[FSK-18] Wenn Sterne brechen...
#21
Firu überhäufte sie mit der Aufmerksamkeit, die nur Verliebte einander zukommen ließen und Erin nahm es an, zu Beginn noch scheu, aus Angst, dass es mit dem nächsten Windhauch zerfliessen könne, doch dann Schritt um Schritt, Tag für Tag sicherer und schliesslich voller Freude und Zuversicht.
Die Medica hatte sich Firu zur Brust genommen und ihm mit eindeutig klarem Standpunkt verdeutlicht, dass wenn er dem Mädel auch nur eine Träne entlocken würde, sein Schicksal in Löwenstein besiegelt sei. Armer Firu, der eisern, strenge Blick der Vogtin ließ keinen Zweifel aufkommen, dass sie es tatsächlich in die Tat umsetzen würde. Doch Erin wurde warm ums Herz, ihre Medica sorgte sich um sie, ja war sie gar wie die Mutter, die doch viel zu früh verstorben war. Ein Leben schien ihr im ach so prächtigen Löwenstein zu winken, ein Leben voller Hingabe, Studien und nicht zuletzt der Liebe, die sie jeden Tag von Neuem aufleben ließ. Doch da war auch noch Mithras, der feurige Gott, der sich zwischen sie und ihren Firu drängen würde. Doch noch wollte Erin nicht daran denken, zu seelig schwebte sie im Glück, zu lieb hatte sie ihren Zauberer. Sie bezogen eine recht geräumige Wohnung nahe des Marktes, wieselten umher wie kleine fleissige Ameisen, und nebst kleinem Gäste und Heilerzimmer, Küche und Schlafgemach, richtete Firu im Obergeschoß eine Bücherei ein. Wenn er still, in Gedanken versunken an er seiner langstieligen Pfeife zog, blaue Wölkchen entließ und tiefkonzentriert über den alten Schriften saß, ihr zwischendurch immer einen seiner verliebten Blicke zuwarf, wurde Erin ganz still vor Glück und lächelte. Ja, sie liebte ihn! Liebte ihn dafür, dass er um ihre Sehnsüchte wusste, dass er ihr Trost schenkte, egal zu welches Tag und Nachtzeit auch immer, dass er sogar ihren Flint ohne Eifersucht als Freund annahm und dass er voller Wissensdrang steckte und sie ihn alles fragen durfte, was ihr auf der Seele lag. Gemeinsam machten sie sich dran Lösungen und Wege zu finden. Als hätten sich die beiden unter einem Stern getroffen schien ihr Leben wertvoller denn je. Ein Anfang, ein Neubeginn.
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#22
So schön glitzerte die Kugel im Abendlicht und Erin ließ unwillkürlich ihre rechte Hand über der Oberfläche des Kristalls schweben. Da spürte sie einen kalten Zug, eine Anziehungskraft, die von diesem Objekt auszugehen schien. Und als würde die Kugel in der Mitte zerreissen wollen, tat sie sich auf und offenbarte ein Bild, Flint und Gertchen am Galgen hängend, das Leben schien schon lange aus ihnen gewichen zu sein. Ein dritter Strang hing daneben, leer.....! Erin taumelte zurück, blass vor Angst, was bei den Göttern hatte sich ihr da gezeigt? Firu, besorgt die Ursache des Geschehens erforschen wollend, fragte sie nach bisherigen Ereignissen solcher Art, doch Erin schüttelte nur den Kopf, nein, sowas war ihr noch nie zuvor widerfahren, bis auf...damals, als sie noch ein Kind war, im Walde, am Bach, als sie Mutters Gesicht darin gesehen hatte. Noch am selben Abend hatte Mutter ihr Lebenslicht ausgehaucht, waren es Gesichte? Firu sprach vom sogenannten Zweiten Gesicht, einer Fähigkeit die nur erwählten Druiden zueigen war. Nein, es musste an den Wirren der letzten Tage liegen, sie versuchten sich beruhigen, erzählten niemandem davon. Gab es Druiden denen sie sich anvertrauen konnte? In Ravinsthal schien alles drunter und drüber zu gehen, Flint verschwunden, ein ganzes Armenviertel ausgelöscht, Erin war unentschieden, sie würde drüber nachdenken müssen.

Als sie dann am Abend darauf nach der Versorgung eines Kranken die Heilerstube verließ um die Medica zu suchen, bemerkte sie rotgewandete Priester an der Hafenmole. Auch Axis, Leibwächter der Vogtin stand dort mit dem Gesicht zum Wasser gerichtet, und Erin verringerte die Distanz zwischen sich und dem Hafen, doch wurde sogleich von dem Herr Veltenbruch zurückgehalten. "Die Herrschaften? Dürfte ich darum bitten, weiter zu gehen?"
"Ich suche die Medica!" wirft Erin rasch ein, doch sprach er:" Hier findet etwas statt, dass nicht für eure Augen bestimmt ist. Sie wird hernach gewisslich zu euch kommen." Doch ließ es Erin keine Ruhe und sie wagte einen Schritt näher, rasch einen Blick über die Kaimauer werfend. Da standen sie doch! Die Vogtin, ein paar weitere Rotgewandete und ein gebundenes, junges, panisch dreinschauendes blondes Mädel. Nur allmählich begriff Erin, was hier vor sich gehen sollte, eine Hexenprobe! In Erin drehte sich alles, das durften sie nicht tun, das arme Geschöpf, so jung!! "Neiiiiiin!! schrie es aus Erin heraus, wie konnte ihre Medica sowas zulassen!!" "VERDAMMT ERIN, Verschwinde!" brüllte die Medica mit wütendem Gesichtsausdruck, irgendwas zerrte bereits an ihrem Ärmel, irgendwer warnte mit Stockhieben, doch Erin hörte all dies nur wie nebenher, die wollten doch nicht wirklich die junge Frau ersäufen? Wann würde dieses Gemorde aufhören, die Foltern, das Töten, und alles in Mithras Namen. Man stieß sie fort, sie rannte Axis suchen, fand ihn, doch helfen würde da keiner. Die Kirche hatte das Recht jeden, auf den auch nur der leiseste Verdacht von Hexerei fiel zu prüfen. Doch was war mit dem Recht auf Leben? Hatte man es verwirkt, nur weil andere einem etwas nachsagten? Was, wenn die junge Frau keine Hexe war? Erin hatte bereits oft davon gehört, selten, dass jemand die Hexenprobe überlebte, was nur eines bedeutete: Es waren selten wirkliche und leibhaftige Hexen unter den Opfern. Wie konnte ihre Medica an so etwas teilnehmen, wieso hatte sie es nicht zu verhindern versucht, sie kannte doch die Seligkeit scheinbar gut, waren gar befreundet? Erin schwirrte der Kopf als sie sich Firu anvertraute, doch jener strich nur sorgenvoll und nachdenklich über ihr Haar und meinte :" Ganz langsam Liebes...wenn sie eine Hexe ist tut man gut daran es geschehen zu lassen. Wenn die Kirche etwas für richtig hält lässt man sie besser machen, im Schlimmsten fall unterstellen sie dir auch eine Hexe zu sein. Das ist auch der Grund warum dich die Medica so anherrscht. Sie wollte dich nur vor Schaden bewahren. Egal was wir beide davon halten, äussern wir es, ist es Ketzerei wider der Ordnung. Und das strafen sie kompromisslos ab wann und wo ihnen der Sinn danach steht." "Ich wusste nicht, wie schlimm es um Löwenstein steht," und verbirgt ihr Gesicht an Firu's Schulter. An diesem Abend ging Erin nicht mehr vor die Türe, wünschte sich fernab von all dem Übel, und später, wie sie aneinander geschmiegt einschliefen, träumte sie von Wasser und Feuer, von Flint und Gertchen, und von Molchen die zuvor verschrumpelt im Glas schwammen, doch dann endlich in die grünen Sümpfe entlassen wurden.
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