlache. Er betrachtet seinen Mörder und leise stöhnt er seine letzten Worte: „Hexer..“


Als der Räuber seine Seele aushaucht, verändert sich die Haltung und Mimik der Gestalt. Seine Schultern sacken nach unten und der Dolch ist krampfhaft umfasst. Der Blick ist traurig auf die Leiche gerichtet und er bückt sich zu ihr hin. Er schiebt die Augenlider des Toten nach unten. „Möge Galates deine Geheimnisse und mein Geheimnis hüten.“ Doch anstatt sich um die Leichen zu kümmern, wird kurzerhand das Feuer gelöscht und das Lager abgebrochen.

Am nächsten Morgen war nicht mehr der Fremde zu finden. Nur ein abgebranntes Feuer und die Leichen der zwei Räuber, die beide einen recht schnellen Tod gefunden haben.

-

Hat ein Mensch Macht, so neigt er sich zu verwandeln, in ein neues Wesen. Dieses neue Wesen kann ein Monster werden, ein Monster, welches mit dir lebt. Ein Monster kann Tod, Angst, Verderben bringen. Das heißt noch nicht einmal, dass ander Menschen davon betroffen sein können. Es kann auch nur den Wirt des Monsters selber treffen.
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#2
Die Nacht zog über Amhran und aus Löwenstein wandelte eine einsame Gestalt über den dunklen Weg. Eine graue, dreckige Robe bedeckt sein Körper und verhüllt sein Gesicht. Mit langsamen Schritt, nahezu vorsichtig, folgte er der Straße nach Richtung Ravinsthal.

Während sein Körper und seine Instinkte ihn in Richtung zuhause führen, wanderten seine Gedanken an einen bestimmten Abend.

Vor ein paar Wochen wurde das Tal erforscht. Jenes Tal, dessen Geschichte für normale Menschen schlicht und einfach eine Legende wäre. Erreichbar nur durch ein Brett und Tag und Nacht von einem dichten Nebel umdrängt. Ein Nebel, der wie es scheint, das Tal belagert und nur begierig darauf wartet, Einlass in das unberührte Stück Land zu finden.

In dem Versuch, dem Tal ein paar seiner Geheimnisse zu entlocken, haben er und zwei andere, alte Gräber ausgehoben, welche in der Nähe des Ritualplatzes lagen. Im ersten Grab fand sich ein Skelett, dass ein Beutel in der Kehle stecken hatte.

Ein obskurer Fund, da der Beutel nicht aus Tierleder oder einem Stoff bestand sondern aus Menschenhaut. Der Inhalt war Wissen.

Ansonsten war das Skelett aus dem ersten Grab, ein normales Menschenskelett.

Als sie sich aber dem zweiten Grab annahmen, fingen die Dinge an komisch zu werden. Nach der ersten Schicht Erde, welche ausgehoben wurde, fanden sich aufeinmal ein Haufen kleiner Knochen. Knochen, welche keinem Menschen gehörten konnten, außer es wurden tausende Säuglinge umgebracht. Doch diese Knochen waren noch nicht das eigentliche Grab, denn nachdem die Knochen ebenfalls ausgehoben wurden, offenbarte sich ihnen ein Sarg aus schwarzem Blei.


Die Gestalt zuckt mittem auf dem Weg kurz zusammen. Dieser Sarg und die Knochen waren eigentlich Warnung genug, dass die Leiche in dem Sarg auch dort drin bleiben sollte.

Aber dabel beließen sie es nicht. Der Sarg war augenscheinlich aus einem Stück, beide Teile zusammengeschweißt. Die Neugier der Gruppe siegte über die Vorsicht und mithilfe der Schaufeln wurde die Naht des Sarges wieder geöffnet und der Sarg aufgestemmt.

Im Sarg lagen noch mehr kleine Knochen, unsortiert und aufeinander gehäuft. Aber auch diese Knochen wurden entfernt und sie offenbarten eine Leiche, umwickelt mit einer Silberkette und mit weiteren Schutzobjekten bestückt.

Während der Grabungsarbeiten sank das Auge Mithras immer weiter hinab und um die Gruppe, welche die Leiche erkundet, sammeln sich nach und nach mehr Raben, die allesamt auf die Gruppe und den Kadaver niederstarrt.

Sah der Kadaver auf den ersten Blick so aus, wie ein normaler Mensch, so offenbarten sich bei dem genaueren Blick einige Eigenheiten, welche aufjedenfall nicht menschlich waren.

So sproßen Knochen dort raus, wo der Nacken bei den Menschen endet und das Gebiss enthielt zusätzliche Zähne aus Kristall.

Hauptsächlich er hat die Leiche erforscht und anfangs war er noch vorsichtig, aus der Befürchtung heraus, dass die Leiche garnicht so tot ist, wie sie aussieht. Doch mit der Zeit schwand die Vorsicht und nachdem die Leiche nach weiteren Eigenheiten abgesucht wurde, entschied sich die Gruppe, die Leiche in das Haus, welches im Tal lag, zu bringen.

Die Raben wurden immer zahlreicher und die Knochen, welche um das Grab herumlagen, zerfielen in einem Moment zu dem anderen, in Staub. Als der Kadaver von seiner Silberkette entledigt wurde und sie aus dem Grab gehoben wurde, beginnen die Raben erst an zu krächzen, ehe sie sich allesamt in die Luft begeben und die Gruppe, wie Todesboten, fliegend umkreist.

Je näher sie dem Haus kamen, desto näher kamen auch die Raben, während sie sich wütend und wild verhalten. Als die Leichenträger über die Türschwelle getreten sind, fielen die Raben in vollkommene Raserei. Sie belagerten jeden Eingang und jedes Fenster des Hauses und es dauerte nicht lang, bis der erste Vogel die Grenze überschritten hat und wie tollwütig auf die Lebenden und die Leiche losging. Wie ein Wirbelsturm folgte der restliche Vogelschwarm und ergoss sich im ganzen Raum, während sie mit ihren Schnäbel und Krallen alles angingen, was aus Haut und Knochen bestand.

Doch die Gruppe blieb nicht untätig sondern wehrte sich. Nicht mit den herkömmlichen Waffen, aber mithilfe der Kräfte, welche ihnen von dem Abyss zur Verfügung gestellt wird. Die Raben wehrten sich, doch kamen sie nicht gegen die Macht der Hexer an und nach und nach verendeten sie alle auf dem Boden des Hauses. Doch just in dem Moment, wo der letzte Rabe gestorben ist, zerfallen alle Kadaver zu Staub und hinterlassen nichts, was ihre Anwesenheit wirklich beweisen könnte.

Zur gleichen Zeit zu der die Knochen zerfallen, regte sich das eigentümliche Skelett aus dem Grab. Es stand auf und entfernte sich von den Hexern. Wenn ein zerfallender Körper verwirrt aussehen konnte, so müsste es wie der wandelnde Leichnam ausgesehen haben.

Das Wesen flüchtete und die Hexer folgten ihm, in dem Versuch, es aufzuhalten oder einzufangen, doch bewegte es sich schneller als jeder Mensch. Es entging gerade der Gestalt, als es in die Luft sprang und in einem Satz das Haus erklimmt hat. Während das Wesen in der Luft ist, verzieht sich das Gesicht des Hexers zu einem stummen Schrei für jeden, außer dem Wesen. Das Wesen antwortete und..


Abermals zuckt die Gestalt zusammen und verdrängt die nächste Szene. Statt sich auf die Begebenheit zu konzentrieren, beschleunigt sich sein Schritt und er nähert sich immer schneller seinem Heim. Doch egal, wie schnell er geht, ein Gedanke, lässt ihn nicht los.

Wir haben ein Monster auf die Welt losgelassen.
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#3
Nun, da wieder Ruhe eingekehrt war, war es Zeit, sich seinen Gedanken hinzugeben. Keine aufbauenden Gedanken, eher ernüchternde und beunruhigende.

Hunderte Menschen sind gestorben, das Reich liegt in Trümmern und eine Horde Vampire hat Löwenstein übernommen. Die ganzen letzten Tage waren eine Lektion, was für Auswirkungen Entscheidungen mit der Zeit haben kann.

Durch schlichte Neugier wurde ein Wesen auf die Welt gelassen, welches seit Jahrhunderten nicht mehr auf dem Assam gewandelt ist. Dieser große Stein hat viele kleine Steine ins Rollen gebracht und dem Abyss Tor und Angel geöffnet und Amatheon die Möglichkeit gegeben mit seiner Sense durch Löwenstein zu ziehen.

Woche für Woche breitete sich das Chaos mehr aus, die eine Neuigkeit jagte die nächste und doch hängte das alles mit dem einen Abend im Tal zusammen.

Entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass er ganz andere Pläne hatte, die Grundfesten des Reichs zu schwächen, so ungemein viel kompliziertere, wo es doch nur nötig gewesen war, seiner Natur und anderen wie ihm zu folgen?

Doch erfreuen tut es ihn nicht. Er hat sich kein Krieg gewünscht, so auch kein Massaker. Und sicherlich hat er es sich nicht gewünscht, dass Vampire für dieses Massaker verantwortlich sind.

Es änderte alles, nicht nur für das Reich, sondern auch für all jene, die im Schatten des Reiches leben und wirken müssen, es könnte die dunkelste Zeit all jener werden, aber doch bieten sich gleichzeitig ungemein viele Möglichkeiten aus den Trümmern des Reiches etwas neues zu schaffen.

Nichts ist mehr, wie es war. Alles anders als es scheint.
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#4
Die Götter besitzen eine herrliche Art von Humor, nur kann er ihren Humor nicht gerade teilen, da er selbst ein Teil dieses riesen großes Spaßes ist. Er ist sein Weg gegangen, hat versucht stets die Lektionen zu lernen, welche ihm das Leben aufgibt und glatt hätte er gemeint, dass er daraus gelernt hat. Aber anscheinend ist er doch noch zu jung und hat vieles zu lernen, nie hätte er sich gedacht wieder in einem Kerker zu landen.

Und nun sitzt er sogar im Kerker der Burg Löwenwacht, gefangen gehalten von Vampiren und seine Mitinsassen, eine Erzpriesterin der Kirche, drei Adlige aus Servano und Einar. Für Easar muss es ein ergötzender Anblick sein, für ihn war es wohl die gerechte Strafe für seine stetige Neugier.

Das war aber noch nicht einmal das größte Problem. Während er hier sitzt und seiner Dinge harrt, bindet ihn seine Verpflichtung anderswo ein. Und diese Verpflichtung und Verantwortung hatte anscheinend schon seine ersten Opfer genommen. Isa. Trauer bezüglich des Verlustes eines Menschen zu spüren, wie die Vogtin es tut, ist nicht seine Art, doch ist seine Liste wieder einmal um ein weiteren Namen gewachsen und im Moment fühlt er immense Wut darüber. Und irgendwann wird der Wut, die Reue folgen und spätestens dort wird er sich wünschen, dass er anders gehandelt hat.

Doch inmitten all dieser dunklen Gedanken gibt es ein Anker, blutrot und unbestimmt leuchtend, langsam schleicht er sich in die Gedanken des Lehensritters und verdrängt den ganzen Rest. Das Sinnen über den Willen der Götter, seine Fehler oder all die Verantwortung, die er trägt.
Am Ende bleibt nur die Gewissheit, dass der Stein ihm helfen kann, seiner Bestimmung und seinem Schicksal zu folgen.
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#5
Der Thronsaal stand voller Tische, jeder Platz war besetzt mit einem anderem wichtigen Gesicht Amhrans. Auch wenn es eine Feierlichkeit sein sollte, die meisten aßen schweigend und jeder konnte die angespannte Stimmung merken.

Dann ein Schnitt.

Bleiche, entstellte Gestalten stürmen in den Thronsaal, stürzen sich auf den Truchsess, auf den Herzog, auf jeden Adligen, der in diesem Raum sitzt.
Auf jeden außer ihm.

Den Lehensritter schienen sie solange nicht zu beachten, bis er aus der Tür des Thronsaals draußen ist. Alle gleichzeitig wenden sie sich von ihrem Festmahl ab und wenden sich alle in die Richtung des Eingangs.

Und während ihre Beute losstürmt, dauert es noch einige Momente, ehe die ganze Meute aufspringt und dem Ritter hinterherjagt.

Auf seiner Flucht finden sich überall nur Leichen, ein paar bekannte Gesichter, wiederrum einige, welche er nicht erkennen kann.

Aus Burg Löwenwacht flieht er in die Stadt, gejagt und getrieben, ohne ein wirkliches Ziel.

Erst führt sein Weg über den Marktplatz in die Richtung der Altstadt, Vampire finden Anschluss in der Treibjagd, die Meute vergrößert sich und fast scheint es so, als würden sie mit dem einzelnen Menschen da spielen.

Der einsame Mensch flieht durch die engeren Gänge zwischen den Häusern, in der Hoffnung die Vampire abzuhängen. Weiterhin sollte der Weg in das Armenviertel führen, doch stand dort schon eine Horde dieser Wesen bereit, ihn zu fassen, kam er nur in ihre Nähe.


Die Flucht ging weiter. Er jagte über die Straßen, die Schlingen der Wesen aber zog sich immer enger um sich.

So eng, dass er in eine vermeintliche Sackgasse in der Nähe des Marktplatz gerät. Nur vermeintlich, war es doch der Zugang, zu einem bestimmten Keller in Löwenstein.

Aber auch der Keller oder der Zugang dazu, hält die Wesen nicht auf, ihm weiter nachzujagen.

Und so führt die Flucht zur Pforte. Ein Schritt hinein und die Vampire, welche ihn jagten, waren fast vergessen. Wurde er gerade noch von dämonischen Kreaturen gejagt, war er nun in der Heimstätte aller Dämonen.

Doch waren die Vampire nur fast vergessen, da selbst das Artefakt die Ungeheuer nicht aufhalten konnte. Nach und nach tauchen einzelne Vampire hinter ihm auf, erst verwirrt, ehe sie sich wieder auf ihn stürzen wollen. Was erst mit ein paar wenigen anfängt, entfaltet sich innerhalb einer Minute zu einer Flutwelle, welche in den Abyss prischt und Kennan über den Weg jagt.

Doch achtet jener nicht auf den Weg und verlässt alsbald den einzigen sicheren Pfad und mit dem ersten Schritt abseits des Weges dröhnt ein Lachen von überall her.

"Tzar-Har-Har-Har"

Doch während das Lachen seine Fluchtreflexe nicht zu unterbrechen scheint, bleiben die Vampire auf dem Weg stehen. Doch in seiner Panik so sehr erfasst, bleibt es unbemerkt, dass die Jagd geendet hat oder aber, dass er den Weg verlassen hat. Doch kann er auch nicht in den Genuss kommen, aus diesen Erkenntnissen etwas zu lernen, da im nächsten Moment noch ein viel gräslicheres Biest vor ihm steht.

Jegliches Körperteil ist verdreht worden, die Finger merkwürdige Krallen, aus denen Säure tropft und zischend auf dem Boden aufkommt. Das Gesicht verformt und mit so einem riesigen Maul, dass selbst ein Haifisch neidisch werden würde. Und die Größe des Wesens überragt ihn bis zur doppelten Größe.

"Tzar-Har-Har-Har. Du dummes, dummes, Hexerlein"

Abermals dröhnt die Stimme von überall her, doch ist es klar, dass dieses Ungeheuer die Worte spricht. Die verformten Krallen strecken sich nach seinem Hals aus, das riesige Maul verzieht sich zu einem abartigen Grinsen und während er den Hexer mit der einen Kralle umpackt, holt er mit der anderen Hand aus und dabei dröhnt es abermals.

"Jeder kriegt das, was er verdient, und das verdienst du."

Er rammt seine andere Kralle in sein Brustkorb, mit einem Ruck fährt sie wieder heraus, hält aber keinerlei Körperteil oder dergleichen in sich, sondern nur ein Licht, ein unglaublich helles Licht.

Der Körper erschlafft und regt sich nicht mehr in den Krallen des Dämons, auch wenn noch etwas Leben in den Augen zu stecken scheint. Während der Körper achtlos zur Seite geworfen wird, genehmigt sich der Dämon das gleißende Licht mit einem Happen und dröhnenden Lachen.

Dann Stille.


Ehe er im nächsten Moment mit einem klitschnassen Gesicht aufschreckt und es für einen abartig langen Moment so scheint, als hätte sich die Stille vom Traum bis in die Realität gezogen. Dann erst hört er sein Herzschlag, das entfernte Vogelzwitschern und den Wind.

Es war nur ein Traum. So ist das folgende Mantra in den nächsten Stunden.
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#6
Hoch über einem Tal, fernab von jeglicher Zivilisation, scheint der fast volle Mond auf ein Gebäude hinab. Dieses Gebäude steht einsam in dem Tal und das Tal ist komplett von Nebel umgeben. Jeder, der überhaupt erst in das Tal gelangt, würde spüren, wie unwirklich der Ort ist. Und jeder, der nur ein Bruchteil seiner Geschichte hört, erkennt wie unglaublich dieses Tal ist.

Umgeben vom ewigen Nebel, unerreichbar für die meisten. Doch nicht für jeden. In dem einsamen Gebäude findet sich im ersten Stock jemand wieder, den man dort als Mahr kennt, während andere die vielfältigsten Namen für ihn haben. Einsam sitzt er in einem Zimmer, das wohl als Unterrichtssaal genutzt wird, vor einem schwarzen, altem Buch.

Der Grund, warum er im Unterrichtssaal sitzt und nicht ein paar Räume nebenan versucht zu schlafen, ist jener, dass ihn wie so oft an diesem Ort Träume plagen.

Sie sind mannigfaltig, mal wird er als Kennan von Vampiren durch die Stadt gejagt und ein anderes Mal irrt er als Mahr durch den unendlichen Nebel. Doch ausschließlich jedes Mal begleitet ihn in solchen Träumen der Dämon, welcher ein Narren an ihn gefressen hat, egal ob mit seiner Fratze, Körper oder nur Stimme. Träumt er von der Dunkelheit, welche Teil von seinem Leben ist, wartet auch schon der Dämon auf sein Auftritt.

Und diese Träume liegen näher an der Realität als ihm lieb ist, ob es sein Lebensfunke ist oder seine ewige Seele. Etwas von ihm landet ihm Abyss als Preis für seine Gabe, als Preis für die Freiheit im Leben. Und dieser Dämon ist eine Mahnung, was mit ihm geschieht, in dem Moment, in dem sein Herz aufhört zu schlagen. Er wird als nichts mehr verbleiben, als Fressen oder Beute für Dämonen, nichts mehr als ein Spielzeug für die Ewigkeit.

Und aus diesem Schicksal gibt es nur zweierlei Wege, erstens die Hoffnung, dass der Truchsess wahr gesprochen hat und jegliches Schicksal am Ende nichtig sein wird und die Ewigkeit doch nicht so ewig ist, wie jeder denkt oder aber das eine Buch, welches gerade vor ihm liegt.

Es ist nicht nur irgendein Buch, auch kein Stück, welches sich eventuell nur unter Hexer finden würden. Es ist einzigartig und eigentlich ist es viel mehr als nur ein Buch. Für ihn ist es noch eine Antwort, ein Ausweg und eventuell Hoffnung. Für andere ein Werkzeug oder aber das mächtigste Artefakt, welches man besitzen kann.

In der Dunkelheit, welche den Saal, trotz des fast vollen Mondes, einhüllt wie der Nebel die Berge, scheint es so, als würde sich die Dunkelheit um das Buch verdichten. Je länger Kennans Blick drauf verharrt, desto mehr wollen ihm seine Sinne sagen, dass Dunkelheit keine Abwesenheit von Licht ist, sondern ihren Ursprung von diesem Buch findet. Und je länger er seinen Sinnen Gehör schenkt, desto mehr nimmt das Buch seine Gedanken ein.

Nur eine Berührung und seine Seele würde nicht für die Ewigkeit durch die Abgründe des Abyss gejagt, sondern er würde sie dort verharren. In dem Buch mit den Hexern, welche es vor ihm gewagt haben. Nur eine Berührung und ihm stände auch die Macht all der Hexenmeister vor ihm zur Verfüung. Es braucht nur eine Berührung und er würde dem Dämon ein Strich durch die Rechnung machen.

Den Gedanken scheint er auch schon fast Tat folgen zu lassen, da seine Hand wie ein Damoklesschwert über das Buch hängt. Und doch wird sie wieder zurückgezogen und der Blick des Hexenmeisters wendet sich von dem Buch ab.

Stattdessen starrt er in die Dunkelheit und wie so oft, bleibt er unentschlossen darüber, was überhaupt das richtige ist.

Die Dunkelheit bleibt aber nicht lang, denn stattdessen bilden sich vor ihm, zwei Feuerwirbel in einem infernalischen Grün. Sie drehen und winden sich und drumherum bildet sich eine Fratze, welche man selbst mit äußerst gutem Willen, keinem Menschen gehören kann. Nach der Fratze folgt der restliche Körper, so dass aufeinmal eine massive und verzerrte Gestalt im Unterrichtsraum befindet, doch anstatt ihn zu greifen oder dergleichen, reißt er nur sein Maul auf und wie von überall her, erklingt sein alt bekanntes Lachen.

"Tzar-Har-Har. Ist das Meisterlein unentschlossen? Oder hat der Meister gar Angst, was ihn dort in dieser Ewigkeit erwartet?"

Wie ein erregtes Kleinkind klatscht der Dämon in die Hände, ehe er weiterspricht. "Du könntest mir so einfach entfliehen, aber DU WILLST NICHT!" Die letzten Worte brüllt er so laut heraus, dass es Kennan so scheint, dass seine Trommelfelle platzen. "Zum Glück musst du dich nun nicht mehr entscheiden. Tzar-Har-Har." Mit dem Lachen strecken sich seine Klauen aus und rütteln einmal an den Kopf des Lehensritters. Und während der Kopf abgerissen wird, landet sein Körper regungslos auf dem Boden. Der Kopf aber scheint kurioserweise am Leben zu bleiben. Der Dämon hält ihn vor seinem Gesicht und offenbart sein bestes Grinsen. Was in dem Fall bedeutet, sein schrecklichstes Grinsen.

"Für dich habe ich ein ganz besonderen Platz, Tzar-Har-Har."


Und nicht zum ersten Mal und sicher nicht zum letzten Mal ist das Lachen, das letzte, was er hört, ehe sich seine Augen wieder öffnen. Neben seines schnellen Atems und des verschwitzten Gesicht kann er noch etwas weiteres deutlich spüren und zwar das Buch vor ihm. Und so wie im Traum hat es in kurzer Zeit seine Sinne eingenommen.
Wie ein riesiges Dejavû zögert er aber auch dieses Mal und erhebt sich dieses Mal. Es erscheint jedoch kein Dämon und er wird auch in keinster Weise aufgehalten. Stattdessen schafft er es bis in ein Bett, indem ihn ein traumloser wenn auch kurzer Schlaf erwartet.
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