Der Weg der Füchsin
#1
I. Auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt
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Vor der Begegnung mit der Vatin
Der Wind schnellte eiskalt und unermüdlich über die Ebenen in Kliffweiden. Die Nacht war kalt und der Schnee lag immer noch überall und machte keine Anstalten zu schmelzen. Dort stand die Rothaarige mitten auf der Ebene, eingehüllt in einen dicken warmen Mantel. Der Wind zerzauste ihr Haar welches sich ob der Röte stark vom Schnee, der überall lag abhebte. Ihr Blick war auf die Drechslerspitze gerichtet über der ein zunehmender aber dennoch heller Mond hing. In dieser Nacht wurde ihr klar, dass man ihr so viel gegeben hatte. Man hatte ihr so viel geschenkt und sie hatte kaum etwas zurück gegeben. Schon lange trug sie dieses Gefühl mit sich rum. Sie verspürte kein Unglück aber irgendetwas in ihr war inkomplett. Irgendetwas fehlte aber sie konnte bis zu jenem Abend nicht ausmachen was es war.

Es war Zeit etwas zurück zu geben und so beschloss sich die Füchsin zu einem Schritt, der ihr Leben verändern sollte. Sie wanderte durch die Nacht über knackende Hölzer und Steine welche sich ihr in den Weg legten. Die finsteren Wege führten sie hinab zum Anwesen in welches sie eintrat. Sie machte sich auf in ihr Zimmer und suchte sich einige Dinge zusammen. Unter den Dingen befanden sich größtenteils rohe Gaben wie Äpfel, Nüsse aber auch verschiedenstes Gemüse und etwas Saatgut. Zudem noch eine selbst gezogene Kerze und ein paar Münzen. Die Zimmer waren dunkel aber sie kannte sie gut genug um ohne anzustoßen wieder nach draußen zu finden.

Am Wegesrand sammelte sie einige runde Kiesel ein, die sie sorgfältig von Dreck und Schnee befreite. Ihre erste Station war nicht weit entfernt. Es war ein Punkt direkt am Anwesen neben der großen Handelsstraße. Sie beugte sich hinab und stapelte die Kieselsteine zu einem Kreis zusammen in dessen Mitte sie einige der Münzen legte. Außerdem zierten bunte getrocknete Lavendelstängel den Steinkreis ein wenig sowie die Kerze, die sie daneben entzündet hatte. "Für Lyon" flüsterte sie in das Dunkel der Nacht ehe sie sich wieder erhob und sich auf den langen Weg zum Fuchshof hinab machte. Dort wo sie ihren Sohn geboren hatte. An den Außenwänden des Fuchshofes landeten einige Beeren, Gemüse und Nüsse. "Für Anu" wisperte sie stumm in die Nacht. Ein paar Felder waren ihr nächstes Ziel. Dort vergrub sie ein wenig Saatgut in den gefrorenen Boden und außerdem auch ein wenig von dem Obst. "Für Amatheon" war diesmal das leise Flüstern. Der letzte Weg führte sie zurück zum Anwesen wo sie an der Saftküche wieder einige rohe Dinge ablegte und leise "Für Cranus" aus ihrem Mund entkam.

So hatte sie ihren Schicksalsgöttern gedankt und auch Lyon, der ihr im ganzen letzten Jahr ein Gott geworden war zu dem sie oft betete. Er hatte ihr auf vielerlei Arten geholfen und ihre schweren und steinigen Wege im letzten Jahr ein wenig einfacher gestaltet. Sie war den Göttern viel schuldig und auch wenn sie bereits eine streng gläubige Frau war, so musste es noch einen weiteren Schritt geben den sie machen konnte und so entsandte sie einen Boten gen Kliffweiden, der die Vatin aufsuchen sollte, die seit kurzem dort lebte.

Und das Treffen mit der Vatin hatte alles verändert... alles...
Dies war der erste Schritt auf einem langen Weg...
[Bild: 72dklwax.png]
"Wenn du zögerst, hör auf dein Herz"
Elfie Fuchsenfelde

Baronie Hohenquell
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#2
II. Das erste Opfer - Für Amatheon
[Bild: 500px-Das_erste_Opfer.png]

26. Hartung 1402
Der Kliffwald war ein schauriger Anblick in der Dämmerung. Bäume ragten überall wie dunkle Giganten gen Firmament und schienen es mit ihren Ästen zu stützen, die sich je dunkler es wurde immer mehr zu verschwommenen Schemen entwickelten. Dennoch war der Ort und die Uhrzeit perfekt um ein Opfer darzubringen. Der Kliffwald war der Ort an dem die Rothaarige ihren Mann auf die Reise zu den Göttern geschickt hatte. Seine Knochen waren hier vergraben und über ihnen hatte sie damals einen Baum eingepflanzt der mittlerweile eine stattliche Größe angenommen hatte auch wenn er gegen die anderen Bäume, die weitaus höher in den Himmel ragten wie ein winziger Zwerg aussah.

27 Jahre war es nun her, dass Hambert nicht mehr unter den Lebenden weilte. Ein kleiner Trost war es für Elfie, dass das Land der Götter - Arkadien - mit Sicherheit ein besserer Ort war um zu leben. Er starb genau zur 19ten Stunde. Und zu dieser Zeit wollte sie Amatheon ein Opfer darbringen. Es war der perfekte Ort. Der Ort an dem ein lieber Mensch seine letzte Reise begonnen hatte, dort wo ein neues Leben aus dem Ort entsprang in Form eines Baumes.

Sie platzierte einen Kreis aus Kerzen um den Baum und fing leise an das Lied zu singen welches Hambert immer so gern gemocht hatte. Eine candarische Weise welche noch heute den Kindern in Candaria vorgesungen wird. Eine leise und recht melancholische Melodie, die von der Heimat erzählt. Sie widmete dieses Lied Amatheon während sie ein Bündel Salbei anzündete um ihren Gesang mit dem Duft der Kräuter zu verbinden. Und obwohl der Schnee kalt war, stieg sie aus ihren Schuhen und tanzte langsam um den Baum herum. Für einen Außenstehenden hätte sie sicherlich wie eine Hexe bei einem Ritual ausgesehen.

Die Zeit verging wie im Flug und als die Kerzen durch einen kalten Windhauch allesamt erloschen waren nahm Elfie dies als Zeichen, dass Amatheon sie erhört hatte.
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Elfie Fuchsenfelde

Baronie Hohenquell
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#3
III. Das zweite Opfer - Für Anu
[Bild: Hexensee.png]

27. Hartung 1402
Der Blick über den Hexensee gen der Drechslerspitze war atemberaubend. Vor allem an diesem Morgen als der frühe Nebel noch über dem See hing und die Umgebung in einen geisterhaften Schleier hüllte. Die Bäume waren größtenteils kahl und eisige Winde kamen von den Bergen Richtung Meer.

Es war schwer ein Opfer für Anu zu bringen, doch Elfie hatte eine Idee wie Anu sie vielleicht erhören würde. Vor ein paar Tagen hatte sie während eines Spazierganges ein Vogelnest entdeckt in welchem kleine junge Vögel geschlüpft waren, die von ihrer Mutter genährt wurden. Also hatte sie sich am gestrigen Tage noch zu den Äckern aufgemacht um sie umzugraben. Aus dem lockeren Boden hatte sie einige saftige Regenwürmer gezogen und diese in ein Einmachglas verfrachtet. Ihr Weg hatte sie am heutigen frühen Morgen zu der Stelle am Hexensee geführt als die Sonne gerade erst aufgegangen war. Dort hatte sie das Nest aufgesucht und die Würmer aus dem Einmachglas in die Nähe der Nähe des Baumes in die Freiheit entlassen. Es würde hoffentlich nicht lange dauern ehe sie als Futter verwendet werden würden. Besonders in den ersten kalten Monaten des Jahres war es besonders schwierig Nahrung zu finden.

Sie setzte sich an den See in die Nähe des Nestes und ließ den Blick schweifen während sie ein Gebet an Anu richtete. Sie dankte ihr und bat um Beistand für ihr zukünftiges Leben. Außerdem hatte die Rothaarige auf ihren Wanderungen Haselnüsse und Eicheln gesammelt, die sie der Göttin in ein Leinentuch eingepackt hatte um sie ihr darzureichen. Außerdem ein paar frische Eier als Zeichen für das Leben selbst. Nach einer langen Weile des Gebets und als die Sonne endlich hoch genug stand und zumindest ein wenig von Sulis Wärme ausstrahlte, macht sich Elfie wieder auf den Weg nach Hause um ihren täglichen Arbeiten nachzugehen. Was gab es Besseres als die Flucht an einem frühen Morgen vor dem was der Tage noch bringen mochte.
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Elfie Fuchsenfelde

Baronie Hohenquell
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#4
IV. Das dritte Opfer - Für Cranus
[Bild: Sternenhimmel.png]

28. Hartung 1402
Die Dunkelheit war allgegenwärtig auf der Drechslerspitze. Vor ihr brannte nur ein kleines Lagerfeuer welches sie warm hielt während sie selbst sich in Felle eingewickelt hatte. Der Himmel war sternenklar und wunderschön. Es war der perfekte Ort um das dritte Opfer zu bringen. Auch deswegen hatte sie sich mit genügend Weinflaschen eingedeckt die sie eine nach der anderen vernichtete. Weinflasche um Weinflasche wurde geleert. Die Rothaarige war immer schon eine feste Trinkerin gewesen und deswegen dauerte es auch solange bis der Rauschzustand sie vollends umfing. Die Gebet welche sie sprach wurden immer undeutlicher und der Himmel verschwamm vor ihren Augen.
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Schließlich umfing sie irgendwann die Dunkelheit und führte sie einen tiefen traumreichen Schlaf in dem sie Cranus gegenübertrat um ihm zu danken und ihm ihre Unterstützung zuzusichern. Die ganze Nacht lang würde im Anwesen kein Licht brennen und im Haus würde jede Spur von der Rothaarigen fehlen. Sie verbrachte den Rest der Nacht eingewickelt in Fällen am Lagerfeuer und würde wohl erst morgen früh wieder von der Drechslerspitze hinabsteigen.
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Elfie Fuchsenfelde

Baronie Hohenquell
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#5
V. Das letzte Opfer - Für Lyon
[Bild: Landstra%C3%9Fe.png]

29. Hartung 1402
Die Handelsstraße lag vor ihr wie ein alter Freund, den sie mehr als nur einmal herausgefordert hatte. Und es war auch nicht das erste Mal, dass sie Lyon ein Opfer darbrachte. Runde Kieselsteine und getrocknete Blumen aus ihrem Lager fanden diesmal den Weg an den Rand der Handelsstraße, gut für jeden sichtbar. Kunstvoll baute sie den Steinkreis diesmal und legte eine beachtliche Menge Münzen in dessen Mitte. Die Blumen drapierte sie ringsherum und kniete sich dann schließlich in den Schnee um Lyon ein Gebet zu widmen.

Die kalten Winde ließen die blattlosen Bäume hin und her schaukeln. Eine tiefe Ruhe umfing sie als sie dort kniete und betete. Irgendetwas in ihr sagte, dass der Weg richtig gewesen war den sie eingeschlagen hatte. Und wer würde dies mehr wissen als Lyon persönlich? Sie wusste einfach tief in ihrem Inneren, dass sie nichts falsch gemacht hatte. Und egal welche Herausforderungen noch auf sie warten würden .... die Götter würden sie leiten und schlussendlich auf den rechten Pfad führen. Egal wie steinig er auch sein mochte - Sie würde ihn bezwingen mit Freund und Familie im Rücken - stark und furchtlos.

Und so begann es...
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Baronie Hohenquell
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#6
VI. Am Ende der Welt
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08. Brachet 1402
Der kühle Wind welcher vom Meer kam wehte durch das Haar der Rothaarigen. Sie stand recht nah an den Klippen oben im ehemaligen Hohenkliff und starrte hinab aufs Meer welches einen Kampf mit den Felsen vor der steilen Küste führte. Der Kampf schien aussichtslos, doch wenn man es über die Jahre hinweg verfolgte so konnte man doch erkennen, dass das schwach wirkende Wasser eine Veränderung an den Klippen hervorgebracht hatte. Genau so verhielt es sich auch mit den Mondwächtern und der Kirche. Die "Roten" waren die Klippen gegen die ein Haufen von Mondwächtern einen aussichtslosen Kampf führte. Was man aber nur erkannte wenn man diesen Kampf schon länger beobachtete war, dass sich immer weiter Veränderungen einschlichen was den Glauben betraf. Und auch wenn die Zeiten schwer waren, so wäre es sicherlich möglich irgendwann in ferner Zukunft das Ziel zu erreichen.

Während der letzten Monde hatte sich ihr Gesicht mehr als nur verändert. Die Lachfalten waren zwar immer noch ausgeprägt und bildeten einen Schutzwall gegen die Sorgenfalten welche sich in den letzten Monaten in ihr Antlitz geschlichen hatten. Sie durchfurchten die Stirn und am Ende des Nasenrückens hatten sich kleine krause Falten gebildet welche in letzter Zeit immer öfter zu sehen waren. Als junges Mädchen hatte sie schon an den Klippen gestanden und das Meer beobachtet. Doch diese sorglose Zeit war schon lange vorbei und heute war sie nicht mal mehr eine Bäuerin - nein sie war eine Baronin. Sie gehörte dem Adel Amhrans an und ging in der Burg des Fürsten ein und aus. Sie selbst wollte es sich nicht eingestehen - aber auch sie hatte sich verändert. Das Gefühl ein Halt für jedermann zu sein und ihre Lieben zu schützen hatte sich verstärkt. Aber je mehr sie sich für andere einsetzte, desto schwerer wurde ihr eigenes Herz.

Zum Einen war da der Konflikt mit ihrem eigenen Volk. Ein Bauernaufstand, der sich auch nach dem Tode von Viktor Octavius Drechsler von Hohenkliff und dem Rücktritt von Irene Gerda Drechsler von Blutquell nicht beruhigen wollte. Sie hatte schon angefangen diesen Konflikt zu schlichten aber es war einfach schwer ein paar sture Bauern davon zu überzeugen, dass sie jetzt ein viel besseres Leben führen konnten. Sie machten sich das Leben schwer. Hohenquell sollte gedeihen und nicht am Hass des Volkes verdorren.

Zum Anderen waren da noch die Ravinsthaler Räuber welche nun auch in Candaria ihr Unwesen trieben. Und das Schlimmste daran war, dass sie Intrigen gegen die Baronin selbst sponnen. Sie wollten eine Schuldige, aber das würde sie nicht zulassen. Der Konflikt mit der Kirche - und er würde unweigerlich kommen - sollte jetzt in diesen ohnehin schweren Zeiten fern bleiben.

Und zuguterletzt war da noch die Sache mit der Kirche. Die Vaten berichteten seit einiger Zeit schon, dass sich die Lage bald zuspitzen würde. Den Göttern sei Dank war Hohenquell mehr als nur gut vorbereitet, falls es tatsächlich zu einer Auseinandersetzung kommen sollte.

Dennoch war ihr Herz schwer. Das einst unbekümmerte Leben als Bäuerin und Bäckerin war einfacher gewesen als das Leben eine Baronin, die mit ihren Händen in der großen politischen Teigschüssel rührte damit der Teig darin endlich glatt wurde. Es war nicht einfach, aber notwendig... und so schwierig es war, sie musste es schaffen. Egal wie es enden würde.
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#7
VII. Von der Heimat
[Bild: 500px-Drechslerspitze.png]

22. Heuert 1402
Die Sonne reckte sich über die Drechslerspitze und tauchte Kliffweiden in einen sanften goldfarbenen Ton. Die Baronie erwachte und mit jedem Augenblick strahlte die Sonne wärmer über die Wiesen. Doch die wunderschöne Landschaft, die dort so ruhig lag hätte zu jener Zeit nicht unruhiger sein können. Zumindest im Herzen der Baronin wütete ein Sturm, der nicht aufhören wollte. Wieder einmal stand eine große Aufgabe vor ihr. Und ganz Servano stand ihr misstrauisch gegenüber.

Wenigstens wusste sie von Saresh, dass Greifanger zwar zwiegespalten war was ihre Ernennung zur Baronin anging, man ihr aber nicht misstraute. Wie sollte man auch? Hatte sie nicht alles für ihre Heimat getan? Und jeder der sie kannte sollte wissen, dass ihre Heimat ihr wichtig war. Wichtiger als alles andere...

Wie konnte sich ein Baron von Südwald anmaßen überhaupt nur zu denken, dass sie mit Ravinsthal paktieren würde um Servano untergehen zu lassen? War sie denn des Wahnsinns? Es galt einen Krieg zu verhindern - nicht ihn zu beginnen. Seit dieser Ravinsthaler Geschichte war Sie vielen ein Dorn im Auge. Dabei hatte sie rein gar nichts damit zu tun - aber wer wollte ihr da glauben? Ihre Art den Glauben und die Heimat zu verteidigen missfiel Vielen.

Der Baron von Südwald war seit der Sache mit der Grenze sehr tief in ihrer Gunst gefallen. Sollte ER doch ihr Vertrauen erlangen. Sie war keine Kriegerin und ihr Volk bestand ebenso wenig aus Kriegern. Sie wollte nur eine friedliche Baronie in der ihre Leute in Ruhe leben konnten. Was wollte sie auch mehr? Hier hatte sie alles und ihre Lieben waren glücklich in der Baronie.

Aber es gab immer jene, die Elfie mit hineinzogen... Jene die ihre Hilfe benötigten, Jene die ihr Schlechtes wollten und Jene, die nicht verstanden was Vertrauen genau bedeutete.
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Elfie Fuchsenfelde

Baronie Hohenquell
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#8
VIII. Verlust
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05. Gilbhart 1402
Das Gesicht welches ihr aus dem Spiegel entgegen blickte war ihr fremd. Die letzten Wochen und Monate hatten ihr Falten in die Haut getrieben und die Farbe war fahl. Das Lächeln welches ihr jeden Morgen entgegenblickte war einer ernsten Miene gewichen und auch ihr Haar hatte einige weitere graue Strähnen bekommen. Nichts war mehr wie früher. War es nicht so, dass in den dunkelsten Stunden ein kleiner Hoffnungsschimmer die Nacht erhellte? Diesmal wohl nicht... Stattdessen sog der Verlust sie in einen tiefen Abgrund hinab wo nichts war außer Einsamkeit und Finsternis. Das Anwesen war so still geworden und es gab so viel zu erledigen. Sie sah sich nicht im Stande auch nur einen Teil von dem zu schaffen, was sie sich vorgenommen hatte. Es hatte so viel Kraft gekostet, mehr Kraft als sie hatte. Aber es musste weitergehen... irgendwie... also ging sie hinaus in die Wälder welche der Herbst bereits teilweise gefärbt hatte und klammerte sich an das Einzige was sie noch hatte - ihren Glauben. Der Wind war kühl und angenehm auf ihrer Haut und kühlte ihr Gesicht welches durch das Tränenvergießen gerötet und heiß war.
Als sie eine kleine Lichtung erreichte fiel sie auf die Knie und konnte ihre Trauer nicht mehr bändigen. Tränen flossen über ihre Wangen und ließen die Kühle des Herbstes schnell wieder vergessen. Es dauerte eine Weile bis der Schmerz abebbte und sie mit der gewohnten Leere im Brustkorb zurückließ. Aus ihrer Manteltasche zog sie eine Nähnadel und eine kleine Fadenschere. Die Schere nutzte sie dazu um eine kleine Locke ihres Haares abzuschneiden und die Nadel um in ihre Fingerkuppe zu stechen aus der ein Tropfen Blut quoll. Die Strähne rieb sie mit dem Blut ein und vergrub sie in der Mitte der Lichtung. Danach wird jeder, wer auch immer in der Nähe des Walds spazieren wird, eine leise gesungene Melodie aus dem dichten Wald hören. Würde man ihr folgen, so könnte man die Baronin in der Lichtung knien sehen und sie singen hören. Ein altes candarianisches Lied welches von Generation zu Generation bei den Fuchsenfeldes weitergereicht worden war und welches von der Liebe zu Familie und Freunden erzählt.

Wenn der Abend naht, ganz finster und leis,
finden wir uns ein am Feuerkreis

Und wer nie an Familie und Freunde denkt
und auch nie den roten Wein ausschenkt,
der soll bleiben, wo er ist.
Draußen weht gewiß ein kalter Wind,
doch die Feuer nicht erloschen sind.

Und wenn einer von uns geht,
das Tor nach Arkadien ihm offen steht.

Schatten flackern am Waldesrand.
Hat das Singen dich nicht längst gebannt.

Wer da glaubt, er könnt alleine gehen,
wird in dieser Welt verwehn.
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"Wenn du zögerst, hör auf dein Herz"
Elfie Fuchsenfelde

Baronie Hohenquell
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