Fuchsgeschichten [MMT]
#1
Spät des Abends wird man noch eine dicke Rothaarige ausmachen können welche sich in die Nähe der vergitterten Durchganges an der Grenze zu Candaria aufhält. Die Wachen kennen sie anscheinend bereits und versuchen gar nicht erst sie erneut zu vertreiben. Also steht sie dort... Stunde um Stunde und schaut die Straße zu ihrem geliebten Candaria hinab.
Hätte sie ihren Hof doch nur niemals verlassen. Jetzt saß sie hier in Servano fest. Sie vermisste den Greifen jetzt schon obwohl es noch gar nicht solange her war, dass sie es zum letzten Mal erblickte. Eine Melodie kam ihr über die Lippen. Sie war melodiös und schwerfällig. Eine Melodie, die einen von fernen Ländern träumen liess. Sie hatte diese Melodie einst von ihrer Großmutter gelernt. Ein altes Candarisches Lied. Als es dann zu dunkel wurde und die ersten Fackeln an der Grenze angingen, machte sie sich schließlich auf den Weg.

Ein letztes Mal blickte sie noch durch das Grenztor und sagte...


[Bild: oe6vfpoy.png]

...ehe sie dann in der Dunkelheit verschwand.
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#2
Wie jeden Abend wagte die Rothaarige einen Spaziergang zu den Grenztoren Richtung Candaria. Natürlich waren sie weiterhin verschlossen. Also ging sie einfach an der Mauer entlang bis sie zum Wasser gelangte. Ihre Erinnerungen entführten sie in fast vergessene Zeiten in denen sie noch bei herrlich lauem Wetter die Felder ihres Hofes bestellte. Das Blöken der Schafe war allgegenwärtig und irgendwie beruhigte es ihr Gemüt.

Ab und an wenn der Wind besonders stark war wehte eine Brise über das Land welche nach Meer roch. Und ganz weit in der Ferne konnte man stets den Leuchtturm Candarias ausmachen. Über dem Kap der letzten Ruh ragte das Feuer der Hoffnung stets in die Höhe.

Und, vielleicht bildete sie es sich auch nur ein, sie konnte von der Grenze aus ein kleines Licht ausmachen. Konnte es sein, dass dieses kleine Licht das Feuer des Leuchtturmes war welchen sie als junges Mädchen so verehrt hatte?


Es war viel zu weit entfernt um ausmachen zu können was es genau war. Und wenn sie ehrlich zu sich war, so wäre das Licht über eine solche Distanz bereits erloschen. Nur ihre Erinnerungen leuchteten ihr den Weg, wie es einst der Leuchtturm tat.

Und obwohl sie sich stets um ein helles und fröhliches Auftreten bemühte, wurde ihr in diesem Moment unendlich schwer ums Herz. Sie wollte nicht mehr in Servano bleiben. Es war eine Qual und eine Strafe welche sie nicht zahlen wollte. Servano war sicherlich nicht schlecht und seitdem die Keuche verschwunden war auch sicher... aber sie sehnte sich nach ihrem Hof und ihren Schafen. Hoffentlich würde sich ihre Nachbarin weiterhin um ihre Tiere kümmern.

Und wieder einmal verschwand sie in der Dunkelheit...
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#3
In ihren Träumen sah sie die Landschaft vor sich, die sie immer schon geliebt hatte. Wäre sie damals nur nie aufgebrochen. Andererseits hätte sie dann nie die vielen wunderbaren Menschen kennengelernt die Servano beherbergte. Inklusive dieses wunderbaren Burschens den ihr ihre Schwester hinterlassen hatte. Es gab also tatsächlich noch Familie irgendwo da draußen. Sie hatte die Hoffnung, dass es nicht das letzte Familienmitglied war welches sie kennenlernen sollte. Tief des Nachts wachte sie dann schließlich auf und dachte über all jenes nach was ihr bisher widerfahren war. Sie führte kein so arg schlechtes Leben in Servano. Dennoch... sie vermisste die Heimat mehr als alles andere. Ihren kleinen Hof mit den Feldern und den Koppeln welche gefüllt waren mit den wolligen Zackelschafen. Den Apfelbrand und den wunderbaren candarischen Apfelkuchen, den ihre Großmutter immer gebacken hatte als sie noch lebte.

[Bild: tec5lntd.jpg]

Die grünen Wiesen und die darauf grasenden Rinder. Und nicht zuletzt der wunderbare Sonnenuntergang über den Apfelbäumen der Brennerei im Herzen Candarias. Es war so ein wunderbares Land. Wäre da nur nicht dieser Zwist zwischen den beiden Familien. Sie hatte sich immer schon rausgehalten aus diesem Zwist. Auch wenn sie ihre eigene Meinung dazu hatte wer nun der wahre Erbe Drechslers war. Durch die Nähe zu Greifenhorst hatte man sie auch noch nie zu weit in den Konflikt hineingezogen.

Viele hielten sie für eine naive und schwache Frau. Aber das Leben in Candaria war nicht immer so einfach. Die Bürgerkriege fegten oft heftig durch das Land und hinterließen Schneisen in Land und Herz der Menschen. Es hatte sie stark gemacht. Ein starkes Herz voller Hoffnung und Mut. Nie würde sie sich irgendwem unterwerfen. Und sie würde stets ihre Familie und Freunde schützen.

Ach wie wünschte sie sich ihre Heimat zurück... so sehnlich.
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#4
Es war nun endlich soweit. Solange hatte sie gewartet und wie hatte sie ihre Heimat vermisst. Eilig stopfte sie ihr Hab und Gut in Fässer, Kisten und was sonst noch Lagerraum hergab. Der Hof war ihr eine gute Bleibe gewesen im Südwald und der Orden, sowie auch die Menschen des Südwaldes waren immer gut zu ihr gewesen. Aber dies war nur eine vorübergehende Lösung gewesen. Eine Lösung welche nicht dauerhaft war. Es war ihr bewusst gewesen, dass jener Tag kommen würde. Mit Freude im Herzen aber auch ein wenig Trauer betrachtete sie ihren alten Hof. Sie räumte die letzten Stücke ihrer Besitztümer zusammen und machte sich auf den Weg zur Grenze. Hier hatte alles begonnen und nun wird alles hier enden.

[Bild: ahexcp5o.png]

Denn am morgigen Mondtag würde alles vorbei sein. Der Alptraum, der weniger Alp als Traum war, war vorüber. Sie würde ihre Heimat und ihren Hof endlich wiedersehen. Nie würde sie die Heimat wieder verlassen. Nie... sie war überglücklich und diese Nacht würde sie sicher kein Auge zu machen.
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#5
Nachdem er es endlich über die Grenze nach Servano geschafft hatte waren seine gesparten Münzen erschöpft und auch sonst hatte er nicht viel um erneut eine Grenzwache zu bestechen. Vielleicht war es auch nicht nötig, schließlich war Candaria sein Heimatlehnen und irgentwo dort würde er, so hoffte er, seine Mutter wiederfinden. Schließlich besaß die Familie seid jeher ein Gehöft und der Name war in dem Lehen nicht ganz unbekannt.

[Bild: 39oc2zny.jpg]

Sobald er die Aufmerksamkeit der Wachfrau auf sich gezogen hatte begann er ihr zu erklären, dass er dringend über die Grenze müsste, seine Mutter, Elfriede Fuchsenfelde, würde seit Jahren auf seine Rückkehr warten.
Der junge Mann gibt kein sonderlich ansehnliches Bild ab, die Klamotten sind zerschlissen und die Haare zerzaust, das Gesicht eingefallen und sorgenvoll.
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#6
Einen halben Tag wartete er dort an den Gittern der türe, die Wachfrau schien ihn zu ignorieren oder einfach tatsächlich nicht zu hören.
Schließlich kam ein junger Mann, Ron, er sagte Elfriede hätte ihn adoptiert und er würde gleich zu ihr zurück reiten und sie benachrichtigen.

Es verging eine quälend, lange Zeit bis er tatsächlich nach Jahren seine Mutter wieder vor Augen hatte, nur durch die Gitter der Grenze, doch sie war es. Ein Blick reichte um sie zu erkennen, seine Mutter konnte man einfach nicht übersehen und das lag nicht allein nur an der Leibesfülle.
So nah war er ihr.. und doch trennte ihn die Grenze von ihr und der geliebten Heimat.

Auf ihre Worte hin suchte er den edlen Sir Therat auf, sie sagte er habe den Schlüssel um die Tore der Grenze zu öffnen. als er jenen schließlich fand lösten sich die Hoffnungen jedoch in Enttäuschung auf. Er bekäme den Schlüssel der Baronin erst am Tag der Sonne. Betroffen ging er zur Grenze zurück, versuchte erneut die Grenzwache auf sich aufmerksam zu machen.

'Ihr müsst warten wie alle anderen auch'
Bekam er schließlich zur Antwort. Er würde also warten müssen.. Adalbert rutschte an den Gittern herunter und lehnte sich sitzend gegen diese. Dann würde er eben solange davor sitzen und warten bis sich die Grenze endlich wieder öffnete, er war Jahre nicht in Candaria gewesen, hatte Jahre seine Mutter nicht umarmen können.. nun waren es lediglich zwei Tage.. nichts gegen das was er hinter sich hatte.
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#7
Konnte es eigentlich noch besser werden als es jetzt schon war? Hatten die Götter es tatsächlich gut mit Elfie gemeint oder war dies nur ein Trost der Götter weil sie ihren Neffen Sherion von ihr genommen hatten? Grübelnd saß Elfie am Strand. Adalbert war zurückgekehrt und ihr Bruder hatte seine Tochter zu ihr geschickt. Dann war da noch Ron welchen Elfie wie ihren eigenen Sohn liebte. Der Hof füllte sich langsam wieder mit Leben. Ein Wunsch, den Elfie schon lange gehegt hatte. Wie einsam war es doch als Ron und Johanna nach Löwenstein gegangen waren. Und oh Johanna... Elfie hätte sich so sehr gewünscht, dass sie geblieben wäre. Sie und Ron mussten sich wieder versöhnen. Elfie hatte sie beide ins Herz geschlossen wie ihre eigenen Kinder. So konnte das doch nicht weitergehen. Und dann dazu noch mit diesem Pipp von dessen Bruder man in den letzten Tagen wirklich nichts Gutes gehört hatte. Und sie nannte ihn "Fuchs". Elfie grübelte weiter und malte feine Linien in den Sand. Mit dem Strohhut wedelte sie sich Luft zu und starrte zum Meer hinaus. Aber was war nun der nächste Schritt? Sie musste unbedingt etwas gegen diese Situation in Blutquell und Hohenkliff tun und das konnte wirklich nicht eine Rekrutierung von Kämpfern sein. Aber wie würde sie das der Baronin erklären, der sie ihr Wort gegeben hatte. Es musste einfach einen anderen Weg geben und diesen Weg musste sie einschlagen. Und dann war da noch Adalbert. Ob sie ihn vielleicht wirklich mit dieser Fenstermacher zusammenbringen könnte? Die Fenstermacher waren eine bescheidene aber angesehene Familie in Greifanger. Genau das Richtige. Außerdem wünschte Elfie sich so sehr einige Enkel. Das wäre ja sicherlich nicht zu viel verlangt, oder? Schließlich hatte sie ihr Leben für Adalbert geopfert und dann viel zu lange um ihn getrauert, nicht wissend was gerade mit ihm geschieht. Da wären doch sicherlich ein paar Enkel drin. Es gab viel zu tun für Elfie. Viel...
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#8
Endlich wieder Candaria..
endlich wieder die Ruhe.. die Stille, der Duft von bewirtschafteten Feldern...
die Geräusche der Tiere auf den Koppeln..
und der Strand den er so lang vermissen musste.. endlich Zuhause.

[Bild: 080908_165718_Rotbarsch-Quartett-JB.jpg]

Wie vor sieben Jahren saß er am Strand, die Angel ausgeworfen, den Wind im Haar und auf der Haut genießend betrachtete er seinen Fang im Eimer.

Seine Mutter würde gewiss wie früher was köstliches daraus zu kochen wissen.

Endlich wieder Heimat, Familie.. Leben.
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#9
All ihre schlimmen Befürchtungen, Elfriede Fuchsenfelde könnte sie als das erkannt haben, was sie war - nämlich eine Fenstermacher - sollten sich bewahrheiten. Spätestens in dem Moment, als sie Adalbert auf dem Feld stehen sah. Oder anders, in dem Moment, als sie sah, dass Adalbert sie sah. Und nach diesem Zusammentreffen würde sie es wissen. Aber welchen Grund sollte sie haben, der Familie Fenstermacher zu sagen, dass Vida wieder in Candaria war? Wusste Elfriede überhaupt, dass Vida gegangen war - und vor allem wie sie gegangen war? Es wäre besser gewesen, sie hätte Adalbert nicht besucht.
Doch sie hatte zu ihm gehen müssen.
Seit Jahren hatte es keine Nachrichten aus Indharim gegeben. Indharim, das war stets Vidas liebstes Reiseziel gewesen.
"Wenn ich groß bin, gehe ich nach Indharim", hatte sie einmal mit verschränkten Armen gesagt, kopfüber an einem Ast im Obstgarten ihres Onkels hängend. Indharim war so weit weg von Candaria...
Natürlich hatte Elfriede sie erkannt. Vida war mal als Kind an ihrem Hof gewesen, es war viele Jahre her.
Seltsam, dass Vida das erst jetzt wieder einfiel.
Vida war zwei Jungs hinterher gelaufen, denen sie die Köpfe zusammenschlagen wollte. Je mehr Gegner auf einmal, desto größer war die Ehre.
Die beiden standen unter dem Fenster an Elfriedes Hof, an dem Fenster Richtung Strand. Ein frischgebackener Erdbeerkuchen stand auf dem Sims zum Abkühlen. Vida machte keine Anstalten, sich zu verstecken, denn sie hatte gesehen, dass Elfriede die drei schon längst am Fenster gesehen hatte. Ihre beiden Jungs schienen das allerdings nicht bemerkt zu haben und sie stibitzten den Kuchen vom Fensterbrett, begleitet von einem "Nein, halt!" von drinnen.
Nicht gerade schlau, aber die Kuchendiebe rannten einen Weg (und Vida rannte einfach mit) an Elfriedes Tür vorbei, diese war von innen natürlich schneller als die drei mit dem Kuchen, die außenherum rannten. Sie öffnete die Tür direkt vor den Jungs und vor Vida, in der Hand einen schweren Krug. Alle duckten sich schon instinktiv, weil sie wussten, sie würden jetzt mit dem Krug eine drüber kriegen.
Doch stattdessen lächelte Elfriede nur vergnügt und meinte: "Mit Sahne schmeckt er doch besser!"
Sie hatte recht.

Ach nein, sie musste sich keine Sorgen machen. Welchen Grund sollte Elfriede schon haben, mit Vidas Eltern zu sprechen?
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#10
Sie hat ja nur von dir gesprochen!

Waren die Worte seiner Mutter die ihn doch in Verlegenheit brachten.
Er mochte Vida, hatte sie schon immer gemocht. Aber das sie nun nichts anderes außer ihn selbst im Kopfe haben sollte, dass verwirrte ihn und schmeichelte ihm gleichsam. Ein gemeinsames Essen sollte es geben am Fuchshofe und Vida wird eingeladen sein.
...sieben Jahre, wie schnell ein kleines Mädchen zur Frau heranreift.
Er betrachtete seine verknoteten Haare, Jolanda brachte es nicht übers Herz sie abzuschneiden. Er selbst ebensowenig. Vielleicht brauchte es wen der es einfach tat, zumindest ganz unten die verfilzen, unrettbaren Knoten... einfach abschneiden.. fort damit.. fort wie die Erinnerung an die Jahre in Ravinsthal.

Gerne nehme ich den anderen, kleinen Hof.. ich will schließlich bald eine Familie gründen...!


Ein Versprechen an seine Mutter und auch ein tiefes, inneres Bedürfnis von ihm selbst. Er war erwachsen, ein gestandener Mann, er konnte Hof, Frau und Kinder versorgen! Und.. das wollte er auch.. irgentwann.. er war ja schon beinahe dreißig!

Und wie schön es wäre.. und wie sehr es seine Mutter freuen würde.. ein kleiner Fuchs, unter den Göttern, der noch alles vor sich hatte... oder zwei oder drei..


...oder mehr..



[Bild: xy8bbycu.jpg]
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