Der Dienst endet mit dem Tod.
#1
Cahira stand am Gatter, die Unterarme lose auf den Zaun gelehnt, und beobachtet die Pferde, die gemächlich ihre Runden drehten oder sich am Trog zu schaffen machten. Es war ein milder Abend und Mensch und Tier merkten, dass recht schnell der Frühling Einzug ins Land halten und die letzten Reste der trüben Winterzeit vertreiben würde.

Die junge Frau konnte es noch immer nicht fassen, das ihre Suche so schnell zu ihrem Ziel gefunden hatte. Sie war vollkommen seekrank von Bord der kleinen Schaluppe gestolpert, die sie von Galatia nach Amhran gebracht hatte, und hatte sich einer schier undurchschaubaren Stadt entgegengesehen mit all’ ihren Winkeln und Gassen und Hinterhöfen, dass ihr im ersten Moment Angst und Bange geworden ist. Die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen wäre wohl einfacher zu bewerkstelligen gewesen.

Vor allem drei Jahre eine sehr lange Zeit gewesen waren und die Lügen, die Aidan ihr vorgegaukelt hatte, in der Zwischenzeit sehr wohl zur Wahrheit geworden sein konnten. Ein Soldat steht in jeder Schlacht seinem Tod gegenüber und sie hatte am eigenen Leib erfahren müssen, wie schnell ein aus dem Hinterhalt geschossener Bolzen - oder mehrere wie in ihrem Fall - jede weitere Zukunftsplanung zunichte machen konnte.

Doch das Glück war ihr hold gewesen: Schon am ersten Abend traf sie auf Herrn Ceras, der ihr nicht nur ein Zimmer in seiner Herberge anbot sondern auch mit dem Namen “Kordian” etwas anfangen konnte. Cahira hatte nach kurzem Nachdenken schlichtergreifend nach einigen Namen gefragt; was hätte das schon schaden können und irgendwo musste sie ihre Suche schließlich beginnen.

Herr Ceras bot ihr sogar an, sie nach Zweitürmen zu bringen, dem Ort, an dem sich Kordian wohl aufhalten solle. Da dies aber erst am übernächsten Tag geschehen sollte, hatte Cahira einen Tag für sich, den sie in Löwenstein verbrachte. Die Stadt vor aufregend und voller neuer Eindrücke; ganz anders als die wenig besiedelte Küstengegend Svesurs, wo der Hof ihrer Sippe und wenig kleinere Gehöfte die einzigen Gebäude ausmachten. Zusätzlich ließ die Aussicht, dass sie eventuell schon morgen einen unerwartet schnellen Erfolg verbuchen konnte, ihr Schmetterlinge im Bauch tanzen.

Und als sie durch die Gassen der Stadt ging, natürlich hatte sie sich verlaufen, denn an jenem Gebäude kam sie nun schon das dritte Mal vorbei, da sprach sie einen Reiter an, der des Weges kam … und erstarrte! Ihr Hauptmann, Kordian, väterlicher Freund, da auf diesem verflixten Gaul, hier in Löwenstein und er lebte! Sie fiel ihm in die Arme, heulend, und ohne dass sie zu Fragen gewagt hätte raunte er: “Kyron ist auch hier!”

Sie hatte sich die Schritte, die Kordian sie zur Schmiede geführt hatte, wenigstens etwas auf dieses Wiedersehen vorbereiten können, obwohl sie ohne Unterlass zitterte, ihr Magen sich zusammen krampfte und ihr Herz so wild galoppierte, als wolle es ihr aus der Brust springen und sie sich dann doch, während Kordian Kyron in dem unterbrach, was immer er da auch tat, hinter einem Pferd versteckt gehalten. Ihr Ehemann sah zunächst tatsächlich so aus, als ob er einen Geist gesehen hätte, doch schließlich lag sie in seinen Armen, atmete seinen altvertrauten Duft, und hätte ihn am liebsten nie wieder losgelassen …
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Herzlichen Dank an Morrigan!
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#2
Natürlich hatte sie ihn irgendwann loslassen müssen und sie waren nach Zweitürmen gezogen, der aktuellen Unterkunft der Infanterie. Es gab so viel zu erzählen und zu fragen, dass Cahira vollkommen schwindelig im Kopf war. Doch der Alltag hatte kein Verständnis für Nachholbedürfnis und als Kordian zum Wachgang aufgebrochen war, wandte sich Kyron zu ihr um: “Und jetzt erzähle, was Du bisher verschwiegen hast …”

Cahira hatte nicht vorgehabt, ihre Verlobung und alles, was mit Aidan zusammenhing, zu verheimlichen, hatte sich aber ein paar Tage mehr Zeit gewünscht. Sie hatte den feinen Sinn ihres Ehemannes für ungereimte Schwingungen zwar nicht vergessen aber unterschätzt. Also erzählte sie, ließ so gut wie nichts aus. Als sie mit dem Tod Aidans endetet, erhielt sie auch sogleich einen Dämpfer, als Kyron fragte, ob sie seine Knochen gesehen hätte.

Nein, das hatte sie nicht. Aber wie hatte Aidan auch den Flammen entkommen können und auch wenn er entkommen war, war er ohnehin eine arme, entstellte, nach Sandast süchtige Leiche. Doch sie musste zugeben, dass ihr diese Ungewissheit Unwohlsein verursachte. So weit war es also schon gekommen, dass sie nicht mal mehr ordentlich einen Mann töten konnte; Soldat Mendoza wäre das nicht passiert, vor allem nicht, wenn es sich um das Wohl ihrer Familie gehandelt hätte. Kyron reiste nach Galatia ab, um diese Sachen zu einem Ende zu bringen; sie selber sollte bei Kordian bleiben, damit er auf sie aufpassen konnte.

Cahira empfand es als nicht richtig, dass ihr Ehemann nun eine Angelegenheit, die sie so unsagbar verbockt hatte - es gab einfach keinen anderen Ausdruck dafür - alleine regelte, aber Kordian meinte: “Bei uns gibt es keine meine oder deine Angelegenheit!” Früher war diese Aussage zutreffend gewesen. Sie waren eine Einheit gewesen, jeder schütze den Rücken des anderen und sie hatte sich innerhalb der Infanterie blind aufeinander verlassen können. Jeder war ein Zahnrädchen im großen Ganzen. Aber wie sah es damit heute aus?

Kordian und Kyron schienen sich in ihrem Wesen kaum verändert zu haben, soweit sie es jedenfalls in der kurzen Zeit seit des Wiedersehens beurteilen konnte. Aber sie hatte sich wohl verändert. Nach ihrer Verwundung und langsamen Genesung war sie ganz Hausfrau und Mutter gewesen, hatte keine Waffe mehr angerührt, keinen Kampf mehr ausgefochten. Und genau das ließen die Männer sie ganz genau spüren!

Es war keine sichere Welt, in der sie lebten, war es eigentlich nie gewesen, und ja, sie trug keine Waffe und auch keine Rüstung, aber konnte sie nicht wenigstens etwas Respekt erwarten; Respekt vor der Soldatin, welcher sie damals ihr Leben anvertraut hatten im Kampf gegen die Drachen und anderen Gesocks? Hätte sie es gewagt, Kordian wie ein zerbrechliches Paket zu behandeln oder Kyron auch in seinen schlimmsten Zeiten seine Kampfeskraft abzusprechen?

Und dann war Kordian auch noch sauer auf sie, dass sie ihre Sache verraten würde. In einer sehr bewegenden Rede hat er sie gefragt: “Wann endet der Dienst?” Sie blieb ihm die Antwort schuldig, obwohl sie ganz genau gewusst hatte, worauf er hinaus wollte. Natürlich nahm der altgediente Kämpe es nicht einfach so hin, dass alle Freischärler, die damals gegen die Ungetüme gekämpft hatten, als Rebellen gebrandmarkt und vertrieben worden waren und sann auf Rache. Aber satt seinen Ärger an ihr auszulassen, wie er es früher getan hätte, hatte er sich nach draußen verdrückt und seine Enttäuschung an einem unglückseeligen Vogelwesen ausgelassen.

Ja, sie fühlte sich wie eine Verräterin. Sie hatte weder nach ihren Kameraden noch ihrem Ehemann gesucht, obwohl sie es hatte besser wissen müssen, ob nun Zaubeei im Spiel gewesen ist oder nicht. Und sie hatte Angst. Sie hatte Angst davor, wieder verletzt zu werden, hatte Angst vor dem möglichen Verlust ihrer Kameraden. Was wäre, wenn sie im Kampf versagen würde, wenn sie am meisten gebraucht werden würde? Konnte sie überhaupt in ihr vorheriges Leben zurück oder sollte sie lieber Magd werden bei Inara auf dem Hof, wie Kyron vorgeschlagen hatte? Dabei war es genau das, was sie noch vor wenigen Wochen bei ihrem Aufbruch nach Amhran gehofft hatte: Das alles so werden würde wie früher! Jetzt aber zögerte sie, hatte weiche Knie … und vielleicht wollte Kordian sie ja auch gar nicht mehr in der Truppe haben?
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#3
Mit Erinnerungen ist es so eine Sache. Sie kommen und gehen wie es ihnen beliebt. Erinnerungen an Ereignisse, die noch nicht so lange zurückliegen, sind leichter einzufangen als jene, die schon mehrere Monde oder gar Jahre vergangen sind. Manchmal, wenn man sie sucht, mit allen Kräften, dann bleiben sie verschwunden, tief verborgen im Niergendwo des Gedächtnisses. Je mehr man dannach drängt, sie zu fangen, um so mehr verschleiern sie sich. Dann aber plötzlich, unvermittelt, ohne dass man es heraufbeschworen hatte, verursacht eine bestimmte Geste, ein gesprochenes Wort, ein Klang oder ein Duft, die unmittelbare gedankliche Rückkehr in eine vergessene geglaubte Szene des eigenen Lebens und man sieht die damaligen Ereignisse vor dem inneren Augen ablaufen; betrachtet sich selber wie einen Schauspieler auf der Bühne, wundert sich, dass man soetwas gesagt oder getan hatte oder freut sich, dass man endlich wieder diese vergessen geglaubte Erinnerung präsent hat ...

Als Cahira an jenem Nachmittag mit vollem Gewicht auf die hölzerne Übungsfläche knallte, raube ihr der Aufprall für den Bruchteil einer Sekunde den Atem, ehe dann nach dem Schock der Schmerz einsetzte und sie sich zusammen krümmte. Für einige Momente verfluchte sie sich, überhaupt in die Akademie der Kampfeskunst gekommen zu sein und fragte sich, wozu sie sich eigentlich dermaßen verdreschen ließ. Es waren nur Holzschwerter, aber ihr Gegenspieler, ein ernster Jüngling von vielleicht zwanzig Sommern, führte es mit harter Hand und ließ sie mit jedem Schlag spüren, wie sehr sie aus der Übung gekommen war. Sie hatte ein paar seiner Attacken abwehren können und es waren ihr auch selber ein, zwei für ihn überraschende Angriffe geglückt. Doch schließlich hatte er die junge Frau mit einem tiefen Streich gegen ihren linken Oberschenkel zu Fall gebracht. Er hatte es wohl schon die ganze Zeit bemerkt, dass dies nicht ihre starke Seite war, und hatte den Kampf schließlich auf dieses grandiose Finale hinauslaufen lassen.

Aber sie musste eine Entscheidung treffen. Während ihr Ehemann in Galatia das tat, was getan werden musste, war sie ohne Pflichten, geduldet in der Baracke der Infanterie. Sie danke dieser Gastfreundschaft damit, dass sie sich so gut sie es vermochte um die Pferde kümmerte, und das Haus sauber hielt. Cahira wusste, dass es nicht auf Dauer so weiter gehen und sie auf Kosten einer Einheit, welcher sie nicht mehr angehörte, leben konnte. Natürlich lastete Kordians Vorwuf des Verrats schwer auf ihr, aber ehe sie sich dafür entschied, wieder das lose Ende ihres vorherigen Soldatenlebens aufzunehmen, musste sie sich sicher sein, dass es tatsächlich das war, was sie wollte und sie sich nicht nur der Illusion eines vergangenen Lebens hingab. Ohne Überzeugung würde sie einen lausigen Soldaten abgeben und das war weder ihr noch der Sache von Nutzen.

Vielleicht war es ihr Stolz, der ihr verbot, Kordian oder einen der anderen der Einheit um einen Probekampf zu bitten, damit sie erspüren konnte, ob alles noch vorhanden war: der Kampfeswillen, der Wunsch nach Gerechtigkeit, Vergeltung, Triumph, der Zorn, aus dem sie die Kraft schöpfte, Schläge und Schmerzen zu ertragen und doch immer wieder ihre Waffe gegen ihre Feinde zu schwingen, ob dies nun Drachen, Menschen oder Krokodile waren, das Rauschen des Adrenalins in den Ohren, das Magenflattern vor dem Beginn einer Schlacht, der Stolz an der vollkommenen Kontrolle ihres Körpers, an seiner Stärke, das Zusammenspiel der Muskeln. Und dann dieses herrliche Gefühl nach einem Scharmützel wenn man obsiegt hatte, in die erhitzten Gesichter der Kameraden blickte und wusste, das man lebte!

Ihr Schwert war ihr beim Fallen aus der Hand geglitten und einige Schritte neben ihren Aufprallort polternd zu Boden gegangen. Sie wollte einfach liegen bleiben, ihr Gesicht dort auf dem Boden, der Geruch von Schweiß und mehr oder weniger versehentlich vergossenen Blutes, welches sich, obwohl rasch weggewischt, dennoch in die Holzbohlen eingefressen hatte, in ihrer Nase …

Plötzlich war sie nicht mehr in Löwenstein. Sondern eines längst vergessenen Tages in Silendir im Hauptquarier der Infanterie. Und sie hatte gerade ihren Hauptmann geschlagen.

Die Ohrfeige hatte gesessen. Das klatschende Geräusch ihrer rauen Handfläche auf seiner von Bartstoppeln übersäten Wange hallte ihr noch Momente, nachdem der eigentliche harte, unwiderrufbare Ton schon längst verklungen war, in ihren Ohren nach. Schwer und mit tiefem Atem, als hätte ihr dieser Schlag all' ihre Kraft geraubt, stütze sich die junge Frau auf die Theke und starrte einen der zahlreichen angetrockneten Aleflecken, welche den Tisch mittlerweile verunzierten, an. Es war still. Zu still für ihren Geschmack. Entgegen ihrer Erwartung folgte weder eine Vergeltungsmaßnahme noch das hauptmanntypische Grollen, was noch nie Gutes verheißen hatte.

Eigentlich hätte sie nun zufrieden sein müssen. Als sie von diesem "Vorfall" zwischen Kordian und Kyron erfahren hatte, war sie besorgt und als Gabriel hinzufügte, das die Verletzungen des Leutnants schlimmer aussahen als sie letztendlich waren, war sie durchaus alarmiert gewesen. Doch sie war nicht auf dieses Bild des Jammers vorbereitet gewesen, welches sich ihr im Heilerhaus schließlich geboten hatte. Ihr war der mitgebrachte Beutel mit Salzgurken und anderen Sachen, von denen sie wusste, das Kyron sie ganz gerne aß, aus der schlaffen Hand gerutscht und irgendeine kleine irdene Schale darin war beim Aufprall zerbrochen. Ab diesem Augenblick verfestigte sich der Wunsch, es demjenigen, der ihrem Verlobten das angetan hatte, mit gleicher Münze zurück zu zahlen.

Cahira wusste selber nicht, woher dieser Gedanken plötzlich kam. Aber er war da und rotierte wie ein Sägeblatt mit scharfen Zähnen in ihrem Inneren. Vielleicht war es Kyrons zu Brei geschlagenes Gesicht, diese fleischige Masse, die kaum mehr etwas mit dem bleichen, zugegebenermaßen in letzter Zeit stets etwas ramponiertem, aber noch immer feingeschnittenen Antlitz ihres Verlobten zu tun hatte, der Tropfen, der das Fass sprichwörtlich zum Überlaufen gebracht hatte. Womöglich war es die Person des Täters, welche sie sonst als Freund und Vorgesetzten angesehen hatte, und der sie mit dieser in ihren Augen schändlichen, ungeheuerlichen Handlung vollkommen aus der Bahn geworfen, nein schlimmer noch, verraten hatte. Freunde prügelten sich nicht gegenseitig zu Tode. Mit Panzerhandschuhen auf ein weiches, ungeschütztes Gesicht, in nachgebendes Fleisch, in berstende Knochen. Oder waren es tatsächlich die Lippen Gwynns, welche die bis dato noch immer zaudernde Seele der jungen Frau, obwohl deren Augen schon so viel Schmerz gesehen hatten, schließlich doch gestreift, geküsst hatten, so wie Kordian behaupten sollte?

Der Mann hatte sich nicht gerührt. Ob er ihr Vorhaben nun vorhergesehen hatte oder nicht; er nahm den Schlag wortlos hin, ungeachtet dessen, das ihre Muskeln dank zahlreicher Waffenlektionen in der Trainingshalle oder dem Schlachtfeld und den notwendigen Kraft- und Ausdauerübungen, um ein Gefecht in einer schweren Rüstung überhaupt bestehen zu können, von geschmeidiger Härte waren. Diese Ohrfeige hatte sicher nicht das Kaliber einer Ohrfeige, die eine durchschnittliche Löwensteiner Hausfrau ihrem Lausebengel zu geben pflegte. Doch er hatte den Schlag hingenommen und begann, für Cahira unbegreiflich, gar zufrieden grinsen.
„Du hast Dir die Frage, die Du mir nicht gestellt hast, somit selbst beantwortet.“ Die junge Frau begriff nicht, was mit ihr passiert war, was passierte, ballte nur immer wieder ihre Hand, mit der sie Kordian geschlagen hatte. Eher nebenbei bemerkte sie, das diese Tat einigen Krügen und Tassen, die ihr unglücklichweise auf der Theke im Weg gestanden hatte, das Leben gekostet hatte. Was hatte sie da nur getan, was hatte sie sich dabei gedacht? Hatte sie überhaupt gedacht?
„Du hast, vielleicht zum ersten Mal in Deinem Leben, den gerechten Zorn gespürt. Und ich verspreche Dir, Du wirst diesen Moment nie vergessen.“

Eine Ohrfeige allein war sicher keine adäquate Genugtuung für das, was Kordian ihrem Verlobten angetan hatte. Der nachfolgende Kampf schon eher. Er hatte weiter auf sie eingeredet; sie wollte einfach nur weg. Sie hatte Angst, das sie sich beim nächsten Wort, der nächsten Geste vollendens vergessen würde. Doch Kordian, mit dem Insinkt eines Raubtieres, forderte gerade dies heraus. Erst hatte sie noch gezögerte, das Heft des ihr wohlbekannten Schwertes zu umgreifen, aber als sich ihre Finger um den Griff schmiegten, war es bereits zu spät für langwierige Überlegungen, war Schluss mit Zaudern oder Gewissensbissen. Grollbringer, dessen Trägerin aber nie Führerin sie gewesen war, sang sein Lied, verstärkte ihren Zorn, ließ ihn anschwellen, ihren Leib zu einem Klangkörper ihrer eigenen Wut werden. Sie achtete nicht darauf, das Kordian seinen Brustpanzer abgelegt hatte und ihr nun im mindesten so schutzlos gegenüber stand wie vor ein paar Tagen ihr Verlobter ihrem jetzigem Gegner. Sie führte die scharfe Klinge gnadenlos gegen das preisgegebene schwache Fleisch. Zwar hatte sie anfangs Kordian lediglich verletzten wollen, doch daran verschwendete sie nun keinen Gedanken mehr. Töten trällerte jede Faser, jede Sehne, jede Pore. Töten.

Wieder und wieder trafen ihrer beider Klingen kreischend aufeinander, lösten sich in Begleitung tiefer, keuchender Atemzüge, wurden Fausthiebe verteilt, um den Gegner aus dem Takt zu bringen, ringend um die bessere Position in diesem Kampf. Doch Cahira wurde schwächer; die ungeahnte Energie des Zornes hatte zur Folge, das sie sich über die Maßen verausgabte. Sie wurde unachtsam in ihren Attacken; war es wohl bereits zu Beginn dieses Gefechtes. Kordians Schläge, ausgeführt mit der Breitseite seiner Waffe, darauf aus, einige durchaus für Tage lang schmerzende Flecken und Beulen zu verursachen, nicht jedoch, um ernsthaften Schaden anzurichten, fanden mehr und mehr ihre Bestimmung. Eine allzu überschwänglich geführte Attacke verfehlte ihr Ziel, dafür fand Kordians Knie ihren Unterleib und sie sackte zusammen, während irgendetwas in ihrem Bauch explodierte und ihr die ohnehin wie vernebelten Sinne nahm.

Wie ein Wurm krümmte sie sich auf der nach Schweiß und Blut riechenden Übungsfläche. Kordian hatte ihr das Schwert aus der Hand getreten und sie fühlte sich verloren, einsam und vollkommen ausgelaugt. Wo eben noch die wunderschöne Melodie eines Schlachtengesangs in ihrem Kopf hallte, herrschte Leere. Wo eben noch Muskeln in einem perfekten Zusammenspiel agierten und eine Klinge durch die Luft tanzen ließen, war nun mehr nur noch pochender Schmerz. Übelkeit stieg in ihr auf und sie zog sich an Kordians Schulter empor. „Ich glaube, ich muss mich übergeben.“ murmelte die junge Frau, die eben noch alles dran gesetzt hätte ihren Helfer in zwei Teile zu spalten, wenig würdevoll und hielt es gerade noch lange genug an seiner Seite aus, um Kordian sagen zu hören: „Was passiert ist, hat Kyron und mich näher gebracht, als Worte das je gekonnt hätte. Es war sein Geschenk an mich. Und vielleicht war es auch ein Geschenk für Dich ...“


Dann war sie wieder in Löwenstein. Wie lange Zeit war vergangen? Sie wusste es nicht, wusste nicht, wie lange sie dort gelegen hatte. Doch der Jüngling war noch da und sah recht unschlüssig aus, was nun zu tun war. Vermutlich waren es nur Augenblicke gewesen. Sie tastete nach ihrem Schwert, rappelte sich auf. Ihr Bein schmerzte und schon an diesem Abend würde sie die Prellungen und blauen Flecken an ihrem Körper zählen können, die sie von diesem Kampf davon trug. Merkwürdigerweise war es ihr gleichgültig, es bedeutete nichts. Nur eines zählte noch: ihrem Gegner zu zeigen, das dieser Soldat noch längst nicht geschlagen war.
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#4
Und plötzlich war ihr Ehemann wieder da. Während sie ihrem Pferd mit ihren Fingern einige Flechten aus der Mähne kämmte, tauchte er hinter ihr wie aus dem Nichts auf. Sie drehte sich langsam um, ihr Herz klopfte bis zum Hals, und betrachtete Kyron, der mit Arbeit bepackt im Dämmerlicht der hereinbrechenden Nacht nur wenige Schritt weit von ihr entfernt stand.
“Und rate mal, wen ich mitgebracht habe. Er schläft gerade in der Wachstube …”

Cahiras Blick schwirrte einen Moment in diese Richtung, dann rannte sie los ohne wirklich einen Gedanken gefasst zu haben. Nahm zwei, drei Stufen auf einmal zur Anhöhe hinauf, ignorierte das Stechen im Bein, und trudelte atemlos vor Aufregung in die Wachstube, nur um wenige Augenblicke später am Bett zu stehen, in dem ihr Sohn schlief. Ein Daumen im Mund, das dunkle Haar zerzaust, die Wangen verschmiert, die Kleidung befleckt und doch so klein, unschuldig und arglos, wie ein Kind in diesem Alter nur sein konnte.

Das war der Moment, den sie sich die letzten Tage herbeigesehnt aber vor dem sie sich auch gefrüchtet hatte. Sie hatte ihren Sohn vermisst und die Erinnerung an den kleinen Mann, wie er an Seáns Hand an der Anlegestelle gestanden und ihr tapfer zugewinkt hatte, als sie von Svesur abgereist war, hatte ihr Tränen in die Augen getrieben. Des Öfteren hatte sie auch an ihre Sippe gedacht, was wohl gerade an der Tagesordnung war und sich vorgestellt, wie ihr Bruder Jovane beispielsweise morgens Heu zu den Pferden schaufelte, ihre Schwägerin Brotteig knetete oder ihr Vater seinem Enkel eine gute Nacht Geschichte erzählte, die den Jungen wieder viel zu lange wachhalten würde.

Ja, es hatte sie geschmerzt, von ihrem Sohn getrennt leben zu müssen - aber weder die anfängliche Unsicherheit, was den Verbleib von Kyron, Kordian und der restlichen Truppe anging noch ihr wieder aufgenommenes Leben als Soldat waren für einen vierjährigen Knirps ein geeignetes Umfeld. So hatte sie nicht gewusst, was sie sich eher gewünscht hatte: Kyrons Erfolg - den Beweis, dass Aidan tot war und keine Gefahr mehr darstellte - und seine alleinige Rückkehr, oder seinen Mißerfolg und damit bedingt die Rückkehr mit Lionel, damit dieser bei Vater und Mutter in Sicherheit war.

Kyron, der langsamer nachgekommen war, erzählte ihr dann die Geschichte seiner Reise und Cahira lauschte mit angestrenger Miene. Sie ahnte, dass er nicht alles genauso berichtete, wie es vielleicht tatsächlich vorgefallen war, manchesmal huschte ein besorgt, nervöser Ausdruck über sein Gesicht. In der Tat musste die junge Frau sich bei einigen seiner Ausführungen ins Gedächtnis rufen, dass es für Kyron ein Schock gewesen sein musste, plötzlich für einen vierjährigen Jungen sorgen zu müssen, er hatte schließlich keine Erfahrung im Umgang mit Kindern. Lionel war gerade mal ein Jahr alt gewesen, als die Götter sie getrennt hatten. Cahira lachte beinahe hysterisch und konnte sich kaum fassen, als er - Drachentöter, Städteeroberer, gewandter Krieger - es nicht zu schaffen vermochte, einen kniehohen Knirps zu baden. “Er hat nein gesagt!” erklärte ihr Ehemann ernsthaft.

Nein, sie wollte sich nicht lustig machen, aber die Vorstellung war zu komisch und die ganze Situation zerrte an ihren Nerven. Aidan wahrscheinlich nicht tot, irgendwo irrsinnige Pläne schmiedend. Vater und Schwiegersohn zerstritten. Lionel sauer auf Kyron, den er mit galatianischen Schimpfwörtern bedachte und nicht als Vater anerkennen mochte, da Seán sich geweigert hatte, es dem Enkel begreiflich zu machen, wer ihn da aus seiner gewohnten Umgebung riss. Menschenfressende Bäume und Ravinsthaler Räuber vor der Haustür. Ein Wolf, der sein Rudel beschützen wollte. Ein Soldat, der damit zu kämpfen hatte, Schritt zu halten und zu alten Formen zurückzukehren. Und nun ein kleines, hilfloses Kind, welches versorgt werden musste.

Ehe die Panik sie vollkommen übermannte, denn wie konnte sie dies alles zum Besten wenden, gemahnte sie sich einer Sache, der wichtigsten vielleicht überhaupt: Kyron war unversehrt zurückgekehrt, ihr Sohn schlief wohlbehalten im Nebenzimmer, Kordian und Cois waren auf Wachgang; die Familie - wenn auch noch nicht gänzlich - war wieder zusammen. Wie immer musste sie einen Schritt nach dem anderen machen, alles weitere würde sich fügen. Und der erste Schritt am nächsten Morgen war ein langes Bad für einen kleinen sturköpfigen Knirps.
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#5
“Ruhe oder Unrast unserer Seele hängen nicht so sehr von großen Ereignissen ab als von der
reibungslosen oder fehlerhaften Ordnung des Alltagslebens.”
François VI. Duc de La Rochefoucauld

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Ganz gleich, was sich sonst in ihrem Leben ereignet hatte, die alltägliche Arbeitsroutine half ihr darüber hinweg, nicht allzusehr in Grübelei und Schwermut zu verfallen. Während der schweren Zeiten in Guldenach, in der ihr jetzige Ehemann zu ihrem Nachtalb geworden war und sie diesen Umstand und alle folgenden schrecklichen Begebenheiten ganz allein sich selber zu verdanken hatte, und auch auf Svesur, mit der traurigen Gewissheit, dass all’ jene, die sie gekannt und geliebt hatte, für immer verloren schienen, war es der gnädige Alltagstrott, der sie in seinen Mühlen gefangen nahm und nicht in Verzweiflung verfallen ließ.

Natürlich konnte das Leben mit einem Vierjährigen nicht gerade als Routine bezeichnet werden und auch ein anfänglich noch so ruhig scheinender Wachgang konnte sich am Ende als desaströse Katastrophe entpuppen - dennoch bargen ihre Tage, seitdem sie sich wieder der Infanterie angeschlossen hatte und somit auch zum Regiment der Baronie gehörte, eine gewisse Regelmässigkeit aus Rundgängen durch Zweitürmen, Waffen - und Leibesübungen, der Wartung ihrer Ausrüstung und der Pflege ihres Reittiers. Langsam aber sicher schälte aus der weichen Larve der Hausfrau und Mutter wieder der Soldat. Ihre schläfrigen Sinne schärften sich, ihre Muskeln wurden mit jedem Tag stärker und ihr Bein, welches ihr am Anfang arge Probleme bereitet hatte, muckte nun selbst bei einem strammen Marsch gen Grenzfeste und wieder zurück nur noch vernachlassenswert auf.

So hielt sie auch ziemlich gut mit, als Arthar eines Nachts in die Wachstube gerannt kam, um Alarm zu geben, dass die Harpien den Pass heruntergekommen und in die Baronie eingedrungen sind. Cahira hatte sich für ein halbes Stündchen auf eine der Krankenpritschen gelegt, döste vor sich und rumpelte, noch immer benommen, ganz automatisch empor und wankte Richtung Getöse. “Schnapp Dir einen Bogen und folge mir!”, bestimmte der Hauptmann und sie tat, wie ihr geheißen, obwohl sie sich nicht sicher war, ob diese Waffe tatsächlich die besten Wahl war; sie war geübt im Nahkampf und nicht darauf trainiert, halb komatös im Dunklen Pfeile auf sich bewegende Ziele abzufeuern. Nach zwei oder drei missglückten Schüssen, die irgendwo in die Nacht flirrten, schob sie den Bogen schnaufend auf ihren Rücken und zog ihre Waffe. So gewappnet arbeiteten sich Hauptmann und Soldat durch die aufgeschreckten Federviecher und sorgen dafür, das jedenfalls für diese Nacht Zweitürmen vor weiteren Angriffen der Harpien gefeit war.

Erst als sie zurück getrottet kamen, merkte Cahira, nun hellwach vom vergangenen Kampf, dass ihr Pferd nicht mehr vor der Baracke stand und sie verbrachte den Rest der Nacht damit, ihr treues Reittier zu suchen. Schließlich fand sie “Pferd”, denn ein passender Name für den jungen Hengst musste erst noch gefunden werden, zitternd und mit einer blutenden Schramme an der rechten Flanke versehen irgendwo hinter einem Gebüsch - einer der gefiederten Eindringlinge hatte es wohl verletzt und es war geflüchet - und sie musste sehr viel Zeit und vor allem sanfte Geduld aufbringen, das nervöse Tier zu locken und ihm zu schmeicheln, so dass sie es wieder in den Stall zurück bringen und die Wunde versorgen konnte.

Gleich am Morgen darauf schlug sie einen Aushang an die Baracke. Papierkram - Berichte schreiben und vor allem lesen, Bekanntmachungen zu verfassen und studieren, sich informieren über Vorgänge im Regiment und der Baronie - gehörte natürlich ebenso zu ihren täglichen Arbeiten. Schreibtätigkeiten lagen ihr im Grunde genommen und sie erledigte diese ganz gerne. Doch auch Aufgaben, die ihr weniger behagten oder so lästig waren wie Insekten im Sommer, mussten vollbracht werden. Pflichterfüllung lag in ihrem Wesen und war etwas, was sie nicht erst als Soldat gelernt hatte.

So begab sie sich ein anders Mal in die Mithraskathedrale in Löwenstein, ganz freiwillig, um bei der Eidabnahme des Barons von Zweitürmens dabei zu sein. Einerseits war sie einfach neugierig, wie so etwas ablaufen sollte, auf der anderen Seite gehörte sie zum Regiment und sah es als eine jener unwillkommenen Verpflichtungen an, dabei zu sein, wenn ihr Dienstherr einen heiligen Schwur ablegen sollte. Die Kirche war voll, die Bänke unbequem und warum die monotone, schleppende Art der Predigt des Priesters nicht schon längst als anerkannte Foltermethode auserkoren worden war, war ihr ein Rätsel.

Mit Ehrwürden, nein, nun Hochwürden Schuhmann tauschte sie nur ein kurzes Nicken - überhaupt, wie oft sie an diesem Abend irgendwelchen Leuten zugenickt hatte, war es ein Wunder dass ihr Kopf noch auf ihren Schulter sass - und obwohl der Mann ihr gegenüber keine Anstalten machte, sich ausfallend zu verhalten, konnte sie seine Anwesenheit nur schwer ertragen. Er hatte ausgerechnet ihre Sitzreihe dazu auserkoren, umherzustolzieren und einen wachen Blick auf die Kirchgänger zu werfen und stand dann die Hälfte der Messe genau neben ihr. Sie versuchte ihn zu vergessen; zuckte dennoch zusammen, als er plötzlich so nahe bei ihr “So sei’ es!” als Abschluß eines Gebets verkündete.

Die anschließende Feier gestaltete sich schwieriger als gedacht. Merkwürdigerweise hatten die in der Nähe der Kirche gelegenen Taverne alle geschlossen und als Baron Siegfried dann schon das zweite Mal an verschlossenen Türen rüttelte, maulte er lauthals auf. Cahira erschien er als bodenständiger Mann - sie hatte bereits ein paar Worte mit ihm wechseln - und dass er seinen Unmut so offen und frei zur Schau trug und er zuvor bei der göttlichen Vereidigung auch an die Bewohner der Baronie gedacht und sie in seinem Schwur erwähnt hatte, brachte ihm nur noch mehr Sympathie von der jungen Frau entgegen.

Schlußendlich fand die kleine Gruppe, bestehend aus dem Baron, Frau Fionola, Erin und ihr selber einen Platz in einer der Schankstuben in der Neustadt. Eigentlich war auch hier kein Wirt zu sehen, das Essen musste wohl oder übel ausfallen und das obwohl ihr Magen bereits begehrlich zu knurren begonnen hatte, aber Siegfried nahm Getränkeflaschen und Becher aus dem Regal hinter der Theke und legte im Gegenzug eine mehr als ausreichende Menge Münzen auf den Thresen. Das Gespräch entspann sich um das anstehende Volksfest in Zweitürmen. Irgendwann stieß auch Arthar wieder zu der Gruppe. Er hatte irgendwelche Geschäfte erledigt und auch die bestellten Schneidersachen für das Regiment von Herrn Altwasser abgeholt - und war aus einem ihr unerfindlichen Grund in feindseliger Stimmung. Sie bildete sich das nicht ein; er sprach schärfer und gereizter mit ihr als mit den anderen und funkelte sie ein ums andere Mal böse an.

Cahira war es gewohnt, dass auch Männer ihre Stimmungsschwankungen hatten. Ihr war es dann mehr als recht, man sprach darüber, auch wenn das Gespräch dann hart und unerfreulich war, aber die Sache war dann meist vom Tisch. Aber diese grundlose Anfeinderei zerrte ihr an den Nerven. Wenn sie einen Fehler gemacht hatte, sollte er einfach mit der Sprache rausrücken, sie anbrüllen oder bestrafen, damit würde sie schon umgehen können. Als sie den Hauptmann einige Tage nach der Erledigung einiger Verkäufe für das Regiment auf dem Marktplatz in Löwenstein traf, ergab sich die Gelegenheit, den Mann privat darauf anzusprechen. Natürlich erinnerte er sich an nichts. “Es tut mir leid, falls ich Euch gekränkt haben mag, aber als Soldat braucht man eine harte Haut ... “, erwiderte er schlicht. Die junge Frau ballte ihre Fäuste und schluckte ihren aufkeimenden Ärger hart die Kehle runter. Es hatte keinen Sinn, weiter zu diskutieren, um so mehr würde sich Arthars Eindruck festigen, dass sie eine empfindliche Pflanze wäre.

Machte er sich überhaupt die Mühe, seine noch recht neuerlichen Untergebenen kennen zu lernen? Wusste er eigentlich, welche Vergangenheit seine Soldaten hatten, welche Talente und wie er diese nutzen konnte? Sicherlich war dieser Prozess des Kennenlernens noch längst nicht vollzogen und Hauptmann und Soldat hatte wohl noch so manche Reiberei zu durchstehen, ehe sich auch bei ihnen dieses Gefühl des blinden Vertrauens einstellen sollte. Dafür würde die Zeit und mit ihr der Alltag schon sorgen, wie sie auch dafür sorgte, dass die Wunden ihres Pferdes heilten und diese Episode des Ärgers nicht von Dauer war.
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#6
Cahira hatte die Nacht nur unruhig geschlafen. Dass Lionel pünktlich wie ein Uhrwerk beinahe noch vor den Vögeln am Bett stand und die Aufmerksamkeit seiner Eltern forderte, machte das Erwachen am Morgen und den Start in den Tag nicht unbedingt erholsamer. Manchmal half es, den Jungen mit unter die warme Decke zu ziehen, dann gab er wenigstens noch einen halben Stundenlauf Ruhe ehe er wieder zu quängeln begann, oder Cahira zog sich einfach die Decke über die Nase in der Hoffnung, dass sich Lionel entweder nach unten trollen und sich mit seinen Holzspielzeugen beschäftigen oder Kyron sich erbarmen und aufstehen würde - doch allzulange hielt Cahira dem morgendlichen Drängen ihres Sohnes nie stand.

Während sie in der Wohnküche den alltäglichen Haferbrei im Topf erhitzte, ließ Lionel sein geschnitztes Pferd auf dem Tisch eine Attacke gegen imaginäre Feinde reiten. Dabei blähte der Knirps die Wangen und prustete eine Angriffsmelodie, welche die junge Mutter spätestens jetzt aus dem Bett geholt hätte.

Der Tag versprach - mal wieder - lang und anstrengend zu werden. Kordian hatte natürlich nicht abgelehnt, als der Ritter von Passwacht ihm eine Aufgabe angedeihen ließ und diesen Nachmittag würden die verfügbaren Kräfte des Regiments ausziehen, um diese Mission hoffentlich erfolgreich zu bewältigen. Cahira hatte eigentlich keinen Zweifel daran - der Hauptmann wusste was er tat und konnte die Fähigkeiten seiner Leute gut einschätzen - aber ein Fünkchen Ungewissheit blieb bei solchen Unternehmungen immer. Bis zum Aufbruch musste sie ihren regulären Dienst versehen, ihre Ausrüstung noch sorgfältiger als sonst überprüfen, nötigenfalls Hand anlegen und die Klinge schärfen oder das Leder geschmeidig fetten, Proviant packen und ihr Pferd, neuerdings auf Arthars Vorschlag hin Kalvas - alt servanoisch für Angsthase oder Hasenfuß - getauft, ebenfalls auf einen langen Ritt vorbereiten.

Helva würde auf den Knirps aufpassen, wobei unsicher war, wann sie wieder zurückehren würden. Bestenfalls noch am selben Abend, schlimmstenfalls erst ein oder zwei Tage später - je nachdem wie erfolgreich das Vorhaben verlaufen sollte. Doch da Heiler und Junge sich prächtig verstanden, wusste Cahira ihren Sohn in den besten Händen; außerdem war Lionel an ein Umfeld in einer Heilerstube gewohnt. Auf Svesur hatten sie beide viel Zeit bei Aidan verbracht … Nein, dies war ein Name, den sie nun nicht in ihren Gedanken gebrauchen konnte. Ebensowenig Kyrthon oder Bernhard Winter, dessen Brief sie ganz unten in die Kleidertruhe gestopft hatte.

Herr Winter hatte sie nach dem Drachentöterfest in Candaria bis vor die Tore Löwensteins begleitet. Sie hatte sich irgendwie heimisch gefühlt in der wilden Landschaft, wurde wie eine alte Freundin von Brannagh begrüßt und beobachtete mit Freude den Schafscherwettbewerb. “Wo hast Du Kyron und Kordian gelassen?”, hatte Bran heiter gefragt. “Irgendjemand muss ja auf Lionel aufpassen.”, hatte sie augenzwinkernd geantwortet. Natürlich entsprach dies zum Teil der Wahrheit, Vater und Sohn verbrachten so viel Zeit wie möglich zusammen und das war auch gut so. Der andere Teil wäre die Erklärung gewesen, dass ihr Ehemann solchen Massenveranstaltungen lieber fernblieb. Kordian hatte es dann wohl doch eher zu Anouk gezogen.

Bernhard hatte auf dem langen Weg Heim von seiner Frau gesprochen, die im Kindbett gestorben war, und dass ausgerechnet sie ihn an seine Jana erinnerte. Cahira hatte den Mann am liebsten gar nicht gehen lassen wollen, fühlte sie sich doch durch ihre Fragerei, die nur freundliches Interesse an dem Unbekannten ausdrücken wollte, verantwortlich für die aufkommende Trauer. Just am Abend zuvor traf sie auf einen Boten, der ihr den Abschiedsbrief von Bernhard überbrachte. Eine Suche nach dem Mann in der Stadt blieb erfolglos - schlußendlich wusste sie auch nicht mehr über ihn als seinen Namen, das traurige Schicksal seiner Frau und dass er Händler in Löwenstein war.

Sie konnte im Grunde genommen nichts für seinen Tod - sollte er die Worte in seinem Brief fürwahr in die Tat umgesetzt haben - noch weniger konnte sie für ihr Aussehen, aber der Schmerz des Mannes um seine verlorene Liebe hatte sie berührt und sie wünschte sich sehnlichst, dass er es sich vielleicht doch noch einmal anders überlegt hatte. Am meisten beschäftigen sie die Worte aus dem Brief, welcher in zittriger Schrift verfasst worden war, dass sie ihn davon überzeugt haben soll, dass sein Leben ohne seine Frau nicht mehr lebenswert ist … Cahira hatte nichts dergleichen angedeutet; ganz im Gegenteil, sie hätte ihm beteuert, dass es immer etwas gibt, wofür sich das Weiterleben lohnen würde. In ihrem Fall war es Lionel gewesen. Am liebsten hätte sie mit jemanden vertrauten darüber gesprochen, doch die Zeiten waren stürmisch so dass ihre Sorgen, noch dazu um einen weitestgehend unbekannten Mann, wohl nur zweitrangig waren.

Nicht nur die Aufgabe am Nachmittag, sondern auch die Aushebung eines Ersatzheeres für den Feldzug gegen Indharim stand bevor. Gerüchte machten schnell die Runde, außerdem hielt sich die junge Frau doch öfter in Löwenstein auf, als ihr lieb gewesen wäre - zum einen ging sie noch immer zu Sievert in die Kampfschule, zum anderen hatte sie Erledigungen für das Regiment zu tätigen. Sie stand als Soldat im Dienste des Regiments, dieses war dem Baron unterstellt und der Baron war ein Vasall des Königs; sie wusste, dass auch Zweitürmen seinen Beitrag leisten und kampffähige Männer und Frauen entsenden musste. Und wer war kampferprobert und erfahrener als die Soldaten unter Hauptmann Kordian?

Nur dumpf malte sich die junge Frau diese nahe Zukunft aus: umgeben von eifrigen Mithrasjüngern auf einem Schiff mehrere Wochen eingepfercht zu sein, um dann in einem unbekannten Land ins Feld zu ziehen, fernab von ihrer jetzigen Heimat Zweitürmen und vor allem getrennt von Sohn und eventuell auch Ehemann, oder wartend und hoffend zurückzubleiben, die Stellung haltend, zu Nichtstun verdammt … Denn es musste wohl eine Auswahl getroffen werden, alle Kräfte wegzuschicken, wäre wohl angesichts der derzeitigen Lage im Flüsterwald und Ravinsthal verrückt.

Aber genauso wie sie die Gedanken an ihren verlogenen Verlobten, Silberzunge oder den Händler verbannte, verbot sie sich nun auch Spekulationen über vermutlich eintretende Begebenheiten. Es führte zu nichts, ließ sie nur ins Grübeln verfallen oder in Panik. Das konnte sie jetzt nicht gebrauchen. Allzuoft hatte ihr die Vergangenheit gezeigt, dass es doch meist immer anders kam, als man zuvor gedacht hatte. Sie musste frisch und ganz Herr ihrer Sinne sein, damit die bevorstehende Unternehmung erfolgreich verlief und dann erst würden weitere Schritte folgen. Eines nach dem anderen; jetzt gab es ersteinmal Frühstück.
[Bild: Cahira-Sig.jpg]
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#7
“Glaubst Du wirklich, dass Lionel die Schatten gesehen hat?”
“Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.”
“Kyrthon hat mir einen Krähenfuss gegeben, damit nichts passieren kann …”
“Verbrenne das Ding und dann schütte die Asche in den Fluß!”

So einfach war es manchmal. Vier schlichte Sätze lösten ein Problem, welches sie nun schon seit Wochen mit sich herum getragen hatte. Sie hätte den Krähenfuss auch im heimatlichen Herdfeuer verbrennen können, aber aus irgendeinem Grund behagte ihr nicht, eventuelle Überreste der Asche unter der Feuerstelle, auf der sie tagtäglich die einfachen Gerichte wie Suppen oder Haferbrei für ihre Familie zubereitete, zu wissen.

Also hatte sie auf einem Wachgang, irgendwo im Wolfsried, auf einer einigermaßen trockenen Stelle etwas Holz und Schilf aufgetürmt und mit ihrem Zündholz, gängiges Inventar einer Soldatentasche, angezündet. Als der kleine Scheiterhaufen zufriedenstellend rasch vom Feuer eingenommen worden war, hatte sie den getrockneten Krähenfuß hinein geschmissen und beobachtet, wie die Flammen dieses unheilige Relikt gierig verzehrten.

Vielleicht war es tatsächlich ein Fehler, das Ding zu verbrennen, aber es tat gut, endlich eine Entscheidung getroffen zu haben. So war der Kopf frei für andere Sachen. Sie hatte in den letzten Wochen - wussten die Götter - genug zu tun. Sie war vom Baron in Kordians Abwesenheit zum Leutnant des Regiments benannt worden und hatte damit einige Stufen im üblichen militärischen Werdegang übersprungen. Die junge Frau war etwas in Sorge gewesen, wie es Arthar aufnehmen würde, aber überraschenderweise verzog er keine Miene und stand ihr mit Rat und Tat zur Seite. Es wäre schlimm gewesen, wenn es anders gekommen wäre: Der Korporal kannte nicht nur die Baronie wie seine sprichwörtliche Westentasche, auch über die Geschehnisse und Verflechtungen in den nahen Königslehnen wusste er stets Bescheid. Merkwürdigerweise hatte sie bei den anderen keine solchen Gedanken gehegt; sie waren schon so lange eine eingespielte Einheit, dass sie wusste, das sie sich gegenseitig aufeinander verlassen konnten.

Dennoch machte sich die junge Frau nichts vor. Sie hatte weder Kordians Weitsicht noch taktische Erfahrung, sie war im Gegensatz zu Kyron weich und nachgiebig und besass auch nicht Cois’ stoische Gelassenheit. Sie war, wie Letzterer es ausgedrückt hatte, “das kleinere Übel.” Wenn sie nachtragender oder jähzorniger gewesen wäre, hätte sie dem Mann diese Bemerkung krumm genommen, denn auch das kleinere Übel war immerhin noch ein Übel.

Aber der Hauptmann war fort, weder Kyron - der schon andere Verpflichtungen hatte und bei ihrem Antritt als Leutnant gar nicht mehr zur Truppe gezählt hatte - noch Cois wollten das Regiment anführen und Arthar war zugunsten Kordians und seinen eigenen Zielen zurück getreten. Also tat sie ihre Pflicht, um alles am Laufen zu halten. Das war es, was sie konnte. Den Status Quo erhalten oder, wie Cyril es so unrühmlich formuliert hatte, “sich mit der Mittelmäßigkeit zufrieden geben.” Bisher waren es immer andere gewesen, die sie angetrieben und deren Befehle sie gefolgt war. Deren Unzufriedenheit, Visionen oder die pure Notwendigkeit, die andere im Lauf der Welt gesehen hatten, hatte sie mitgerissen.

Wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre sie wohl noch immer in Guldenach, einem geregelten Tagesablauf folgend, zufrieden mit dem seicht dahin plätschendern Leben. Doch die Götter hatte es anders gewollt und so war sie, ob nun gewollt oder nicht, herum gekommen und hatte Dinge erlebt, die andere in ihren schlimmsten (Alp-)Träumen nicht zu erleben wagten.

Neben dem Regiment gab es auch noch die Klinge, ehemals Schwere Silendrische Infanterie. War Cahira Kommandant des Regiments, war sie in der Klinge nur einfacher Soldat und Kyron übernahm den Part des Anführers. Bei der gemeinsamen Übung mit dem Blauen Banner kam es zu einer merkwürdigen Situation, als Berg Leutnant Mendoza eine Frage gestellt hatte, und sie beide sich angesprochen fühlten: Sie als Leutnant des Regiments, er als Leutnant der Klinge.

Doch während die Truppe der Baronie eine festumrissene Aufgabe hatte - die Sicherung des Lehens - dümpelte die Klinge vor sich her. Cahira war sich sicher, dass Kyron alle Fähigkeiten eines Führers hatte, aber verständlicherweise hielt er sich - noch - zurück. Ohne Kordian fühlte es sich irgendwie falsch an und die Hoffnung, dass er bald von seiner plötzlichen Reise zurück kommen würde, war mit der Zeit verblasst, aber noch längst nicht gestorben. Aber irgendwann mussten sie vielleicht einsehen, dass Entscheidungen notwendig waren.

Als die Flammen herunter gebrannt und vom Krähenfuss nur noch ein Häufchen Asche übrig war, scharrte Cahira mit ihrem schweren Stiefel die Überreste zusammen und in eine nahe, sumpfige Pfütze hinein. Ein Problem beseitigt, aber es lauerten neben den Pflichten und Gedanken zu Regiment und Klinge noch die Angelegenheiten mit der Kirche, die Übergabe eines brisanten Packets in Ravinsthal, die bevorstehende Inspektion des Reichsritters, eine unerfahrene Rekrutin und deren Ausbildung oder der unsägliche Pakt mit Dureth, über dessen Verlauf Cahira so ganz und gar nicht erfreut war.

Aber immer einen Schritt nach dem anderen.
[Bild: Cahira-Sig.jpg]
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#8
Nun war es also passiert. Ganz egal, wie sie sich wand, wie fest sie das Mieder schnürte oder wie lose sie die Knoten band, die Lederkluft wollte nicht mehr passen und der Wappenrock darüber spannte unansehnlich. Statt ihren Zustand zu verhüllen stellte ihn der straffe Stoff ganz deutlich zur Schau. Sie musste die sauber gebürstete Uniform, welche ihr seit ihrer Ankunft vor beinahe einem Jahr zu einer Art zweiten Haut geworden war, zu eingeölten Schwert und in Tuch gehülltes Schild in die Kiste legen.

Zwar war ihr bewusst, dass sie Glück gehabt hatte und wohl zu den Frauen zählte, die eine Schwangerschaft bis zum Ende verheimlichen konnten, doch ohne die gewohnte Gewandung kam sie sich nackt und verloren vor. Sogar der Herr Baron machte eine Bemerkung von wegen Zwillingsschwester, als sie in weit schwingendem Kleid zur Besprechung gekommen war. Was war ein Soldat ohne Montur? Nur ein Zivilist, ohne erkennbare Merkmale.

Natürlich hätte sie noch immer das Schwert an ihrer Seite tragen können als Zeichen ihrer kriegerischen Profession und zur Verteidigung, fand das angesichts ihrer bauchlastigen Gestalt und der Arbeit auf dem Hof recht hinderlich und zudem albern. Das kleine Messer im Gurt musste reichen und sie wusste sehr wohl zu schätzen, dass Cois ein Auge auf Lionel und sie hatte. Außer dem wöchentlichen Ritt zum Küstenhof, der ihr jedes Mal weiter und beschwerlicher vorkam als zuvor, nahm sie allerhöchstens noch den Weg in die Löwensteiner Markthalle auf sich, ansonsten war ihre Welt auf das ruhige Eisenthal beschränkt.

Rücken und Füßen schmerzten nach einem langen Tag Arbeit. Und müde war sie. Kaum, dass sie aufgestanden war, hätte sie sich schon wieder ins Bett legen können. Neben ihrem Sohn hatte sie zwar seit kurzem Hilfe in Form von Loren Rabe, dem Neffen ihres ehemaligen Nachbarn aus Silendir, den sie überraschenderweise in Löwenstein getroffen und einige Tage bei seiner Familie in Candaria verbracht hatte, doch ein Fünfjähriger und ein sechszehnjähiger Bursche - “Nicht das hellste Licht auf Galates dunklen Schwingen!”, hatte Brunos augenbrauenwackeln erklärt - konnten eben doch keinen Knecht oder Magd ersetzen; die Hauptarbeit blieb bei ihr hängen.

Es war schon merkwürdig. War die Tür des Soldatentums für einige Zeit verschlossen, hatten die Götter eine andere für sie geöffnet. Je mehr sie sich mit dem Hof und der Feldarbeit - zwangsläufig - beschäftigte, je mehr Fingerspitzengefühl bekam sie für diese Tätigkeit. Kräuter, für welche sie nie ein Händchen gehabt hatte und die ihr regelmässig verdorrt waren oder gar nicht erst keimen wollten, steckten mit etwas mehr Liebe und Zuwendung ihre grünen Köpfe aus der Erde und belohnten ihre Hinwendung mit einem wahren Früchtesegen. Rezepte, die ihr sonst wie Indharim zu lesen waren, gelangen ihr nun mit etwas Übung beinahe wie von selbst. “Gute Kekse! Deine Mutter kann gut backen!”, hatte Loren im Schuppen gelobt, in welchen Lionel seinen neuen Freund mit Gebäck versorgt hatte - natürlich schlugen sich die Buben kurz vor dem Essen wieder einmal die Bäuche voll. Der Kleine hatte mit vollen Wangen erwidert: “Die sind nicht von máthair, sondern von Rida!” Nur dass die Kekse der Füchsin schon längst gefuttert und durch Cahiras Backwerk ersetzt worden waren.

Obwohl das Leben trotz des zunehmend beschwerlichen Umstandes ereignislos dahinplätscherte und sie sich eigentlich über nichts beklagen konnte - klammerte sie ihr Strohwitwentum einmal aus - war sie doch unruhig und konnte es kaum abwarten, bis das Kind geboren war. Aber vermutlich ging es allen Frauen zum Ende der Schwangerschaft gleichermassen. Sie war der Müdigkeit und dem schmerzenden, unförmigen Körper leid. Doch auf der anderen Seite war es etwas vollkommen wunderbares, die ersten Bewegungen des Nachwuchses wie Schmetterlingsflügel gespürt zu haben und mit jedem Tag mehr und mehr zu bemerken, dass dort ein kleiner Mensch heranwuchs, der natürlich immer dann munter seine Fäuste in ihren Bauch drückte, wenn sie zur Ruhe kommen wollte.

Allerdings war ihr auch etwas bange zumute. Die Geburt von Lionel war nicht gerade problemlos verlaufen. Und anderes als in Silendir fehlten hier Alonso, der spätere Patenonkel von Lionel, oder Sansa, die sie begleitet, die Hand gehalten und sie beruhigt hatten. Aber noch hatte sie rund zwei Mondläufe Zeit, wenn sie sich nicht heillos verrechnet hatte, um dem Kind ein Nest zu bauen, sich selber in Ruhe und Sicherheit zu wiegen und sich auf die Geburt vorzubereiten. Die Götter hielten eine Hand über ihre Familie; darauf musste sie vertrauen.
[Bild: Cahira-Sig.jpg]
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