FSK-18 Tausendundeine Nacht
#11

Die elfte Nacht

Die Nacht hat das Land in unschuldiges weiß gehüllt, die eisige Luft schmeckt wie klirrend kaltes Quellwasser und berauscht wie der beste Wein. Jeder Atemzug bringt einen Nebelfetzen hervor, der für einen Augenblick in der Dunkelheit schwebt, bevor er vergeht. Jeder Schritt knirscht leise in dem harschen Schnee, lässt die Laute der Nacht verstummen. Dann, endlich, schimmert Kerzenlicht zwischen den Bäumen, eine Türe die leise geöffnet wird, Wärme die einen umfängt. Wie ein Dieb auf leisen Sohlen wandert die dunkle Gestalt umher und als sie die Hütte verlässt schwebt ein verführerischer Duft durch den Raum.

~~~~~

Es ist weit nach Mitternacht, als über dem kleinen Tal eine Stimme gellend lacht, verzweifelt und dem Wahnsinn nahe … wer weiß das schon. Denn kurz darauf ist sie verstummt und eine rote Blume blüht nun in der weißen Pracht.
"Stell dich tot! Oh, Verzeihung..."
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#12

Die zwölfteNacht

Sie beobachtete wie die Maus panisch quiekend im Kreis rannte, rechts herum, links herum – gerade so weit wie sie es konnte. Sie hatte den Dolch nur ein wenig durch die Pfote ins Holz getrieben als sie das kleine Ding endlich in die Enge getrieben hatte. Rechts herum ...links herum ...rechts herum … genau so wie ihre Gedanken kreisten. Die dunklen Tage waren vorüber, warum war es diesmal anders? Der Schatten hinter ihr verblasste nicht wie sonst, er blieb und hielt ihr Herz weiter fest umklammert. Sie schloss die Augen und horchte in sich hinein. Da war sie, eine nachtschwarze sich immer wieder verändernde, windende Wolke die alles, was einhüllte in sich aufsog. „Lüg' dich nicht an!“ Wie eine scharfe Klinge schnitten die Worte durch sie hindurch. “Es war nie anders! Das dort, DAS bist du. Du warst nie etwas anderes. Und vor dir deine Mutter. Und davor deren Mutter. Du hast gesehen was passiert wenn man es leugnet, sich verbiegen lässt und am Ende selber glaubt, man wäre anders.“ Wie ein greller Blitz schlug mit der Erinnerung der alte Schmerz in ihr ein. Loderndes Feuer und gellende Schreie, der Geruch nach brennendem Fleisch.

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Sie erbebte unter dem Gefühl der Lippen, die über ihre Haut fuhren und sich in die Beuge ihres Halses pressten. “Du gehörst nicht zu ihnen. Das hast du nie.“ Ihr Kopf sank zurück als sie nachgab, als sie dem dunklen, wogenden Schemen gestattete sie in Besitz zu nehmen. Die Gier nach so vielem, was sie sich versagt hatte, schlug schmerzhaft ihre Krallen in ihr Gedärm. Nein, sowenig wie ein Wolf das Jagen, der Falke das Fliegen, die Spinne das Netz weben lassen konnten, sowenig konnte sie leugnen was sie war.
Und als wäre es nur dieses Wissen gewesen, was sie solange geleugnet hatte, rückte alles an seinen rechten Platz. Die vollen Lippen schürzten sich, das Kinn hob sich in einer überheblichen Bewegung. Wer wollte ihr nehmen was ihr von Geburt an zustand!
Ihr Blick senkte sich zu der Maus … rechts herum...links herum … Sie nahm eine irdene Schale und schlug zu.
"Stell dich tot! Oh, Verzeihung..."
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