Eine einsame Feder...
#1
... weht in der Nacht vom 9 Brachet zum 10. des Jahres 1401 vom Dach des Tempels. Langsam schwebt sie hinab, immer wieder huscht sie doch ein Stück nach oben, wenn ein Windhauch sie erfasst, die feinen Haaren kräuseln sich dabei kurz.

Von einer Zinne kommt diese Feder, nicht achtlos hingelegt, nein, gar fast zärtlich hat sie da ihren Platz gefunden, mit zwei spitzen Fingern dort auf den feinen Staub des Tempelsteins abgelegt. Augen, blau wie das Wasser eines Bergsees, eher der Himmel der sich darin spiegelt, blicken lange auf diese Feder, nachdenklich, gar fast schüchtern.
Diese Feder ist keine besondere Feder, aber soll ein besonderen Zweck erfüllen. Davor ist sie eine Feder gewesen, wie all die anderen Federn, die auf den Schäften der Pfeile angebracht sind, auf den Pfeilen, die in dem Köcher des Besitzers ruhen. Pfeile, die nur zu einem gut sind, um zu töten. Federn, die dazu dienen, die tödlichen Spitzen in das Ziel zu tragen.
Doch nicht diese Feder, die nun schwebt, die davor auf dem Stein lag. Nein diese Feder dient nicht zum Töten, nicht mehr. Sie dient nun einen anderen Zweck, wie dessen Besitzer dient. Dienen für einen Gott, dienen für eine Sache, dienen in einer Armee, dienen für das die gute Sache...dienen für sie, nein nicht für sie, sondern für sie, die Gläubigen!

Das Leder knirscht leise, als die rechte Hand sich zur einer Faust ballt, der Handschuh dabei kurz angespannt wird. Die blauen Augen nochmals der Feder nachschauend, die die rechte Hand erst von der Zinne wegschnipste, auf Reisen schickend.
Wohin wir die Reise gehen? Wir die Feder schnell hinabfallen, in das Wasser des Brunnen das Marktes, wo sich am Tage viele Menschen versammeln, ein Treffpunkte vieler Gespräche? Niemand wird diese Feder bemerken, eine von vielen die mal hinab fallen.
Oder schwebt die Feder weiter, zu dem Bankgebäude oder gar wieder zurück und landet vor den Toren des Tempels?
Wohin sie auch schweben wird und landet, ihr Besitzer wird es nicht mehr sehen, ob von Dunkelheit verschluckt oder da er sich davor abwendet, wird die Feder auf kalten Stein landen.

Und so ruht die Feder in jener Nacht einsam auf dem kalten Stein, dem Stein vor der Türschwellen eines Hauses, wo es mal ruhig ist, kein Geschrei von Schmerzen oder Wimmern. Ein Haus, welch die Feder wohl ab und zu mal recht nahe war oder gar schon drinnen. Ein Haus, was weniger die Feder mit was verbindet, als jener, der sie auf Reisen schickte.
Langem musste die Feder warten, bevor sie auf ihren Flug geschickt wurde. Länger als die halbe Nacht lag sie auf der Zinne, meist unbeobachtet, die Aufmerksamkeit galt mehr jenem Haus, wovor sie nun liegt, einsam.
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#2
...schwebt, losgelöst von dem Rotmilan, der seine Kreise über den Tempel macht, langsam hinab, sich sacht drehend, dem Marktplatz entgegen, ein Feuer prasselt dort, Menschen Drumherum, eine einzelne rote Gestalt auf den Stufen zum Tempel.

Die blauen Augen huschen unter der Kapuze über das Feuer und über die Menschen, die dort darum versammelt sind. Und immer wieder kehren sie zur Priesterin zurück, die gerade die Messe hält. Der Blick geht auch immer wieder zu der kleinen zierlichen Rothaarigen und ihren großen, mürrischen und älteren Begleiter.

Die Feder wirbelt immer schneller, sich der kleinen rothaarigen Gestalt nährend, das Prasseln des Feuers aus der Höhe schon vernehmend, Rauch steigt auf und wie ein Peitschenknall, ob der Schrei von der Frau die Feder aufsteigen lassen würde, schwebt sie Richtung Feuer.

Sein Name, er hört sein Namen aufschreien und das er was tun solle, doch er selbst starrt noch ein kurzen Augenblick auf die Priesterin. Was passiert gerade? Wieso sind alle so aufgeregt? Er konnte Uhren Rücken sehen, sie geht Richtung Feuer, gewiss um gleich die Hörner reinzuwerfen.
Nein! Sie wirft sich hinein, geht mehr hinein...was tut sie da? Immer noch brüllt die Rothaarige herum, nun aber zappeln, von dem älteren Mann in Rüstung festgehalten, ungerührt sein Blick.
Mit schnellen Schritten eilt er die Stufen hinab, sein Langbogen wirft er von sich, schlitternd gleitet dieser über die Steine. Die Menge raunt, Verzweiflung macht sich breit. Feuer ergreift den Zaum der Robe der Priesterin.

Durch die Hitze des Feuers steigt die Feder über die Gefahr hinweg, über die rote Gestalt, die im rotgelben Schein der Flammen nun steht, Rauch steigt auf, verunstaltet die weiße Schönheit der Feder, die wieder hinab schwebt, immer näher dem Boden entgegen, als sie etwas streift, eine Schulter und ein Wassertropfen.

Mit nasser Lederrüstung rennt es sich nicht so gut, aber es ist nur ein kurzes Stück, der Brunnen ist nahe dran, und so nutzt er diesen kurz, um sich vor dem zu schützen, was nun kommen mag.
Mit Anlauf springt er ins Feuer, gegen sie die darin steht, und landet mit ihr außerhalb auf den harten Stein. Für einen kurzen Moment hat er die Hitze gespürt, da, wo das Wasser weniger hinkam, im Gesicht, am linken Auge.
Auf den Kniend sitzend und nach Atem ringend, den Rauch aushustend, verweilt er so neben ihr. Dann kommt die die davor kreischende Rothaarige angehastet, erst auf sie zu, dann schon ist sie neben ihm, was los sei und dergleichen.
So werden die beiden, die mehr oder weniger im Feuer standen, ins Heilerhaus gebracht.

Was beinahe das Ende für eine Gestalt war, wurde es für die Feder, der letzte Flug von ihr geht in die Flammen, vom Wasser benetzt, war die Lebenspanne nur kurverlängert und so knistert es einmal kurz leise, und schnell war nur ein schwarzes Gerippe übrig, welches auch bald zu Asche verfällt.

Dort, wo die Asche der Feder liegt, dort ist was entstiegen, in den Flammen aufgelodert.
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