FSK-18 Die schwarze Heilige
#31
Die dritte Nacht.
Marlene...nur weil ein Geschwisterchen auf dem Weg ist, bedeutet das nicht, dass du vergessen bist. Niemals. Die Kraft, mit der du mir ins Gesicht gebrüllt hast und die Kraft deiner ach so kleinen Finger, als du mir an den Haaren gezogen hast, werde ich nicht vergessen. Du warst das erste lebende Kind, das mir je in die Obhut gegeben wurde...und das ist mir so wertvoll...
Töte jene, die sie entführt haben. Der Rabenkreis muss vernichtet werden.
Das neue Kleine tobte in Magdas Bauch herum diese Nacht, keine Gegebenheiten, es anzustupsen.
Läuterung vor Mithras dem Herrn, wenn du deinen Weg frei machst. Töte den Rabenkreis. Töte die Druiden. Befreie diese Welt. Befreie Marlene...
Ja. Der Auftrag ist klar. Auf nach Candaria.
Egal wie grausig und furchteinflössend das Leben sein mag - stell dich ihm stets wie eine Lady.

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#32
Die vierte Nacht...
Die Reise steckte Morana noch in den Knochen. Sie wollte die Druiden in Candaria töten, doch sie waren schon tot. Und Marlene war wieder in Ravinsthal. Das war zumindest gut, doch der Rabenkreis war hier auf eigener Erde...

Für Magda tat Morana etwas, das sie nur schweren Herzens tat: die langen, spitzen Fingernägel mussten ab! Ganz kurz... so kurz wie möglich.

Mit klarem Wasser wäscht sie ihre Hände und reibt das Lavendelöl warm. Magda ist schon halb im Dämmerschlaf, als Morana ins Schlafzimmer tritt.
"Wir müssen dich auf die Niederkunft vorbereiten. Wir müssen deinen Körper vorbereiten, deine Haut weiten.", will sie sagen.
Dazu müsste sie unter Magdas Rock fassen und mit Daumen und Zeigefinger sachte dehnen, wo bald das Kind mit dem Kopf voraus kommen wird. Mit etwas Öl, in entspannter Atmosphäre zwischen zwei Frauen, gemütlich auf den Kissen... die Hände sind sauber, die Luft duftet nach Lavendel... "Willst du etwas sagen, Morana?", fragt Magda - nichtsahnend.
Die sonst so mutige Heilerin, die ausgerechnet am heutigen Tage bereits ihren Kameraden Nadel mit dem Ellenbogen nieder gedroschen hat, bekommt einen hochroten Kopf. "Nein, nichts, gute Nacht", sagt sie hastig, huscht eilig ins Bett und schmiert alles, das sie anfasst, mit warmen Lavendelöl ein.
Vielleicht nicht diese Nacht... vielleicht in einer anderen... wir wollen uns ja schließlich nur auf die Geburt vorbereiten.
Egal wie grausig und furchteinflössend das Leben sein mag - stell dich ihm stets wie eine Lady.

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#33
Die fünfte Nacht...
Ruhe legt sich über den Hof wie Nebel. Im Gatter schweigen die Pferde.
Irgendetwas ist da. Morana spürt die Präsenz der Tiefen. Es ist wie ein Geruch, der einem in die Nase steigt, nur um dann wieder zu verschwinden - als habe man es sich nur eingebildet. Es ist wie ein Geräusch, so leise, dass man meinen könnte, es sei nur das Rauschen des eigenen Blutes im Ohr. Wenn diese Andeutung einer Anwesenheit nahe ist, ist es so, als habe Marquard Zwiebel- oder Käsesuppe gegessen. Nur nicht so schrecklich. Doch genauso vertraut.
Morana unterdrückte den Drang, ins Dunkel hinein zu greifen und herauszuziehen, was sich verbarg. Zweifellos waren sie hinter dem Kind in Magdas Bauch her. Aber sie würden es nicht bekommen. Niemals.
Sie hatte sich schon viele Male überlegt, was sie tun könnte, um das Kind zu schützen. Was sie tun könnte, um etwas wie einen Tarnmantel um das Kind zu legen - wobei sich der wahrhaftige Tarnmantel nicht dafür eignen würde; im Gegenteil, er würde nur... etwas... aufhorchen lassen.
Und so bereitete Morana ein Ritual vor, ihm zu Ehren, dem mächtigsten aller Dämonen. Magda würde sie mit bloßer Hand umbringen, würde sie sie dabei erwischen. Doch als diese schlief, zündete Morana die Kerze an... sie legte die Hände zusammen und kniete vor dem Bett.
"Diesmal bitte ich nicht um mich.
Nicht um Erlösung, nicht um Flucht.
Überlasse mich dem Abgrund, aber wache über diesen beiden.
Vertreibe die Schatten aus den Seelen dieser Menschen.
Stähle ihre Stirn gegen alle Schrecknisse.
Die Schönheit und Stärke Deiner Ordnung öffne sie für Ruhe und Zuversicht.
Lasse Mut in ihre Herzen quellen und überschäumen.
Da Du ihnen beistehst, oh Herr, ist kein Abgrund zu tief und keine Widrigkeit unüberwindlich.
Dein sind sie mit Haut und Haar auf alle Zeit, in Ewigkeit.
Dein Feuer erfülle sie!..."
Egal wie grausig und furchteinflössend das Leben sein mag - stell dich ihm stets wie eine Lady.

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#34
Da saß sie nun im Kerker. Völlig grundlos. Immer, wenn ihre Wut zu schwinden drohte, machte sie das wütend. Wütend auf Einar - er kam an erster Stelle -, auf den Rabenkreis und natürlich sich selbst.
Ihr Verhalten war selbstverständlich tadellos gewesen. Selbst Einar als elenden Geliebten eines Freudemädchens zu bezeichnen war vollkommen angebracht. Aber irgendwie auf dem Weg von "Ist jemand verletzt, Einar?" zum hysterisch ausgerufenen "Du stellst mich unter ARREST?!" muss irgendwas schief gelaufen sein. Morana konnte nur nicht den Finger darauf legen.
Da saß sie also im modrigen Kerker. Das Schlimmste am Kerker war, dass er in Ravinsthal lag.
Die Kirche hielt sie nun bestimmt für eine Fanatikerin. Die Fanatiker hielten sie für brrr! einen Mondwächter. Die Mondwächter hielten sie für eine Person, die sie gekränkt hatte und auch Einar war gekränkt. Die Grauwölfe hielten sie offenbar für eine Närrin. Und die Narren hielten sie für eine Verbrecherin. Die Verbrecher hielten sie für Beute. Alles war durcheinander.
Und zu allem Überfluss kündigte sich Moranas Mondblutung an, drei Tage zu früh!! Vom Mond war doch noch nie etwas Gutes zu erwarten. Eigentlich zelebrierte Morana ihr Frau-Sein auf bestimmte Art und Weise... doch hier, im dreckigen Kerker!?!
Die Wut stieg wieder.
Das hielt sie für eine Weile warm. Die Finger und Zehen frieren als erstes ab... verflucht seien sie alle.
Egal wie grausig und furchteinflössend das Leben sein mag - stell dich ihm stets wie eine Lady.

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#35
Es war äußerst wichtig, was andere dachten. Dies war einfach so. Jeder, der etwas anderes behauptete, war entweder ein Lügner oder ein König. Oder beides.
Darum war es Morana äußerst wichtig gewesen, vor den Gardisten nicht die Haltung zu verlieren. Das hätte alles schlimmer gemacht.
"Mach, dass diese Nacht endet..."
Sie gestattete es sich nicht, sich hinzulegen. Sich auszustrecken wäre bei dieser Kälte ohnehin töricht gewesen. Sich klein machen... sich klein machen und hoffen, eine der Gardistinnen brächte einem Schnaps in die Zelle, sodass man sich zumindest warm fühlte. Morana wusste nicht, welchen Dämonen sie ihre Seele verkauft haben musste, damit Isabelle McEllister diese Gardistin war - oh hoppla, nein, sie wusste es.
Der Schnaps machte immerhin ganz erträglich, was danach geschah: Aughril war ihr auf die Haare getreten. Sie lag am Boden, weil Aki sie geprügelt und zu Boden geworfen hatte, nachdem Einar nach ihm getreten hatte - und sie diesen Tritt abbekam. Sie hatte, solange sie dazu in der Lage war, das Nachtgebet auf den Lippen; es war Moranas Lieblingsgebet... es erinnerte sie an Yngvar und jene Nacht im Tempel... er wäre sicher stolz auf sie, hätte er sie sehen können. Vermöbelt, aber ungebeugt.
Und wofür das alles?
Für keinen verweigerten Befehl.
Für keine Respektlosigkeit.
Für keinen einzigen Fehler.
Für keinen Fehltritt.
Sondern nur, weil Einar über sie gerichtet hatte, noch bevor er sie angehört hatte.
Vielleicht, weil sein blinder Glaube an die falschen Götter seinen Verstand vernebelte, oder tat seine Hure dies?
Das schmerzte vermutlich am meisten. So vieles hatte sie getan, um sich sein Vertrauen zu erkämpfen. So vieles tat sie, um auf der dünnen Linie der Hoffnung zu wandeln, der Hauptmann stehe hinter ihr.
Vielleicht hatte sie ihn auch bewundert. Vielleicht wäre sie ihm gefolgt.
Doch sie konnte nicht ablegen, was sie war.
Neben einer Heilerin, einer Grauwölfin, einer dem Abyss Versprochenen, war sie eine Gläubige. Und vielleicht, das musste sie sich eingestehen, war sie auch eine Fanatikerin.
Hatte sie Seligkeit Winkel nicht gesagt, der Inquisition bedarf es einer fähigen Führung, damit sie nicht erneut mit vier Mannen vor den Toren Rabensteins ins Messer rannten? Gemeinsam konnten sie es schaffen, die Heiligtümer der Mondwächter niederzubrennen und die Ordnung in Ravinsthal herzustellen... sie hoffte nur, Seligkeit Winkel würde all dies für sich behalten. Sonst hatte Morana am Ende doch noch ein richtiges Problem. Abgesehen von dem Problem, dass der Anführer ihrer Familie, die die Grauwölfe zweifellos waren, sie loswerden wollte.
Und dann die Sache mit Aughrill, die der Schnaps ans Licht gebracht hatte... ihn zusammen mit einem Kind auf dem Arm zu sehen weckte so viele verborgene Wünsche... doch, das war nicht richtig. Er war ihr Waffenbruder. Und er brannte nicht für Morana. Es wäre ihm völlig gleich, ob sie ihn liebte oder nicht. Zweifellos würde er sich freuen. Er wäre sicher auch ein guter Mann, doch.. wenn nicht, dann wäre ihm dies genauso recht. Und war es nicht genau jene Gleichgültigkeit, vor der sie in ihrer zweiten Ehe geflüchtet war?
"Elian Alveranth... Kannst du nicht hören, wie mein Herz nach dir ruft?" ... doch die Antwort ist nur die Stille in der kalten Stube, und ihr eigener, zitternder Atem. Verprügelt, verwirrt, halb erfroren, mit einem Kater vom Schnaps, im Wissen, ihren Waffenbruder dazu gedrängt zu haben, Dinge zu sagen, die er für sich behalten wollte, mit zertretenen Haaren, aber doch ungebeugt und würdevoll.
War dies wichtig?
Ja, war es.
Stolz war auch nur eine Maske.
Und Masken waren nicht dazu da, sie abzulegen.
Niemals. Niemals. Niemals.
Egal wie grausig und furchteinflössend das Leben sein mag - stell dich ihm stets wie eine Lady.

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#36
Wenn ich mir aussuchen könnte, wer meine Hilfe braucht, so wären es keine halbtoten Opfer der Sumpfmonster oder zusammengeschlagene, geschändete Frauen. "Ich will nicht mehr daran denken". Was im Grunde ja das Gleiche ist. Haare. Oh, Haare sind etwas Schönes. Männer sind Sumpfmonster! Ich könnte eine Tinktur mischen, die die Haut vor der Sonne schützt. "In den Marschen braucht man keinen Schutz vor der Sonne - nur Schutz vor allem anderen". So schönes güldenes Haar. Ich will, dass es glänzt! "Bitte, Morana, kannst du nicht...?". Es gibt so viele Wege. Aber ob deine Seele einem Dämon oder Mithras gehört, sie gehört auf alle Fälle nicht dir. Oder einen Aderlass. Ein Aderlass ist so vornehm. Ich habe darüber gelesen. Schnupfen. Ich wache am Bett eines schönen jungen Mannes mit goldenen Haaren... "Schnell, ein Notfall"... oder rette eine hübsche Frau vor dem Ertrinken, hauche ihr Leben ein... "Bei den Göttern! Er ist ein Junge! Ein Hoch auf Hebamme Morana!"... presse meine Lippen auf ihre...
Es ist lange her. Ich töte keine Kinder mehr und die Sumpfmonster sind schon längst fern. Das, was ich jetzt mache, ist vielleicht noch viel schlimmer...
Hütet euch vor der schwarzen Heiligen. Mithras obsiegt. Immer.


Eine Hexe weiß, wie sie ihre Gefühle lenkt. Man kann an jeder Ecke zornig werden und sich an jeder Ecke verlieben. Die Kunst ist, es sich zu erlauben oder es sich zu versagen.
Egal wie grausig und furchteinflössend das Leben sein mag - stell dich ihm stets wie eine Lady.

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#37
"Dreckige Hure."
Ich habe mich wohl verhört, wie war das?
"Du hast mich schon verstanden. Ich sag's nicht nochmal."
Doch, tu dies bitte. Du sagst es doch so gerne.
"Nach schön. Du bist die dreckige Hure, die das artige Fräulein spielt, das die Hure spielt.
Und du bist noch eins: Du bist Anhängerin ihres Gefolges, die Anhängerin des neuen Glaubens spielt, die nun Anhängerin des alten Glaubens spielt. Kommst du überhaupt noch klar?"
Halte dein schändlich' Mundwerk.
"Das willst du jetzt nicht hören, was? Was willst du tun, mich wieder wegsperren?"
Nein, ich bitte dich lediglich, für eine kurze Weile still zu sein. Vergiss nicht, dass ich damals zu dir gekommen bin, als du traurig warst. Ich kam zu dir, trocknete deine Tränen, richtete für dich ein Inferno an. Du brauchtest mich. Und ich war da, Isadora. Als du gehen wolltest, habe ich dich schweren Herzens gehen lassen. Als du wieder zu mir kamst, ließ ich dich gewähren. Du wirst immer ein Teil von mir bleiben, aber ich bitte dich, sei jetzt einfach mal still. Ich will nur.... Isadora? .... Schwester? .... hallo???!
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#38
Sie wollte sich schon beglückwünschen
für diesen tollen Schachzug.
Ein Mann, der ihr nicht böse ist,
am Ende sagt: Achso! Egal, ich hatte Spaß!
Und der entweder Frieden schließen lässt
mit seiner Schwester Shae
oder sie zu ihrer verbitterten Feindin macht.
Morana wusste nicht, was ihr lieber wäre,
es ist beides gut.
Am Ende wird es nichts von alledem.
Wie immer.
Doch der Bruder bleibt
und Morana kann noch Ärger machen.
Das ist die Hauptsache.


OOC
RIC Shae Sad
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#39
"Warum tust du das?!",
war die Anklage.
"Du hältst ihn für ein leichtes Opfer, dabei verfällst du ihm selbst,
warum erzählst du ihm das alles? Er muss es nicht wissen!"
Morana lächelte nur, doch ihr ganzer Körper bebte.
"Hast du das Ziel vor Augen verloren? Hast du?
Wenn du am Schrein der Mondwächter huldigst, erzürnst du deinen Gott,
wenn du am Schrein der Mondwächter das Sonnensymbol formst, erzürnst du die Götter!
Dies hat nichts mit Beistand zu tun!
Du weißt ja gar nicht, was du da tust!
Warum tust du das?", war wiederholt die Anklage.
"Spiele nicht mit den Göttern, das übersteigt dich. Vergiss nicht, was wir wollen. Wen wir wollen! Du bist eine Verdammte, verscherze es dir nicht auch noch mit anderen Mächten."
"Keine Verdammte.
Eine Hexe bin ich.
Ich bin die Hexe. Ich kann alles und jeden haben. Warum sollte ich da weniger verlangen?
Und jetzt möchte ich etwas Süßes haben.
...
...
... jetzt gleich."
Egal wie grausig und furchteinflössend das Leben sein mag - stell dich ihm stets wie eine Lady.

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#40
"Es kommt ein Mann vorbei, zur Entspannung."
So oder so ähnlich hatte Magda es gesagt. Und wie sie es gesagt hatte! Als sei nichts dabei! Und wie kann das entspannend sein!? Nein, sie hatte dann sogar zugegeben, dass jener Mann bereits einmal bei ihr gelegen ward. Es stach in Moranas gut behütetes Herz. Ich würde auch gern bei Magda liegen... doch, sie ist eine Freundin, schlage es dir aus dem Kopf, aus dem Herz.
Warum konnte sie nicht so kühn sein wie Magda, so sprechen, so... handeln?
Nun. Kühn gesprochen hatte sie ja bereits. "Verwüste mich..."... es war ihr in diesem Moment so richtig vorgekommen. Jetzt im Nachhinein klang es komisch.
"Warum bist du nicht einfach seine Geliebte?"
Ja, danke Magda, eine gute Frage. Ich habe Angst. Angst mich zu verraten, zu versagen, oder ihn zu verletzen oder gar umzubringen. Wenn er schon als Schlüssel zu ihren Zielen dienen soll, soll er doch wenigstens auch etwas davon haben... Und was, wenn ihr Körper ihm nicht gefiel? ....geht es allen Frauen dieser Welt so? Nun, den Mondwächtern scheinbar nicht. Und den normalen? Das musste sie Marek mal fragen...
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