Fisch
#1
"Du hast keinen Vater!", sprach der Junge in einem Tonfall, der Prügel bedeutete. Es war ein wohlgenährter Junge mit wilden roten Locken; bis auf seine etwas große Nase - die aber irgendwann "verwachsen" würde - war er ein richtig schöner Junge. Galatische Kinder sind immer schön. Selbst wenn wenn sie die Fäuste ballen und anderen Kindern drohen wie dieses Exemplar.
"Na und, dafür hab' ich zwei Mamaidhean!", erwiderte das Mädchen mutig, wenngleich sie unauffällig rückwärts ging. Man musste es ja nicht unbedingt herausfordern...
"Das sagst du, als sei das etwas Gutes!", meinte der fiese Junge mit herabgezogenen Brauen und ging unbeirrt auf das Mädchen zu.
"Es ist etwas Gutes!!", rief sie aus, drehte sich um und rannte los. Sie rannte, als ginge es um ihr Leben. Ging es in gewisser Weise auch. Zumindest um ihre Art und Weise zu leben. Sie sah nicht zurück, sie rannte einfach mit schnellen kleinen Schritten, dass ihr Kleidchen wehte. Es lag keine Schande darin, vor einem Größeren davon zu laufen. Und sie hatte ihre Mütter verteidigt. Ihre Mütter waren großartig, egal, was dummen Jungs sagten. Niemand sucht sich seine Eltern aus: So wie es war, so war es nun einmal. Nicht jeder hatte einen Vater! Niemand brauchte einen Vater, wenn die Mütter so stark waren wie ihre; sie würden sie vor allen gemeinen Kerlen beschützen. Sie wollte keinen Vater, Jungs sind doof und Väter sind im Grunde große Jungs.
Kurz vor der Türe des Hauses erlaubte sie sich stehen zu bleiben. Sie drehte sich um und stellte triumphierend fest, ihren Verfolger abgehängt zu haben; falls er sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, ihr zu folgen... sie betrat das Haus und sah einen hünenhaften, bärtigen Mann.
"Liebes", sagte eine Mutter mit überglücklichem Lächeln im Gesicht, "du bekommst wieder einen Vater!"
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#2
"Du weißt ja, wie Männer sind...", sagte Catriona und versuchte dabei so versöhnlich wie nur möglich zu klingen.
"Natürlich, die meiste Zeit bin ich selbst einer."
Catriona legte die Handflächen auf den Tisch und beugte sich vor. Ihre blonden Locken berührten die Tischplatte.
"Amanda, ich kann froh und dankbar sein, dass es jemanden gibt, der sich um mich kümmern möchte..."
Niemals hätte Amanda gezeigt, wie sehr sie diese Worte verletzten. Dafür war sie einfach zu verletzt. Und so nickte sie einfach, bevor sie aufstand und die Tür öffnete.
Ehe Catriona ihre eigenen Worte bedauern konnte, stand Amanda bereits in der Tür. Ihre Tochter Kayla kam sogleich wie ein Wirbelwind angesaust, weil sie eine wichtige Mitteilung zu verkünden hatte: "Wenn Mamaidh geheiratet hat, dann will ich auch heiraten!"
"Und wen genau willst du heiraten, Liebes?"
"Darren.", grinste Kayla mit all ihrer Zahnlücke.
"Darren? War er neulich nicht noch... ein großer dummer Junge?", fragte Catriona gespielt entsetzt.
"Naja, du weißt ja, was man über Männer mit großen Nasen sagt.", murmelte Amanda in die kurze Stille hinein.
"Nee, was'n?"
"Ja, was denn?" Catriona verschränkte die Arme, lehnte sich zurück und blickte Amanda mit hochgezogenen Brauen an.
"Sie brauchen große Taschentücher."
Damit ging Amanda aus dem Haus und begann erst an der Küste verzweifelt zu weinen.
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