Drachenfeuer
#1
Sie hatte ihn endlich gefunden, staubig, mit Kohle verschmiertem Gesicht und hätte ihn um ein Haar nicht wiedererkannt. Sein Gesicht war erwachsen geworden, auch seine Hände, Arme, nahezu alles an ihm schien älter, zäher und härter als der Körper den sie in Erinnerung hatte, damals als er vor sechs Jahren Ialo'terom verließ und sie nicht mitnahm. Noch zu gut erinnerte sie sich an ihre heissen Tränen als Rashka das Boot betrat, ihre letzte Umarmung, das Versprechen, dass sie ihm abnahm, wiederzukehren sobald er fündig geworden sei. Er war ihr Vertrauter, ihr Vorbild, ihr großer Bruder, ihr Schutz und ihre Zuversicht. Noch nie hatte sie zuvor einen Tag ohne ihn auskommen müssen, geschweige denn sechs Jahre auf ihn verzichten müssen. Es verging kein Tag an dem sie nicht hinab zum Hafen gelaufen war, Ausschau haltend nach dem anlegenden Booten, nach etwaigen Boten oder Nachrichten. Die Jahre vergingen, das Leben auf der Insel plätscherte gemächlich daher, es war friedlich und jeder ging seinem gewohnten Tagwerk nach. Ihr Vater wollte nichts von der Legende des Drachenfeuers wissen, hielt sich bedeckt und schien die Sache schlichtweg totschweigen zu wollen. Doch Tara wusste es besser, sie fühlte, dass der Vater insgeheim stolz auf seinen Ältesten war, doch vergrub er dieses Gefühl tief in sich, als könnte es etwas auslösen, was besser weiter ruhen sollte. Immer öfter setzten Jünglinge der benachbarten Inseln über und statteten ihrem Hof fadenscheinige Besuche ab. Tara wusste dass sie kamen um sie zu beäugen, einen Blick und auch einen Zweiten erhaschen wollten. Sie hatte sich bislang fein aus den herkömmlichen Heiratsgeschäften herausziehen können, während ihre beste Freundin Isebill bereits mit 18 Mutter zweier rothaariger Kinder war. Doch Tara dachte nur an das Drachenfeuer. Es brannte in ihr seit ihr Bruder das Geheimnis dieser alten Legende mit ihr teilte. Wäre da nicht Isis gewesen, ein junger Galatier mit strohblondem Haar. Er kam oft um Tara zu treffen, nahm sie mit über die Insel . Gemeinsam sind sie durch die Stollen der Insel gestrichen, haben dem Stein gelauscht, leise und aufmerksam als ob er ihnen von vergangen Zeiten berichten konnte, den Zeiten, als die Drachen noch Herrscher der Insel waren, und der Stein sprach zu Tara, leise wispernd und ließ sie an nichts anderes mehr denken. Eines Tages würden sie das legendäre, nie stumpf werdende Schwert schmieden, sie und Rashka und Isis. Tara's Herz lächelte ihm zu, ja schlug gar schneller wenn er ihr nahe war. Doch die Götter geben und nehmen, und so nahmen sie ihr Isis an einem stillen Herbsttag, ließen einen Felsen im Bergwerk herniederfallen und erschlugen Tara's Liebsten. Und so verließ Tara die Insel, wortlos und gequält und machte sich einfach aus dem Staub und folgte Rashka durch die Minen Servanos. Auch dieser Stein hatte Worte, nur war die Sprache noch fremd, und Tara lauschte, lange und ausgiebig.

[Bild: 69m24xb9.jpg]
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#2
Rashka zog nach Norden aus, folgte einer Spur die von Drachen sprach und wagte es nicht, die jüngere Schwester mitzunehmen. Zu gefährlich wäre der Weg, er wolle erst einmal alleine vorangehen um sich einen Eindruck zu verschaffen. Tara hingegen, solle sich in der Kunst des Schmiedens üben, was sie dann auch nach einigem Widerstand zu tun bereit war.
Sie kam in Hohenquell unter, im Hause Fuchsenfelde, einer Gruppierung von Menschen, die ihr Herz am rechten Fleck zu tragen schienen. Es linderte Tara's Heimweh und half ihr gar sachte aber stetig über den Verlust ihres Liebsten hinweg. Sie sprach nicht darüber, igelte ihr Gefühl ein, es ging nur sie etwas an und helfen konnte da sowieso niemand. Das Suchen des Drachenfeuers kam ihr helfend entgegen, feurig richtete sie ihre Gedanken darauf und wartete jeden neuen Tag auf Nachrichten von Rashka.
Das Leben auf Hohenquell jedoch ging voran, Arellus wurde zum Edlen erhoben, und war nun Statthalter zu Hohenquell. Die Gemeinschaft feierte die Adelung mit Kuchen und frischer Kuhmilch, man lachte und stritt und vertrug sich wieder. Doch war da auch Liesellotte, eine junge Schreinerin die Tara ans Herz gewachsen war. Sie waren sich ähnlich, auch wenn Liesel die Stillere und Diplomatischere war und Tara diejenige die Mühe hatte ihr Temperament zu zügeln, so waren sie ein ideales Gespann, zwei Freundinnen wie man es sich nur wünschen kann.
Nach dem Abend saß Tara noch lange in dem Wäldchen nahe ihres Heims, die Ruhe und der Schlaf wollten sich nicht einstellen. Wehmut überkam sie, Sehnsucht nach Isis und nach all dem, was hätte sein können. Noch lange hörte man oben aus Kliffweiden eine leise, klagende, galatische Melodie erklingen.....

[Bild: gl6sge8t.jpg]
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#3
Nichts war mehr auf den vergangenen Abend zurückzuführen, die Tische geschrubbt, der Boden gefegt, Kuchenkrümel entfernt, Becher, Kelche, Flaschen und Fässer waren zurück an ihre Plätze befördert worden. Tara brummte der Kopf!
Es sollte nur ein kleines Verkosten werden, so zumindest pflegte Liesel es zu umschreiben. Die zwei Flaschen mit wunderbarem dunkelrotem Portwein aus Servoks Kellerei, sowie ein vorzüglicher Honigbrand waren jedoch in nullkomma nichts geleert und die Damen verlangte es nach mehr!
Lieselchen hatte ihre Spendierhosen an und Tropfen um Tropfen rann die Kehlen der hübschen Mädels hinab. Es war zum Frauenabend aufgerufen worden, ein nettes Miteinander, ein "Über-die-Männer-Herzieh-Abend" ein beweihräuchern reinster Frauennatur, ein rauschiges Beisammensein.
Und so ging's auch voran, nach und nach schien es auch die Männerwelt zu erahnen, dass im ollen Drachen gute Stimmung herschte und so füllte sich der kleine Raum auch mit dem anderen Geschlecht. Liesel und Tara hatten an jenem Abend alles an guten Vorsätzen beiseite geschoben und schluckten wie die Spechte, lachten und scherzten. Selbst der Edle Lyrandes war gekommen, hier nannte man ihn Arellus und er war wahrlich ein Netter, dem nur noch der Stock aus dem Allerwertesten gezogen werden musste. Umgeben vom Lieselchen, Salvyron, Ana, Avi, Panscher und wie sie noch alle hießen, fühlte sich Tara wohl, doch mit jedem Wein, mit jedem weiteren Brand kam langsam und auf leisen Sohlen die Trunkenheit und mit ihr nach anfänglicher wilder Ausgelassenheit die Melancholie, die galatische Schwermut. Tara wurde stiller und stiller als es zum berühmten galatischen Frage und Antwortspiel kam, dem Drachenspiel, wie sie es an besagtem Abend tauften. Es durfte alles gefragt werden, wer jedoch eine Antwort schuldig blieb, der musste ein Pfand hinterlassen. Als das Spiel seinen Höhepunkt erreichte, und Herr Panscher dem Lieselottchen eine recht persönliche Frage stellte, kletterte Tara über Liesel hinweg und entschwand nach draussen... in ihrem Kopf spukte Isis umher, sie wollte ihn sehen, ihn hören und berühren und rannte zur Steilküste, dem Ort, an dem sie Galatia am nächsten war.
"Verdammt noch mal, wieso bist du tot, Isis?" rief sie in die Wellen hinab, doch kam keine Antwort, nichts als das Rauschen und Tosen der See gelang an ihre Ohren. Erst lange nachdem die Kälte ihren Rausch weggespült hatte, begab sich Tara heimwärts, warf die Tür ins Schloss und vergrub sich unter den Decken. Die Welt konnte ihr für heute gestohlen bleiben...und Portwein und Honigbrand sowieso, und das auf ewig!

[Bild: sm4k5tk8.jpg]
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#4
Sie waren gestern gekommen, die "Berater" des Edlen Lyrandes. Hätte Tara gewusst, in was sie da hinstolperte, als sie sich nur einen kühlen Schluck Wasser gegen Kopfweh und die staubige Kehle holen wollte, wäre sie vielleicht doch lieber nicht eingetreten. Der Fürst hatte dem Statthalter einen Berater aufgezwungen, einen Gläubigen des Mithras, jemanden, der für die Balance im überwiegend mondwächtergläubigen Hohenquell sorgen solle? So genau war es ihnen als den Untergebenen nicht ersichtlich, was die Rotkutten hier bezwecken sollten. Womöglich die Übernahme des Glaubens, das Ausrotten der Mondwächtertums? Nicht umsonst wurde Arellus immer wieder an die Tatsache erinnert, dass es ihr Mithras war, der ihn hatte zum Statthalter werden lassen, und dieser, könne ihn auch ebenso wieder des Amtes entheben. Niemand von denen sprach von Arellus, als Einem, der sich diese Stellung mit viel Kraft und Mühe erarbeitet hatte, Tara verstand nicht so recht, was Mithras da nun plötzlich mit hineinzumischen hatte. Doch vielleicht war es auch tatsächlich so, dass sie nicht verstand, wie es um die Politik innerhalb der Adelsklassen Amhrans bestellt war. Was sie nur wusste war, dass NIEMAND, und das bedeutete auch niemand, die alten Götter beleidigen durfte. Zuerst noch still, dann bereits mit verkniffenem Blick beobachtete sie das verlogene Priesterpack, wie sie sich aufspielten und sich ihrer Rolle sicher waren, wie sie meinten, den Edlen in der Zange zu haben. Sie fragten gar, ob sie den Druiden, sollten sie ihnen nochmals mit mangelndem Respekt begegnen, einen Pfeil zwischen die Augen jagen dürften! Tara erzitterte bei solchen Worten und brachte alle Kraft auf, sich ja zu beherrschen und ihrem Herrn, dem Edlen Lyrandes, keine Schmach zu bescheren, doch innerlich bat sie ihre Götter um Gerechtigkeit. Sollten so etwa Berater aussehen? Gestalten, die ihre Götter beleidigten, keinen Respekt kannten? Tara hatte nicht sehr viel Hoffnung, dass es zu etwas Gutem führen würde. Respekt musste von beiden Seiten entgegengebracht werden, und das schien noch fern zu sein. Doch vertraute Tara dem Edlen, wusste, dass ihm Hohenquell und sogar ganz Candaria am Herzen lag und er sein Bestes geben würde, jenes zu Wohlstand und Schönheit zu führen, so wie es die Baronin Fuchsenfelde zuvor angestrebt hatte. Missmutige Priester, die nur ihr eigenes Wohl im Auge hatte und jenes unter fadenscheinigen Vorschlägen verdeckt halten wollen, waren hier sicher fehl am Platze, doch war sie nur die Schmiedin, jedoch eine galatische.......
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#5
Tief im Stollen hatte Tara Zeit ihre Gedanken zu sortieren. Was war das Leben doch anders auf ihrer stillen Druideninsel, nicht nur in seiner Größe und Beschaffenheit, nein, auch die Geisteshaltung war um so Vieles erhabender als hier auf dem weiten Festland. Waren die Götter verloren? Verstieß man sie nach und nach, so wie man einen alten Menschen auf's Altenteil abschob, ihn aller Ehre beraubte? Tara's Spitzhacke drang scharf ins Gestein, löste zart Bröcken heraus, teils glitzernd, teils hart und unnachgiebig. Ihre Arbeit ging heute nebenher vonstatten, heute galt die Aufmerksamkeit ihren Gedanken, versuchte sie zu ordnen, die Gefühle welche aufkamen zu betrachten, ohne die Anflüge von Wut und Enttäuschung zuzulassen.
Warum trafen die Handlungen der Amhraner sie so hart? Wieso hatte sie sich ihnen geöffnet? Sie suchte kein Heim, sie suchte das Drachenfeuer, fest im Willen, Rashka beizustehen, ihrem Clan den altehrwürigen Ruhm zu bescheren. Und trotzdem sorgte sie sich um diese kleine Baronie in Candaria, Hohenquell war ihr lieb und teuer geworden. Und mit ihr auch seine Bewohner... allerdings bereitete es ihr tiefes Unbehagen, wenn sie selbst aus dem Gleichgewicht geriet, wenn sie sich über gewisse Geschehnisse aufregen musste, über Vorkommnisse, die ihren Einflussbereich überschritten und sie feststellen musste, das sie jenseits galatischer Things war, jenseits der gewohnten Gerechtigkeit.
Vielleicht aber auch, musste sie ihren Blickwinkel ändern, nicht mehr aus galatischer Sichtweise an die Dinge herangehen, würde es helfen, die anderen besser zu verstehen? Ihre Gedanken wanderten zu der mithrasgläubigen Beraterin des Statthalters. In wieweit konnte man jener trauen? Der Khan der Shurax tat es nicht, versicherte Tara während eines zufälligen Treffens im Berg, dass diese einem gemeinen Spion gleich, jegliche Information zurück ins kirchliche Nest zu tragen wisse. Dann widerum, gab es Mitglieder des Fuchshauses, die jene Verdächtige als Freundin ansahen, als liebe Vertraute der alten kranken Baronin. Die Welt in Amhran schien tatsächlich schief zu hängen. Tara war verwirrt. Mondwächter suchten Rat bei Mithraspriestern, Druiden mieden die Dörfer, was geschah in diesem Lande?
Zu allem Übel drohte eine mithraische Winterfeuerweihe inmitten ihrer Baronie. Der Statthalter rief zu Frieden und Einsicht auf, auf dass es keine störenden Hindernisse gäbe. Wofür standen die Barone, für ihr Lehen? Für sich selbst, für ihre Stellung die ihnen wieder genommen werden könnte? Wie wichtig war ihnen das wirkliche Wohl der Einwohner? Konnten Mondwächter und Mithraspriester freundschaftlich miteinander verkehren ohne sich letztlich an den Kragen zu gehen?
Tara blieb heute lange im Berg, es zog sie nichts heraus, ausser vielleicht der spät einsetzende Hunger und die liebe Liesel, eine derjenigen, die ihr Verständnis entgegenbrachte und die in ihrem Inneren ebenso gegen Ungerechtigkeit und Dummheit aufbegehrte, wenn auch stiller und beherrschter als Tara es je könnte.
Tara war einsam, vermisste die ehrliche Art ihrer Insel, hier zulande, hatte man nichts weiter als Begriffe wie "vorlaut, wild, wirr für sie über und verglich sie sogar mit ihrem Berg, dem nicht viel Sensibilität nachgesagt werden konnte. Es war enttäuschend dermaßen verkannt zu werden. Würden sie sich doch nur einmal die Mühe machen, dem Berg zu lauschen, zu wissen, dass die Arbeit im Berg alles andere als dumpf und schwerfällig war. Tara's Hand legte sich an die kühlen Wände des Bergesinneren. Sie schloß ihre Augen und beschwort das Bild der Göttin herauf, ihr Sinnbild für alles was Leben bedeutete, für Geborgenheit und Liebe. Das Leben in sich tragend war Anu alles was im Augenblick zählte. Sie war die Mutter, die Zuversicht. Sie würde ihr den Weg weisen und Tara vertraute ....

[Bild: ivt44uza.jpg]
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#6
Bislang hatte Tara keinen direkten, persönlichen Groll gegen die Mithraspriesterin gehegt, doch das hatte sich leider seit dem Abend der Mitte grundlegend verändert. Stockhiebe wären Stockhiebe gewesen, doch ein Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht war für eine Galatierin ein Angriff auf die Ehre. Zusätzlich die Worte, dass sie Mithras anerkenne solle, wenn nicht gäbe es mehr als diesen Schlag? Was bildete sich diese Frau ein? Es ärgerte Tara, dass sie noch am Tag zuvor einen Schritt auf sie zugegangen war, ihr erklärt hat, dass sie ihr nicht im Wege stehen würde, so sie innige Freundschaft mit einigen Fuchsmitgliedern aufrecht erhalten wolle. Dies war der Dank, ein weiteres Mal wäre sie nicht so dumm und würde nur ihren Instinkten vertrauen.
Tara vibrierte vor ohnmächtiger Wut, wäre ihr am liebsten sogleich an die Kehle gesprungen und hätte ihr Grenzen aufgezeigt, doch hielt ihr Verstand sie zurück, drängte das heißspornige Aufwallen beiseite.
Ein Gutes hatte es. Es war nun bewiesen, dass die Priesterin ohne Rücksicht auf Verluste wortwörtlich widergab, was am Küchentisch des Hauses Fuchsenfelde gesprochen wurde, es dem Fürsten als versprochenen Bericht darbrachte.
Ein Familienmitglied wollte sie sein, eine gute Freundin der Füchse? Tara fragte sich bisweilen, wieviel Informationen diese Frau schon in Jahren zuvor unter ihrer Rotkutte gesammelt, und an interessierte Stellen weitergeleitet hat. Doppelzüngig war dieses Weib, auf Galatia wäre sie entsprechend bestraft worden, verbannt von Land und Clan. Tara wusste grad nicht, was gefährlicher gewesen sei, sie hier in Candaria zu lassen, oder mit Rashka der Spur der Drachen zu folgen. Ersteres erschien ihr zur Zeit bedrohlicher. Galatier kannten Mithras nicht, wie also sollten sie ihn nicht leugnen? Die Priesterin Hannah und ihr Möwen mordender Wachhund jedoch warfen ihr dumme Sturheit und Kleingläubigkeit vor, drohten ihr mit weiteren Strafen. Tara ehrte und glaubte an die alten Götter seit sie denken konnte, so wie es ihr Clan seit Jahrenhunderten tat und auch weiterhin tun wird. Doch den Glauben mischen und in einen Topf werfen, ihm einen neuen Gott zuhinfügen, oh nein, so einfach war das sicher nicht. Einzig und allein würde Tara zustimmen hier in Candaria, den Glauben der Anderen zu akzeptieren, sie weder dafür auslachen, noch schief ansehen. Sollten sie von ihr aus an die Kröte im Weiher glauben, es wäre ihr einerlei. Doch die Kröte gleich einem Gott zu behandeln, das wäre Druidenentscheid, nicht der einer Schmiedin und Drachenfeuersucherin.
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#7
Das Innere der Erde bot ihr Frieden, hier war sie fern von Allem, was ihr den Schlaf raubte. Mit genügend Verpflegung hatte sie sich in den Stollen zurückgezogen, die Welt da droben konnte ihr gestohlen bleiben, denn dieses Amhran konnte sie nicht verstehen und so würde es wohl auf immer bleiben. Es galt wieder den wahren Grund ihres Aufenthaltes aufzugreifen, wenn Rashka in Ravinsthal suchte, so würde sie hier in Candaria suchen, denn bewiesenermaßen hat es hier tatsächlich Drachen gegeben. Eine lange Zeit saß sie nun tief im Berg, nur ein kleiner Kienspan erhellte die dunkle Höhle. Es dauerte eine Weile, bis ihr das sachte Glitzern in der Bergwand auffiel. Sie ergriff die Picke und schug vorsichtig in den steinigen Untergrund, und schon löste sich ein glitzernder Stein, eim Amethyst, und schon bald darauf ein Topas und Smaragd. Es war geradezu, als purzelten ihr diese Edelsteinchen nur so entgegen, als würde der Berg sie nur sanft in seinen Fingern halten, und nicht wie sonst, eisern umschliessen. Sie konnte garnicht so schnell einsammeln, wie sie ihr entgegenrollten. Tara hielt inne wie sie die Seltsamkeit dieses Berges betrachtete. Waren es nicht Drachen, die Edelsteine und funkelnden Kram liebten? Diese Erkenntnis traf sie hart. Bei den Göttern, was wenn hinter der Wand dieses alten Stollens, ein Drachenhort verborgen lag? Kalter Schweiß trat ihr auf die Stirn, ihr Atem ging stoßweise, während ihr Herz hämmerte. Beinahe hysterisch kicherte sie auf, dachte an Rashka's Gesicht wenn er von ihrem Fund erführe. Doch ab nun hieß es Vorsicht walten zu lassen. Sie musste nun all ihre Sinne beisammen halten, nichts übereilen, was wenn es hinter dieser Wand einen schlafenden Drachen gäbe, einen, der von dem pickendem Geräusch metallener Hacke geweckt und verärgert durch die Wand brechen wollen würde? Sie saß mucksmäuschen still da und lauschte, lange und bewegungslos und erahnte in fantasievoller Vorstellung den Drachenhort.

[Bild: erzrkc5y.jpg]
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#8
Tara saß Liesel im Drachentöter gegenüber.
"Und? Was hast du nun angestellt?"
"Nun gut..du bist die Erste die von meinem Fund erfährt.
Ein stückweit unterhalb der Drechslertiefen gibt's 'ne alte Brücke. Kennst du die?"

"Ähm... nein, denke ich, vielleicht, hmm... eher nein."
"Es führt eine alte, zerbrochene Treppe hinab in ein Flüsslein."
"Ah, da hast du dir die nassen Füße geholt?"
"Einem Gerücht zufolge, dass es da unten Erze gäbe, hab ich die Stiefel ausgezogen und bin dem Flusslauf gefolgt. Ich kam in eine Art Felsenlabyrinth, überflutet, doch dann, eine alte Mine! Und wie ich begann etwas Erze zu schürfen..sah ich hunderte kleiner Edelsteine, sie kamen ohne viel Aufwand in meine Hand gerollt. Sonst werden sie von eiserner Bergeshand festgehalten."
"Das klingt schön einfach und ergiebig", warf Liesel ein. Doch Tara fuhr aufgeregt fort zu erzählen:"Da hatte ich jedoch die erschreckende Einsicht."
"Erschreckend"? fragte Liesel und legte die Stirn in Falten und zupfte sich aufgeregt am Ohrläppchen. "Welche Einsicht?"
"Gut, ich sehe, dass du es dir nicht denken kannst, ich will dir helfen", und linste sie fixierend an."
"Edelsteine und Höhlen mit Wasser ... das lässt bei mir keinen kreativen Gedanken übrig", meinte Liesel nachdenklich.
Tara antwortet bereits leicht ungeduldig: "Wer liebt Schätze?"
"Ähm... Leute die in einem Berg Edelsteine heraus hacken?" fragte Liesel vorsichtig, " Edle? Händler?"
Tara trippelte indess mit zwei Fingern auf der Tischplatte herum.
"Wer noch? Wer hortet sie über Jahre hinweg?"
"Mein Onkel mütterlicherseits, der seine Frau über den Fluss geschickt hat", sprach das nun ein wenig panisch wirkende Lieselottchen.
"Ich habe keine Ahnung!"
"Wer noch, Liesel!! Du weisst es ganz sicher!"
Lieselottchen zog die Statue vor sich und versteckte sich vergebens dahinter.
"Welches Tier liebt Glitzerzeug?"
"Ha! Elstern!"
Tara's Fingergetrippel wird ungeduldiger.
Lieselottchen lugte hinter der Statue hervor.
"Aye, Elstern und ...? Da gibt es nur noch EIN weiteres Wesen!"
"Wesen... kein Tier... früher die Drachen?"
"Yay!!!!!" ruft sie in naher Ekstase aus, der Blick wirr, dass Haar nun zerzaust. " Liesel!! Da unten - ich glaub', ich hab einen Drachenhort entdeckt!"
Liesel starrte Tara regungslos eine Weile an.
"Ernsthaft? Aber der Drache ist ja schon lange fort, bestimmt, und wurde von dem Drechsler filetiert."
"Ich habe dort nun 2 Tagesläufe und Nächte sitzend verbracht, und hörte Geräusche und... Drechsler hat einen getötet....der andere schläft da unten! Drachen schlafen bekanntlich hunderte von Jahren.."
Tara schaute Liesel irgendwie lauernd an, während jene schluckte schien sich bei dem Gedanken regelrecht unwohl zu fühlen.
"Ich hoffe, daß du unrecht hast! Stell dir vor der brennt meinen neugebauten Hof ab!" Nun war es Tara, die auf Liesel's alles sagenden Blick schwer schlucken musste.
"Du hast doch nicht vor dort weiter zu ... rütteln?"
"Aber," versuchte Tara noch weiter zu argumentieren, als sich die Tür auftat, und Runar der Wachmann zu Hohenquell in schimmernder Rüstung eintrat.
Dieses Gespräch musste an einem anderen Zeitpunkt weitergeführt werden, bald...sehr bald, denn definitiv hatte sie etwas vernommen, dass wie die Bewegung kleinster Kristalle klang, sicher vom Atem des Drachens verursacht. Was sonst? Runar könnte sie fragen, ob er geneigt wäre mitzukommen, doch das gäbe nur ein zweites Drechsler Abenteuer, was dringenst zu vermeiden war. "Tara, verdammt, denk nach! Die Götter schenken dir eine Chance, vermassel sie nicht schon wieder, wie alles,was du bislang auf Amhran in die Hand genommen hast," beschwor sie sich selbst, während sie wieder leise den Stollen betrat, lauschte und vorsichtig die Picke in dem Berg versenkte, leise, leise, bis schliesslich ein kleines Loch den Blick auf das Dahinter freigab.
"Verflucht, elendes Amhran", schimpfte Tara leise als sie die kristalinen Strukturen in Bewegung sah. "Was bei den 21 ist das jetzt?"

[Bild: jvuttkmu.jpg]
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#9
Ihr Weg hätte sie in Richtung Candaria führen müssen, doch war es ein Schatten, ein Laut oder gar ein unbewusstes Verlangen den Pfad zu ihrer Linken einzuschlagen, und so folgte sie ahnungslos. Dichter und enger wurde der Baumbestand, betört von der Wildheit des friedlich anmutenden Waldes verlor sich die junge Galatierin in Zeit und Raum, vergaß ihre Ziele und Verpflichtungen, Freunde und Familie und entdecke etwas nahezu unbekanntes in ihrer Seele, wild und ungezähmt ließ es ihr Herz schlagen, als wäre dem Kind in ihr ein gänzlich neues Spiel offenbart worden.
Tara entdeckte den Wald, diese Welt hier schien lebendiger zu sein als alle Orte Amhrans zuvor. Hinter jedem Strauch, jedem Baum schien sich etwas ihr Neues und Unbekanntes aufzutun, sogar das leise lustige Plätschern eines Bachlaufs verwandelte sich in kichernde Kinderstimmen, als würden sich die Götter, speziell Chronos einen Spaß mit ihr erlauben. Ein Summen drang durch ihren Körper, vom Drang erfüllt tiefer in den Wald einzudringen bemerkte sie das Einsetzen der Dunkelheit nur als etwas Nebensächliches, der Wald hatte sie in seinem Bann. Erst das seltsame knöcherne Knirschen unter ihren Sohlen ließ sie aus ihrem euphorischen Zustand erwachen, das Kichern und Plätschern des friedlichen Bachlaufs hatte sich in ein Unheil verkündendes Rauschen und Wispern verwandelt, sodass sie sich umblickte um den Pfad zurück zu erkennen. Doch gab es weder Pfad, noch Bach, sondern nur eine kreisrunde Fläche voller aschfahler Knochen. Lange, dünne, kurze und feste, der die Ursprungsform einem Menschen zugeordnet werden konnte. Sie erschauderte, wich zurück, Panik durchzog ihren Körper und sie rannte, rannte kopflos, rannte als ob Morrigù selbst ihr auf den Fersen wäre. Dann sah sie ihn, als sie versteckt um Atem ringend, einen nur kurzen Augenblick, hinter einem Baum ausharrte. Und obwohl alles ihr bebte und vor Angst schrie, konnte sie nicht anders und folgte diesem Wesen.
Es vergingen Tage, bis der verwunschene Wald sie gehen ließ, frierend, ausgehungert und den Wahnsinn in ihrem Blick suchte sie den Weg zu ihrer Hütte in Hohenquell. Spechen, nein sprechen durfte sie mit niemandem über das, was ihr geschehen war, mit keinem!

[Bild: w2bq5est.jpg]
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#10
Der Hartung ging seinem Ende zu, doch fern lag noch der ersehnte Wonnemond mit seinem hellen Grün und dem frischen, belebenden Duft, wie ihn nur der Frühling hervorzubringen vermochte. Stattdessen tobte ein unbarmherziger Sturm, das Feuer wärmte das Zimmer nur knapp, Tara lag seit Tagen darnieder, ein gartiges Fieber hatte sie ans Bett gefesselt und ihre Pflichten als Bürgerin Hohenquells gänzlich beiseite gedrängt. Nur einen Tag nachdem sie der Priesterin begeistert zugehört hatte, sich von Mydrion und Thanos erzählen ließ, wurde sie niedergestreckt. Sie ahnte, dass die Götter es waren die ihr wüste Alpträume sannten, Träume, die ihre Seele auseinanderrissen und schwerer Prüfung unterzogen. Es gab kein Oben und kein Unten mehr, Chaos brannte in ihrer Brust und ließ jeden Muskel erzittern. Als würden sich die Götter inmitten ihres Körpers Mithras entgegenstellen, ihm glühende Pfeile entgegenschleudern, die sich tief und schmerzhaft in ihre Eingeweide senkten. Entkräftet rief Tara den Namen ihres Bruders zu Hilfe, Rashka, doch sie blieb allein und niemand kam. Schweißgebadet tastete sie nach der nahezu leeren Wasserflasche, führte mit zittrig schwacher Hand die letzten Tropfen an die trockenen, heissen Lippen.
Ihr Kopf brannte, jeder Muskel schmerzte und doch ließen sich ihre Gedanken nicht abstellen, so sehr wie sie auch wünschte in stillen erlösenden Schlaf zu sinken, es wurde ihr nicht zuteil. Es lag alles in der Hand der Götter, ihr Leben, ihr Tod, ihr Sinn und Zweck. War es der Tod der da vorne am Ende ihres Bettes stand und nach ihr Ausschau hielt?
Voller Angst sank sie zurück in die Kissen ihres Bettes und verbarg ihr Gesicht. Fiebrig drang das Gespräch mit der Priesterin in ihr Bewusstsein, Hannah's Worte, die Neugierde die sie während der Erzählung empfand, die Heldentaten eines Mannes der von Mithras zum König auserwählt wurde. Und Mithras? Was war mit dem? Würde sie ihn nun tatsächlich als einen zusätzlichen Gott anerkennen? Kaum dass sie diesen Gedanken zuende denken konnte, ließ sie ein gleißender Kopfschmerz nahezu ohnmächtig werden. "Hüte dich Tara, hüte dich vor falscher Zunge, vor der List der Schlange, doch mehr als alles andere auf der Welt hüte dich vor dir selbst!!", wisperten Stimmen in ihrem Kopf und die junge Frau krümmte sich erneut in Fieberqualen, brennend, als würde ihr schlechtes Gewissen sie selbst richten. Bilder aus dem fernen Galatia stiegen in ihr auf, der frühe kühlende Nebel, wie er sich über die Steilküsten schob und endlich den Blick auf's tosende Meer freigab, kleine Blumen am Wegesrand, Rashka's Gesicht tauchte vor ihr auf, liebevoll auf sie herabblickend und irgendwas flüsternd, dann Großvaters mildes Lächeln und die Gewissheit, dass die Götter sie leben ließen. Erst als Tara die schützende Hand Mabons an ihrer heißen Stirn fühlte, sank sie in einen erlösenden Schlaf, sich ganz dem Vertrauen hingebend.


[Bild: vdfrg2rq.jpg]
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