Steilküsten und mehr.....
#1
Es ist kaum einen Mondlauf her, als ich amrhanischen Boden betrat, und doch haben sich die einzelnen Tage aneinander gereiht wie die dunklen Perlen, die ich tagtäglich unten am Strand, unterhalb meiner ins Herz geschlossenen Steilküste, finde.
Die Nächte verbringe ich noch überwiegend im Wald, mein Lager aus Ästen, Blättern und einer Decke aus zusammengenähten Fuchsfellen jede Nacht woanders aufschlagend, verleiht es mir das so lange ersehnte Gefühl von Freiheit, fern meines Clans, fern der Wut meines Vaters und Clanoberhauptes, fern der wachsamen Augen meines älteren Bruders, fern von Mutter's unverständigem Seufzen wenn ich wieder einmal aufbegehrte.
Ja, ich genoss es, auch wenn meine Gedanken natürlich oft zurück nach Reinos schweiften. Meine Insel, die Wälder und meine Pferde, ja, ich vermisste sie, sehr sogar. Doch war es Nichts gegen das aufschäumende Gefühl von Wut und gar Rache die ich meinen Vater fühlen lassen wollte. Sollte er ebenso leiden wie all die anderen die unter seiner mächtigen Clanshand litten. Die Selbstgefälligkeit und Arroganz von der nur wenige der Mächtigen verschont bleiben, hatte auch meinen Vater ergriffen. Urteile fällend, selbst das Thing bestechend, war er eine unbezwingbare Macht geworden welche meinen Clan zugrunde richten würde.
Niemand stellte sich ihm entgegen, allesamt feige und katzbuckelnd nach seiner Zunge redend, war ich es, die ihm sein Fehlverhalten vor versammeltem Clan während des letzten Things entgegenschleuderte.
Ich sehe noch ihre Gesichter, angstvoll, in Erstaunen und Ohnmacht die Augen weit aufgerissen, das Gesicht meines Vaters vor Wut gerötet als ich ihm den Rednerstab vor die Füße warf und mit den Worten nicht zurückzukehren bevor er seinem Handeln ein Ende setzt, meine Heimat verließ.
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Dies lag noch keinen Mondenlauf zurück und doch schien es mir fern und unwirklich zugleich. Etwas trieb mich an hier in diesem neuen Land, etwas schien mich zu beflügeln, denn auch hier herrschte Unrecht, wenn auch die Hand meines Vaters fern war, so gab es andere Hände die nicht untätig waren. Hände die unseren Alten Glauben versiegen lassen wollten. Stetig waren sie zugange, bekehrten Mondwächter, ließen sie vor diesem Mithras kriechen, ängstigten sie mit ewiger Qual nach dem Tode.
Doch lenkten mich die Götter zu einer Gruppe von Menschen die keine Angst zu haben schienen, ja denen der Alte Glaube in ihrem Inneren brannte und denen die Freiheit das Wichtigste zu sein schien.
Wie die Perlen von der Steilküste, so reihten sich die Ereignisse aneinander, und täglich wurden es mehr.. doch hier konnte ich niemandem den Rednerstab vor die Füße werfen, hier musste ich kämpfen, für die Mondwächter, für mich , für die Ehre meiner Götter, niemand sollte es wagen, sie in eine finstere Ecke drängen zu wollen.
Ich würde weitere Perlen finden und sie aufreihen.. nach und nach..
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#2
Elfie war eine bemerkenswerte kleine rundliche Frau, welche die Baronie Hohenkliff nahezu mit dem Kochlöffel verwaltete, dabei stets lächelte und jedem ihre angeborene, heitere Gelassenheit schenkte.
Ich verbrachte viele Stundenläufe nahe der Steilküste und so bot ich Elfie Fuchsenfelde meine Hilfe zum Schutze Hohenkliffs an.
Es war ein behagliches Leben hier oben, fern der stinkenden Stadt, fern der Unglücklichen und Armen. In Candaria schien das Leben einer Wonne gleich, jeder bedacht, sich der Schöpfung der Götter in vollem Genuss hinzugeben, angelnd oder jagend oder gar nichts tuend sich an Streusselkuchen sattessend und den Spätsommer geniessend.
Doch näherten sich die Abendstunden, schlich ich den schmalen Pfad zur Steilküste hinab und hielt Ausschau nach jenen, die keine Ruhe fanden, und im Gegensatz zu jedem Candarier rastlos über den Strand schlurften, geifernd, grünlichgelben Schleim als endlose Spur zurücklassend.
Meine Pfeile beendeten ihre Pein, ich schickte sie direkt zurück in den Sand aus dem sie gekrochen kamen. Die Luft anhaltend versuchte ich den beissend, fauligen Gestank nicht einzuatmen und hüllte mein Gesicht in ein Tuch, Mund und Nase verdeckend, als sich mir etwas von hinten näherte und seine verfaulte Hand in krallender Weise an meinen Arm zu legen versuchte. Ich stob herum, während ein erschrockener, überraschter Schrei aus meiner Kehle drang. Da stolperte ich bereits über die modrigen Planken des Schiffwracks und fiel rücklings gegen die Wand der einstigen Kajüte, während die Fratze des toten Matrosen immer näher zu kommen drohte.
Kalter Schweiss trat mir auf die Stirn, nicht wissend was schlimmer war, die Nähe dieses furchterregenden Wesens oder der Tod an sich.
In der Enge zwischen den Schiffswänden, bestand keinerlei Möglichkeit den Bogen zu greifen, geschweige denn Pfeile gen des Wesens zu jagen... da riss ich das von den Grauwölfen gekaufte Sax hinter dem Gurt hervor, schloß meine Augen und während ich versuchte es dem Toten in den Leib zu rammen, drückte ich mich an ihm vorbei, schreiend vor Angst und Ekel.
Ich konnte nicht unterscheiden wessen Geächze, Schlürfen, Schnauben und Erbrechen ich hörte, ob's mein eigenes oder das des Dahinscheidenden war. Erst nach einer guten Weile wurde mir bewusst, dass ich allein war, dass lediglich der Gestank es war, der an dieses fürchterliche verwesende Wesen erinnerte und dass ich es war, der jener anhaftete.
Angeekelt tappste ich heulend den Pfad zur Steilküste hinauf, zum zweiten Mal, diesmal jedoch freiwillig, ein Bad im munter gluckernden Bach suchend.
Was bei den Göttern hatte Chronos sich gedacht, Seeleute tot umherwandeln zu lassen.. welchen Fluch mussten die auf sich geladen haben? Ich würde Seamus danach befragen müssen, er als Seemann wüsste vielleicht eine Antwort... doch zuvor musste ich den Gestank loswerden, lange lange wurde meine Kleidung geschrubbt, immer wieder... nicht sicher, ob's helfen würde.
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#3
Menschen von Rang und Adel

Auf Reinos hätte niemand gewagt mich so zu nennen ohne den Verlust seiner Zunge zu riskieren, doch hier war nicht Galatia, hier war es selbst einer niedrigen Angestellten eines ritterlichen Haushaltes vergönnt, Unschuldige zu beleidigen, während sie sich hinter dem Rücken ihres Herrn verbarg. Niederträchtig und feige war dieses Weib, sichtlich um die Gunst des Ritters buhlend, und wer weiss noch anbietend, um diesen Vorteil auch künftig sicherzustellen.
Ich wandte mich an die Stadträtin Kerlow, mir Ratschläge anhörend, die mein Inneres wahrlich aufzuwühlen drohten.
Beschimpfungen mit einem "Danke, Hoher Herr" zu beschliessen war kein Rat, dem ich folge konnte, oder etwa doch? Wie schafften es die Menschen hier so zu buckeln, war ihnen kein Stolz, keine Ehre geblieben?
Langsam begann ich so etwas wie Mitleid für die amhranische Bevölkerung zu empfinden. Es war schlimmer als ich angenommen hatte, schlimmer, als die Krieger meines Clan mir je erzählt hatten.
Mithras hat sie befreit? Ich sehe nur Sklaverei.
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#4
Der Bund und ich

Fernab vom Südwald, in den Tiefen des Flüsterwaldes jagte ich Ley's Wurfäxte in den alten, maroden Baumstamm. Drei von Fünfen trafen nicht, was mir leise Flüche entlockte und mich umso beflissender weiterwerfen ließ, ein jeder Axtwurf für eine meiner Sorgen.
Die alte zerfaserte Baumrinde splitterte und löste sich vom Stamm, Wurf um Wurf ...
Hatte ich Gründe mich hier so zu verausgaben? Ein nagender Hauch an Unsicherheit durchzog mein Gedankengut, so viele neue Begebenheiten, neue Menschen die ich kennenzulernen und einzuschätzen hatte.
Dieses Leben unterschied sich so sehr von dem auf Reinos, dem Leben, in dem mir jeder Einzelne vertraut und bekannt war, um dessen dunkle Seiten ich wusste und mich zu schützen wusste. Hier jedoch fühlte ich die Unberechenbarkeit der Fremde an mir nagen, flüchtete mich hinter die vorgegaukelte Sicherheit meines Bogens, mich stärker darstellend als ich tatsächlich war.
Und natürlich weinte ich klammheimlich Tränen der Sehnsucht, sowie ich an unser Langhaus und an Mutter's Hafergrütze dachte, an mein Felllager aus Fuchsfell, den Brunnen mit dem klarsten Wasser der Welt, meine Pferde, Freunde und sogar an Vater. Doch einst gefällte Entscheidungen wollen getragen werden, eine weitere Axt schoß in Richtung Baumstamm, strich die bereits in ihm verkeilte und gab ein metallisches Klingen ab, sowie sich beide berührten.
Der Bund, was genau suchte ich in ihm? Ich zwang mich ehrlich zu sein, lenkte meine Gedanken von Serbitar's Zuneigung fort zu dem was den Bund darstellte, ohne mich abzulenken, was gewiss in den letzten Tagen nicht so einfach schien.
Vegard, ein gestandener Kämpe, ein Vorbild an Tugend und Kraft, ein Mensch, dessen Ideale mit der 900 Jahre alten Tradition des Bundes verschmolzen. Serbitar als Hauptmann, Askir als weitere starke Führungskraft, die Freundlichkeit der einzelnen, noch recht wage bekannten Mitglieder, all das gab mit Zuversicht, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben. Der Gerechtigkeit zu dienen, auch wenn es König, Clansoberhaupt, Schöffe und so fort unterlassen sollten. Ein hohes Ziel, das war mir schon bewusst.
Doch sollte es uns tatsächlich gelingen, würde ich mit dem Bund nach Reinos reisen und Vater zeigen, was wahre Gerechtigkeit ist.

Ein paar weitere Äxte landeten im Holz, mit jedem weiteren Gedanken den ich loswurde, verbesserte sich meine Treffsicherheit.. Gedanken an : Nara und Ley, diesen seltsamen adligen Ritter und seine Haushälterin, an jemanden der sich Dal Cais zu nennen schien und besinnungslos im Zweitürmen lag, an all die armen stinkenden Bettler des Armenviertels, die Ratten, die Räuber, an den Bundsbruder Aygo, der seinen Blick nicht von Serbitar's nackten Beinen nehmen konnte, und all die Dinge, die mich in diesem neuen Land beunruhigten.

Ich sammelte meine Äxte ein und schob sie hinter den ledernen Gurt, den Stand der Sonne ermittelnd und den Abend herbeihoffend. Vielleicht würde ich ihn heute wiedersehen, ihn, der es schaffte, allem einen Sinn zu verleihen. Ich nahm mein Pferd an die Zügel und lenkte sie vorsichtig durch das Dickicht, in Richtung Hort.
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#5
Beschwerlich war der Weg hinauf in die Berge, noch beschwerlicher als das felsige Geröll was unter mir herabbröckelte, waren meine Gedanken.
Hier Mithras, dort die alten Götter! Was hatte es auf sich mit all dem? Maria, die Bundschwester hatte, so munkelte man, das Land verlassen, und somit auch die Hoffnung mitgenommen mehr über das zu erfahren, wo sie und Kinnard ihre Nasen hineingesteckt hatten, tief hinter das, was hierzulande als Wahrheit ausgelegt wurde. Es trieb mich zum Gipfel hinauf, dort, wo ich den Göttern nahe sein konnte, und sollte es diesen Mithras tatsächlich gegen, so sollte er sich zeigen verdammt noch mal! Es nagte an meinem Gewissen, dass ich beide Glaubensrichtungen nicht so offen tolerieren konnte wie es meine Bundbrüder bereit zu tun waren. Ich fühlte, wie ich heuchelte, wie ich nur Gelassenheit vorgaukelte, während es tief in mir brummte und kochte, diesen Mithras nicht anerkennen wollend. Solle er sich doch zeigen, da in seinem Licht welches er doch angeblich trägt. Atemlos am Gipfel angelangt eröffnete sich mir ein Blick weit über Zweitürmen hinaus, über die Grenzen zu Ravinsthal, ja sogar einen Zipfel des Hohenmarscher Moores schien ich zu erkennen.
"Mithraaaaaaas!!!" schrie ich in den Himmel hinein, "Zeig dich wenn es dich gibt!" Doch nichts regte sich, ausser der Luft die meine Stimme erhallen ließ. Ich wartete, starrte in den Himmel, ja zitterte innerlich vor Wut und rief schliesslich Sulis an, kraftvoll und mit Hingabe, sie als meine Schicksalsgöttin würde mir helfen:"Suuuulis! Führe meinen Pfeil und weise mir den Weg.Ich bitte dich!" Der Himmel bezog sich, dunkle Wolken schoben sich vor die Sonne, doch tauchte es mich und alles um mich herum in ein feuriges Licht, das Licht meiner Göttin.
Und ich spannte meinen Bogen bis zum Anschlag und schickte den mit galatischen Spiralen verzierten Pfeil in die Höhe, seinem Flug mit zusammengekniffenen Augen folgend und sah, wie er irgendwo über den Baumkronen des Flüsterwaldes niederging.
Meine Antwort hatte ich bekommen und machte mich an den Abstieg, Sulis Pfeil zu suchen.

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#6
Die alten Geschichten drangen an mein Ohr, ich hörte die Stimme meines Großvaters nachts im Halbschlaf, mich unruhig in den Fellen drehend, immer wieder zum leise flackerndem Feuer blickend welches durch die Zeltbahn schimmerte. Die Geschichten die von dem Land Amhran erzählten, einem Land und dessen Lehen und einer Stadt die Löwenstein genannt wurde.
"Wer einen Amhraner findet, dem man vollendst trauen kann, der sei gesegnet", so hatte der alte Mann stets gemurmelt, nie viel vom Festland haltend, dem amhranischen Volk misstrauend.
Ich drehte mich aus den weichen Fellen hinaus, Serbitar's Platz war leer, schon seit Tagen war er verschwunden, ohne Hinweis, ohne einen Deut wohin er zu gehen hatte.
Seit dem Geschehen mit Adalbert und dessen Beleidigung, seit dem Ärger mit dessen Onkel Liron, dessen gemeinen Anschuldigungen und all dem Irrsinn war die Welt ein wenig aus den Fugen geraten. Liron war des Bundes verwiesen, nur falschen Hass sähend, anstatt den Weg der Versöhnung zu gehen. Ich selber würde vor den Rat des Bundes treten müssen und mich erklären müssen, wer weiss was noch kommen würde.... doch wird die Gerechtigkeit siegen, dessen war ich mir sicher, denn dafür stand der Bund.
Doch bis dahin blieben mir nur das kleine beruhigende Feuer welches unerlässlich knisterte und die Stimmen des Großvaters weiter an mein Ohr wispern ließ. "Traust du wirklich diesem Amhraner, bist du denn töricht Kind?" "Aye, Großvater, ich vertraue Serbitar, sehr sogar, und du solltest das auch... , " sprach ich leise in die Flammen hinein. Ein letzter Gedanke ging zum Bund, zum Gespräch welches ich mit Askir geführt hatte, ein Freund, ein Bruder, dann Leira, wie gut wir uns doch verstanden, nach all den vielen Missverständnissen, nur Aygo, vor ihm gruselte es mich, es war gut, immer ein paar Schritte Abstand zu ihm zu haben, je mehr umso besser. Wieso nur war hier in Amhran alles soviel schwerer als Zuhause? Ich nahm Serbitars Felldecke an mich und deckte mich zu, schloss die Augen, sog seinen Duft ein, ihm wird doch nichts zugestoßen sein, sorgte ich mich und lauschte dem Knistern des Feuers welches ins Zeltinnere drang, Großvaters Warnungen waren verstummt, ja leise Gesänge drangen an mein schläfriges Bewustsein und nahmen mich mit in den Schlaf.

[Bild: vv7m5je4.jpg]
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#7
Sie hatte sich auf einer Astgabel eines recht verzweigten, kräftigen Baumes niedergelassen, der Körper lehnte seitlich fest an dem Stamm, eine Hand sicherte ihren Sitz, während sich ihr Blick auf die vereiste Blüte eines Löwenzahns legte und sie verträumten Blickes in der kristalinen Struktur der einzelnen Schirmchen versank.
Die Luft war klar und kalt, doch der fehlende Wind nahm ihr die Schärfe und ließ sie tief und ruhig atmen.
Es zog Ruhe ein in ihr Wesen, ein ungewohnter Frieden den sie seit Wochenläufen vermisst hatte. Alles schien von ihr abzufallen, der Verlust einer Liebe, die Schwierigkeiten die sie mit dem Bund hatte, die Andersartigkeit der Amhraner, selbst die Wut die sie gegen ihren Vater so eifrig gehütet hatte schien zu verstummen. Nichts schien mehr von Bedeutung, nur das Glitzern der kleinen Schirmchen, das zarte Eis welches eine solche Schönheit und Herrlichkeit widerspiegelte drang in ihr Herz und erfüllte sie mit einer tiefen Dankbarkeit.
Sie gedachte der Götter, die alles erschaffen hatten, deren Wesen auch durch sie drang und sie, so wie diese herrlich hübsch anzusehenden Schirmchen, ebenso vollkommen sein ließ.
Mit jedem Atemzug mehr sog sie die stille Geborgenheit ein, ließ den Blick über die zauberhaft verschneite Winterlandschaft ziehen und erbebte innerlich über die Freude ihrer neuen Zuversicht.
Vielleicht gehörte sie vorerst hier hin, der Wald könnte ihr den Frieden geben und sie vor alldem was sie zermürbt und verletzt hat bewahren.
Nur galt es den Winter zu überstehen.... und ihre Gedanken schweiften ab ins wärmere Galatia, hin zu ihres Vaters Langhaus, zu den warmen Feuern, den Fellen und Gesängen.. und plötzlich ließ sie das zu, was sie sich so lange verboten hatte, das Heimweh.

[Bild: ice.jpg]
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#8
Doch da war dieser Eid den sie dem Bund geschworen hatte. Gesprochen in der Überzeugung, auch jene würden für "Gerechtigkeit und Unrecht" gleichermaßen agieren, einschreiten und wirken, so wie in den 600 Jahre alten Schriften berichtet wurde. Es mussten erst viele kleine Fasetten zerbrechen um ihr ein anderes Gemälde zu präsentieren, ein klares Bild, frei von Illusion, frei von Wünschen die noch fern in der Zukunft lagen. Wie auch sie, versuchte diese Gruppierung an das Gute zu glauben, selbst dem König zu trotzen um der Gerechtigkeit Willen, sollte jener einmal versagen. Doch war dieses ein langer Weg, ein Pfad, der den Einzelnen strenge Disziplin abverlangte. Nicht immer führte ein Weg gradlinig zum Ziel, sondern folgte quer feldein, über Steine und Bäche und verlangte Zurückhaltung des Ursprünglichen.
Bran jedoch hatte an Vertrauen verloren, waren die Ziele hoch gesteckt, die Mächtigen mächtiger als machtvoll und die Tugenden würden irgendwann verblassen unter dem Schimmer des Ruhmes, des Blutes welches fließen und den langen Weg hin zum Ziel bedecken würde.
Der Protektor ließ sie gehen, ohne sie wegen Eidbruchs zu töten, froh die anstrengende Galatierin los zu sein . Es gab Wichtigeres als sie im Bund, soviel stand fest, und doch war da dieser Schwur, der sich Bran wie ein heisses Eisen in ihr Herz schnitt.
Wie gern hätte sie den Göttern zugerufen, dass sie weiterhin für die Gerechtigkeit eintreten werde, Unrecht verhindern, wie geschworen, doch hatte sie nicht die Macht einen Eid umzulenken, geschweige denn aufzulösen. Das nur würde ein Druide können.
Nicht lange daraufhin sah man eine weibliche Gestalt in Richtung des Rabenkreises ziehen, den Kopf gesenkt, der Kälte trotzend, Schritt für Schritt durch den knietiefen Schnee.

[Bild: 10685351_730853136961762_3426909192336897882_n.jpg]
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#9
Bran's Weg führte Sie zuletzt nach Candaria, weit an die Südspitze des Landes, um dort, wie ihr die Vatin Gwendolin geraten hatte, Chronos zu opfern.
Der Wind bließ unaufhörlich und schnitt ihr ins Gesicht, sodass sie den Umhang und das Tuch dicht um sich wickelte, das Augenmerk auf ihr Ziel richtend welches sich da hoch über der Ebene erhob, der Opferplatz.
Ihr Opfer sollte die Loslösung vom Bund bestärkten und in Wohlwollen umkehren. Ein Eid jedoch konnte nicht gelöst werden, auch künftig würde sie für die Gerechtigkeit eintreten und helfen so die Götter es wünschten. Dem Bund jedoch, wäre sie nicht mehr verpflichtet und ihr Herz konnte heilen.
Jeder Mondwächter wusste, dass Chronos sich als Faungott mit kleinen Ofergaben nicht zufrieden gab, sondern Gaben, dessen Herstellung Mühe und Aufmerksamkeit verlangten vonnöten waren. So hatte Bran nicht geruht, bis sie eine recht ansehnliche Menge an Gebackenem und Gekochtem zusammen hatte und plazierte alles wohlsortiert an dem uralten, heiligen Schrein im Süden Candarias, ein Feuer entzündend und rief Chronos inmitten des Sturms um seine Hilfe an.
Noch ruhte der Gott unterhalb des Eises, eingeschlossen, sich nach seiner Geliebten, dem wunderschönen Schwan verzehrend. Ein guter Zeitpunkt, ihn von seiner Pein abzulenken, ihm Opfer darzubieten die seine Ablenkung zur Folge hatten. Auch Götter fühlten Schmerz und Leid, die wenigsten Menschen gedachten dessen und Bran fühlte sich plötzlich mit Chronos verbunden, wie sie da mit hoch erhobenen Armen stand und über das Feuer zum Wasser blickte.
"Oh Chronos, höre mich und nimm mein Opfer an!"
Noch lange stand Bran da, still und in sich gekehrt. Das Feuer verlosch bis nur noch die zarte Glut übrigblieb und Bran an die Kälte des Winters erinnert wurde, sich tief in den Umhang hüllte und die Rückkehr antrat. Sie musste einen Schmied finden, eine Aufgabe die keinen Aufschub duldete musste vollbracht werden.
Doch wollte sie bei Elfie Halt machen, in der Hoffnung ein schon lange überfälliges Gespräch zu suchen.

[Bild: try1chronos.gif]
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#10
Sie hatte sich den ganzen Tag herumgetrieben, das wohl schien der Ausdruck ihres ziellosen Umherstreunens zu sein. Anfangs hämmerte ihr Schädel als würden hundert Zwerge ihr Tagwerk verrichten, ihr Herz pochte schwer und jedes Hügelchen schien zu Bergen anzuwachsen. Birnenbrand! So hatte sie die Nacht zugebracht, sich sinnlos betrinkend, einer Wette folgend, wer wen zuerst unter den Tisch zu trinken schafft. Dies ließ sich keine Galatierin zweimal sagen, zumindest keine, dessen Sturkopf starrer und einfältiger nicht sein konnte. Bran litt, und das war auch gut so. Sie hatte keine rechte Erinnerung mehr an diesen Abend, nur daran, dass ein Drachen im Erdgeschoss der Hütte getobt hat während ihr der Birnenschnaps mittlerweile recht zügig die Kehle hinabfloß. Sie redeten über Liebe und Betrug, über Ehre und Feiglinge, über alles was Grausam war und einem das doch so süße Leben verderben konnte,über Galatia und Vater. Freunde wurden zu Fremden und Gossenkinder zu Freunden.
Sie erwachte, ihren Kopf noch auf der Tischplatte gebettet, inmitten von Flaschen und Kerzen. Jemand lag im Bett und schnarchte markerschütternd. Ihr Schädel platzte und leise schlich sie aus der Unterkunft, um sich den restlichen Tag in keinem Gebäude mehr blicken zu lassen.
Schliesslich heilte die frische Luft ihren Zustand, sie wurde nüchtern, fand sich mal hier, mal dort wieder, an der Grenze zu Hohenmarschen, an der Türe des Feinschmieds klopfend, sich an ihr Versprechen erinnernd und als ihr niemand öffnete weiter wandernd, die kalte Winterluft atmend als sei sie das einzig Wertvolle auf Erden. Ihre Beine wurden fester, ihr Schritt zügiger als sie sich über Felsen und Geröll kletternd schliesslich an der nahen Grenze zu Ravinsthal wähnte. Der Schnee musste Lawinen ausgelöst haben und den Weg geöffnet haben. Im Herbst war jener so weit zumindest unzugänglich gewesen.
Der Anblick des Wasserfalls hob ihre Stimmung. Zwar versperrten weitere große unüberwindbare Felsen den Weg hinab, doch war sie Ravinsthal ein Stückchen näher gekommen. Kurz dachte sie an den Bund, sicher wären sie zuvor froh über diese Entdeckung gewesen. Doch nach ihrem Fortgang hatte sie keinen der Bundler mehr gesehen, selbst Leira, die sie stets gesucht und ihr nachgegangen war ließ sich nicht mehr blicken. Bran konnte es ihr nicht verdenken, sie war Vegard's Gefährtin, sich ihr zuzuwenden, hieß sich von Vegard abzuwenden. Ein kurzer Gedanken noch an Leira, sie wünschte ihr Glück, wünschte ihr, dass Vegard ihr zumindest das gab, was einer anständigen Frau zustand.
Bran kletterte tiefer hinab, einem schmalen Wildpfad folgend, schlängelte sich zwischen Gebüsch und Dornen hindurch. Es ging nicht mehr weiter, tief im Tal unten sammelte sich das Wasser des Wasserfalls zu einem kleinen, eisigen See.
Was lag hinter dem Tal, was gab dieses Ravinsthal her? Es wurde von tiefen Wäldern berichtet und von einer Burg hoch auf einem Berg. Ihre Gedanken kreisten...wäre es eine Flucht zurück nach Galatia zu segeln? Dalbir hatte ihr gestern das Messer der Wahrheit in die Brust gestoßen. Wäre es Flucht? Doch was sollte sie hier? Jagen und den Waldläufer herauskehren anstatt zurück zu ihrem Clan zukehren? Es würde Pflichten auf sie warten, ob ihr Vater sie mit offenen Armen empfangen würde? Oder würde er sie gar verstoßen? Niemals, er liebte sie. Doch würde sie seinen Egoistmus nicht ändern, niemals unter solchen Umständen ausharren können, der Streit war unausweichlich.
Noch lange stand Bran dort und sah ins Tal hinab, nachdenkend, sich den Abendwind über das kalte Gesicht wehen lassen.

[Bild: Berge.jpg]
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