Sinnvolle Ordnung
#1
Die Aufgabe von Herrn Animar hörte sich recht leicht an: Die Schaffung eines sinnvollen Möbelstückes, in das man möglichst übersichtlich und mit Ordnung Schriftrollen mit Rezepturen, Bauanleitungen, Pläne oder andere Schriftstücke aufbewahren konnte, die das handwerkliche Wissen dieser Welt beinhalteten.

Offensichtlich hatte die Keuche so viel Unordnung bei den Menschen und in den Zünften geschaffen, dass vieles einfach verloren gegangen war. Auch war es wohl dem Umstand zu verdanken, dass nicht jeder Handwerker sein Wissen aufgeschrieben hatte. Doch mehr und mehr kamen Bauanleitungen, Schnittmuster, alchemistische Rezepturen und anderes, was einst das Wissen der Zünfte und Löwensteins Handwerker ausgemacht hatte, wieder ans Tageslicht. Und nun galt es, dieses schriftliche Wissen so zu ordnen, dass man leichten Zugriff darauf hatte, wenn man es weitergeben wollte, ohne dass man Kommoden und Schränke voller wüster Papierstapel durchwühlen wollte.

Immerhin gab es schon einfache Mappen, zwischen deren Blättern sich diese Anleitungen plan einlegen ließen. Von der buchbinderischen Herstellung sicher nichts großartiges, aber immerhin ein Schritt zur Ordnung. Der erste Schritt.

Den Rücken an den warmen Ofen gelehnt, die Beine von sich gestreckt, dachte sie nach, wie man diese Mappen nun am besten ordnen könnte und ließ ihre Gedanken schweifen ...

[Bild: bildschirmfotovom2015xpdws.png]

... bis sie in der Wärme und nach der Zeit in der Kälte einfach eindöste.
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#2
Sie hatte eines der Rezeptbücher vor sich liegen und betrachtete es genauer. Eigentlich waren es eher Mappen. 8 Bögen Papyrus zusammengeleimt, mit einem Leineneinband, der dem Umschlag etwas mehr Festigkeit verlieh. Zwischen die Bögen konnte man die Bauanleitungen und Rezepte glatt einlegen, so dass sie vorm Zerknittern oder anderem Unbill, wie zum Beispiel Feuchtigkeit oder gar Nässe, grob geschützt waren. 15 Anleitungen konnte man dort recht komfortabel aufbewahren.

Diese relativ dünnen Mappen in eine Regal zu stellen, wäre zwar eine Art der Ordnung, allerdings unpraktikabel. Zum einen, weil sie mangels Seiten keinen ordentlichen Stand hatten und zum anderen konnte man die Rücken dieser Mappen nicht beschriften, so dass umständliches Herausziehen der einzelnen Mappen erst ihren Inhalt verraten würde.

Aber was wäre, wenn man kein Regal als Aufbewahrungsort nahm, sondern eine Kommode, mit Schubladen? Tiefen Schubladen, in die man die Mappen hinein hängen konnte? Dann hätte man die Ansicht von oben und könnte die Mappen 'durchblättern', um die jeweils gesuchte zu finden. Wenn die Mappen dann noch oben einen Reiter hätten, an denen man ablesen konnte, um welche es sich handelte, wäre ein recht rasches Auffinden gewährleistet.

Sie musste nochmals darüber nachdenken, als es unten klopfte ...
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#3
Regale ohne Rückwand, Schubladen die durch sie hindurch flogen, gefolgt von flatternden Mappen die wie ein Schwarm Vögel immer wieder vorbei zischten und versuchten im Regal zu landen. Doch jedes Mal wenn der Schwarm Mappen landete, rauschte ein Zug Kisten klappernd durchs Regal und die Mappen stoben erschrocken in alle Richtungen davon.

Ley schreckte aus seinem Traum auf. Kalt war es, verflucht kalt. Wieder war er über seiner Forschung in der Schreinerwerkstatt eingeschlafen. Um ihn herum lagen verstreut halbfertige Schubladen, verschiedene Kommoden standen in der Werkstatt und auf der Werkbank lagen winzige Leisten mit merkwürdigen Aussparungen an den Enden.

Seit er der emsigen Buchbinderin und Gelehrten Fräullein Goldblatt seinen Forschungsauftrag unterbreitet hatte, prasselten die verschiedenen Ideen und Absprachen nur so auf ihn herein.

Immer zu träumte er dieser Tage von ihrer letzten Besprechung.
Nein, Regale taugen nichts. Es müssten Kommoden mit Schubladen sein, um diese Mappen ordentlich verstauen zu können.
Aber war es das richtige? Würde eine Kommode ihn wirklich zum Ziel seiner Forschung bringen?

Was war mit all diesen schönen stabilen Regalen, die er über all in der Stadt erforscht und dokumentiert hatte? Sogar im Zunfthaus der Schreiner standen sie ... und er hatte verflixt noch eines keinen Plan, wie er sie zusammen Schreinern konnte.

"Eins nach dem Andern - Animar" murmelte er zu sich selbst. Jetzt musste er mal richtig schlafen.
"Morgen ist auch noch ein Tag!" seufzte er junge Schreinermeister und schleppte sich nach oben ins Bett.
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